Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

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wanderer
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Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von wanderer » 14.05.2013 17:38:19

Die Debian-Entwickler Lars Wirzenius und Russ Allbery haben einen umfangreichen Vorschlag gepostet, wie man das Releasemodell von Debian reformieren könnte. Auf Pro-Linux ist er auf Deutsch zusammengefasst, den Originalbeitrag gibt es hier: http://lwn.net/Articles/550032/

Kurz gesagt sieht der Vorschlag vor, die Freeze-Zeit vor einem Release drastisch zu verkürzen (Wirzenius spricht von 2 Wochen bis maximal 2 Monaten), indem schon während der normalen Entwicklungsphase darauf geachtet wird, die Zahl der RC-Bugs im Testing-Zweig möglichst gering zu halten. Unterstützt soll der ganze Prozess durch automatische Tests von Paketen werden.

Ich bin der Meinung, dass das Releasemodell von Debian grundsätzlich gut, aber an einigen Stellen sicherlich verbesserungswürdig ist. Dieser Vorschlag liefert dazu einige sehr gute Ansätze. Ich hoffe, dass er innerhalb des Debian-Projektes aufgegriffen wird. Was denkt ihr darüber?
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Dogge
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von Dogge » 14.05.2013 18:35:04

Den Artikel hab ich auf Pro-Linux gelesen. Aber wie soll das denn im Detail dann aussehen? Wenn man die RC-Bugs in testing gering halten will heißt das doch, dass testing wesentlich langsamer voranschreitet und Pakete länger in sid verharren. Oder habe ich da einen Denkfehler?
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dufty
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von dufty » 14.05.2013 19:41:57

So wie ich es verstanden habe, möchte man sich an die agile Softwareentwicklung bzw. an Linus' "Release early, release often" orientieren,
und weniger am "Wasserfallmodell": Erst wird geplant, irgendwann gecoded und am Schluß getestet, so daß man nach einem Jahr mit Schrecken feststellt, doch was ganz anderes als ursprünglich "gedacht" rausgebracht zu haben.

Durch dieses "schnelle Veröffentlichen" und sofortigen (und automatisiertem) Testen soll es erst gar nicht mehr zu RC-bugs kommen, so dass man - idealerweise - _jederzeit_ in der Lage wäre, ein Release rausbringen zu können.
Das dürfte dann quasi einem "rolling release" entsprechen.

Vorraussetzung wäre IMHO aber auch, dass die user "mitspielen", in dem sie mehr bugs melden bzw. an testing/sid aktiver teilnehmen.
"Von alleine" werden sich die (RC-)bugs nicht lösen ...

Milbret
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von Milbret » 14.05.2013 21:55:15

Die Idee halte ich grunsaätzlich für okay.
Leider wird dies aber an der Praxis schon scheitern.

Debian bräuchte mehr Man Power und Resourcen um ein Rolling Release Model aufrecht zu erhalten.
Ich denke mal, dass würde bei Debians aktuellen Stand nicht wirklich klappen.
Da die Tester eben die User sind und diese auch entsprechend mehr testen müssten in kürzeren Abständen, ist es eher unwahrscheinlich das sich das Konzept sauber umsetzen lässt.

Automatische Tests sind eine guter Ansatz um dieses Problem zu lösen.
Aber diese können auch nicht zu 100% Absichern ob alles läuft und auch sicher ist.
Bei großen Programmen wie der Laufzeitumgebung für Java und co. extra Tests umzusetzen wäre auch sehr aufwändig.
Bei neuen Versionen müssten diese ggf. auch angepasst werden was den Verwaltung und Programmieraufwand bei jedem neuen Release mindestens verdoppelt möglich auch verdreifacht.

Das führt wieder zu dem Problem mit der Man Power und den Resourcen.
Da Debian eben auch Freiwillige und Spenden angewiesen ist, würde das Konzept nicht aufgehen.

Martin
Es gibt keine if Schleife -> http://www.if-schleife.de/
Ansonsten GPL/GNU/Linux/Debian/Free Software 4 Ever :D

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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von NAB » 15.05.2013 04:39:46

* We should limit the number of packages we strongly care about for
a release.
Öhm ... ist das nicht das, was Ubuntu macht?
Never change a broken system. It could be worse afterwards.

"No computer system can be absolutely secure." Intel Document Number: 336983-001

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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von schorsch_76 » 15.05.2013 07:45:52

Das bisherige Releasemodel ist gleichzeitig Stärke und Schwäche. Meiner persönlichen Meinung nach wäre andernfalls Debian sonst nicht auf der ISS gelandet ;)

s_fischer
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von s_fischer » 15.05.2013 13:55:12

Interessanter Ansatz, aber meine persönliche Meinung dazu, so bleiben wie es ist.
Es ist nun mal die große Stärke von Debian, ein stabiles, ausgereiftes System zu veröffentlichen. Dieses hat sich in der Vergangenheit bewährt. Auch nicht zu vergessen, die ganzen Portierungen müßten den selben Weg gehen.

Daher die alte Devise: Es ist fertig, wenn es fertig ist.

Grüße Sven

BeWo
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von BeWo » 15.05.2013 22:07:45

Die Idee an sich ist einfach genial.

Bezüglich Rolling Release gibt es aber einen Haken:
In Testing ist immer das eine oder andere Paket für eine gewisse Zeit nicht vorhanden.
Das hängt damit zusammen, daß ein fehlerbehaftetes Paket einfach aus testing entfernt wird.
Erst, wenn das Paket keine RC-Bugs hat, wird es wieder in testing aufgenommen.

Dieses Modell würde ich persönlich befürworten.

uname
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von uname » 16.05.2013 09:21:51

In Testing ist immer das eine oder andere Paket für eine gewisse Zeit nicht vorhanden.
Ich denke das Problem haben wir heute auch schon. Vielleicht ist es mir in den vergangen Releases nicht so stark aufgefallen. Aber es gibt schon viele Debian-Pakete, die noch in Squeeze und Sid jedoch weder in Wheezy noch Testing/Jessie vorhanden sind. Vielleicht kann mir z.B. einfach mal jemand sagen warum es Debianopie-client und Debianopie-server nicht nach Wheezy geschafft haben. Bugs sind keine aufgeführt.

deberik
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von deberik » 16.05.2013 14:39:56

uname hat geschrieben:
In Testing ist immer das eine oder andere Paket für eine gewisse Zeit nicht vorhanden.
Ich denke das Problem haben wir heute auch schon. Vielleicht ist es mir in den vergangen Releases nicht so stark aufgefallen. Aber es gibt schon viele Debian-Pakete, die noch in Squeeze und Sid jedoch weder in Wheezy noch Testing/Jessie vorhanden sind. Vielleicht kann mir z.B. einfach mal jemand sagen warum es Debianopie-client und Debianopie-server nicht nach Wheezy geschafft haben. Bugs sind keine aufgeführt.
Deine erwähnten Pakete sind auch in Sid nicht vorhanden (nur bei debports: m68k, das kann aber vernachlässigt werden oder ist ein Fehler). Und wieso? Über http://packages.qa.debian.org/o/opie.html kommt man zu http://packages.qa.debian.org/o/opie/ne ... 4739Z.html
RoQA; Old, unmaintained, soon-to-be unused
und dort wird Debian Bugreport622246 verlinkt.

Zum Thema selbst: Pakete mit RC-Bugs werden doch jetzt schon in Unstable zurückgehalten. Neu beim Vorschlag wäre, dass Pakete, bei denen in Testing RC-Bugs gefunden werden, entfernt werden sollen. Das hört sich für mich aber nach Abhängigkeitschaos an, das kann mMn nicht funktionieren.

Mehr automatische Tests bzw. verpflichtende Beachtung davon, hört sich allerdings sinnvoll an :)
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optimator
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Re: Reformvorschlag für das Debian-Releasemodell

Beitrag von optimator » 04.06.2013 20:47:59

s_fischer hat geschrieben:Interessanter Ansatz, aber meine persönliche Meinung dazu, so bleiben wie es ist.
Es ist nun mal die große Stärke von Debian, ein stabiles, ausgereiftes System zu veröffentlichen. Dieses hat sich in der Vergangenheit bewährt. Auch nicht zu vergessen, die ganzen Portierungen müßten den selben Weg gehen.

Daher die alte Devise: Es ist fertig, wenn es fertig ist.

Grüße Sven
Das kann ich so voll und ganz unterschreiben und habe dem nichts hinzuzufügen :D
„Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen.“

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