Panama Papers

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ralli
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Re: Panama Papers

Beitrag von ralli » 25.04.2016 06:40:14

Also es gibt links und rechts, oben und unten und dann teilen wir die Welt noch in Gewinner und Verlierer ein. Wie eindimensional ist ein solches Weltbild denn? Wenn Du heutzutage ein Realist bist und sich dazu noch eine Portion soziale Gerechtigkeit gesellt, dann wirst Du gleich ettikettiert und bist ein linker Spinner. Ehrlich gesagt, da bin ich (fast) fassungslos und mir fehlt die Sprache. A pro pro Sprache, ja Sprache ist verräterisch, Inhalt und Stil sagen mehr über den Charakter eines Menschen aus als tausende von Beiträgen das je könnten. Jeder disqualifiziert sich eben selbst. Manchmal genügt nur ein einziger .... Es fehlt nur noch, das Empathie und Mitmenschlichkeit als eine Krankheit deklariert wird. Was mir hier manchmal zu kurz kommt, ist die Achtung und der Respekt vor der Meinung Anderer. Wer das lebt, ist wanrlich tolerant.
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

niesommer
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Re: Panama Papers

Beitrag von niesommer » 25.04.2016 07:59:39

ralli hat geschrieben: Wenn Du heutzutage ein Realist bist und sich dazu noch eine Portion soziale Gerechtigkeit gesellt, dann wirst Du gleich ettikettiert und bist ein linker Spinner. Ehrlich gesagt, da bin ich (fast) fassungslos und mir fehlt die Sprache. A pro pro Sprache, ja Sprache ist verräterisch, Inhalt und Stil sagen mehr über den Charakter eines Menschen aus als tausende von Beiträgen das je könnten.
Dem Schließe ich mich an und bin dann mal wieder für längere Zeit oder mehr raus! Danke ralli :THX:

kurzes Nachwort:
ersten ich habe und werde nie in meinem Leben die SPD wählen egal was diese machen.
zweitens ich muss niemanden beklatschen für rein gar nichts!
drittens es erstaunt mich immer wieder das rechte die aktuelle Politik als links ansehen. Was ist daran links?
viertens finde ich es sehr interessant wie unwohl sich einige fühlen und wie unangenehm es für sie sein muss mit einem Stück Realität konfrontiert zu werden welches sie vorher so perfekt ausgeschlossen haben.
Und noch ein letztes: Betroffenheit ändert alles, aber meistens erst zu spät! Wer zu dumm ist aus der Vergangenheit zu lernen wird sie wohl wiederholen müssen.

Armut gibt es genauso wenig wie Massenüberwachung, schlaft gut!
Gruß niesommer

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hikaru
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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 25.04.2016 11:19:29

ralli hat geschrieben:Also es gibt links und rechts, oben und unten und dann teilen wir die Welt noch in Gewinner und Verlierer ein. Wie eindimensional ist ein solches Weltbild denn?
Natürlich ist das eindimensional. Die Verwendung dieser Schubladen war aber das einfachste Mittel um zu verdeutlichen, warum (nicht nur) guennid hier im Forum so eine erstaunliche politische Harmonie beobachtet.
Ob man es nun "links gegen rechts" oder "oben gegen unten" nennt ist eigentlich egal. Es geht immer um Gewinner und Verlierer. Und das war auch nie anders. Schon bei unseren Vorfahren gab es immer einen der die Keule schwang und einen anderen dem sie übergezogen wurde. Die Methoden mögen sich geändert haben, aber das Prinzip ist bis heute gleich.
ralli hat geschrieben:Wenn Du heutzutage ein Realist bist und sich dazu noch eine Portion soziale Gerechtigkeit gesellt, dann wirst Du gleich ettikettiert und bist ein linker Spinner.
Vor Allem hast du dann ein Problem, denn du wirst die realistische Beobachtung der Welt nie mit deinem Anspruch sozialer Gerechtigkeit in Einklang bringen können.
Soziale Gerechtigkeit war im realen politischen Geschäft immer nur Mittel zum Zweck, um den zum Funktionieren einer Gesellschaft nötigen sozialen Frieden aufrecht zu erhalten. Und aktuell ist davon einfach relativ wenig nötig, denn der soziale Friede wird hauptsächlich durch politische Sedierung des Volkes erreicht, indem es einerseits gut unterhalten wird und andereseits soziale Abstiegsängste klug gesteuert werden.
ralli hat geschrieben:Ehrlich gesagt, da bin ich (fast) fassungslos und mir fehlt die Sprache. A pro pro Sprache, ja Sprache ist verräterisch, Inhalt und Stil sagen mehr über den Charakter eines Menschen aus als tausende von Beiträgen das je könnten. Jeder disqualifiziert sich eben selbst. Manchmal genügt nur ein einziger ....
Ich vermute, damit meinst du mich. Der Unterschied zwischen uns beiden ist vielleicht, dass du vermutlich ein Sozialromantiker bist, während man mich wohl am ehesten als desillusionierten Utilitaristen beschreiben könnte.
Ich weiß wie das Wort "Sozialromantik" besetzt ist, und ich meine es mit Bezug auf dich auch genau so. Aber ich mache dir daraus keinen Vorwurf. Im Gegenteil, ich habe höchste Achtung vor den Idealen denen du folgst. Ich glaube aber auch, dass sich aus diesen sozialen Idealen keine Lösungen für reale Probleme ableiten lassen, denn ich halte den Menschen in Gruppen jenseits der Dunbar-Zahl nicht für ein soziales Wesen. Alle politisch relevanten gesellschaftlichen Strukturen sind aber jenseits der Dunbar-Zahl.

Nun habe ich auch keine Lösung anzubieten, was genau das ist was meine Desillusionierung ausmacht. Deshalb folge ich weitgehend den gleichen Idealen wie du, denn wenn ich schon in Bezug auf grundlegende soziale und politische Fragen nur zwischen nicht zielführenden Altenativen wählen kann, dann wähle ich wenigstens die, die mir noch am ehesten erlaubt, vor meinem eigenen Spiegelbild etwas Respekt zu wahren. Das ändert aber nichts daran, dass ich die grundlegenden Fragen nach Gerechtigkeit und Menschlichkeit im Kern für unlösbar halte.
ralli hat geschrieben:Es fehlt nur noch, das Empathie und Mitmenschlichkeit als eine Krankheit deklariert wird.
Als Krankheit würde ich es sicher nicht bezeichnen, aber es sind in aktuellen Gesellschaften keine tragfähigen Konzepte mehr. Es sind lobenswerte Ideale, deren Verfolgung sicher lohnt. Aber Ideale haben es eben an sich, in letzter Konsequenz praktisch nicht umsetzbar zu sein. Als jemand der Ideale verfolgt ist man immer ein wenig der Esel, welcher der Karotte nachläuft.
Ich kann einfach nicht mit allen Näherinnen in Bangladesch empathisch sein, denn erstens kenne ich die nicht persönlich und zweitens müsste ich dann nackt rumlaufen, denn ich kriege es rein vom Aufwand her gar nicht hin tatsächlich zu prüfen, welche meiner Kleidungsstücke under menschlichen Bedingungen hergestellt wurden. Das Gleiche gilt für Nahrungsmittel und mit Bezug auf das bevorstehende Schicksal der Malediven eigentlich für jede Tätigkeit, die in irgendeiner Form Energie freisetzt.
ralli hat geschrieben:Was mir hier manchmal zu kurz kommt, ist die Achtung und der Respekt vor der Meinung Anderer. Wer das lebt, ist wanrlich tolerant.
Bitte als Vorschlag sehen, nicht als Vorwurf:
Dann fang doch bei dir an und achte meine Meinung, dass wir als Menschheit unsere Grundprobleme nie lösen werden! Du musst sie nicht teilen. Ganz im Gegenteil, ich hoffe sogar, dass du das nie tun wirst, denn ein wenig beneide ich dich für deine Weltsicht. Aber es würde von Achtung und Toleranz deinerseits zeugen, wenn du von deiner Weltsicht abweichende Ansichten nicht deshalb disqualifizieren würdest, weil sie dir unbequem sind.

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ralli
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Re: Panama Papers

Beitrag von ralli » 25.04.2016 11:49:51

@hikaru, ich achte Dich sehr, viel mehr als Du dir vorstellen kannst oder willst. Warum? Weil ich weiß, das Du hochbegabt bist, wenngleich Du es nie zugeben würdest. Fakt ist, das wir mehr gleiche Schnittmengen haben, auch wenn das nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Denn ich nehme Dich nicht als Pessimist wahr und auch nicht als Optimist, sondern als Realist. Und das bin ich auch, selbst dann, wenn mitunter der Sozialromantiker durchkommen mag. Mich irritiert manchmal die Ausdrucksweise, die für manche verletzend wirken könnte. Ein Mensch mit linker Gesinnung ist nicht automatisch ein Spinner, ebenso wie es ein Mensch mit rechter Gesinnung nicht ist. Dabei nehme ich natürlich Extreme wie politischen Radikalismus auf beiden Seiten aus, die ich entschieden ablehne. Und Deine Meinung ist mir schon wichtig und ich wertschätze sie immer. Natürlich habe ich Dich gemeint.... und bin im ersten Ärger übers Ziel hinausgeschossen, denn ich will mir nicht anmaßen, Deinen integren Charakter anzuzweifeln. Also sollte das zu negativ rübergekommen sein, entschuldige ich mich dafür. Trotzdem kommt diese Sichtweise doch dem neoliberalen Credo ziemlich nahe. Denn das riecht nach alternativlos, und dann haben wir wieder eine Ideologie, die in Dogmen und Vorurteilen abdriftet. Genau wie die Ettikettierung der angeblich "sozial Schwachen", die doch gleich mit Leistungsverweigerung, Schädigung der Solidargemeinschaft und Dummheit gleichgesetzt wird. Dabei ist ein parasitäres Verhalten auf einer ganz anderen Seite zu beobachten ... aber ich drifte wieder ab. Die Welt ist so, wie sie ist und wir werden sie nicht wirklich ändern können. Ansonsten hast Du überwiegend Recht und ich sehe das Allermeisten so wie Du.
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

guennid

Re: Panama Papers

Beitrag von guennid » 25.04.2016 12:40:34

hikaru+catdog2 hat geschrieben:"Beweg dich mal in andere (nicht primär politische) Foren!" " Jup, hier gehts schon sehr links zu [...] meistens sind sich im Grunde eh alle einig."
Schon klar, das ist so. Deswegen plädiere ich ja für selber denken. Die Schubladen interessieren mich nicht besonders. Ich halte lieber an richtig(er) und falsch(er) fest (mit "wahr" ist das so'ne Sache). Wobei mir wieder Lessings Klosterbruder einfällt:

Code: Alles auswählen

"ich denke so! Wenn an das Gute,
   Das ich zu tun vermeine, gar zu nah
   Was gar zu Schlimmes grenzt: so tu ich lieber
   Das Gute nicht; weil wir das Schlimme zwar
   So ziemlich zuverlässig kennen, aber
   Bei weiten nicht das Gute."
(G.E.Lessing, Nathan der Weise, IV,7 Wer's "moderner" haben möchte: Karl Popper sagt eigentlich das Gleiche. Und beide sagen nichts anderes als Sokrates.)
hikaru hat geschrieben:um den zum Funktionieren einer Gesellschaft nötigen sozialen Frieden aufrecht zu erhalten.
Unterschätz' das nicht. Das ist nicht wenig! (vgl. Hobbes)
während man mich wohl am ehesten als desillusionierten Utilitaristen beschreiben könnte.[...] Deshalb folge ich weitgehend den gleichen Idealen wie du
Das ist ein Widerspruch in sich. Utilitaristen haben keine Ideale - und wenn doch, dann wissen sie es nicht. :mrgreen:

Zwei Punkte aus der bisherigen Diskussion (soweit ich die verfolgt habe) möchte ich als Denkanstöße herausgreifen:

die von mir präferierte Tageszeitung "Süddeutsche" fällt mir schon seit einiger Zeit dadurch auf, dass sie mit dem Aufdecken von Skandalen und Skandälchen (insofern Bild-ähnlich) auf gehobenem Niveau (darin eher Bild-unähnlich) offenbar ganz gut Geschäfte zu machen versteht. Das mit diesem investigativen Journalistenclub und den damit verbandelten Geldgebern war mir neu. Interessant, interessant. 8)

Zum von mir hervorgehobenen Kommentar-Link
Wer ist booky55?
Die Argumentation ist eine Verschwörungstheorie. Kann man mit Verschwörern diskutieren? Eigentlich nicht. Ja was machen wir denn dann mit ihnen?

Grüße, Günther

[edit]

Ach ja, noch was: Dunbar-Zahl

Auch das ist so neu nicht. Soweit ich sehe, hat das Problem als erster Rousseau fomuliert. Lösungen haben Robespierre und Lenin auf je eigene Weise versucht. :mrgreen:

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hikaru
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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 25.04.2016 13:39:00

ralli hat geschrieben:@hikaru, ich achte Dich sehr, viel mehr als Du dir vorstellen kannst oder willst.
Danke!
ralli hat geschrieben:Warum? Weil ich weiß, das Du hochbegabt bist, wenngleich Du es nie zugeben würdest.
Zugeben würde ich es wohl schon. Hausieren würde ich damit nicht. Aber mir hat bisher noch kein Fachmann Hochbegabung attestiert und ich lege ehrlich gesagt auch keinen Wert darauf.
ralli hat geschrieben:Also sollte das zu negativ rübergekommen sein, entschuldige ich mich dafür.
Keine Sorge, ich habe das nicht persönlich genommen.
ralli hat geschrieben:Trotzdem kommt diese Sichtweise doch dem neoliberalen Credo ziemlich nahe. Denn das riecht nach alternativlos, und dann haben wir wieder eine Ideologie, die in Dogmen und Vorurteilen abdriftet.
Keine Ahnung ob neoliberal = alterntivlos ist. Ich denke eher nicht. Und natürlich gibt es viele Alternativen zum Neoliberalismus. Mir fallen da spontan die ursprüngliche soziale Marktwirtschaft, das was im Ostblock als "Sozialismus" verkauft wurde und die Star-Trek-Utopie ein. Aber ich bezweifle, dass eine davon aus einem menschlichen Blickwinkel betrachtet gleichzeitig besser und realistisch ist.
Was der Neoliberalismus möglicherweise allen anderen voraus hat ist, dass er in der Praxis funktioniert. Man darf nur "funktionieren" nicht am Wohl der Masse festmachen, sondern an dem der Oberschicht.

guennid hat geschrieben:Ich halte lieber an richtig(er) und falsch(er) fest
Das Problem an diesen Begriffen ist, dass sie auf subjektiven moralischen Bewertungen fußen. Und wenn sich die Moral ändert (was erstaunlich häufig passiert), dan ändert sich auch die Bewertung von richtig und falsch. Sich daran festzuhalten kann also eine sehr wackelige Angelegenheit sein.
guennid hat geschrieben:
hikaru hat geschrieben:um den zum Funktionieren einer Gesellschaft nötigen sozialen Frieden aufrecht zu erhalten.
Unterschätz' das nicht. Das ist nicht wenig! (vgl. Hobbes)
In der Umsetzung ist das natürlich nicht wenig. Aber die Idee ist denkbar einfach:
Vermittle der Masse der Bevölkerung, dass es ihr im aktuellen System besser geht, als es ihr ginge wenn sie aufbegehrte!

Das lässt sich an beiden Enden steuern (wobei natürlich auch das in der Praxis nicht trivial ist): Man kann den aktuellen Lebensstandard erhöhen und man kann die zu erwartenden Repressalien für nonkonformistisches Verhalten verschärfen. Wo man sich auf dieser Waage einpendelt ist wohl Abwägungssache und hängt davon ab, mit welcher Mischung man zu geringsten ökonomischen Kosten maximale Machtstabilisierung erreicht. Ich denke, wir sind da einfach noch in der Experimentierphase.
guennid hat geschrieben:
während man mich wohl am ehesten als desillusionierten Utilitaristen beschreiben könnte.[...] Deshalb folge ich weitgehend den gleichen Idealen wie du
Das ist ein Widerspruch in sich. Utilitaristen haben keine Ideale - und wenn doch, dann wissen sie es nicht. :mrgreen:
So verkürzt entstellst du das Zitat.
Utilitaristen können durchaus Ideale haben. Deren Ziel wäre es, das Gesamtwohl der Gesellschaft zu maximieren. Ich verfolge sozialromantische Zitate nicht deshalb weil ich mich als Utilitaristen betrachte, sondern weil es meine Desillusionierung ohnehin egal erscheinen lässt, welchen ich folge. Und dann suche ich mir eben die heraus, die zu der Welt führen würden die ich am liebsten hätte, wenn sie denn funktionieren würden. Im Grunde ist das nichts anderes als Kants kategorischer Imperativ, nur gepaart mit der Einschätzung, dass er als gesamtgesellschaftliches Prinzip nie funktionieren wird.
Die Alternative wäre gar keinen Idealen zu folgen, aber dann wäre ich auch in meiner Selbstwahrnehmung nur ein Automat, das Rädchen im System das ich gesellschaftlich betrachtet ohnehin nur bin.
guennid hat geschrieben:Zum von mir hervorgehobenen Kommentar-Link
Wer ist booky55?
Spielt das eine Rolle?
Teilen seiner Ausführungen kann ich mich durchaus anschließen. Bei anderen möchte ich das nicht tun.
guennid hat geschrieben:Die Argumentation ist eine Verschwörungstheorie. Kann man mit Verschwörern diskutieren? Eigentlich nicht.
Warum nicht? Und ist für dich ein Verschwörungstheoretiker das selbe wie ein Verschwörer?
Eine Verschwörungstheorie ist nüchtern betrachtet eine Postulierung von Zusammenhängen. Ob diese Zusammenhänge tatsächlich bestehen oder nicht ließe sich im Rahmen einer Diskussion durchaus herausfinden.

BenutzerGa4gooPh

Re: Panama Papers

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 25.04.2016 15:42:54

Wir sind hier nur einige wenige mit recht wenigen unterschiedlichen politischen Charakteren. Etwas, aber nur etwas vereinfacht:
-die idealistischen Träumer und Kaffehaus-Revolutionaere
-Idealisten, die teilweise resigniert haben, sich aber früh im Spiegel noch anschauen können wollen
-die resignierten Realisten, Analytiker, Satiriker und Zyniker.
(Sicher gibt es Mischformen.)

Alle haben gemeinsam, dass sie im gesellschaftlichen. Zusammenhang nichts bewirken werden, nur im unmittelbaren Umkreis durch ihren ANSTAND gegenüber anderen und Vorbildwirkung. Klingt jetzt wie eine Kritik an allen, ist auch eine, einschließlich an mir. Böse sein müsst ihr mir nicht, ich habe nicht vor, irgend jemand zu beleidigen und ordne mich selbst ein.

Ideale werden jedoch immer etwas bewirken. Einer oder eine kleine Gruppe hat positive oder negative Ideale und nutzt die Trägheit, Dummheit und Manipulationssfaehigkeit der Masse sowie eine entsprechende Situation, in der sich die Masse befindet. Selbst die Situation ist manipulierbar. Nur so wird etwas bewirkt. Ja, ich bin der Meinung, es gibt Fuehrerpersoenlichkeiten im positiven und negativen Sinne die die Masse manipulieren muessen, um Erfolg zu haben. Habe schon mal etwas gegoogelt nach einer Theorie "Führer und Masse" oder aehnlich, habe das jedoch nur bezüglich des 3. Reiches gefunden, hätte das jedoch gern allgemein. Die gesamte Geschichte der Zivilisation ist vielsagend ... .

Jedenfalls erinnert mich die heutige Situation stark an die Weimarer Republik. Und das besorgt mich. Der richtige Fuehrer und alles kippt?
(Rechtes Gedankengut braucht mir keiner vorwerfen, ich versuche nur, historisch-psychologisch zu verallgemeinern.)

Edit:
Ich habe die dunkle Ahnung, dass den Intellekt zur Fuehrerpersoenlichkeit viele besitzen. Wegen unseres Anstandes fehlt jedoch der Wille zur Manipulation und Grausamkeit (notwendige "Säuberungen", Verfolgungen). Jedoch kann man wenige Opfer gegen viele aufrechnen - wenn alles so bleibt. Und ANSTAND kann evtl. Verweigerte Hilfeleistung sein?! Alles hat zwei Seiten, gern schaut man nur die an, die gefällt.

Eine Demokratie kann sich zu einer starren Lobbyisten-Bürokratie als Instrument weniger reicher Egomanen entwickeln, die keine positiven und kurzfristigen Veränderungen mehr zulässt und sich historisch ad absurdum führt. Oder wo lebe ich?
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 25.04.2016 16:42:42, insgesamt 7-mal geändert.

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hikaru
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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 25.04.2016 16:10:29

Jana66 hat geschrieben:Habe schon mal etwas gegoogelt nach einer Theorie "Führer und Masse" oder aehnlich, habe das jedoch nur bezüglich des 3. Reiches gefunden, hätte das jedoch gern allgemein.
Vielleicht suchst du mal in anderen Sprachen derer du mächtig bist. Im Deutschen ist das Wort "Führer" doch reichlich "beladen", was sich dann natürlich auch auf die Suchmaschinenergebnisse auswirkt.
Jana66 hat geschrieben:Jedenfalls erinnert mich die heutige Situation stark an die Weimarer Republik. Und das besorgt mich. Der richtige Fuehrer und alles kippt?
Manchmal habe ich den Eindruck, das schlechte Vorbild ist das Einzige was uns bisher den Ver-/Rückfall in ähnliche Zustände erspart hat.
In 50 oder 100 Jahren schauen vielleicht unsere Nachkommen auf unsere Zeit zurück und fragen sich kopfschüttelnd, wie wir diese Entwicklung zulassen konnten und ob wir das nicht haben kommen sehen.

guennid

Re: Panama Papers

Beitrag von guennid » 25.04.2016 16:54:25

Jana66 hat geschrieben:es gibt Fuehrerpersoenlichkeiten im positiven und negativen Sinne, die die Masse manipulieren muessen.
Halte ich für eine gefährliche Position: Niemals heiligt der Zweck jedes Mittel.
hikaru hat geschrieben:Manchmal habe ich den Eindruck, das schlechte Vorbild ist das Einzige, was uns bisher den Ver-/Rückfall in ähnliche Zustände erspart hat.
Dafür spricht Einiges. Aber: Geschichte wiederholt sich nicht. Und: Nicht nur immer auf den "negativen" Führer schauen, sondern auch auf die Unfähigkeit der weniger "negativen", mit problematischen Situationen fertig zu werden. Mal schauen, was jetzt bei den Ösis passiert.

Wenn's nicht so traurig wäre, könnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, ob der konservativen und sozialdemokratischen Schwüre, mit den AfD-Schmuddelkindern niemals kungeln zu wollen. Vor 1930 gab es diese Schwüre auch bei den damaligen "Konservativen". Und die Rest-SPD hat sich in den letzten Wochen vor ihrem Verbot auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ist übrigens hier bekannt, dass die SPD die einzige Partei ist, die die Nazis verboten haben?

Grüße, Günther

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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 25.04.2016 17:10:20

guennid hat geschrieben:Ist übrigens hier bekannt, dass die SPD die einzige Partei ist, die die Nazis verboten haben?
Kunststück!
Nachdem die KPD schon vorher in den Untergrund gedrängt wurde und sich außer der SPD alle anderen Parteien durch ihre Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz selbst in die Nutzlosigkeit verabschiedet hatten, blieb ja auch nicht viel übrig zum Verbieten.

guennid

Re: Panama Papers

Beitrag von guennid » 25.04.2016 17:15:14

Oha, da ist jemand orientiert! :wink:
hikaru hat geschrieben:Nachdem die KPD schon vorher in den Untergrund gedrängt wurde
Ja, aber wie!?

"Rechtliche" Grundlage der Verfolgung der KPD war die "Reichstagsbrandverordnung". In Deutschland geht's immer höchst legal zu!

Ich find's halt bemerkenswert, dass das, was du da formulierst, nirgends in der einschlägigen Literatur explizit zu finden ist. Die "Zustimmer" haben sich übrigens selbst aufgelöst und zwar durchaus nicht nur aus Angst vor Verfolgung.

Grüße, Günther

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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 26.04.2016 09:20:51

Ich habe das in der Schule gelernt. Da das nun aber auch schon wieder fast 20 Jahre her ist bin ich in den Details nicht mehr ganz sattelfest.
Bei "Reichstagsbrandverordnung" und "Selbstauflösung" klingelt's wieder, aber aus dem Ärmel hätte ich das nicht schütteln können.

Ozelot
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Re: Panama Papers

Beitrag von Ozelot » 27.04.2016 09:26:44

Coole Wendung, die die Diskussion auf Seite 9 genommen hat - endlich mal was Neues. Ich glaube auch, daß viel von der Kritik einfach stimmt, die man oft als "links" bezeichnet. Aber: Es gibt so viele Möglichkeiten, es sich als sozialkritischer Mensch geistig bequem zu machen, weil man eben nie gestalten muß, sondern pauschal kritisieren kann: Alles ist ein böses neoliberales System; wir werden vollständig manipuliert und kontrolliert von $Klatschblatt, $Kanzler-Staat etc.. Nur ich und ein paar tapfere aber verzweifelte Recken im Debianforum verstehen die Welt.. Und diese Ansichten haben alle einen wahren Kern, unterschreiten aber die Komplexität der Welt gewaltig.

Witzig ist zum Beispiel, wenn niesommer gerade noch Günni zustimmt, daß man gegenüber seiner eigenen Zustimmung skeptisch sein und auch mal unangenehme Meinungen durchdenken sollte, dann aber sofort von hikarus Äußerungen eingeschnappt ist, ohne sie richtig zu verstehen. Und das heißt nicht, daß niesommers anderweitige Einsichten nicht teilweise sehr zutreffend sind.

Wir leben in einer Welt, die zu sehr aber nicht vollständig von Konzernen und teilweise auch(!) staatlichen Apparaten kontrolliert wird, aber wir leben nicht in einem getarnten Faschismus. Selbst in der Politik gibt es gelegentlich selbständig denkende, kluge, und ja, auch moralische Menschen - und zwar bei allen Parteien (ok, aus der AfD kenn ich jetzt noch keinen) und sogar (vielleicht etwas seltener) unter Managern. Und es gibt bei jeder politischen Entscheidung bessere und schlechtere Möglichkeiten; z.B. haben wir trotz Strauß' Vorstoß keine Atomwaffen in Deutschland, bessere Umweltstandards als in den 60ern oder in Russland, die meisten lustigeweise aufgrund von Gesetzentwürfen der CDU, unser Militär ging nicht in den Irak (was es wiederum mit der CDU getan hätte), die Flüchtlinge durften teilweise ins Land, und auch wenn es wirklich eine zum Himmel schreiende soziale Schieflage gibt, ist unser Sozialsystem immer noch viel besser als in den meisten Staaten der Dritten Welt, wie z.B. den USA, Nigeria oder Singapur. Was wieder nicht heißt, daß unsere Lage nicht prekär ist und die Zukunft alles andere als rosig aussieht (TTIP!) und wir nicht entsetzt wären, wenn wir das eine oder andere Hinterzimmergespräch kennen würden.
Aber es heißt eben auch: Rückblickend war nicht jede politische Entscheidung diejenige, die wir hier immer "DEM" neoliberalen System andichten. Und erinnert Euch an die kritische Rhetorik der 70er - die war damals gegen die "herrschende Klasse" genauso pauschal wie wir heute, obwohl man heute sieht, daß manches schlimmer geworden ist, was dann eigentlich garnicht hätte möglich sein sollen.

Eines sollte man zumindest nicht vergessen: Es ist brutal schwer, ein Wirtschafts- und Sozialsystem gut zu gestalten. Gegen einzelne Aspekte (Harz4) zu schimpfen, ist dann zwar immer noch richtig, tut diesem Faktum erst mal nicht genüge. Ich bezweifle jedenfalls, daß ein vom Debianforum regiertes Land besser dran wäre. Naja, wobei.. Feltel macht einen echt guten Job..

Aber selbst hier, wo alle ja halbwegs recht haben, gilt: Auf jeder Ebene und in jedem Gremium gibt es bessere und schlechtere Tendenzen, Konflikte statt verschwörungstheoretischer Einigkeit etc. Nuancierte Meinungen sind wichtig und unter Realismus verstehe ich deswegen weniger pauschale Desillusionierung, sondern auch die Kunst, nicht dauernd pauschal zu urteilen und sich durch schlimme Beispiele in seiner pauschalen Meinung bestätigt zu sehen, sondern die Details und die komplexe Jeweiligkeit einer bestimmten politischen Situation zu verstehen, mit allem, was da an kranken, guten, oder auch nur mehr oder weniger schlechten Einflüssen drinsteckt. Und dann sieht man auch, daß manchmal manche etwas bewegen können.

guennid

Re: Panama Papers

Beitrag von guennid » 27.04.2016 22:27:06

@Ozelot
:THX: "Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen." :mrgreen:

guennid

Re: Panama Papers

Beitrag von guennid » 27.04.2016 23:26:22

hikaru hat geschrieben:
guennid hat geschrieben:Ich halte lieber an richtig(er) und falsch(er) fest
Das Problem an diesen Begriffen ist, dass sie auf subjektiven moralischen Bewertungen fußen.
Kann ich nicht nachvollziehen. Es ging um "links" rechts", "neoliberal", "Gewinner", "Verlierer". Ich behaupte, das sind letztlich moralische Kategorien, wobei dann je nach Standpunkt der Betrachters der vermeintliche Bewohner der Schublade als "gut" oder "schlecht"/"böse" bewertet wird.

Wenn ich etwas als richtig(er) erkenne, dann bilde ich mir ein, dass meine Vernunft mich da etwas hat einsehen lassen, und das gilt dann bis zur Falsifikation. Mit Moral hat das erst mal nichts zu tun. Aber ich gestehe, dass ich mir eine Moral jenseits der Vernunft weder vorstellen kann noch will, d.h. vorstellen kann ich mir das schon (siehe Nietzsche), aber das ist dann meine nicht.
hikaru hat geschrieben:Utilitaristen können durchaus Ideale haben.
Nicht als Utilitaristen.

Der Utilitarismus erstrebt nicht das Wohl der Gesellschaft, wiewohl er beansprucht, eine Moral zu sein (Frau Thatcher konnte mit dem Begriff der "Gesellschaft" ausdrücklich nichts anfangen). Er erstrebt das größte Glück für die größte Zahl. Das ist etwas völlig anderes.
hikaru hat geschrieben:ist für dich ein Verschwörungstheoretiker das selbe wie ein Verschwörer?
Nein, aber der Theoretiker behauptet, Argumente/Behauptungen, der von ihm "erkannten" Verschwörer, seien nichts als Verschleierungsmanöver für seine wahren, finsteren Absichten. Wenn dem so sein sollte, wenn man also überzeugt ist von der Verschwörungstheorie, dann erübrigt sich jede Argumentation mit dem Verschwörer. Hat der IS keine Anmeldeformulare im Internet? :wink:

Grüße, Günther

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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 28.04.2016 11:40:15

guennid hat geschrieben:
hikaru hat geschrieben:
guennid hat geschrieben:Ich halte lieber an richtig(er) und falsch(er) fest
Das Problem an diesen Begriffen ist, dass sie auf subjektiven moralischen Bewertungen fußen.
Kann ich nicht nachvollziehen. Es ging um "links" rechts", "neoliberal", "Gewinner", "Verlierer". Ich behaupte, das sind letztlich moralische Kategorien, wobei dann je nach Standpunkt der Betrachters der vermeintliche Bewohner der Schublade als "gut" oder "schlecht"/"böse" bewertet wird.
Du hast aber mit den Begriffen "richtig(er)" und "falsch(er)" argumentiert. Die Bewertung was "richtig" und was "falsch" ist, ist eine rein subjektive und kann sich daher ändern.
Im Mittelalter galt es als "richtig", Frauen zu verbrennen von denen man meinte, dass sie auf Besen fliegen würden. Vor nicht all zu langer Zeit fand man es hierzulande "richtig", Juden zu vergasen. Und inzwischen ist es fast schon wieder gesellschaftsfähig, das selbe über Muslime zu sagen.
Die ganze Zeit über galt es in unserem Kulturkreis als "falsch", sich außerhalb ausgewiesener "Reservate" nackt in der Öffentlichkeit zu zeigen. Abgesehen von einem ziemlich willkürlichen (auch mir) anerzogegenen Schamgefühl kann ich daran aber nichts "Falsches" finden. Dass einige Muslime dieses Schamgefühl durch Vollverschleierung auf die Spitze treiben und es gleichzeitig in Südamerika und Afrika nach wie vor Kulturen gibt, in denen die Menschen nach unseren Maßstäben nackt herumlaufen, offenbar ohne davon Schaden zu nehmen, zeigt mir, dass die Bewertung "richtiger" und "falscher" Kleidung sehr subjektiv ist.
guennid hat geschrieben:Wenn ich etwas als richtig(er) erkenne, dann bilde ich mir ein, dass meine Vernunft mich da etwas hat einsehen lassen, und das gilt dann bis zur Falsifikation.
Vielleicht ist hier gerade die Einbildung das Schlüsselwort. ;)
guennid hat geschrieben:Mit Moral hat das erst mal nichts zu tun. Aber ich gestehe, dass ich mir eine Moral jenseits der Vernunft weder vorstellen kann noch will, d.h. vorstellen kann ich mir das schon (siehe Nietzsche), aber das ist dann meine nicht.
Die gesamte mittelalterliche Moral hatte wenig mit Vernunft zu tun. Um dem abzuhelfen wurde ja irgendwann die Aufklärung "erfunden".
guennid hat geschrieben:Der Utilitarismus erstrebt nicht das Wohl der Gesellschaft, wiewohl er beansprucht, eine Moral zu sein (Frau Thatcher konnte mit dem Begriff der "Gesellschaft" ausdrücklich nichts anfangen). Er erstrebt das größte Glück für die größte Zahl. Das ist etwas völlig anderes.
Frau Thatcher ist nicht mein Maßstab für Utilitarismus. Überhaupt ist der Utilitarismus wie jedes moralgetriebene Bewertungsystem in sich widersprüchlich und für Auslegungen offen. Mit Sätzen die mit "Utilitaristen können nicht ..." anfangen, wäre ich daher sehr sparsam.
Und natürlich ist die Erreichung des größtmöglichen Glücks für die größtmögliche Zahl ein Ideal, denn es ist praktisch unerreichbar, allein schon weil diese Gleichung zwei Unbekannte hat. Die "Gesellschaft" ist die Gesamtheit aller Beteiligten und beschreibt als solche die überhaupt größtmögliche Zahl an Individuen.

BenutzerGa4gooPh

Re: Panama Papers

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 28.04.2016 12:56:30

Hallo hikaru, hallo guennid, hallo Ozelot,

euer Thread ist hochinteressant, ich möchte ich euch deshalb bitten, etwas "populärwissenschaftlich" zu schreiben, damit alle was davon haben und nicht jeden Fachterminus nachschlagen müssen. Die letzten Beiträge waren allg. verständlich, bitte weiter so, Ozelot schreibt für alle verständlich. Jeder hat nun mal ein anderes Fachgebiet und muss sich in das des anderen hineinversetzen können - oder wollen. Mit eigenen Meinungen kann man sich ja mal zurückhalten - aber neugierig-forschend mitlesen ist zuminmdest mein Ziel in einer Forenmitgliedschaft. Ja und ich bewundere manche hier im Debianforum - aber ich will einen Grund dafür haben - nicht nur das Hin und Her von Fachbegriffen. Vlt. schreibe ich das im Interesse vieler und das kann auch eine Form von Utilitarismus sein.

Kompliment1: hikaru ich bewundere dich für Dein Wissen und Deine Schreibweise. Du hast schon lustig, ironisch, sarkastisch geschrieben, ich stöbere gern in alten Threads.
Kritik1: Ich verstehe dich manchmal nicht. Ich bewundere dich für deine Schreibweise - aber ich weiß häufig nicht warum.

Kompliment2: NAB, Du hilfst anderen, auch mir in Debian hinein. Du hast Humor.. Du hast mir mit Bumblebee zu debian verholfen, Mein/unser erster Thread.
Kritik2: Bitte etwas ausführlicher für Anfänger. Mir eigentlich egal, ich bin fertig: NVIDIA aus.

Kritik an alle: "Populärwissentschftlich" schreiben vergrößert den Einflussbereich Vernunftbegabter - egal ob Resignierter oder Utilitarier oder Idealist. (Ich lese gern mit, aber verstehe häufig nicht, weil völlig anderes Fachgebiet. Und im Debianforum sind viele intelligente Nicht-Akademiker ... mögliches Ziel für Utilitarier?! Oder haben die wirklich keine? Da bleibe ich dann doch lieber analytische Zynikerin, wozu ändern?! Es zählen angeblich nur Ergebnisse.

War jetzt nicht so wissentschaftlich mein Beitrag, aber ich bitte die Theoretiker herzlich, darüber nachzudenken. Theorie/Philosophie/Historie ohne Praxis - da mag man allzugleich und voreilig einhaken und Theorien auf den Prüfstand der Geschichte oder Systemtheorie stellen. Letzteres, damit die von mir und vielen anderen bewunderten hikarus und guennids auch mal in's Grübeln kommen. :mrgreen: Richtige oder falsche Bewunderung entsteht manchmal aufgrund von beiderseitig verschuldetem Nichtverständnis, mangelnden gemeinsamen Grundlagen, selbst ausgedachten und praktisch unerprobten und wenn erprobten dann nicht bewährten eigensinnigen Philosophien. Beide Seiten können sich nicht verständlich ausdrücken - trotz gemeinsamer Sprache. Vgl. a. Evangelium. (Ist nicht böse gemeint, nur eine andere, ungewöhnliche Sichtweise und nur bei Rückfragen erläutert.)

Nicht desto trotz bin ich der Meinung: "Die Philosophen haben die Welt nur interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern." Wer das zuim Besseren schafft, ist der Held und hat als Einziger Recht. Egal wie hochtrabend man seine Philosophie darstellt und nennt und der den wissentschaftlichen Anstrich gibt. Als Erstes ist die gesamte Menschheit zu ernähren, egal ob mit und ohne Philosophie, Hauptsache mit und in Würde des Einzelnen und dann schauen wir mal nach Moral, Philosophie und anderen Kleinkram. Ihr habt vollkommen Recht, wenn ihr mir Neoliberalismus unterstellt. Aber linke und rechte Schlagworte und ebensolche Philosophien machen selten satt.

Ich sehe mich selbst in der linken Ecke und bewundere doch eine Klempnerfima, in der der Chef finanzielle und soziale Verantwortung wahr nimmt. Mit Privathaftung, wie kein Manager sie je befürchten muss. Ohne jeden Manager und ohne jede hochtrabende Theorie, Philosophie, Soziologe etc. Einfach mit gesundem Menschenverstand und sozialer Verantwortung im beeinflussbarem Umfeld arbeitend. Ja, man kann aus allem eine Philosophie, Soziologie - heutzutage gern auch eine Pseudowissenschaft machen. Bis eben bin ich darauf reingefallen und habe die falschen Propheten bewundert. Auch hikaru. Es zählen nur Ergebnisse.

Weiss jedes Kind, nur wir sind von anderen, hochtrabend genannten Meinungen, Philosophien, Pseudo- und Sozialwissenschaften beeinflusst. Je hochtrabender der Begriff, desto glaubwürdiger die Story. Sorry an hikaru: Aber genau das ist der von dir hochgeschätzte Utilitarismus - aus meiner Sicht: Wer nichts ändert fliegt raus und quartscht zu viel und zu hochtrabend ohne verwertbare Ergebnisse.

Genau auf diesen Trichter bin ich gerade eben beim Lesen deiner Beiträge und beim Antworten darauf gekommen. Ich wollte dich eigentlich bewundern aber: Eine falsche Bewunderung für deine falsche, weil nichts ändernde nur hochtrabend genannte und deshalb arrogante Philosophie bis eben gehegt. Bitte nimmm es nicht persönlich, gerade beim Schreiben des Beitrages wurde mir vieles klar, was ich morgen viel besser ausdrücken könnte. Trotzdem: Welche Ergebnisse hat oder hatte deine so hochtrabend genannte und schön dargelegte Philosophie gegenüber der des oben genannten, theoretisch ungebildeten aber trotzdem sozialen Klempners? Hast ihn richtig oder falsch analysiert - aber mehr nicht.

Da erscheint mir rallis, niesommers, revods, ozelots Nicht-Philosophie, ihr Revoluzzertum, ihre Altersresignation, ihr einfacher menschlicher Anstand im Umfeld ehrlicher und nicht mit theroretisch-philosohischen Worthülsen verbrämt. Anstand spreche ich dir jedoch nicht ab, ich bin nur momentan etwas auer, weil ich wieder mal auf einen falschen, sehr gut schreibenden, sich vorzüglich ausdrücken könnenden, hochintelligenten und deshalb trotzdem falschen Propheten reingefallen bin - auch wenn der sich Utilitarier nennt. Überlege mal mit wem du bisher diskutierst. Mit abgehobenen Theoretikern oder mit Menschen: Ich habe mir bisher nicht getraut, auf irgend einen Beitrag von dir zu antworten, ich dachte, ich wäre dazu eine Nummer zu klein. Mag ja sein, aber Utilitarier sollten keine Selbstbefriedigung sein, wie keine Philosophie. Und wenn, dann hat die Geschichte einen oder mehrere Mülleimer.

Sorry, hikaru für deine Schreibweise bewundere ich dich, für deine Philosophie seit eben nicht mehr. Ist mir komischerweise erst beim Schreiben des Beitrages aufgefallen, morgen bereue ich mit Sicherheit die Schärfe meines Beitrages. Jedenfalls bitte ich dich darum, es nicht persönlich zu nehmen. Mein Hauptproblem ist eigentlich, dass ich geanuso denke wie du - aber daḿit sehr unzufrieden bin und mich nicht mehr in entsprechenden Philosophien sonne. Habe mich bisher darin sehr und zu sehr wohlgefühlt, von oben herab und sarkastisch auf all die Scheiße unter mir zu schauen. Aber mein Vorwurf oder meine Bitte an dich: Die SICHT auf die Scheiße nicht noch theoretisch-philosophisch zu untermauern.
(hikaru, nimm es als Kompliment: Ich habe dich bis eben zu sehr bewundert und wie jeder richtig oder falsch enttarnte Prophet kriegst du was ab. Um richtiger oder falscher Prophet zu sein, muss man aber erst mal was mehr können als die Masse. Das gestehe ich dir sogar mit etwas zugegebenem Neid zu. :THX: :mrgreen: )

LG Jana
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 28.04.2016 17:34:42, insgesamt 7-mal geändert.

Ozelot
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Re: Panama Papers

Beitrag von Ozelot » 28.04.2016 16:57:59

Oh, gerade gesehen: Gegen hikaru muß ich noch eine Lanze für das Mittelalter brechen. Erstens haben die keine Hexen verbrannt (das kam erst in der frühen Neuzeit - ca. 16. Jhd), zweitens waren die moralisch manchmal auch nicht so viel bescheuerter als wir heute. Thomas von Aquins Theorie vom gerechten Krieg oder große Teile seiner Tugendlehre waren schon nicht so verkehrt - und vor allem durchaus vernünftig: Die Struktur einer mittelalterlichen quaestio disputata, der häufigsten Textform im Mittelalter, war streng auf rationalen Argumentationsmustern aufgebaut. Aber ok - andererseits waren selbst die Grundlagentexte der Hexenverfolgung später in dieser Form geschrieben..

Und zumindest ein bißchen Hoffnung habe ich auch für die Moral. Manches hat sich zwar immer wieder schwer geändert, vor allem Sittlichkeitsfragen (aus irgendeinem Grund sind die Menschen immer schwer daran interessiert zu kontrollieren, wer wann mit wem wie nackt sein darf). Aber einige grundlegenden Dinge (Mord aus Habgier, Sadismus gegenüber Kindern, Diebstahl bei Notleidenden..) werden ziemlich konstant und universal als verwerflich angesehen. Die Diskussion ist dann eher, was unter diese Kategorien fällt. Das gilt selbst für Hitler, der ja sowohl den Krieg als auch die Judenverfolgung als Verteidigung inszeniert hat.

Aber falls es eine begründbare Moral gibt, ist es eh egal, ob sich jeder immer daran hält (Genau wie die Mathematik sich durch falsches rechnen nicht ändert).

Und noch eine Lanze für hikaru: Quatsch, da ist gar nix verbrämt. Der versteckt sich nicht hinter Worthülsen, und ist auch viel zu nüchtern als daß er zum Propheten taugen würde.. Aber das wird jetzt auch arg personenzentriert.. selbst für Smalltalk.. kehren wir lieber wieder zurück zum, äh, Thema..

BenutzerGa4gooPh

Re: Panama Papers

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 28.04.2016 19:44:51

Hikaru wird für sich selbst antworten. Ich freue mich darauf und bin gespannt. Mir geht es nicht darum, irgend jemand vom verdienten Thron zu stürzen - sondern ihn zu uns zu holen. Er und wir haben was davon.

guennid

Re: Panama Papers

Beitrag von guennid » 28.04.2016 23:40:01

hikaru hat geschrieben:Die Bewertung was "richtig" und was "falsch" ist, ist eine rein subjektive
Ich hatte vorsichtshalber den Komparativ in den Klammern dazugesetzt. Scheint aber nicht reflektiert worden zu sein. Nun denn: Wenn jemand was Falsches als richtig bezeichnet, wird das dadurch noch nicht richtig. Konkret: Auch unter Berücksichtigung der historischen Klarstellung von Ozelot kann ich mir kaum vorstellen, dass hikaru meint, es sei eine rein subjektive Ansichtssache, ob das Verbrennen von Frauen als Hexen "richtig" sei. Ich halte dafür, dass es sowas wie einen Erkenntnisfortschritt gibt und insofern auch etwas, was historisch und vernünftig überholt ist. (Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit nennt Hegel das.) Das auch ein (vermeintlicher) Erkenntnisfortschritt der Kritik nicht entzogen ist, ist banal. Das wollte ich mit dem Komparativ andeuten. Nur: Was heißt denn Kritik. Doch wohl, dass man eine vernünftige Widerlegung versucht.

(Tut mir leid Jana, aber es hilft nichts, ganz ohne Kenntnisnahme der Philosophiegeschichte geht' nicht :wink: .)

Das Beispiel mit der Scham (ein Gefühl!) in unterschiedlichen Kulturkreisen hat mit Moral (siehe Ozelot) und insofern auch mit richtig(er) und falsch(er) (besser oder schlechter) nichts zu tun. Wenn du Moral allerdings auf Tischsitten, Schamgefühl etc.reduzieren willst - das ist nicht mein Ding.
hikaru hat geschrieben:Überhaupt ist der Utilitarismus wie jedes moralgetriebene Bewertungsystem in sich widersprüchlich und für Auslegungen offen.
Irgendwie scheint mir da in deinem Hinterkopf die Überzeugung: Es ist eh alles relativ. Den Standpunkt gibt es. Der wird vertreten. Nennt sich Relativismus und heutzutage auch Kommunitarismus. Ist aber auch nur angepasster Protagoras. Zu falsifizieren vermag ich den nicht. Ich frage dich nur: Warum argumentiert man dann überhaupt noch? Spaß an der Freud? Manipulation? Langeweile? Machtstreben?
Frau Thatcher ist nicht mein Maßstab für Utilitarismus.
Tja, aber die verstand 'ne ganze Menge davon, und insbesondere war ihre Politik davon geprägt. Kannst dir natürlich auch deinen eigenen Utilitarismus schnitzen. :wink:
hikaru hat geschrieben:
guennid hat geschrieben:Wenn ich etwas als richtig(er) erkenne, dann bilde ich mir ein, dass meine Vernunft mich da etwas hat einsehen lassen, und das gilt dann bis zur Falsifikation.
Vielleicht ist hier gerade die Einbildung das Schlüsselwort.
Auch das werde ich wohl nicht widerlegen können. Aber kennst du was Besseres als vernünftiges Argumentieren? :wink:


Falls jemand Lust hat auf eine parodistisch-satirische Darstellung moralischer Systeme:
Steven Lukes: Die Beste aller Welten
Professor Caritats Reise durch die Utopien.
Roman. Aus dem Englischen von Sebastian Wohlfeil.
Rotbuch Verlag, Hamburg 1999, 315 S. Kurzbeschreibung hier: http://www.luise-berlin.de/lesezei/blz99_11/text26.htm

Auch interessant: http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte ... ssensfrage

Grüße, Günther

NAB
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Re: Panama Papers

Beitrag von NAB » 29.04.2016 01:24:23

Naturwissenschaftlich gesehen ist es immer noch völlig richtig, Hexen zu verbrennen, die Leid, Krankheit, Hunger und Tod über das Land bringen. Man hat nur inzwischen herausgefunden, dass diese Hexen gar nicht in Menschen wohnen, die Sache mit dem Verbrennen also völlig sinnlos ist. Ausnahmen werden in den USA jetzt elektrisch geröstet - das ist technischer Fortschritt.

Juden zu vergasen war hingegen nie richtig ... die haben alle nachher nur gar nichts davon gewusst. Einige wollen das ja immer noch nicht glauben.

Nur die Sache mit dem Schleier, das scheint so ne soziale Gewohnheit zu sein ... ich werd auch immer komisch angeguckt, wenn ich mit Skimaske bei Lidl einkaufen gehe ... und wenn ich dann erzähle, dass Gott mir das so befohlen hat, dann sind die immer ganz schnell weg ... seltsame Leute.
Never change a broken system. It could be worse afterwards.

"No computer system can be absolutely secure." Intel Document Number: 336983-001

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Re: Panama Papers

Beitrag von ralli » 29.04.2016 06:43:59

Danke Günter für die Links. Und überhaupt für Deinen Beitrag. Die Rubrik "Gewissensfrage" habe ich auch schon des öfteren gelesen. Wer nicht kritikfähig ist, ist mit Erlaub auch nicht lernfähig. Aber es sollte schon konstruktive Kritik sein, die aufbaut, lebensbejahend ist und nicht zerstörerisch. Wer relative Aussagen macht, zeigt deutlich, das er nicht wirklich hinter dem steht, was er vorgibt zu sein. Das ist eine Flucht aus der Verantwortung. Diese Haltung nehmen oft Menschen ein, die unangreifbar sein wollen. Ansonsten meißel jeder an seiner eigenen Büste. Das fördert den Selbstfindungsprozess. :wink:
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

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Re: Panama Papers

Beitrag von ralli » 29.04.2016 07:33:32

Und ich möchte noch etwas anmerken:

Überall wird überbordend kritisiert. Sind wir tatsächlich ein Volk von Nörglern und Unzufriedenen? Der Eindruck jedenfalls drängt sich mächtig auf. Und das alles, obwohl es uns nie besser ging wie heute. Wie wäre es denn mal statt Kritik und Schmähgedichten mit einem faustdicken Lob? Es wird viel zu wenig gelobt. Warum eigentlich? Fast denke ich, das da auch eine Portion Dankbarkeit fehlt für unser Dasein. Aber Dankbarkeit ist auch ohne Zufriedenheit kaum denkbar. Ich bin für Vieles dankbar. Auch das ich hier im Forum sein darf und die vielen unterschiedlichen Meinungen mein Bewußtsein und Horizont erweitern. Ich mag natürlich kritische Geister, bin ja selber einer. Wenn Diskussionen auf sachlicher Ebene geführt werden und nicht persönlich werden, ist das ja auch eine echte Bereicherung. Jetzt freue ich mich auf ein königliches Frühstück mit knackigen und knusprigen Brötchen sowie einige Tassen dampfenden Kaffees. Das Wetter wird auch wieder besser. Das Leben kann soooooo schöööön sein. :mrgreen:
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

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Re: Panama Papers

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 29.04.2016 10:21:55

Liebe Forumsmitglieder,
ich möchte mich bei euch entschuldigen, hatte gestern wohl einen schlechten Tag erwischt. Mich hat die "Fliege an der Wand" gestört. An sich ist doch hier im Debainforum allles okay, intelligente Menschen hier, was will Mann oder Frau mehr. Und die Unterschiede in Charakteren und Ansichten und Philosophien sind doch gerade das Interessante.
Tut mir leid!
@inne: Tut mir besonders leid, habe sehr überzogen reagiert.

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Re: Panama Papers

Beitrag von hikaru » 29.04.2016 11:48:43

@Jana66:
Ich bin genauso wenig Fachmann in Philosophie, wie ich es in Physik bin. Ich finde schlicht die Themen interessant. Von daher kann ich gar nicht fachmännisch argumentieren, sondern bestenfalls populärwissenschaftlich, eben auf dem Niveau auf dem sich auch meine (in Wahrheit recht spärliche) Lektüre bewegt. Wenn du einiges von meinen Ausführungen nicht verstehst, dann liegt das vermutlich am ehesten daran, dass ich einen Hang dazu habe, mich gestelzt auszudrücken.
Dass du meine alten Beiträge hier durchstöberst und teils wertschätzt ehrt mich, aber dass du mir in einigen Punkten offen widersprichst empfinde ich als viel wertvoller. Es zeigt nämlich, dass du kritisch nachdenkst und solche Diskussionspartner sind mir am liebsten.
Wenn du mich deshalb von irgendeinem Thron stürzen willst, dann nur zu! Es wird höchste Zeit, denn wer immer mich da raufgehoben haben mag (ohne dass ich es gemerkt habe), hat einen Riesenfehler gemacht. Und wenn du mir einen Gefallen tun möchtest, dann entschuldige dich nicht dafür, sondern stehe einfach zu deiner Meinung!
Ich bin letztendlich auch nur irgendein Typ, der seinen Senf im Netz breitschmiert, dem noch dazu ein ganzes Stück Lebenserfahrung fehlt, im Vergleich zu einigen anderen Leuten hier.

zum Fachlichen:
Du hast völlig Recht damit, dass mein philosophischer Ansatz keine Lösungen für die Fragen der Menschheit anbietet. Der Grund ist ganz einfach der, dass ich nicht glaube, dass es Lösungen gibt. Für deren Findung hätten wir mehrere Jahrtausende Zeit gehabt und ich finde die Vorstellung unrealistisch, dass in der ganzen Zeit noch keiner auf eine Lösung gekommen sein soll, wenn es denn eine gäbe.
Zum Glück teilt meine Meinung nicht jeder, denn sonst gäbe es gar kein Engagement für soziale Themen und mir würde das Vergnügen an solchen interessanten Diskussionen entgehen.

Ozelot hat geschrieben:Oh, gerade gesehen: Gegen hikaru muß ich noch eine Lanze für das Mittelalter brechen. Erstens haben die keine Hexen verbrannt (das kam erst in der frühen Neuzeit - ca. 16. Jhd),
Das fing schon im Mittelalter an, aber du hast natürlich Recht, dass der Höhepunkt in der Frühmoderne lag.
Der springende Punkt auf den ich hinaus wollte ist, dass sich moralische Bewertungen mit der Zeit ändern.
Ozelot hat geschrieben:zweitens waren die moralisch manchmal auch nicht so viel bescheuerter als wir heute.
Zweifellos.
Ozelot hat geschrieben:Aber einige grundlegenden Dinge (Mord aus Habgier, Sadismus gegenüber Kindern, Diebstahl bei Notleidenden..) werden ziemlich konstant und universal als verwerflich angesehen. Die Diskussion ist dann eher, was unter diese Kategorien fällt.
Das würde ich etwas differenzierter sehen bzw. besonderen Wert auf den zweiten Satz legen. Konstant ist eigentlich nur, dass man selbst nicht in die Gefahr geraten möchte, verfolgt zu werden. Ich denke, so lange es klare Abgrenzungen zu den verfolgten Gruppen gibt (Hexen, Neger, Juden, "der Feind"), so lange kann man das Volk durchaus für deren Folter und Ermordung begeistern. Schwierig wird es erst in einem Wertesystem das die Gleichheit aller propagiert.
Es gibt z.B. aktuell von einigen Leuten Bestrebungen, die Menschenrechte auf die großen Menschenaffen auszuweiten, weil sie nach aktuellen Maßstäben als empfindungsfähig, vielleicht sogar als Personen einzustufen wären. Die Gegner argumentieren aus einer Dammbruchmentalität heraus, denn wenn sich die Grenze einmal verschiebt, lässt sie sich vielleicht auch weiter verschieben und am Ende müsste man aus moralischen Gründen vermutlich die Nutzung aller (Wirbel)Tiere verbieten.
Ozelot hat geschrieben:Das gilt selbst für Hitler, der ja sowohl den Krieg als auch die Judenverfolgung als Verteidigung inszeniert hat.
Aber auch er fuhr zweigleisig. Er hat einerseits mit Verteidigung argumentiert, um seine Aggression gegen Gleichwertige zu rechtfertigen, andererseits hat er seine Hauptfeinde zu Untermenschen erklärt, und so eine moralische Abgrenzung eingeführt, die es erlaubte, ihnen die Menschenrechte abzusprechen.
Ozelot hat geschrieben:Aber falls es eine begründbare Moral gibt, ist es eh egal, ob sich jeder immer daran hält (Genau wie die Mathematik sich durch falsches rechnen nicht ändert).
Moral ist immer begründbar. Die Frage ist nur, wie stichhaltig die Gründe sind. Als Anhänger der Naturwissenschaften sehe ich da einen fundamentalen Unterschied zur Mathematik, denn die ist nicht verhandelbar. Ob 1+1=2 ist lässt sich nicht verhandeln, ob es gerechtfertigt ist einen anderen Menschen zu töten hingegen schon.

guennid hat geschrieben:Ich hatte vorsichtshalber den Komparativ in den Klammern dazugesetzt. Scheint aber nicht reflektiert worden zu sein.
Doch, doch, das habe ich schon reflektiert. Deshalb hatte ich auch die Klammern übernommen.
Ich meine nur, dass eine subjektive Bewertung subjektiv bleibt, egal ob man sie zusätzlich relativiert oder nicht.
guennid hat geschrieben:Auch unter Berücksichtigung der historischen Klarstellung von Ozelot kann ich mir kaum vorstellen, dass hikaru meint, es sei eine rein subjektive Ansichtssache, ob das Verbrennen von Frauen als Hexen "richtig" sei.
Doch, genau das meine ich. Ob es richtig ist Hexen zu verbrennen lässt sich sehr wohl verhandeln. NAB hat das sehr schön ausgedrückt, wie ich finde:
NAB hat geschrieben:Naturwissenschaftlich gesehen ist es immer noch völlig richtig, Hexen zu verbrennen, die Leid, Krankheit, Hunger und Tod über das Land bringen. Man hat nur inzwischen herausgefunden, dass diese Hexen gar nicht in Menschen wohnen, die Sache mit dem Verbrennen also völlig sinnlos ist.
guennid hat geschrieben:Ich halte dafür, dass es sowas wie einen Erkenntnisfortschritt gibt und insofern auch etwas, was historisch und vernünftig überholt ist.
Das unterstellt eine Zielrichtung von "objektiv schlechter" zu " objektiv besser". Ich glaube, dass Erkenntnisse außerhalb der Naturwissenschaften keine solche Zielrichtung haben. Es ist viel mehr ein evolutionärer Prozess. Die Evolution kennt auch keine Zielrichtung, sondern nur eine Anpassung an die Umwelt. Und Umweltbedingungen können sich ändern.
guennid hat geschrieben:Das Beispiel mit der Scham (ein Gefühl!) in unterschiedlichen Kulturkreisen hat mit Moral (siehe Ozelot) und insofern auch mit richtig(er) und falsch(er) (besser oder schlechter) nichts zu tun. Wenn du Moral allerdings auf Tischsitten, Schamgefühl etc.reduzieren willst - das ist nicht mein Ding.
Es ist ein Beispiel unter vielen. Und natürlich wird Schamgefühl, wie auch Tischsitten, von denen die sich für die Einhaltung einsetzen moralisch begründet. Es sind nur zufällig Beispiele, bei denen sich die Beliebigkeit leicht erkennen lässt.
guennid hat geschrieben:Irgendwie scheint mir da in deinem Hinterkopf die Überzeugung: Es ist eh alles relativ. Den Standpunkt gibt es. Der wird vertreten. Nennt sich Relativismus und heutzutage auch Kommunitarismus. Ist aber auch nur angepasster Protagoras.
Völlig richtig.
guennid hat geschrieben:Zu falsifizieren vermag ich den nicht. Ich frage dich nur: Warum argumentiert man dann überhaupt noch? Spaß an der Freud?
Eben das.
guennid hat geschrieben:Kannst dir natürlich auch deinen eigenen Utilitarismus schnitzen. :wink:
Macht eh jeder, denn "den Utilitarismus" gibt es nicht. Wie jede dieser Schubladen ist auch "der Utilitarismus" voller Krimskrams, aus dem sich jeder raussucht, was ihm passt.
guennid hat geschrieben:Aber kennst du was Besseres als vernünftiges Argumentieren? :wink:
Nein. Aber das heißt nicht, dass dies die einzige Argumentationsform wäre.

Danke für die Links!

ralli hat geschrieben:Überall wird überbordend kritisiert. Sind wir tatsächlich ein Volk von Nörglern und Unzufriedenen? Der Eindruck jedenfalls drängt sich mächtig auf. Und das alles, obwohl es uns nie besser ging wie heute. Wie wäre es denn mal statt Kritik und Schmähgedichten mit einem faustdicken Lob? Es wird viel zu wenig gelobt. Warum eigentlich?
Ja es geht uns im Vergleich zu den meisten anderen Menschen hier gut. Und dafür bin ich dankbar. Vielleicht "nörgeln" wir aber gerade deshalb so viel, weil es uns so gut geht, denn natürlich ist längst nicht alles perfekt und unser hoher Lebensstandard erlaubt es uns erst, über tiefgreifende philosophische und politische Fragen nachzudenken.
Wenn meine Hauptsorge den Fragen gilt, wo ich das nächste Essen herkriege und wo ich nie nächste Nacht verbringe, dann bleibt wenig Raum sich mit Hegel und Kant zu beschäftigen. Sind meine Grundbedürfnisse aber gedeckt, dann habe ich Freiraum um mir über "Höheres" Gedanken zu machen.
Insofern kritisieren wir sicher auf hohem Niveau, aber ich denke nicht unberechtigt.

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