Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

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hikaru
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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 27.08.2009 20:13:30

debianjens hat geschrieben:"Ich bin dagegen" reicht nicht aus.
Da hast du recht. Das kann jeder. Zusätzlich muss ich auch noch ein "Ich bin stattdessen für dies und jenes." formulieren können. Sonst kann ich nicht formulieren was geändert werden soll. Das kann nicht jeder. Das reicht jedoch auch nicht aus, denn ich muss auch einen Weg aufzeigen können der mich vom unerwünschten Zustand zum erwünschten führt. Sonst kann man das notwendige Wie der Veränderung nicht formulieren. Dieses Wie konnte bei diesem Thema noch niemand für mich nachvollziehbar formulieren. Ich kann es auch nicht, deshalb sitze ich nur rum.
debianjens hat geschrieben:Deine Angst, manipuliert oder missbraucht zu werden, macht Dich stärker manipulierbar, als wenn Du den Mut hast, aufzustehen und offen für Deine Meinung einzustehen.
Ich habe den Mut aufzustehen. Wenn es nicht um Staatspolitik geht, manchmal mehr als mir gut tut. Der Unterschied ist dass ich in anderen Bereichen zumindest eine Vorstellung vom zu beschreitenden Weg habe, auch wenn sich dieser unterwegs als falsch herausstelen sollte.
debianjens hat geschrieben:Wer Gesetze befolgt, macht das nicht nur aus Angst vor Strafe, sondern weil er einfach fair zu seinen Mitmenschen sein will, und er ihre Persönlichkeit achtet.
Nein. Fair zu meinen Mitmenschen bin ich aufgrund meiner eigenen Werte die mir anerzogen wurden und ich im Laufe meines Lebens gesammelt habe. Gesetze befolge ich ausschließlich aus Angst vor Repressalien. Im Idealfall sind beide Mechanismen deckungsgleich oder die Reflektion über ein Gesetz lässt mich meine Moralvorstellung überdenken und ich nehme den Unterschied zwischen Moral und Gesetz nicht mehr wahr. Deshalb hört er aber nicht auf zu existieren.
Wenn alle Menschen die gleichen Moralvorstellungen hätten und sich daran halten würden bräuchten wir keine Gesetze. Da aber (glücklicherweise) die Vorstellungen unterschiedlich sind brauchen wir Gesetze um die Basis für eine soziale Ordnung zu schaffen.
debianjens hat geschrieben:Erst durch ein Bekenntnis zu etwas, und nicht nur gegen etwas, wirst Du doch erst zu einem Menschen, einer Identität, die es dann gilt zu schützen.
Es gibt Dinge zu denen ich mich eindeutig bekenne. Diese finde ich aber leider nicht in der Politik.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die eigenen Ressourcen sich für etwas einzusetzen begrenzt sind und es ein beschissenes Gefühl ist zu erkennen, dass sie einem an einer wichtigen Stelle fehlen weil man sie an einer anderen verschwendet hat. Daher wäge ich stark ab wofür ich mich einsetze und wofür nicht.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von debianjens » 28.08.2009 05:09:23

Jetzt kommt einmal ein bisschen Pep in die ganze Sache...
hikaru hat geschrieben: Dieses Wie konnte bei diesem Thema noch niemand für mich nachvollziehbar formulieren. Ich kann es auch nicht, deshalb sitze ich nur rum.
Wenn also ein Wie (und das damit verbundene Ziel) nicht definiert wurden ist, ---- und jeder Softwareentwickler sieht das sofort --- gibt es Chaos. Sollten wir in diesem Sinne nicht den Verursacher dieser Postings bitten, uns mitzuteilen, was das Ziel ist, und was die politischen Schritte bis zu seinem Erreichen sind?
Eine Revolution, ein Gesetz, ein Bewusstsein..... oder nur Krawall?

Das Ziel sollte hier auch einmal genauer beschrieben werden, denn nur einfach schreiben, ob man dafür und dagegen ist, reicht nicht aus.

Diese Frage bedarf einer Antwort.... dringends....
hikaru hat geschrieben:Wenn alle Menschen die gleichen Moralvorstellungen hätten und sich daran halten würden bräuchten wir keine Gesetze. Da aber (glücklicherweise) die Vorstellungen unterschiedlich sind brauchen wir Gesetze um die Basis für eine soziale Ordnung zu schaffen.
Damit stimme ich auch weitesgehend überein, jedoch sehe ich hier die Gesetze gerade als Teil der Fairniss in einer Welt, die unterschiedliche Moralvorstellen verbinden muss. Ich trage sogar eine ganze Menge der Gesetze inhaltlich mit, aus Einsicht, nicht aus Angst....

Angst macht Dich manipulierbar.....

je
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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von debianjens » 28.08.2009 05:20:18

Ziele und Forderung von "Freiheit statt Angst":


Unsere Forderungen

1. Überwachung abbauen
Abschaffung der flächendeckenden Protokollierung der Kommunikation und unserer Standorte (Vorratsdatenspeicherung)
Abschaffung der flächendeckenden Erhebung biometrischer Daten sowie von RFID-Ausweisdokumenten
Schutz vor Bespitzelung am Arbeitsplatz durch ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz
Berücksichtigung des Datenschutzes für Bürger- und Arbeitnehmer/innen bereits in der Konzeptionsphase aller öffentlicher eGovernment-Projekte
Keine einheitliche Schülernummer (Schüler-ID/Schülerdatei)
Keine Weitergabe von Informationen über Menschen ohne triftigen Grund
Keine europaweite Vereinheitlichung staatlicher Informationssammlungen (Stockholmer Programm)
Keine systematische Überwachung des Zahlungsverkehrs oder sonstige Massendatenanalyse in der EU (Stockholmer Programm)
Kein Informationsaustausch mit den USA und anderen Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz
Abbau von Videoüberwachung und Verbot des Einsatzes von Verhaltenserkennungssystemen
Keine pauschale Registrierung aller Flug- und Schiffsreisenden (PNR-Daten)
Keine geheime Durchsuchung von Privatcomputern, weder online noch offline
Keine Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte in der derzeit geplanten Form

2. Evaluierung der bestehenden Überwachungsbefugnisse
Wir fordern eine unabhängige Überprüfung aller bestehenden Überwachungsbefugnisse im Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Kosten, schädliche Nebenwirkungen und Alternativen.


3. Moratorium für neue Überwachungsbefugnisse
Nach der inneren Aufrüstung der letzten Jahre fordern wir einen sofortigen Stopp neuer Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit, wenn sie mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind.


4. Gewährleistung der Meinungsfreiheit und des freien Meinungs- und Informationsaustauschs über das Internet

Keine Beschränkung des Internetzugangs durch staatliche Stellen oder Internetanbieter (Sperrlisten)

Keine Sperrungen von Internetanschlüssen
Verbot der Installation von Filtern in die Infrastruktur des Internet.
Entfernung von Internet-Inhalten nur auf Anordnung unabhängiger und unparteiischer Richter.
Einführung eines uneingeschränkten Zitierrechts für Multimedia-Inhalte, das heute unverzichtbar für die öffentliche Debatte in Demokratien ist.
Schutz von Plattformen zur freien Meinungsäußerung im Internet (partizipatorische Websites, Foren, Kommentare in Blogs), die heute durch unzureichende Gesetze bedroht sind, welche Selbstzensur begünstigen (abschreckende Wirkung)

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 28.08.2009 08:44:31

debianjens hat geschrieben:Jetzt kommt einmal ein bisschen Pep in die ganze Sache...
Ich denke auch, denn du scheinst zu verstehen worin ich das Problem sehe.
debianjens hat geschrieben:Wenn also ein Wie (und das damit verbundene Ziel) nicht definiert wurden ist, ---- und jeder Softwareentwickler sieht das sofort --- gibt es Chaos.
Nicht verwechseln, das Was, also die Lösung des Problems (das Ziel selbst) beinhaltet noch nicht das Wie (den Weg zum Ziel). Genau das ist aber der Knackpunkt. Die Ziele von "Freiheit statt Angst" hast du zitiert und ich finde diese Forderungen sinnvoll. Das Was ist hinreichend formuliert. Über den Weg diese Forderungen umzusetzen sehe ich aber nirgends etwas. Alle bisherigen Ansätze (Petitionen, Demonstrationen, öffentliche Diskussionen, Bürgerschreiben an Politiker, Wahlen) haben sich als untauglich erwiesen.
Weitere Vorschläge?
debianjens hat geschrieben:Sollten wir in diesem Sinne nicht den Verursacher dieser Postings bitten, uns mitzuteilen, was das Ziel ist, und was die politischen Schritte bis zu seinem Erreichen sind?
Das verstehe ich nicht. Welcher Verursacher? Welches Postings?
debianjens hat geschrieben:Damit stimme ich auch weitesgehend überein, jedoch sehe ich hier die Gesetze gerade als Teil der Fairniss in einer Welt, die unterschiedliche Moralvorstellen verbinden muss. Ich trage sogar eine ganze Menge der Gesetze inhaltlich mit, aus Einsicht, nicht aus Angst....
Ich denke im Grunde meinen wir das Gleiche, nur unsere Formulierung unterscheidet sich. Natürlich sind Gesetze ein Teil der Fairness in der Welt denn sie schützen mich vor deinen Moralvorstellungen die meine Interessen verletzen und dich vor meinen Moralvorstellungen die deine Interessen verletzen. Viele Gesetze trage ich auch mit, aber nur die wenigsten weil sie Gesetze sind, sondern meist weil sie sich mit meinen Moralvorstellungen decken. An diesen Stellen brauche ich persönlich das Gesetz nicht denn ich würde auch ohne es genauso handeln. Dort wo ich mich trotz gegenläufiger eigener Interessen an Gesetze halte tue ich das nur, weil mir die Strafe für die Übertretung des Gesetzes mehr schadet als mir die Nichteinhaltung nutzen würde. An dieser Stelle ist es wichtig dass Gesetze bestehen. Wenn ich jedoch den Nutzen bei der Übertretung eines Gesetzes höher einstufe als den Schaden für die zu erwartende Strafe dann wird mich auch ein bestehendes Gesetz nicht davon abhalten.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von Burner7537 » 28.08.2009 09:18:44

Das einfache "... ne Demonstration bringt eh nix ..." in allen ihren wortreichen Facetten kann ich so nicht stehen lassen. Ich denke da besonders an das Jahr 1989 im Osten Deutschlands (ehemalige DDR). Wenn es nur 20 oder 30 Demonstranten gewesen wären hätte die Stasi bzw. VP diese einfach eingebuchtet. Weil aber viele, sehr viele Demonstriert haben ist es sogar zu einem Sturz des herrschendem Regimes gekommen. Dieses und das muss man ausnahmsweise beiden Seiten zugute halten sogar friedlich.
Allerdings kann es auch leider so ausgehen wie im Iran. Das wird aber hoffentlich nicht so in Deutschland passieren.

Gruss Burner

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 28.08.2009 10:34:38

Die DDR war 1989 ohnehin am Ende. Die NVA war parallel zur Protestbewegung selbst teilweise in innerer Auflösung begriffen. An vielen Standorten war die Protestbewegung schon innerhalb der Kasernen angekommen und die Mannschaften haben ihre Offiziere an den Verhandlungstisch gezwungen statt einfach nur Befehle auszuführen. Nicht umsonst musste so ein hohes Tier wie Keßler selbst in die Kasernen rausfahren um die Mannschaften überhaupt wieder zu sowas wie einem Dienst zu bewegen.
Es war auch keine Staatshilfe bei der Niederschlagung von der Sowjetunion unter Gorbatschow zu erwarten. Und viele andere Staaten des Warschauer Paktes waren selbst gerade auf dem Weg der Öffnung.
1989 waren ganz andere Verhältnisse als 1953.

Hinzu kommt, dass 1989 in der DDR ein Großteil der Bevölkerung mit dem System massiv unzufrieden war. Heute ist das nicht der Fall. Jeder hat zwar was zu meckern aber eigentlich haben sich fast alle gemütlich in ihrem kleinbürgerlichen Leben eingerichtet, auch wenn es hier und da ein wenig zwickt. Gerade in so einer Nischengemeinschaft wie dem Debianforum oder auch dem Internet allgemein darf man nicht vergessen, dass die hier vorherrschende Meinung nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ist.
Bestes Beispiel sind die Umfrageergebnisse zur Piratenpartei. Solche Onlineumfragen schaue ich mir schon gar nicht mehr an denn die Ergebnisse hätten teilweise selbst die SED neidisch gemacht. Verlässt man aber mal die kleine Welt des Internets sieht es plötzlich ganz anders aus und man braucht nichtmal ernsthaft zu diskutieren ob die 5%-Hürde zu schaffen ist.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von 123456 » 28.08.2009 10:40:23

hikaru hat geschrieben:Verlässt man aber mal die kleine Welt des Internets sieht es plötzlich ganz anders aus und man braucht nichtmal ernsthaft zu diskutieren ob die 5%-Hürde zu schaffen ist.
in Schweden haben die es dort über 7 Prozent gebracht. In der total realen Welt des Offlines. Aber die Deutschen sind halt ein bisserl langsam. Hüstl.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 28.08.2009 11:40:17

Das war die Europawahl, die darf man nicht mit einer Landeswahl in einen Topf werfen. Ich weiß nicht wie es mit Wahltraditionen in Schweden aussieht, aber in Deutschland wird das Ergebnis der Piraten bei der Bundestagswahl deutlich schlechter aussehen als bei der Europawahl, denn viele Traditionswähler die mit Europa nichts anfangen können und dort gar nicht erst hingehen, werden bei der Bundestagswahl auf der Matte stehen und fleißig ihr Kreuz machen - genau an der gleichen Stelle wie vor 4 Jahren - und vor 7 Jahren - und vor 11 Jahren ...

Aber nehmen wir doch einfach mal an, die Piraten würden doch die 5% bei der Bundestagswahl schaffen. Was dann? Ihre Ideen sind in etwa so radikal wie die der NPD*. Die NPD ist in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen im Landtag, in Brandenburg übernimmt diese Rolle die DVU. Trotzdem kann ich aus eigener Erfahrung sagen dass alle drei Länder entgegen gern gepflegter Vorurteile zu großen Teilen nicht "national befreit" sind.
Die schlichte Anwesenheit im Parlament allein scheint also nicht zu helfen seine politischen Ziele umzusetzen. Erst recht nicht dann, wenn man vom Rest des Parlaments weitgehend ignoriert wird. Ich fürchte die "Gaga-Partei" der Piraten dürfte von den traditionellen Parteien genauso ignoriert werden wie die Rechten.

Wieviel die 7 Prozent der schwedischen Piraten bei der Europawahl wert sind sehen wir in gut einem Jahr nach der schwedischen Reichstagswahl.


*) rein prophylaktisch: "radikal" im Sinne von "ungewöhnlich, von der Norm abweichend", nicht "hirnverbrannt"

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von 123456 » 28.08.2009 12:16:05

hikaru hat geschrieben:Das war die Europawahl, die darf man nicht mit einer Landeswahl in einen Topf werfen.
das ist schon klar. Ich wollte nur dein Argument mal aufgreifen, wenn man die real existierende Welt des Internet verlässt und sich in die Scheinwelt der Wirklichkeit begibt. (oder wie hat Zhuangzi das mit seinem Schmetterlingstraum ausgedrückt)

Das die Piraten 5 Prozent bekommen glaube ich erstmal auch nicht. Macht aber nix. Die werden wachsen und vielleicht beim nächsten Mal mitspielen. Historische Beispiele gibts ja dazu.
Aber nehmen wir doch einfach mal an, die Piraten würden doch die 5% bei der Bundestagswahl schaffen. Was dann? Ihre Ideen sind in etwa so radikal wie die der NPD*.
hier vergleichst du aber Äpfel und Tomaten - oder so. Antinazis mögen aufstehen und laut protestieren. Der Vergleich ist eigentlich ziemlich verfehlt.
Ich finde es ist "Zeit" für Splitterparteien. Volksparteien habe ausgedient. Und ich finde auch, die müssen nicht das ganze politische Spektrum abdecken. Die beschränken sich auf Netzpolitik. Es ist doch gut, wenn man ein Kompetenzfeld hat, das man beackern kann.
Ich fürchte die "Gaga-Partei" der Piraten dürfte von den traditionellen Parteien genauso ignoriert werden wie die Rechten.
das kann sein - oder ist wie ich denke sicher so. Das gehört aber zum "normalen" Politmobbing dazu. Also Business as usual sozusagen. :) die Volksparteien dürfen ihre Arroganz solange ausleben bis sie damit voll auf die Fresse fliegen.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 28.08.2009 12:48:07

ub13 hat geschrieben:hier vergleichst du aber Äpfel und Tomaten - oder so. Antinazis mögen aufstehen und laut protestieren. Der Vergleich ist eigentlich ziemlich verfehlt.
Das einzige was ich hier vergleiche ist die Abweichung der vertretenen Position vom Rest des Parteienspektrums:
http://de.wikipedia.org/wiki/Radikalismus hat geschrieben:Als Radikalismus bezeichnet man eine politische Einstellung, die grundlegende Veränderungen an einer derzeit herrschenden Gesellschaftsordnung anstrebt. Das Adjektiv „radikal“ ist vom lateinischen radix (Wurzel) abgeleitet und beschreibt das Bestreben, gesellschaftliche und politische Probleme „an der Wurzel“ anzugreifen und von dort aus möglichst umfassend, vollständig und nachhaltig zu lösen. Der Begriff bezieht sich auf die Entschlossenheit und Konsequenz des Handelns, nicht auf eine bestimmte politische Richtung.
Ich hatte gehofft der Stern in meinem letzten Beitrag würde genügen um das deutlich zu machen.

In NPD und DVU finden sich übrigens nicht nur Altnazis. Wenn das so wäre müsste man sich weniger Sorgen machen, die sterben irgendwann von ganz alleine aus. Die Masse der Mitglieder sind Jüngere die man je nach eigenem Standpunkt als erleuchtet oder verblendet bezeichnen könnte.
ub13 hat geschrieben:Das die Piraten 5 Prozent bekommen glaube ich erstmal auch nicht. Macht aber nix. Die werden wachsen und vielleicht beim nächsten Mal mitspielen. Historische Beispiele gibts ja dazu.
Da bin ich mir nicht ganz so sicher. Viele (außerhalb des Internets) betrachten die Piraten nur als eine weitere Protestpartei. Als solche könnte sie nach der Bundestagswahl genauso wieder in der Versenkung verschwinden wie die APPD vor einigen Jahren. Als größte Aufgabe der Piraten sehe ich in den nächten vier Jahren, ihre Kernthemen außerhalb des Internets zu platzieren, denn es wird meiner Meinung nach noch mindestens 20 Jahre* dauern bis das Internet wirklich breitenpolitische Wirkungen entfalten kann. Außerdem muss sie ihre Kompetenzen in anderen Bereichen ausweiten um Menschen zu erreichen die ihre Ziele zwar gutheißen, für diesen schmalen Themenbereich aber nicht ihre einzige Zweitstimme hergeben wollen. Gelingt ihr das nicht wird die Piratenpartei demnächst wohl eine ähnliche Rolle spielen wie die Grauen Panther. Jeder kennt sie aber keiner wählt sie.

*) Die demographische Entwicklung arbeitet gegen sie, heutige Menschen über 40 errreicht sie kaum - daher so lange.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von 123456 » 28.08.2009 13:01:31

hikaru hat geschrieben:Das einzige was ich hier vergleiche ist die Abweichung der vertretenen Position vom Rest des Parteienspektrums:
ich finde den Vergleich immer noch unpassend. Die Piraten nehmen sich ein Thema "Netzpolitik" und besetzen das. Die NPD zielt dumpf auf die "Masse".
Viele (außerhalb des Internets) betrachten die Piraten nur als eine weitere Protestpartei. Als solche könnte sie nach der Bundestagswahl genauso wieder in der Versenkung verschwinden wie die APPD vor einigen Jahren.
Die APPD war eine Spass- und Protestpartei. Die Piraten sind es aber nicht. Sie besetzen interessante und ernsthafte Themen die mehr als ein paar Trinkfreudige und Arbeitsverweigerer ansprechen. Ich glaube nicht an eine schnelle Versenkung.
Als größte Aufgabe der Piraten sehe ich in den nächten vier Jahren, ihre Kernthemen außerhalb des Internets zu platzieren, denn es wird meiner Meinung nach noch mindestens 20 Jahre* dauern bis das Internet wirklich breitenpolitische Wirkungen entfalten kann. Außerdem muss sie ihre Kompetenzen in anderen Bereichen ausweiten um Menschen zu erreichen die ihre Ziele zwar gutheißen, für diesen schmalen Themenbereich aber nicht ihre einzige Zweitstimme hergeben wollen. Gelingt ihr das nicht wird die Piratenpartei demnächst wohl eine ähnliche Rolle spielen wie die Grauen Panther. Jeder kennt sie aber keiner wählt sie.
Ich schätze den Zeitraum weit weniger konservativ. Das geht IMO deutlich schneller. Die Themen werden ganz sicher breitenpolitsch ausgedehnt werden. Ob ich das persönlich gut finde weiss ich nicht so ganz. Ich muss gerade an die Grünen denken, die Hartz 3,5 und auch Krieg mitzuverantworten haben. Eigentlich ist der Gang in die Breite oder Masse schon der Beginn des Abstiegs. Aber schauen wir mal wie es weiterläuft.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von novalix » 28.08.2009 13:40:54

Auch wenn das mit dem "Zeichen setzen" in der Politik meistens nichts anderes ist als eine besonders durchgeknallte Form des Bullshit Bingo, möchte ich hier mal auf die durchaus mögliche Relevanz des Abschneidens der PiratenPartei bei der anstehenden Wahl eingehen.

Es geht vordringlich gar nicht so sehr um die Frage, ob der Einzug in den Bundestag gelingt. Halte ich für eher unwahrscheinlich. Es geht um die Frage, ob die Stimme für ein konkretes Anliegen, für eine bestimmte sachliche und inhaltliche Auffassung eine "verlorene" Stimme ist und ob man deshalb lieber eine "strategische" Stimme für eine Partei abgibt, die auf jeden Fall ins Parlament einzieht. Am besten auf der "Gewinnerseite".

Die Grünen z. B. waren mal eine Partei, die sich einen prinzipiellen polit-kulturellen Wandel auf die Fahne geschrieben hatten. Im Vordergrund sollte die sachbezogene Argumentation stehen, gegenüber einer festgefügten Tradition des inhaltsleeren Kuhhandels, der die konkreten sachbezogenen Kriterien gegenüber dem Showeffekt, der Verkaufbarkeit und Werbeträchtigkeit bevorzugt. Das wurde sehr schnell in einem grossen Aufwasch zusammen mit Jutta D. (zu recht und richtigerweise) und Thomas Ebermann (auch zu recht aber ein Fehler) als "fundamentalistisch" gebrandmarkt.

Heute machen die Grünen Realpolitik. Das bedeutet, sie koordinieren ihre "politische Agenda" anhand des zu erwartenden Ertrags bei der nächsten Wahl. Sie haben sich eine Marke erarbeitet, ein Label, und das sind sie jetzt. Irgendwie für die Umwelt, ne.

In diesem Sinne sind die Piraten im besten Sinne eine fundamentalistische Partei. Nicht weil sie ein betoniertes Weltbild propagieren, sondern weil das Fundament ihrer politischen Argumentation eine konkrete sachbezogene Ebene besitzt.
Kritiker monieren, die Piraten äussern sich zu wenig zu "wichtigen", "zentralen" Politikfeldern. Das kann man mit Blick auf die Wahlprogramme und das sonstige Gesülze der etablierten Parteien aber auch als wahre Wohltat empfinden. "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Schnauze halten."

Statistisch gesehen bleibt der "Wert" jeder einzelnen Stimme immer gleich. Völlig egal, ob man die "Gewinner", die Opposition, eine Splitterpartei oder gar nicht gewählt hat. Der Drang mit seiner Stimme in den Bundestag einziehen zu wollen und am besten mit zu regieren, ist ein rein psychologisches Moment.

Die Arithmetiker in den Parteizentralen interessiert höchstens, ob ein bestimmtes Thema geeignet ist, eine bestimmte Anzahl an Stimmen zu binden.

Und genau hier liegt der realpolitische Hase im Pfeffer: Der etablierten Politik zeigen, dass sie ohne die Themen Bürgerrechte, Datenschutz, Urheberrechtsreform, Patentrechtsreform und gesellschaftliche Freiheit und Chancengleichheit jede Menge Stimmen liegen lässt.

Für mich heisst die Konsequenz: Klar zu Ändern!

Groetjes, niels
Das Wem, Wieviel, Wann, Wozu und Wie zu bestimmen ist aber nicht jedermannns Sache und ist nicht leicht.
Darum ist das Richtige selten, lobenswert und schön.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 28.08.2009 13:47:29

ub13 hat geschrieben:ich finde den Vergleich immer noch unpassend. Die Piraten nehmen sich ein Thema "Netzpolitik" und besetzen das. Die NPD zielt dumpf auf die "Masse".
In Bezug auf die Sachthemen hast du vollkommen recht. Darauf bezog sich der Vergleich aber nicht ... lassen wir das.
ub13 hat geschrieben:Die APPD war eine Spass- und Protestpartei. Die Piraten sind es aber nicht.
Das siehst du so und das sehe ich so. Das Problem ist, dass die Menschen die sich nur aus traditionellen Medien informieren das nicht so sehen. Die Bezeichnung "Gaga"-Partei kam von der Bildzeitung, leider eine ernstzunehmende Größe wenn es um politische Meinungsbildung geht. Ich kenne Bild-Stammleser die am eigenen Leib erfahren haben welche journalistische Qualität diese Zeitung hat. Das hält sie aber auch Jahre später nicht davon ab sich aus dieser Zeitung einen Großteil ihrer täglichen Informationen zu holen.
Viele andere kennen die Piratenpartei aus dem Fernsehen (vornehmlich pseudojournalistische Magazine die ab ca. 22 Uhr auf den Privaten laufen). Die weniger bewanderten Zuschauer ("Wo geht der Rechner an?") betrachten das Internet als faszinierend-gefährliches Konglomerat von Informationen das ein "Normalsterblicher" ohnehin nicht durchschauen kann. So jemand möchte keine Partei aus diesem Millieu in seiner seriösen (wenn auch verlogenen) Politik haben. Die besser bewanderten ("Computerbild-Windows-Registry-Tuner") betrachten das Internet als Plattform für Unterhaltung die man gern nutzt (Youtube, Wikipedia etc.) und dunkle Machenschaften die man besser meidet (dubiose russische Fileserver oder Torrents von ThePirateBay). Diese Leute nehmen das Internet nicht als Plattform für Politik wahr. Das Web 2.0 (scheußlicher Begriff) ist ein schönes Spielzeug, taugt in ihren Augen aber nicht als ernsthafte Plattform. Die Piraten kennen sie vorwiegend als die Partei die "illegale Downloads" legalisieren will.
ub13 hat geschrieben:Die Themen werden ganz sicher breitenpolitsch ausgedehnt werden. Ob ich das persönlich gut finde weiss ich nicht so ganz. Ich muss gerade an die Grünen denken, die Hartz 3,5 und auch Krieg mitzuverantworten haben. Eigentlich ist der Gang in die Breite oder Masse schon der Beginn des Abstiegs.
Das sehe ich genauso. Ich denke jedenfalls nicht dass die Grünen da wären wo sie heute sind, wenn sie immer noch in Turnschuhen ihre Pullis stricken und nur über Umweltschutz reden würden.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 28.08.2009 14:02:54

novalix hat geschrieben:Es geht um die Frage, ob die Stimme für ein konkretes Anliegen, für eine bestimmte sachliche und inhaltliche Auffassung eine "verlorene" Stimme ist und ob man deshalb lieber eine "strategische" Stimme für eine Partei abgibt, die auf jeden Fall ins Parlament einzieht.
Wenn meine gewählte Partei nicht ins Parlament einzieht, dann ja! Es ist besser stattdessen eine Partei zu wählen die zumindest realistische Chancen auf den Einzug hat. Nur so hat überhaupt eine Partei die Chance meine Meinung zu verteten. Ob sie das auch tatsächlich tut ist eine andere Frage.
novalix hat geschrieben:Am besten auf der "Gewinnerseite".
Nein, jedenfalls nicht zwangsweise. Landet die Partei in der Regierung, auch gut. Die beste (am wenigsten unehrliche) Politik macht eine Partei aber für gewöhnlich in der Opposition.
novalix hat geschrieben:Statistisch gesehen bleibt der "Wert" jeder einzelnen Stimme immer gleich. Völlig egal, ob man die "Gewinner", die Opposition, eine Splitterpartei oder gar nicht gewählt hat.
Nein. "Wert" haben nur die gültig abgegebenen Stimmen. Alle nicht oder ungültig abgegebenen Stimmen haben keinen "Wert". Es bleiben deshalb nicht Sitze im Parlament leer. Eine Zweitstimme für eine Splitterpartei die nicht ins Parlament einzieht hat auch keinen "Wert", denn die Sitze werden nur unter den einziehenden Parteien verteilt. Hierfür sind nur die Stimmen ausschlaggebend die für diese Parteien abgegeben wurden. Um das zu gewährleisten gibt es die 5%-Hürde.
Eine Ausnahme gibt es: Eine Stimme für eine Splitterpartei kann einen "negativen Wert" für eine andere Partei haben. Wenn beide Parteien die gleichen Themen besetzen kann eine Partei der anderen Wähler und damit Stimmen streitig machen. Zieht die "stehlende Partei" nicht ins Parlament ein fehlen der einziehenden Partei trotzdem Stimmen.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von debianjens » 30.08.2009 17:53:49

tze tze tze....chuangi

wenn ich mir die wilden Ziele, und Methoden anschaue, würde ich sie ersteinmal in zwei Kategorien einteilen:

Meinungsbildend
Polit-und-Gesetzesbildend

Vor jedem politschen Prozess gibt es ersteinmal einen Meinungsbildenen Prozess, hier nehmen die Demo, Piratenpartei und andere gerade dran teil. Sie nutzen verschiedene Foren, um ihre Themen anzusprechen, wo sie nur können. Dabei sind auch schon ein paar mehr Parteien, nicht nur die Piratenpartei. Auf lange Sicht sehe ich ohnehin keine Zukunft für sie, weil der Bundestag oder andere Parlamente mit 5 bzw. 6 übervoll sind.

Als Medium der Meinungsbildung sind aber aller Ausdrucksformen willkommen. Ist das Thema dick genug, gibts auch mehr, als nur ne Fussnote in den Nachrichten.

Wenn es auf die Ebene der Polit-und-Gesetzesbildende geht, wird es noch Dicker. Da hat man dann aufeinmal mehr Aspekte zu berücksichtigen, und muss für die einzelnen Worte verantwortung übernehmen. Ein paar Kritiker, die unkenntlich in der Masse mitlaufen, werden hier unglaubwürdig.

Gott sei Dank wird das thema bereits ernst genommen, und von den profi-parteien auch mit dem nötigen respekt, jedoch ohne dringenden handlungsbedarf betrachtet. Oder?

Neben dem Schutz auf die Privatssphäre gibt es ja noch mehr zu schützen. Hätten die Sauerland Terroristen "Erfolg" gehabt, wären vieleicht 50 oder mehr Menschen umgekommen. Die hätten sich dafür bedankt, dass sie für die Freiheit (Privatsphäre) der anderen gefallen sind.

Ich denke einmal es wird auf einen Kompromiss hinauslaufen.

Vorratsdatenhaltung ja, nicht willkürlich, aber Gesetzlich begrenzt. Angezapft darf diese Vorratshaltung aber nur, wenn bestimmte schwere Verbrechen vorliegen, die das Leben anderer bedrohen, also bei Mord, Geiselnahme, Terror, organisiertem Verbrechen, Geldwäsche, Erpressung. Für alles andere darf nur der althergerachte weg gelten. Für Menschen, die im Zuge der Ermittlungen obiger Verbrechen auffallen, darf nur ermittlet werden, wenn sie der obigen Verbrechen verdächtig sind. Alles andere darf nicht verwertet werden. Selbstverständlich darf auch nicht jeder Strassenverkehrsbeamte auf die Daten zu greifen, sondern nur eine Special-Force. und so weiter und so fort.....

Das Problem ist also nicht, ob die Forderungen 1zu1 umgesetzt werden, sondern ob ein optimaler Kompromiss aller Bedürfnisse erziehlt wird.

Hikaru, soweit ich sehe, willst Du den zweiten Schritt vor dem ersten tun, und gleich am Tisch sitzten, wenn darüber gesprochen wird. Mir reicht es dagegen aus, hier Meinungsbildend zu sein.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 30.08.2009 21:25:12

debianjens hat geschrieben:Meinungsbildend
Polit-und-Gesetzesbildend
[..]
Hikaru, soweit ich sehe, willst Du den zweiten Schritt vor dem ersten tun, und gleich am Tisch sitzten, wenn darüber gesprochen wird. Mir reicht es dagegen aus, hier Meinungsbildend zu sein.
Das ist ein interessanter Ansatz.
Das Problem ist, dass du meinungsbildend auf einer Demonstration kaum jemanden erreichst. Die anderen Teilnehmer musst du nicht mehr erreichen, die sind schon deiner Meinung. Da die Demonstration keine nennenswerte mediale Resonanz erzeugt erreichst du darüber niemanden. Bleiben noch die "Live-Zuschauer". Das werden in erster Linie Sympathisanten sein die zu feige sind selbst mitzumarschieren (so wie ich). Diese brauchst du auch nicht erreichen denn sie teilen ebenfalls deine Meinung. Den anderen Teil werden Schaulustige stellen die entweder nur am "Happening" aber nicht am politischen Hintergrund nicht interessiert sind und/oder die Demonstration als eine Störung der öffentlichen Ordnung (Verkehrshindernis, Verschwendung von Steuergeldern) betrachten. Diese Leute kannst du nicht erreichen. So zumindest meine Erfahrungen über Schaulustige bei Demonstrationen gegen Studiengebühren.

Vielleicht sehe ich die Sache falsch, aber mal angenommen ich habe recht, wie willst du unter den eben skizzierten Voraussetzungen den Sprung von meinungsbildend zu polit- und gesetzesbildend vollziehen?
Falls ich falsch liege, wer sind die "Massen" die du erreichst? Wo sind die Menschen die aufgrund der Demonstration ihr Kreuz anders setzen? (Die Antwort auf diese Frage hat auch noch bis Anfang Oktober Zeit.)

Vielleicht will ich den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Aber ich tue mich schwer damit zu sehen wie der erste Schritt vonstatten gehen soll. Und selbst wenn das gelänge, wie von dort aus der zweite erfolgen soll entzieht sich mir vollständig. Um bei dem Bild zu bleiben, das Ziel ist klar, aber ich halte den Weg nicht für gangbar, da jeder einzelne Schritt zweifelhaft bis unklar ist.
debianjens hat geschrieben:Vorratsdatenhaltung ja, nicht willkürlich, aber Gesetzlich begrenzt. Angezapft darf diese Vorratshaltung aber nur, wenn bestimmte schwere Verbrechen vorliegen, die das Leben anderer bedrohen, also bei Mord, Geiselnahme, Terror, organisiertem Verbrechen, Geldwäsche, Erpressung.
Ich hoffe mein Ironiedetektor ist kaputt. :shock:
Bei vollzogenem oder versuchtem Mord gebe ich dir recht, ebenso bei Geiselnahme und Erpressung. Immer wenn es um das physische oder psychische Wohl von Menschen geht (ausdrücklich nicht das finanzielle Wohl) und die Tat bzw. ihr Vorsatz gerichtlich festgestellt wurde. Schon hier wird es schwierig. Kann ich einem Gericht vertrauen das oft zugunsten des besser bezahlten Anwalts entscheidet?

Was ist Terror? Wenn sich jemand mit einem Sprengstoffgürtel auf dem Marktplatz in die Luft jagt sind wir uns wohl einig, denke ich. Was ist mit jemandem der Farbbeutel auf Politiker wirft (könnte schließlich Gift drin sein)? Wasserpistolen beim Schulabschluss? Zu meiner Abschlusszeit groß in Mode, dann kam Erfurt, seitdem ruft sowas die Polizei auf den Plan.
Ist es Terror wenn jemand eine Bombe auf einer Hochzeit zündet? Ist das so viel anders als der Marktplatz? Was ist wenn diese Bombe aus einem Flugzeug vom Himmel fällt? Ist es immer noch Terror wenn der Pilot auf dem Rückweg zu seinem Stützpunkt durch deutschen Luftraum fliegen muss? Der Pilot hat einen Befehl befolgt. Wird sein Befehlshaber beim nächsten Besuch in Deutschland wegen Terrorismus verhaftet?
Geldwäsche? Darunter fallen dann auch schwarze Koffer. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein gewisser rundlicher Sauerbratenliebhaber (nein, nicht der Egoshooter) jemals in einem System zur Vorratsdatenspeicherung erfasst wird.
organisisiertes Verbrechen? Ist eine Gruppe Taschendiebe schon "organisiertes Verbrechen"? Rechtfertigen Delikte bei denen niemand wirklich zu Schaden kommt eine Vorratsdatenspeicherung? Falls ja sollte ich dringend erfasst werden, denn ich habe als Kind aus dem Kindergarten Spielzeug mitgehen lassen - bis ich erwischt wurde. Ok, das war nicht organisiert. Aber was macht das schon?

Wo ist die Grenze?
debianjens hat geschrieben:Selbstverständlich darf auch nicht jeder Strassenverkehrsbeamte auf die Daten zu greifen, sondern nur eine Special-Force. und so weiter und so fort....
Wer überwacht die Überwacher? Woher weiß der einfache Bürger dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht? Kommt dir das bekannt vor?

Ich hoffe du siehst welchen Entwicklungen du hier mit besten Absichten Tür und Tor öffnest.
Es gibt keine absolute Sicherheit und es wird sie niemals geben. Bei dem verzweifelten Versuch dieses Ideal doch zu erreichen wird immer mehr Freiheit geopfert - Scheibchen für Scheibchen - hauchdünn. War es nicht genau das wogegen du auf die Straße gehen wolltest?

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von novalix » 31.08.2009 16:02:08

hikaru hat geschrieben:
novalix hat geschrieben:Es geht um die Frage, ob die Stimme für ein konkretes Anliegen, für eine bestimmte sachliche und inhaltliche Auffassung eine "verlorene" Stimme ist und ob man deshalb lieber eine "strategische" Stimme für eine Partei abgibt, die auf jeden Fall ins Parlament einzieht.
Wenn meine gewählte Partei nicht ins Parlament einzieht, dann ja! Es ist besser stattdessen eine Partei zu wählen die zumindest realistische Chancen auf den Einzug hat. Nur so hat überhaupt eine Partei die Chance meine Meinung zu verteten. Ob sie das auch tatsächlich tut ist eine andere Frage.
Und genau diese Frage ist zentral. Der Begriff der "Repräsentation" in unserer parlamentarischen Demokratie ist leicht irreführend. Er suggeriert, die parlamentarische Vertretung sei eine Abbildung/Spiegelung des Wählerwillens. Das ist nicht der Fall. Bestenfalls gibt es eine gewisse Schnittmenge der gemeinten Vorstellungen des Wählers mit der konkreten politischen Arbeit der Abgeordneten. Dies alles hängt irgendwo zwischen dem Label, dem Image, der Marke, die eine Partei für sich reklamiert und die sie fortlaufend versucht strategisch-steuernd zu vermitteln und dem zucken des Fingers in der Wahlkabine.
novalix hat geschrieben:Am besten auf der "Gewinnerseite".
hikaru hat geschrieben:Nein, jedenfalls nicht zwangsweise. Landet die Partei in der Regierung, auch gut. Die beste (am wenigsten unehrliche) Politik macht eine Partei aber für gewöhnlich in der Opposition.
Was ist daran ehrlicher, wenn Parteien in der Opposition Positionen vertreten, die sie, sobald sie in Regierungsverantwortung stehen, wieder vergessen haben.
novalix hat geschrieben:Statistisch gesehen bleibt der "Wert" jeder einzelnen Stimme immer gleich. Völlig egal, ob man die "Gewinner", die Opposition, eine Splitterpartei oder gar nicht gewählt hat.
hikaru hat geschrieben:Nein. "Wert" haben nur die gültig abgegebenen Stimmen. Alle nicht oder ungültig abgegebenen Stimmen haben keinen "Wert". Es bleiben deshalb nicht Sitze im Parlament leer. Eine Zweitstimme für eine Splitterpartei die nicht ins Parlament einzieht hat auch keinen "Wert", denn die Sitze werden nur unter den einziehenden Parteien verteilt. Hierfür sind nur die Stimmen ausschlaggebend die für diese Parteien abgegeben wurden. Um das zu gewährleisten gibt es die 5%-Hürde.
Eine Wahl ist ein statistisches Verfahren. Jede Stimme kommt auf ein entsprechendes Häuflein. Auch die, die gar nicht abgegeben oder ungültig gemacht wurden. Das Ergebnis dieser statistischen Erhebung wird einerseits nach einem bestimmten Algorithmus in Sitzverteilungen umgerechnet, wobei die nicht abgegebenen Stimmen als dem Verhältnis der abgegebenen entsprechend addiert werden. Der Nichtwähler hat also alle Parteien gleichermassen nach ihrem jeweiligen Anteil an den abgegebenen, gültigen Stimmen mitgewählt.
Bei .ca 60 Mio. Wahlberechtigten in der Republik trägt also jede Stimme gleichermassen ein Sechzigmillionenstel zum Gesamtergebnis bei. Das ist der "Wert" jeder einzelnen Stimme.
Jetzt kann man sich nen Wolf freuen, dass man mit seinem Anteil einen Kandidaten mit in das Parlament gehievt hat und sich "vertreten" oder als Teil einer Bewegung fühlen. Geschenkt.
Der wichtigste und zugleich am schwierigsten zu fassende Teil einer solchen Wahl bleibt aber die nachträgliche von Menschen vorgenommene Interpretation der Wahlergebnisse.
Über diesen Umweg kann das Ergebnis einer nicht im Parlament vertretenen "Splitterpartei" in der Sache - and that is what it is all about - konkrete politische Einflüsse ausüben.
hikaru hat geschrieben:Eine Ausnahme gibt es: Eine Stimme für eine Splitterpartei kann einen "negativen Wert" für eine andere Partei haben. Wenn beide Parteien die gleichen Themen besetzen kann eine Partei der anderen Wähler und damit Stimmen streitig machen. Zieht die "stehlende Partei" nicht ins Parlament ein fehlen der einziehenden Partei trotzdem Stimmen.
Wenn die Piraten zeigen können, dass es einen nicht unerheblichen Anteil an Wählern gibt, die die von dieser Partei besetzten Themen so stark gewichten, dass - ungeachtet der niedrigen Erfolgsaussichten einer direkten Vertretung (knacken der 5%-Hürde) - aus diesen Reihen eben nicht Grüne, FDP und meinetwegen auch SPD, Linke und CDU gewählt wurden, dann haben diese Parteien einen starken Grund sich mit diesen Themen auseinander zu setzen.
Deshalb ist es, von der Sache her argumentiert, nicht richtig zu glauben, es sei unnütz oder gar eine Verschwendung seines Sechzigmillionenstelanteils, die Piraten zu wählen.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 31.08.2009 16:43:55

novalix hat geschrieben:Und genau diese Frage ist zentral. Der Begriff der "Repräsentation" in unserer parlamentarischen Demokratie ist leicht irreführend. Er suggeriert, die parlamentarische Vertretung sei eine Abbildung/Spiegelung des Wählerwillens. Das ist nicht der Fall. Bestenfalls gibt es eine gewisse Schnittmenge der gemeinten Vorstellungen des Wählers mit der konkreten politischen Arbeit der Abgeordneten. Dies alles hängt irgendwo zwischen dem Label, dem Image, der Marke, die eine Partei für sich reklamiert und die sie fortlaufend versucht strategisch-steuernd zu vermitteln und dem zucken des Fingers in der Wahlkabine.
Das ist richtig. Leider ist dieser zuckende Finger in der Wahlkabine über den wenigen Pauschalangeboten meine einzige reale Möglichkeit* an den politischen Prozessen teilzunehmen. So unbefriedigend dieser Prozess auch sein mag, diese einzige Möglichkeit sollte jeder nutzen.
novalix hat geschrieben:Was ist daran ehrlicher, wenn Parteien in der Opposition Positionen vertreten, die sie, sobald sie in Regierungsverantwortung stehen, wieder vergessen haben.
Nichts. Aber eine Oppositionspartei kann auch politische Prozesse beeinflussen ohne die Aussicht zu haben, in der nächsten Legislaturperiode in der Regierung zu sitzen.
novalix hat geschrieben:Eine Wahl ist ein statistisches Verfahren. Jede Stimme kommt auf ein entsprechendes Häuflein. Auch die, die gar nicht abgegeben oder ungültig gemacht wurden. Das Ergebnis dieser statistischen Erhebung wird einerseits nach einem bestimmten Algorithmus in Sitzverteilungen umgerechnet, wobei die nicht abgegebenen Stimmen als dem Verhältnis der abgegebenen entsprechend addiert werden. Der Nichtwähler hat also alle Parteien gleichermassen nach ihrem jeweiligen Anteil an den abgegebenen, gültigen Stimmen mitgewählt.
Das gleiche gilt für den Wähler einer Partei die an der 5%-Hürde scheitert. Somit entspricht im Endergebnis diese Wahl einer Nichtwahl, auch wenn beides formal getrennt wird. Das Gewicht bekommt eine Stimme nicht durch ihr pures Vorhandensein**, sondern erst durch ihre Zielrichtung für eine bestimmte Partei. Diese Zielrichtung kann weder eine ungültige noch eine Stimme für eine gescheiterte Partei entfalten, da sie vorher ausgesiebt wird.
novalix hat geschrieben:Der wichtigste und zugleich am schwierigsten zu fassende Teil einer solchen Wahl bleibt aber die nachträgliche von Menschen vorgenommene Interpretation der Wahlergebnisse.
Über diesen Umweg kann das Ergebnis einer nicht im Parlament vertretenen "Splitterpartei" in der Sache - and that is what it is all about - konkrete politische Einflüsse ausüben.
Kannst du das bitte näher ausführen? Zur "Interpretation von Wahlergebnissen" fallen mir nur die fiktiven "Wähleraufträge" ein mit denen Politiker zwischen Wahlergebnis und Koalitionsverhandlung um sich werfen. Einen Zusammenhang mit Splitterparteien kann ich nicht erkennen.
novalix hat geschrieben:Wenn die Piraten zeigen können, dass es einen nicht unerheblichen Anteil an Wählern gibt, die die von dieser Partei besetzten Themen so stark gewichten, dass - ungeachtet der niedrigen Erfolgsaussichten einer direkten Vertretung (knacken der 5%-Hürde) - aus diesen Reihen eben nicht Grüne, FDP und meinetwegen auch SPD, Linke und CDU gewählt wurden, dann haben diese Parteien einen starken Grund sich mit diesen Themen auseinander zu setzen.
Deshalb ist es, von der Sache her argumentiert, nicht richtig zu glauben, es sei unnütz oder gar eine Verschwendung seines Sechzigmillionenstelanteils, die Piraten zu wählen.
Das funktioniert aber nur wenn das besetzte Thema ein Wahlkampfthema ist. Das kann ich bei keinem Thema der Piraten erkennen. Keine der fünf etablierten Parteien ist darauf angewiesen oder verspricht sich einen Vorteil davon, öffentlich wirksam für Datenschutzrechte einzutreten oder der Internetzensur entgegenzutreten. Und ich habe nicht den Eindruck, dass sie dafür in einem wahrnehmbaren Maß abgestraft würden. Daher können die Ziele der Piratenpartei nur von ihr profitieren, wenn sie aus eigener Kraft den Einzug ins Parlament schafft. Das öffentliche Bewusstsein für das Problem und damit die öffentliche Forderung nach einer Lösung fehlt aber in meinen Augen.

*) real aber mit geringem Einfluss, trotzdem real
**) denn dies ist unabhängig vom Wählerverhalten und somit nicht beeinflussbar

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von novalix » 01.09.2009 11:51:16

hikaru hat geschrieben:
novalix hat geschrieben:Der wichtigste und zugleich am schwierigsten zu fassende Teil einer solchen Wahl bleibt aber die nachträgliche von Menschen vorgenommene Interpretation der Wahlergebnisse.
Über diesen Umweg kann das Ergebnis einer nicht im Parlament vertretenen "Splitterpartei" in der Sache - and that is what it is all about - konkrete politische Einflüsse ausüben.
Kannst du das bitte näher ausführen? Zur "Interpretation von Wahlergebnissen" fallen mir nur die fiktiven "Wähleraufträge" ein mit denen Politiker zwischen Wahlergebnis und Koalitionsverhandlung um sich werfen. Einen Zusammenhang mit Splitterparteien kann ich nicht erkennen.
Dazu eine Hypothese, die auf den ersten Blick erstaunlich klingen mag:
In den etablierten Parteien gibt es Leute, die weder profilneurotische Selbstdarsteller noch totale Vollpfosten sind und trotzdem einen gewissen Einfluss ausüben.
Eine weitere Hypothese wäre, dass innerhalb der Partei unterschieden wird zwischen den nach aussen dargestellten Interpretationen und den tatsächlichen strategischen Überlegungen.
Zusammenfassend wäre die Grundannahme also so zu kennzeichnen, dass es innerhalb der Parteien durchaus ernstzunehmende Kräfte gibt, die nicht ausschliesslich der eigenen Propaganda glauben und sich einen Restbestand von gesundem Menschenverstand bewahrt haben.
Hört sich albern an. Ich weiss. Klingt irgendwie nach aufklärerischem Idealismus und so.
Allerdings beliebe ich zu glauben, dass man trotz des kontrafaktischen Charakters dieser Annahmen gegen dieses Schienbein treten muss, so lange bis der Einschlag wahrgenommen wird.
Wer weiss? Vielleicht wird ja ein Schuh daraus.
Kurzfristig sicherlich nicht. Da braucht man sich keine Hoffnungen zu machen.

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von debianjens » 09.09.2009 09:33:48

Hey Guys,

lets stay with the facts.... unsere Demokratie ist doch das Beste aller möglichen Systeme, wenn wir uns da einmal umschauen, gibt es noch ganz andere Lösungen. Die Wähler werden ohnehin entmündigt, und wenn Sie wiedereinmal das Wort haben, dann ist dass ohnehin bei der nächsten Wahl...als ran an den Kasten und dem Politiker das Wort geben, der "deine" Interessen am besten in den letzten 4 Jahren vertreten hat.

Demokratie heisst ja nicht, dass Politiker Marionetten einzelner Wähler sind, sondern nur Beauftragte, die im Sinne (!) der Wähler handeln. Überfordert bitte diese Spezi Mensch nicht!

Nun noch ein ganz anderer Punkt:

Ich weiss eigentlich nicht, was Sache ist! Da wird dagegen demonstriert, und ich weiss gar nicht, wo gegen:

Wir haben ein Datenschutzgesetz, und auch Vertreter in Medien, Politik und Wirtschaft, die dieses Ernst nehmen. Also weshalb sind wir dagegen? Weil wir unzufrieden mit Ihnen sind?

Ich möchte mir hier einmal die ersten Punkte des Demo-Aufrufes vornehmen:
Unsere Forderungen

1. Überwachung abbauen
Abschaffung der flächendeckenden Protokollierung der Kommunikation und unserer Standorte (Vorratsdatenspeicherung)
Meine Meinung: Nein, da der Schutz von Menschenleben vor der Unversehrheit der Privatsatmosphäre steht. Ja zu bestimmten Bedingungen: Kein Zugriff auf diese Daten, solange kein hinreichender Verdacht besteht, und kein Zugriff auf diese Daten, solange kein Menschleben in Gefahr ist.
Abschaffung der flächendeckenden Erhebung biometrischer Daten sowie von RFID-Ausweisdokumenten
Nein da biometrische Daten ohne zur Identifikation zwischen Passport und Person notwendig sind. Ja, wenn bestimmte Daten (z.B. nur Gesicht oder Fingerabdruck, aber keine Medizinischen Daten), und kein anonymes Lesen der Daten möglich ist.
Schutz vor Bespitzelung am Arbeitsplatz durch ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz
Ja
Berücksichtigung des Datenschutzes für Bürger- und Arbeitnehmer/innen bereits in der Konzeptionsphase aller öffentlicher eGovernment-Projekte
Sollte ohnehin schon geschehen, da sonst eine gewisse Projektunsicherheit herrscht, gehört nicht in die Topf der Forderungen (besser Evaluation s.u.)
Keine einheitliche Schülernummer (Schüler-ID/Schülerdatei)
Dies verstehe ich schon gar nicht.
Keine Weitergabe von Informationen über Menschen ohne triftigen Grund
Ist soweit ich sehe, ohnehin Teil des Datenschutzgesetzes.
Keine europaweite Vereinheitlichung staatlicher Informationssammlungen (Stockholmer Programm)
Nein Wenn Europa einmal zusammen wachsen soll, geht das auch über die Administration.
Keine systematische Überwachung des Zahlungsverkehrs oder sonstige Massendatenanalyse in der EU (Stockholmer Programm)
Nein Wenn Straftaten durch illigale Überweisungen gefördert werden, die Menschenleben gefährden. Sollte aber in einem Atemzug mit der Vorratsdatenhaltung gehandhabt werden (s.o)
Kein Informationsaustausch mit den USA und anderen Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz
Ja
Abbau von Videoüberwachung und Verbot des Einsatzes von Verhaltenserkennungssystemen
Nein Nicht die Videoüberwachung ist der Knackfuss, sondern die Verwendung der Daten. Kein Anlegen von Bewegungsprofilen ohne triftigen Grund, keine Verwendung der Daten ohne trifftigen Grund. Öffentliche Plätze müssen aber Überwacht werden.
Keine pauschale Registrierung aller Flug- und Schiffsreisenden (PNR-Daten)
Fällt unter Vorratsdatenspeicherung und Bewegungsprofile.
Keine geheime Durchsuchung von Privatcomputern, weder online noch offline
Nein Nur bei üblichen Verdachtsmomenten und mit dem herkömlichen Weg. Gewonne Daten unterliegen dem Datenschutzgesetz. Eine Festplatte ist wie ein Tagebuch.... dass darf auch nicht durchsucht werden...
Keine Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte in der derzeit geplanten Form
Weiss gar nicht, was die Gesundheitskarte ist....oder besser die geplante Form


Also bevor ich mich vor eine Demo spannen lasse, bitte mehr Infos dazu:

Zum Beispiel beschreiben, was derzeit unter dem Datenschutzgesetzt möglich ist, und was nicht, und wo die Forderungen abweichen, evtl. mit Bespiel...

Das ist dass, was ich an Demos nicht liebe, dass man mitläuft und nicht weiss, wer führt....

Ich mag einfach nicht emotionalen Krawall nur um des Krawalles willen...

Die Demo dreht sich also um Vorratsdatenspeicherung, Bewegungsprofile und welche Daten erhoben werden dürfen....

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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 09.09.2009 11:06:42

debianjens hat geschrieben:unsere Demokratie ist doch das Beste aller möglichen Systeme
Nein! demos kratia = Volks Herrschaft mag das beste System sein, ich kann es nicht beurteilen. Was wir haben ist aber keine Volksherrschaft, denn das Volk entscheidet nicht über die Politik, sondern nur darüber wer die Politik bestimmt. Ist eine repräsentative Demokratie nicht ein Widerspruch in sich? Auch das kann ich nicht allgemeingültig beurteilen, in der BRD ist dieser Widerspruch aber meiner Meinung nach gegeben. (Dass man 80 Mio. Menschen nicht direktdemokratisch unter einen Hut kriegen kann ist mir klar.)

Ich halte es da mit Churchill:
Winston Churchill hat geschrieben:Democracy is the worst form of government except for all those others that have been tried.
debianjens hat geschrieben:
Unsere Forderungen

1. Überwachung abbauen
Abschaffung der flächendeckenden Protokollierung der Kommunikation und unserer Standorte (Vorratsdatenspeicherung)
Meine Meinung: Nein, da der Schutz von Menschenleben vor der Unversehrheit der Privatsatmosphäre steht. Ja zu bestimmten Bedingungen: Kein Zugriff auf diese Daten, solange kein hinreichender Verdacht besteht, und kein Zugriff auf diese Daten, solange kein Menschleben in Gefahr ist.
Der Schutz von Menschenleben ist wichtiger als die Unversehrtheit der Privatsphäre? Tendenziell und spontan stimme ich dir zu. Aber wäre es nicht viel wichtiger, den Wert eines Lebens zu bewahren statt nur seine bloße Existenz? Was ist ein Leben wert, in dem man keine Bewegungsfreiheit mehr hat weil man ständig Angst haben muss, irgendetwas falsch zu machen und dafür bestraft zu werden? Wie groß ist im Vergleich dazu das Risiko des Einzelnen, einem Verbrechen zum Opfer zu fallen? Ich tausche gern die trügerische absolute Sicherheit der körperlichen Unversehrtheit für mehr persönliche Freiheiten ein.
Wann ist ein Menschenleben in Gefahr? Muss dafür die physische Existenz des Körpers gefährdet sein, oder reicht eine seelische Schädigung die das Leben auf den Kopf stellt. Ich persönlich gewichte letzteres stärker.
debianjens hat geschrieben:
Abschaffung der flächendeckenden Erhebung biometrischer Daten sowie von RFID-Ausweisdokumenten
Nein da biometrische Daten ohne zur Identifikation zwischen Passport und Person notwendig sind. Ja, wenn bestimmte Daten (z.B. nur Gesicht oder Fingerabdruck, aber keine Medizinischen Daten), und kein anonymes Lesen der Daten möglich ist.
Wie gewährleistest du technisch, dass anonymes Lesen nicht möglich ist? Technische Verfahren sind in der Regel fehlerhaft. Meine Meinung über die Wirksamkeit sozialer Schranken in Form von Tabus oder Gesetzen kennst du.
debianjens hat geschrieben:
Schutz vor Bespitzelung am Arbeitsplatz durch ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz
Ja
Warum braucht es dazu ein gesondertes "Arbeitnehmerdatenschutzgesetz"? Sollte das nicht Teil des allgemeingültigen Datenschutzgesetzes sein?
debianjens hat geschrieben:
Keine Weitergabe von Informationen über Menschen ohne triftigen Grund
Ist soweit ich sehe, ohnehin Teil des Datenschutzgesetzes.
Das ist eine Gummiformulierung und damit wertlos. Was ist ein "triftiger Grund"? Das Datenschutzgesetz wird hier gern ignoriert, oder es gibt stark abweichende Auffassungen von dem was ein "triftiger Grund" ist.
debianjens hat geschrieben:
Abbau von Videoüberwachung und Verbot des Einsatzes von Verhaltenserkennungssystemen
Nein Nicht die Videoüberwachung ist der Knackfuss, sondern die Verwendung der Daten. Kein Anlegen von Bewegungsprofilen ohne triftigen Grund, keine Verwendung der Daten ohne trifftigen Grund. Öffentliche Plätze müssen aber Überwacht werden.
Wieder das gleiche wie oben: Wie kontrollierst du die Verwendung und wer bestimmt was ein "triftiger Grund" ist? Dein Konzept ist schön aber nicht umsetzbar, daher gehört eine Vorratsdatenspeicherung (nichts anderes ist das hier) abgeschafft.
debianjens hat geschrieben:
Keine geheime Durchsuchung von Privatcomputern, weder online noch offline
Nein Nur bei üblichen Verdachtsmomenten und mit dem herkömlichen Weg. Gewonne Daten unterliegen dem Datenschutzgesetz. Eine Festplatte ist wie ein Tagebuch.... dass darf auch nicht durchsucht werden...
Wieder das gleiche: Idee gut aber technisch nicht transparent umsetzbar, daher zu unterbinden.

Danielx
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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von Danielx » 09.09.2009 11:37:02

@debianjens:

Wann verliert man die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit?
Benjamin Franklin hat geschrieben:Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.
Du redest immer nur von Menschenleben, aber nie von Menschenwürde.
debianjens hat geschrieben:Meine Meinung: Nein, da der Schutz von Menschenleben vor der Unversehrheit der Privatsatmosphäre steht.
Was meinst du, wie viele Menschenleben kann man mit 6 Monate alten Daten retten?
Und wie viele Menschenleben könnte man retten, wenn man das Geld, anstatt für die Überwachungsmaßnahmen, in hierfür sinnvollere Projekte investieren würde?
Gefährdet dieses Maß an Überwachung langfristig nicht mehr Menschenleben, als es angeblich rettet?
debianjens hat geschrieben:Ja zu bestimmten Bedingungen: Kein Zugriff auf diese Daten, solange kein hinreichender Verdacht besteht, und kein Zugriff auf diese Daten, solange kein Menschleben in Gefahr ist.
Wer garantiert, dass auf diese Daten nicht doch unbefugt zugegriffen wird, siehe Telekom?
Sobald man Daten erfasst, können diese auch gestohlen oder missbraucht werden.
debianjens hat geschrieben:Nein da biometrische Daten ohne zur Identifikation zwischen Passport und Person notwendig sind.
Wenn du dabei an Terroristen denkst:
Die Terroranschläge in den USA, England, Spanien u.s.w. wurden alle von dort offiziell eingereisten und lebenden Personen mit echten Ausweisdokumenten verübt.
debianjens hat geschrieben:
Kein Informationsaustausch mit den USA und anderen Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz
Ja
Interessant, dass du die USA als eine Staat ohne wirksamen Grundrechtsschutz ansiehst.
debianjens hat geschrieben:Öffentliche Plätze müssen aber Überwacht werden.
Durch Kameras, die Straftaten dokumentieren, aber nicht verhindern oder doch lieber durch echte Polizisten, die direkt vor Ort sind und eingreifen können?

Gruß,
Daniel


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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von hikaru » 13.09.2009 20:17:34

hikaru hat geschrieben:[..]Sympathisanten [..] die zu feige sind selbst mitzumarschieren (so wie ich)[..]
hikaru hat geschrieben:[..] die Teilnahme kann durchaus negative Konsequenzen haben
http://kickyoutube.com/watch/?v=TDYfm-NsXq8
Und kein Wort von der Demo in der eben gelaufenen Tagesschau. Die Krawalle in Hamburg wurden hingegen behandelt.

Noch Fragen? :?

Danielx
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Re: Aufruf zur Demo "Freiheit statt Angst 2009"

Beitrag von Danielx » 13.09.2009 20:20:54

hikaru hat geschrieben:Und kein Wort von der Demo in der eben gelaufenen Tagesschau.
Gestern wurde dort allerdings darüber berichtet.

Gruß,
Daniel

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