Beten Linux-Gurus eigentlich zu Gott...

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Ruhollah
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Beten Linux-Gurus eigentlich zu Gott...

Beitrag von Ruhollah » 16.11.2003 20:15:55

wenn irgendetwas nicht läuft? Letzten Sonntag habe ich dafür gebetet, dass mein BIOS meine Festplatte wieder erkennt.

Heute war es richtig schlimm. Ich las Artikel aus dem Netz, hörte mit XMMS Schuberts Dritte und der Rechner hängte sich auf einmal auf. Und aus den Lautsprechern ertönte nur ein einziger Takt. Herunterfahren ging natürlich auch nicht, da die Tastatur nicht mehr reagierte. Ich habe einfach aus- und wieder eingeschaltet. Da wollte Linux nicht starten. Windows, Knoppix und ein anderes von CD startendes Linux, funktionierten auch nicht. Ich war kurz davor, es mal mit FreeDOS von CD zu probieren, aber nach mehreren Versuchen gab ich auf und ließ dem Rechner eine Erholungspause (so unlogisch es ist, es funktioniert manchmal). Nach zehn Minuten versuchte ich es nochmal und es startete wenigstens der Kernel, KDM startete auch, doch KDE selbst führte wieder zum Absturz. Nach mehreren Aufhängern und Neustarts habe ich auch dieses Problem in den Griff bekommen. Ich saß heute mehrmals betend vorm Rechner. Als Atheist wohlgemerkt.

Das Problem musste mit dem Prozessor zu tun gehabt haben. Das KDE-Problem hatte wohl mit irgendwelchen Leichen temporärer Dateien zu tun (KDE mit root ging nämlich wunderbar, jedoch nicht mit meinem normalen Nutzerkonto "alex").


Folgendes Problem ist mit Beten leider nicht wegzubekommen:
http://www.debianforum.de/forum/viewtop ... 0239#90239

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Erdbeer-Schorsch
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Re: Beten Linux-Gurus eigentlich zu Gott...

Beitrag von Erdbeer-Schorsch » 16.11.2003 21:20:03

Ruhollah hat geschrieben: Folgendes Problem ist mit Beten leider nicht wegzubekommen:
http://www.debianforum.de/forum/viewtop ... 0239#90239
Welche Version von Gott benutzt du denn?

SCNR
( 0x2b || !0x2b )

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chimaera
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Beitrag von chimaera » 16.11.2003 23:10:22

was ist ein 'gott'?
naja, und was deinen rechner angeht: alles physik, oder chemie naja, da streiten sich die fachleute.

ich persönlich habe da eine theorie: die anarchonen: kleine widerspenstige verwandte der elektronen, allerdings immer dagegen und überhaupt: 'was, zur grafikkarte soll ich? von wegen, du hast mir gar nichts zu sagen.. auf jungs nichts wie hin zum usb-port, da steig 'ne party im mp3-memory-stick'.. tja, und das war's dann mit der stabilität: kernel-panik, ende.
[..] Linux is not a code base. Or a distro. Or a kernel. It's an attitude. And it's not about Open Source. It's about a bunch of people who still think vi is a good config UI. - Matt's reply on ESR's cups/ui rant

tylerD
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Beitrag von tylerD » 17.11.2003 08:58:35

Natürlich gibt es einen Gott, und der heißt Murphy [1]

cu

[1] http://userpage.chemie.fu-berlin.de/div ... urphy.html

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 17.11.2003 09:25:39

kurioserweise wird von allen "laien" der computer als person aufgefasst und man verhält sich ihm auch wie gegenüber einer person. man ist persönlich beleidigt, wenn er nicht das tut, was er sollte. man spricht ihm ein eigenleben zu, weil er manchmal so unberechenbar agiert (wohlgemerkt: für laien ist computer = windows). man fühlt sich stark, wenn man das gerät "bezwungen" hat (ging mir nach dem ersten compilieren eines kernels).

aber wie mein nickname sagt: ich bete zu SATAN !!! :twisted: :twisted: :twisted:
"In den reichen Ländern hat die Freiheit gesiegt - mit all den schrecklichen Folgen, die das für die anderen mit sich bringt und noch bringen wird. Die Demokratie ist auf andere Epochen verschoben." (L. Canfora)

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Ponder_Stibbons
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Re: Beten Linux-Gurus eigentlich zu Gott...

Beitrag von Ponder_Stibbons » 17.11.2003 11:29:58

Ruhollah hat geschrieben:wenn irgendetwas nicht läuft? Letzten Sonntag habe ich dafür gebetet, dass mein BIOS meine Festplatte wieder erkennt.

Ich saß heute mehrmals betend vorm Rechner. Als Atheist wohlgemerkt.

Folgendes Problem ist mit Beten leider nicht wegzubekommen:
http://www.debianforum.de/forum/viewtop ... 0239#90239
Das mit dem beten klappt üblicherweise auch nur mit der nötigen Portion Glauben :-D
Gruß Ponder

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Six
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Beitrag von Six » 17.11.2003 12:27:20

Natas12 hat geschrieben: aber wie mein nickname sagt: ich bete zu SATAN !!! :twisted: :twisted: :twisted:
Ahh, ein Katholik! Wie passt das denn mit Marx zusammen? ;-)

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 17.11.2003 12:45:39

looool, tröööt... :D :D :D

nun - radikale marxisten sind ja so ähnlich wie radikale christen (was die "erlösung" angeht)... :wink: (was die korrektheit der meisten marxschen prognosen nicht schmälert... aber dafür braucht man nur zeitung lesen und nachrichten gucken... 8) )
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Six
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Beitrag von Six » 17.11.2003 18:06:43

Natas12 hat geschrieben:looool, tröööt... :D :D :D

nun - radikale marxisten sind ja so ähnlich wie radikale christen (was die "erlösung" angeht)... :wink: (was die korrektheit der meisten marxschen prognosen nicht schmälert... aber dafür braucht man nur zeitung lesen und nachrichten gucken... 8) )
Ja, die Geschichte muß enden, so oder so! Und bist du nicht willig... ;-)

Aber mal zu den Prognosen. Ich bin nicht so der Kenner, was Marx angeht (außer was die Auseinandersetzung mit dem Judentum angeht), aber ich meine mich an die Mehrwertlehre (Gebrauchswert vs. Tauschwert) und die Krisentheorie zu erinnern.

Erstere können wir ja wohl getrost als nicht zutreffend abhaken, zumindest in D-Land profitieren die Arbeiten deutlich vom Mehrwert, was ja nicht zuletzt zu dem ständigen Gejammer über die zu hohen Lohnnebenkosten führt :roll: Komparativer Vorteil ist da wohl das Gebot der Stunde.

Die Zweite ist diese Geschichte mit dem bisektoralen Wirtschaftsmodell. Konsum- und Investitionsgütern oder so? Die habe ich eh nie verstanden.
Danach führte der technische Fortschritt zu immer kapitalintensiveren Produktionsweisen, die im Gegenzug weniger Arbeiter benötigte. D. h. viele Arbeitslose und d. h. niedrige Nachfrage. Das führt zur Absatzkrise und harten Wettbewerb mit ständig sinkenden Profiten. Darauf reagieren die Kapitalisten mit erhöhten Investitionen, die aber nur dem Investitionsgüterbereich zu Gute kommen und durch Erhöhung der Kapazitäten das Angebot erhöhen, während die Nachfrage stagniert oder weiter zusammenbricht. Marxs Antwort auf diese Krise war, den Arbeitern mehr Geld in die Hand zu geben, damit die Nachfrage steigt.

Und hier kommt mein Verständnisproblemen, 2 betreffen die Prämissen, 1 die Lösung:

1) Warum sollten Kapitalisten trotz niedriger Nachfrage und sinkenden Profiten ihre Kapazitäten erhöhen?

1a) Arbeitet niemand in der Investitionsgüterindustrie?

2) Wieso führt technischer Fortschritt zwangsläufig zu weniger Arbeitsplätzen?

3) Mehr Geld für die Arbeiter bedeutet bei schlechtem Absatz Verluste für die Firma. Nehmen wir mal an, ich hätte eine Firma und ich würde jedem meiner Angestellten 100 Euro extra bezahlen, damit er Konsumgüter kauft. Nehmen wir weiter an, das Extrageld wird komplett bei mir ausgegeben, dann habe ich zwar Umsatz gemacht, aber ich bleibe mindestens auf den Herstellungskosten (Lohn, Material, etc.) sitzen. D. h. ich mache Miese und gehe mittelfristig Bankrott und beschäftige gar keine Angestellten mehr. Viel besser? Glaube ich irgendwie nicht. Keynes war da deutlich schlauer, aber auch so ist sein Entwurf nur für eine bestimmte Situation zutreffend.

Kannst du mir helfen?

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 17.11.2003 19:36:39

"In den reichen Ländern hat die Freiheit gesiegt - mit all den schrecklichen Folgen, die das für die anderen mit sich bringt und noch bringen wird. Die Demokratie ist auf andere Epochen verschoben." (L. Canfora)

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Beitrag von abi » 17.11.2003 20:42:19

Natas12 hat geschrieben:
kann dem überhaupt noch jemand helfen?
:mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: :wink: :wink:

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Beitrag von suntsu » 17.11.2003 20:45:01

hui.. ende Technik ;)

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 17.11.2003 20:46:13

na, ganz so einsilbig will ich nicht sein...
Six hat geschrieben: Erstere können wir ja wohl getrost als nicht zutreffend abhaken, zumindest in D-Land profitieren die Arbeiten deutlich vom Mehrwert, was ja nicht zuletzt zu dem ständigen Gejammer über die zu hohen Lohnnebenkosten führt
nun - das ähnelt ulrich becks "fahrstuhlmetapher", nach der "alle profitiert" haben (ulrich beck, die "soziologisierende riesenkartoffel", ignoriert jedoch gerne fakten, insbesondere aus der empirischen forschung - fahren die einen 8 stockwerke hoch, bleiben die anderen ganz unten oder fahren maximal zwei stockwerke hoch), was jedoch immer relativ ist. klar, "verelendung" und "lumpenproletariat" gibt es in deutschland nicht, in der armut zwar immer noch "absolut" zu fassen ist (mal in die hamburger vorstädte gehen), größtenteils aber nur in der "relativen" variante vorkommt (40% durchschnittslohn). heißt: natürlich profitiert der durchschnittliche arbeiter am "mehrwert", doch dies dient ja dazu, das produktionsverhältnis weiter aufrecht zu halten und es zu optimieren (und immer die reservearmee im rücken). von internationalen verhältnissen mal abgesehen. das ist ja das perfide daran: erst wird man enteignet, dann "einigt" man sich gütlich und erhält 10% wieder zurück, sozusagen als "dankeschön". die gewerkschaften, oft eine sammlung rücksichtsloser nationalisten, die nicht über den eigenen tellerrand schauen können, machen da fleißig mit:" Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems." (Marx himself)
Six hat geschrieben: -snip-
Danach führte der technische Fortschritt zu immer kapitalintensiveren Produktionsweisen, die im Gegenzug weniger Arbeiter benötigte. D. h. viele Arbeitslose und d. h. niedrige Nachfrage.
was ich als durchaus zutreffend charakterisieren würde... "freisetzung" von arbeitskräften wird das dann genannt...
Six hat geschrieben: Das führt zur Absatzkrise und harten Wettbewerb mit ständig sinkenden Profiten. Darauf reagieren die Kapitalisten mit erhöhten Investitionen, die aber nur dem Investitionsgüterbereich zu Gute kommen und durch Erhöhung der Kapazitäten das Angebot erhöhen, während die Nachfrage stagniert oder weiter zusammenbricht. Marxs Antwort auf diese Krise war, den Arbeitern mehr Geld in die Hand zu geben, damit die Nachfrage steigt.

Und hier kommt mein Verständnisproblemen, 2 betreffen die Prämissen, 1 die Lösung:

1) Warum sollten Kapitalisten trotz niedriger Nachfrage und sinkenden Profiten ihre Kapazitäten erhöhen?

1a) Arbeitet niemand in der Investitionsgüterindustrie?

2) Wieso führt technischer Fortschritt zwangsläufig zu weniger Arbeitsplätzen?
hier sehen wir, dass marx aus einer zeit stammte, in der bestimmte technologische entwicklungen (der gesamte "informationsverarbeitende bereich") nicht vorhersehbar waren. dennoch finde ich (2) zutreffend. marx ging natürlich von "echter produktion" aus (schwerindustrie, güterproduktion,etc.), der schwerpunkt lag also beim primären und sekundären sektor. möglicherweise kommen also (1) und (1a) aus diesen historisch bedingten erfahrungen: "die bänder müssen rollen!",

nun können wir beobachten, dass es genau diese sektoren sind, die durch rationalisierung kaum noch arbeitskräfte benötigen und es ist durchaus vorstellbar, dass beispielsweise der primäre sektor bald GAR KEINE arbeitskräfte benötigt. im sekundären sektor ist es ähnlich: bereits heute gibt es güter, die kaum ein mensch jemals mit seinen fingern (oder mit werkzeugen) berührt hat. was zur frage führt, ob die "freigesetzten" arbeitskräfte etwas anderes machen können - da kommt der tertiäre sektor ins spiel. nun könnte ich jemanden zitieren (ich hoffe, er war's auch, kann mich nicht mehr genau erinnern), den ich eigentlich eher ungern zitiere: "wir können nicht davon leben, dass wir uns gegenseitig die haare schneiden." (hans-olaf henkel)

was geschieht also mit den "freigesetzten"? nicht alle werden zu den "glücklichen" gehören, die vollautomatisierten fabriken und höfe zu bauen und zu warten, denn die rationalisierung findet auch dort statt. nicht alle werden in der pflege oder in der kulturproduktion landen (tatsächlich lässt sich diese ja ebenfalls automatisieren).

die folgen für bildungs- und gesundheitswesen kann man sich ja ausrechnen, ohne da irgendein system [umlage/privat/bürgergeld/wasauchimmer] favorisieren zu müssen - sie werden alle scheitern, wenn die produktionsverhätnisse so bestehen bleiben. und angesichts zersplitterter bewegungen und mangelnder perspektive sehe ich da kein land in sicht... vielleicht bin ich da zu negativ, aber ich halte eine konsequente umsetzung das sozialdarwinismus für sehr wahrscheinlich (in welcher form auch immer). euthanasie der nutzlosen als option. vielleicht bin ich pessimist. we'll see...
Six hat geschrieben: 3) Mehr Geld für die Arbeiter bedeutet bei schlechtem Absatz Verluste für die Firma. Nehmen wir mal an, ich hätte eine Firma und ich würde jedem meiner Angestellten 100 Euro extra bezahlen, damit er Konsumgüter kauft. Nehmen wir weiter an, das Extrageld wird komplett bei mir ausgegeben, dann habe ich zwar Umsatz gemacht, aber ich bleibe mindestens auf den Herstellungskosten (Lohn, Material, etc.) sitzen. D. h. ich mache Miese und gehe mittelfristig Bankrott und beschäftige gar keine Angestellten mehr. Viel besser?
hmm - aber wenn ich das jetzt durchspiele, leuchtet mir das beispiel nicht ein: wenn ich eine firma habe, die waschlappen herstellt, dann werden meine angestellten ja nicht von ihrem extrageld mehr waschlappen kaufen (und auch noch bei mir), wobei ich ehrlich gesagt von der auswirkung auf inflation, wechselkurse, etc. (die ja dabei auch eine rolle spielen) leider keine ahnung habe. aber dieses beispiel ist nur schlüssig, wenn es genau so zutrifft, was ich für ziemlich konstruiert halte. das erinnert an das bild des waren- und geldverkehrs bei milton friedmann (o mann, schlimm... :wink:): "wie viele menschen sind an der herstellung eines bleistiftes beteiligt?" - und er listet den holzfäller, den gabelstaplerfahrer, den kaffeepflücker (der den kaffee für den staplerfahrer pflückt), etc. erhöhung der löhne würde dann eine "wechselseitige" erhöhung der nachfrage bedeuten (arbeiter aus der "waschlappenfabrik" kann sich endlich sein haus leisten, der dachdecker endlich sein neues auto, der autoverkäufer wird sich möglicherweise endlich seinen goldenen waschlappen kaufen können).

Six hat geschrieben: Glaube ich irgendwie nicht. Keynes war da deutlich schlauer, aber auch so ist sein Entwurf nur für eine bestimmte Situation zutreffend.

Kannst du mir helfen?
na ja, ob man das als "hilfe" bezeichnen kann... wäre ich skeptisch... :wink:

aber ehrlich gesagt habe ich mich nie als "beinharten marxisten" bezeichnet. einfach "wegwerfen" kann man seine ideen aber nicht (viele würden es aber allzu gerne, gerade in deutschland. in der soziologischen literatur kann man marx überall frei zitieren, ohne dumm angeguckt zu werden. nur in deutschland geht das offenbar nicht...). oder wie mal jemand sagte: "marx? pah - rostiges gewehr! schießt aber noch ganz gut..."

aber dein post hat mich immerhin dazu bewegt, mal endlich meine SED-bonzenausgabe von "das kapital" (leder mit goldschnitt) auch mal richtig zu lesen, statt nur rumzublättern...

- sorry wg. der teilweise verwirrenden satzkonstruktionen. war ein langer tag heute... :wink: -
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abi
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Beitrag von abi » 17.11.2003 20:50:32

oh hmm.. wird das eine längere Diskussion? 8O 8O 8O

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 17.11.2003 20:55:25

neee... :wink:

erst wenn ich mit den 3000 seiten von "das kapital" fertig bin... 8O
also nächstes jahr... :D
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Six
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Beitrag von Six » 20.11.2003 16:56:49

Sorry ob der langen Abwesenheit: Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Und mein Mitgefühl, habe vor einigen Semestern im Rahmen eines Wirtschaftsethikseminars mit der Marx/Engels Gesamtausgabe gearbeitet. Ethik ist ungefähr das despotischste was mir je untergekommen ist!


Natas12 hat geschrieben: nun - das ähnelt ulrich becks "fahrstuhlmetapher", nach der "alle profitiert" haben (ulrich beck, die "soziologisierende riesenkartoffel", ignoriert jedoch gerne fakten, insbesondere aus der empirischen forschung - fahren die einen 8 stockwerke hoch, bleiben die anderen ganz unten oder fahren maximal zwei stockwerke hoch), was jedoch immer relativ ist.
Wir können uns halt überlegen, ob wir frei oder gleich sein wollen. Beides gleichzeitig geht halt nicht.
Natas12 hat geschrieben: heißt: natürlich profitiert der durchschnittliche arbeiter am "mehrwert", doch dies dient ja dazu, das produktionsverhältnis weiter aufrecht zu halten und es zu optimieren (und immer die reservearmee im rücken). von internationalen verhältnissen mal abgesehen. das ist ja das perfide daran: erst wird man enteignet, dann "einigt" man sich gütlich und erhält 10% wieder zurück, sozusagen als "dankeschön".
Ah, Henne - Ei. (in diesem Sinne Arbeiter - Kapital) Oder verstehe ich dich falsch?
Natas12 hat geschrieben: " Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems." (Marx himself)
Ich tue keinen Handschlag, wenn ich nicht bezahlt werde, so oder so ;-)
Natas12 hat geschrieben: hier sehen wir, dass marx aus einer zeit stammte, in der bestimmte technologische entwicklungen (der gesamte "informationsverarbeitende bereich") nicht vorhersehbar waren. dennoch finde ich (2) zutreffend. marx ging natürlich von "echter produktion" aus (schwerindustrie, güterproduktion,etc.), der schwerpunkt lag also beim primären und sekundären sektor. möglicherweise kommen also (1) und (1a) aus diesen historisch bedingten erfahrungen: "die bänder müssen rollen!",
Das glaube ich auch, weswegen ich in erster Linie dieses Thema angestoßen habe. Marx kann unmöglich heutige Verhältnisse prognostiziert haben. Außerdem glaube ich nicht an Prognosen ;-)
Natas12 hat geschrieben: nun können wir beobachten, dass es genau diese sektoren sind, die durch rationalisierung kaum noch arbeitskräfte benötigen und es ist durchaus vorstellbar, dass beispielsweise der primäre sektor bald GAR KEINE arbeitskräfte benötigt. im sekundären sektor ist es ähnlich: bereits heute gibt es güter, die kaum ein mensch jemals mit seinen fingern (oder mit werkzeugen) berührt hat. was zur frage führt, ob die "freigesetzten" arbeitskräfte etwas anderes machen können - da kommt der tertiäre sektor ins spiel. nun könnte ich jemanden zitieren (ich hoffe, er war's auch, kann mich nicht mehr genau erinnern), den ich eigentlich eher ungern zitiere: "wir können nicht davon leben, dass wir uns gegenseitig die haare schneiden." (hans-olaf henkel)
Das Überleben eines bestimmten Sektors ist nur Interessant, wenn man in Begriffen der nationalen Autonomie und Autarkie denkt.
Natas12 hat geschrieben: was geschieht also mit den "freigesetzten"? nicht alle werden zu den "glücklichen" gehören, die vollautomatisierten fabriken und höfe zu bauen und zu warten, denn die rationalisierung findet auch dort statt. nicht alle werden in der pflege oder in der kulturproduktion landen (tatsächlich lässt sich diese ja ebenfalls automatisieren).
Wie gesagt, wir können frei sein oder gleich. Meine Wahl steht fest.
Natas12 hat geschrieben: die folgen für bildungs- und gesundheitswesen kann man sich ja ausrechnen
Lustig, auf einer nationalen Ebene glaube ich, daß zumindest der Bildungsbereich stark von dem Verzicht des ewigen Wirtschaftsschutzes (Subventionen, Förderungen, etc.) und einer marktwirtschaftlichen Arbeitssituation profitieren würde.
Natas12 hat geschrieben: aber ich halte eine konsequente umsetzung das sozialdarwinismus für sehr wahrscheinlich (in welcher form auch immer). euthanasie der nutzlosen als option. vielleicht bin ich pessimist. we'll see...
Das könnte das Ergebnis eines regulierten Marktes sein. In einem freien Markt gibt es keine Nutzlosen, denn freier Markt heißt freie Menschen. Aber ich glaube, ich beginne zu verstehen, woher der Wind weht.
Natas12 hat geschrieben:
Six hat geschrieben: 3) Mehr Geld für die Arbeiter bedeutet bei schlechtem Absatz Verluste für die Firma. Nehmen wir mal an, ich hätte eine Firma und ich würde jedem meiner Angestellten 100 Euro extra bezahlen, damit er Konsumgüter kauft. Nehmen wir weiter an, das Extrageld wird komplett bei mir ausgegeben, dann habe ich zwar Umsatz gemacht, aber ich bleibe mindestens auf den Herstellungskosten (Lohn, Material, etc.) sitzen. D. h. ich mache Miese und gehe mittelfristig Bankrott und beschäftige gar keine Angestellten mehr. Viel besser?
hmm - aber wenn ich das jetzt durchspiele, leuchtet mir das beispiel nicht ein: wenn ich eine firma habe, die waschlappen herstellt, dann werden meine angestellten ja nicht von ihrem extrageld mehr waschlappen kaufen (und auch noch bei mir), wobei ich ehrlich gesagt von der auswirkung auf inflation, wechselkurse, etc. (die ja dabei auch eine rolle spielen) leider keine ahnung habe. aber dieses beispiel ist nur schlüssig, wenn es genau so zutrifft, was ich für ziemlich konstruiert halte.
Eigentlich ist das ein "best-case" Szenario. Wenn die Arbeiter ihr Geld woanders hin tragen, dann werden meine Verluste noch größer und ich gehe noch eher bankrott.
Natas12 hat geschrieben: das erinnert an das bild des waren- und geldverkehrs bei milton friedmann (o mann, schlimm... :wink:): "wie viele menschen sind an der herstellung eines bleistiftes beteiligt?" - und er listet den holzfäller, den gabelstaplerfahrer, den kaffeepflücker (der den kaffee für den staplerfahrer pflückt), etc. erhöhung der löhne würde dann eine "wechselseitige" erhöhung der nachfrage bedeuten (arbeiter aus der "waschlappenfabrik" kann sich endlich sein haus leisten, der dachdecker endlich sein neues auto, der autoverkäufer wird sich möglicherweise endlich seinen goldenen waschlappen kaufen können).
Nur schade, daß ich pleite bin und garkeine Waschlappen mehr herstelle :-( ;-)
Natas12 hat geschrieben: aber ehrlich gesagt habe ich mich nie als "beinharten marxisten" bezeichnet. einfach "wegwerfen" kann man seine ideen aber nicht (viele würden es aber allzu gerne, gerade in deutschland. in der soziologischen literatur kann man marx überall frei zitieren, ohne dumm angeguckt zu werden. nur in deutschland geht das offenbar nicht...). oder wie mal jemand sagte: "marx? pah - rostiges gewehr! schießt aber noch ganz gut..."
So war das auch garnicht gemeint. Marx war ein ziemlich guter Beobachter und kreativer Denker, u. a. verdankt man ihm z. B. die multisektorale Wirtschaftsordnung. Leider war er ein miserabler Ökonom. ;-)

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Beitrag von Natas12 » 20.11.2003 18:32:44

das mit der "freiheit" musst du mir aber (abschließend!) noch erklären:

freier markt = freie menschen? jetzt mal ernsthaft: "glaubst" du das? ist das nicht genauso "utopisch" wie "diktatur des proletariats"?
ist das etwa die ominöse "chancengleichheit", die dazu genutzt wird, den unterprivilegierten zu suggerieren, alle seien frei und allen stünden die türen offen und somit müssten sie ja selbst an ihrer misere schuld sein (statt für gleiche ausgangsbedingungen zu sorgen)?

du sagst, im "freien markt" gäbe es keine nutzlosen, weil ja "freier" markt auch "freie" menschen produziert - wie sieht diese freiheit dann konkret aus? die nutzlosen fabrikarbeiter, die ja nicht nutzlos sind, die dürfen dann wohl 7 minijobs auf einmal annehmen (ja! so frei sind wir!). oder man könnte das "ablecken der strasse" zum beruf erklären. diesem beruf können die freien menschen dann nachgehen?

und mit welchem recht wird diese art von "freiheit" eigentlich gegen diejenigen durchgesetzt, die unter ihr zu leiden haben? ist das dann immer noch freiheit, wenn durch die ungleichen ausgangsbedingungen einige "freier" sind als die anderen (z.b. durch ein erbrecht, welches macht und geld über jahrhunderte an bestimmten personengruppen/familien kleben lässt)? müssten dann nicht, um "deine" freiheiit zu erreichen, erst mal gleiche "startbedingungen" hergestellt werden? denn sonst wird der reichere, der mächtigere, der klügere (im sinne einer habituell erworbenen erfahrung) die freiheit der anderen immer einschränken können, indem er über sie verfügen kann wie er es will (ihre zeit in anspruch nehmen, ihr verhalten beeinflussen, ihre selbstwahrnehmung steuern).

meiner meinung nach krankt gerade daran die ideologie des marktes - und ich finde es perfide, dass es marktradikalen kräften gelungen ist, den begriff "freiheit" für sich zu beanspruchen (genauso wie "reform"). und deshalb ist für mich diese ideologie des marktes genauso ein glaubensbekenntnis wie der marxismus - weder für die befreienden effekte des marktes, noch für den marxistischen "himmel auf erden" gibt es irgendeinen beweis...

aber nun bist DU daran schuld, dass ich mir diese 3000 seiten marx reinpfeife... :P
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Beitrag von Six » 22.11.2003 15:37:02

Ich werde das mal Stück für Stück durchgehen, sonst kome ich garnicht dazu. Daher kann es zu Wiederholungen oder so kommen. Ich bitte um Nachsicht ;-)

Natas12 hat geschrieben:das mit der "freiheit" musst du mir aber (abschließend!) noch erklären:
Na dann mal toitoitoi ;-)
freier markt = freie menschen? jetzt mal ernsthaft: "glaubst" du das? ist das nicht genauso "utopisch" wie "diktatur des proletariats"?
ist das etwa die ominöse "chancengleichheit", die dazu genutzt wird, den unterprivilegierten zu suggerieren, alle seien frei und allen stünden die türen offen und somit müssten sie ja selbst an ihrer misere schuld sein (statt für gleiche ausgangsbedingungen zu sorgen)?
Zwei Antworten: Ja und Nein. Erstens glaube ich, daß freie Menschen einen freien Markt erzeugen und andersherum ein unfreier Markt Menschen unfrei macht. Daher freier Markt = freie Menschen. Ich sage nicht, daß es im Augenblick einen freien Markt in der BRD (oder sonst wo) gibt.

Zweitens, wie ich schon sagte: wir können gleich oder frei sein, beides zugleich halte ich für nicht möglich.
Wie man auf den Gedanken kommt, daß Chancengleichheit Freiheit bedeutet ist mir völlig schleierhaft. Wenn die Söhne und Töchter eines reichen und eines armen Menschen die gleiche, meinetwegen kostenlose Schule besuchen und dort einen Abschluß machen, dann ist das eine Sache. Wenn man den Kindern des Reichen aber verbietet eine bezahlte und evtl. bessere Schule zu besuchen, dann erzeugt das vielleicht Chancengleicheit, aber es schränkt die Freiheit ein. Das ist ja ungefähr so, als wollte ich alle Leute gleich klug oder dumm machen! Ich sehe also nicht, wie man gleiche Ausgangsbedingungen schaffen will ohne die Freiheit einzuschränken. Diese Art von Gleichheit und Freiheit verträgt sich nicht.
du sagst, im "freien markt" gäbe es keine nutzlosen, weil ja "freier" markt auch "freie" menschen produziert - wie sieht diese freiheit dann konkret aus?
Wie sieht Freiheit denn konkret aus? Ich denke, wir nähern uns dem Kern des Problems. Aus dieser Frage spricht ein positiv definiertes Verständnis der Freiheit. Bin ich frei, wenn ich eine Haarfrisur tragen darf? Wenn ich meine (abweichende) Meinung sagen darf? Wenn ich den Wohnort wechseln darf? Sicher, das sind Freiheiten, aber was ist mit den überabzählbar, ach was, unendlich vielen anderen Punkten, die Freiheiten sind? Darf ich in einer Gesellschaft, in der die drei genannten Punkte zutreffen keine Frisur haben? Darf ich täglich auf's Klo gehen? Oder Fallschirmspringen als Hobby haben?

Man sieht, positiv definierte Freiheit ist eine Zuweisung von Privilegien und somit keine Freiheit. Freiheit sollte negativ definiert sein, durch Abwesenheit von Zwang. So wie Stille durch die Abwesenheit von Geräuschen bestimmt ist, so ist Freiheit durch die Abwesenheit von Zwang bestimmt. [Ich gebe zu, daß dies eine arg verkürzende Darstellung ist, aber wenn erwünscht, dann kann ich auch noch mal ein paar 1000 Worte zu dem Thema loslassen. ;-)]
die nutzlosen fabrikarbeiter, die ja nicht nutzlos sind, die dürfen dann wohl 7 minijobs auf einmal annehmen (ja! so frei sind wir!). oder man könnte das "ablecken der strasse" zum beruf erklären. diesem beruf können die freien menschen dann nachgehen?
Moment! Für's Protokoll: es wurde von "den Nutzlosen" gesprochen. Eine nachträgliche Qualifizierung halte ich nicht für in Ordnung. Ich nehme es deswegen als Beispiel.

Du verwechselst da zwei Sachen. Menschen auf der einen, Qualifikationen auf der anderen Seite. Unter diesem Blickwinkel:
Wieso sollten die Fabrikarbeiter nicht nutzlos sein? Wenn hier kein Mensch Arbeiter in einer Fabrik braucht, dann sind Fabrikarbeiter nutzlos. D. h. aber noch lange nicht, daß die Menschen dahinter nutzlos sind. Menschen sind nie nutzlos, denn ihren Nutzen geben sie sich selbst, das kann sowieso kein anderer.
Wenn meine Ausbildung also gerade nicht gefragt ist, dann schaffe ich Nachfrage, wechsel mein Betätigungsfeld oder Wohnort. Das ist nicht immer leicht und macht vielleicht auch keinen Spaß, es beinhaltet vielleicht sogar "Straße ablecken" (solange es bezahlt wird) oder "7 Minijobs auf einmal".
Jetzt kannst du dir natürlich aussuchen, ob du lieber einen Sachwalter für dein Leben hättest, der dich täglich 3 mal füttert oder ob du die Härten in Kauf nimmst.
und mit welchem recht wird diese art von "freiheit" eigentlich gegen diejenigen durchgesetzt, die unter ihr zu leiden haben? ist das dann immer noch freiheit, wenn durch die ungleichen ausgangsbedingungen einige "freier" sind als die anderen (z.b. durch ein erbrecht, welches macht und geld über jahrhunderte an bestimmten personengruppen/familien kleben lässt)? müssten dann nicht, um "deine" freiheiit zu erreichen, erst mal gleiche "startbedingungen" hergestellt werden? denn sonst wird der reichere, der mächtigere, der klügere (im sinne einer habituell erworbenen erfahrung) die freiheit der anderen immer einschränken können, indem er über sie verfügen kann wie er es will (ihre zeit in anspruch nehmen, ihr verhalten beeinflussen, ihre selbstwahrnehmung steuern).
Zum ersten Teil: Mehr Möglichkeiten bedeutet mehr Freiheit? Wie kommst du denn auf diesen Gedanken? Ist der Ertrinkende auf dem Ozean weniger frei als der Gefangene im Knast?
Ich würde sagen Nein, obwohl er deutlich weniger Möglichkeiten hat.
Eine quantitative Messung der Freiheit ist offenbar nicht möglich, denn entweder bist du frei, oder du bist es nicht, da ist kein Mengenelement im Spiel.

Und zum zweiten Teil deines Arguments: willst du den Reichen arm, den Mächtigen machtlos und den Klugen dumm machen, damit ja alle schön gleiche Startbedingungen haben? Das hieße ja, alle Eltern müßten Alkoholiker und gewalttätig werden, damit sie schön gleich ihre Kinder verprügeln und ihr Geld versaufen! Oder sollten wir direkt Zwangstrennungen der Eltern im 6. Lebensjahr des Kindes anordnen, natürlich mit obligatorischen Heimaufenthalt und Mißbrauch in jungen Teenagerjahren? Mist, wahrscheinlich gibt es immer noch jemanden, der nicht ganz so übel mißbraucht worden ist. Diesen Vorteil können wir ja nicht zulassen, oder?

Wenn du Vorteile abschaffen willst, dann mußt du den kleinsten gemeinsamen Nenner nehmen, das ist dir schon klar, oder? Und man kann sich ja leicht ausmalen, wo das hinführt.

Und zum dritten Teil: wieso kann der Reiche/Mächtige/Kluge über weniger reiche, mächtige, kluge verfügen wie es ihm beliebt?
meiner meinung nach krankt gerade daran die ideologie des marktes - und ich finde es perfide, dass es marktradikalen kräften gelungen ist, den begriff "freiheit" für sich zu beanspruchen (genauso wie "reform"). und deshalb ist für mich diese ideologie des marktes genauso ein glaubensbekenntnis wie der marxismus - weder für die befreienden effekte des marktes, noch für den marxistischen "himmel auf erden" gibt es irgendeinen beweis...
Was sind "marktradikale Kräfte"?
Und im übrigen glaube ich, daß ich anders herum argumentiere: Wenn ich frei bin, dann ist mein Markt auch frei. Nur weil ein Markt frei sei, heißt es noch lange nicht, daß die Teilnehmer das auch sind. Jedoch bedeutet ein freier Markt potentiell freie Teilnehmer, etwas was für einen unfreien Markt nicht gelten kann.
aber nun bist DU daran schuld, dass ich mir diese 3000 seiten marx reinpfeife... :P
Dann hat es ja wenigstens etwas gebracht ;-)

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Natas12
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Beitrag von Natas12 » 22.11.2003 19:15:09

Six hat geschrieben: Zwei Antworten: Ja und Nein. Erstens glaube ich, daß freie Menschen einen freien Markt erzeugen und andersherum ein unfreier Markt Menschen unfrei macht. Daher freier Markt = freie Menschen. Ich sage nicht, daß es im Augenblick einen freien Markt in der BRD (oder sonst wo) gibt.
was den spekulativen charakter beweist: ich könnte genausogut argumentieren, dass erst eine klassenlose gesellschaft absolute freiheit erzeugt. da es bisher nirgends eine derarige gesellschaft gibt, brauche ich den beweis nicht erbringen... :wink:
Six hat geschrieben: Zweitens, wie ich schon sagte: wir können gleich oder frei sein, beides zugleich halte ich für nicht möglich.
Wie man auf den Gedanken kommt, daß Chancengleichheit Freiheit bedeutet ist mir völlig schleierhaft. Wenn die Söhne und Töchter eines reichen und eines armen Menschen die gleiche, meinetwegen kostenlose Schule besuchen und dort einen Abschluß machen, dann ist das eine Sache. Wenn man den Kindern des Reichen aber verbietet eine bezahlte und evtl. bessere Schule zu besuchen, dann erzeugt das vielleicht Chancengleicheit, aber es schränkt die Freiheit ein.
dennoch schränkt es die freiheit der "unterprivilegierten" ein, wenn jemand mit seinem geerbten kapital einen abschluß machen kann, den andere nicht machen können, wodurch er womöglich in eine position kommt, in der er herrschen oder diskurse lenken kann (medieneliten, bspw.).
dein bild von freiheit nimmt in kauf, dass einige "untergebuttert" werden. oder plastisch: es gibt den "normalo-kindern" ihre standardausbildung und lässt den "bonzen-kindern" die elitenausbildung.
mein bild von freiheit nimmt in kauf, dass diejenigen, die überproportional "haben" auch dementsprechend "geben" müssen. und ja: das ist eine einschränkung ihrer freiheit.
stellen wir uns das mal konkret vor: wenn morgen der "freie markt" ausgerufen wird, wer wird wohl am meisten davon profitieren? wer wird anordnen und wer wird folgen? die freiheit, die du propagierst, ist also die freiheit der jetzt herrschenden.
stellen wir uns eine gesellschaft als roulette-spiel vor. in einer welt totaler freiheit hätte jeder die gleiche zahl spielsteine, die er im spiel anlegen könnte. jeder könnte gewinnen und verlieren. dann würde ich deinem freiheitsbild völlig zustimmen. leider befinden wir uns nicht einer derarigen welt, sondern in einer welt, die bereits geschichte hat, in der bereits einige gewonnen und verloren haben. wer viel gewinnt, kann auch noch leichter noch mehr gewinnen, kann vielleicht die spielregeln (zu seinen gunsten) ändern. anders herum: wer viel verliert, der wird viel schwerer seinen verlust ausgleichen können. wer zu den verlierern gehört, der hat auch keinen einfluß auf die spielregeln. andere können am spiel gar nicht mitmachen, da ihnen der zutritt zum casino verwehrt wurde. was bedeutet "deine freiheit" also in diesem spiel? es bedeutet, dass der stärkste spieler gewinnt, dass er legitimerweise gewinnt, da ja alle angeblich die "gleichen chancen" haben, mitzuspielen bzw. es ihnen suggeriert wird und sie es auch noch glauben - so wie die meisten menschen die institution "schule" und ihre beurteilungen als völlig legitim hinnehmen, obwohl sie eine sortierstation ist, die den menschen in relativ feste laufbahnen drängt und eine bestimmte gesellschaftsform zementiert. auch hier gilt: wer hat, der bekommt. wer nicht hat, dem wird genommen, und das alles unter dem deckmantel der "rationalität" (noten, beurteilungen, tests), wobei diese rationalität eben die unterschiedlichen ausgangsbedingungen ignoriert und von standardisierten menschen ausgeht. bzw. konkreter: bestimmte menschen sind für das jetzige schulsystem wie geschaffen, weil das schulsystem für sie geschaffen wurde - derjenige mit den "meisten spielsteinen" kann die regeln bestimmen. und das ist auch der grund dafür, warum lehrer- und beamtenkinder in unserem bildungssystem überproportional vertreten sind (was sich empirisch leicht nachweisen lässt). ein arbeiterkind muss, will es in diesem schulsystem "gewinne" einfahren, die spielregeln und mechanismen des schulsystems akzeptieren und stützt es somit. ein zirkelschluss, dessen gewalt sich zugegebenermaßen schwer durchbrechen lässt. aber ich schweife ab... :wink:
Six hat geschrieben: Das ist ja ungefähr so, als wollte ich alle Leute gleich klug oder dumm machen! Ich sehe also nicht, wie man gleiche Ausgangsbedingungen schaffen will ohne die Freiheit einzuschränken. Diese Art von Gleichheit und Freiheit verträgt sich nicht.
nein, darum ging es mir auch nicht. ich will vielfalt! ich will nicht, dass alle gleich aussehen oder gleich "intelligent" sind (wobei man nun anführen könnte, dass derjenige der "intelligenteste" ist, der die macht hat, andere menschen glauben zu lassen, er sei intelligent - tatsächlich kann "intelligenz" ja auch bedeuten, besonders fromm zu sein, etc.). was ich jedoch will ist ausgleich. wenn das die freiheit einiger weniger einschränkt, nehme ich das gern in kauf.
Six hat geschrieben: -snip-
Man sieht, positiv definierte Freiheit ist eine Zuweisung von Privilegien und somit keine Freiheit. Freiheit sollte negativ definiert sein, durch Abwesenheit von Zwang. So wie Stille durch die Abwesenheit von Geräuschen bestimmt ist, so ist Freiheit durch die Abwesenheit von Zwang bestimmt. [Ich gebe zu, daß dies eine arg verkürzende Darstellung ist, aber wenn erwünscht, dann kann ich auch noch mal ein paar 1000 Worte zu dem Thema loslassen. ;-)]
natürlich kann es keine positive definition von freiheit geben - karl popper lässt grüßen. ich habe es auch nicht so gemeint... :wink:
aber eine welt ohne zwang ist eben genauso utopisch wie eine welt ohne "klassen" (klassen = zwang). wenn menschen arbeitsteilig leben und wechselseitig voneinander abhängig sind, gibt es automatisch verhältnisse, in denen der eine "abhängiger" ist als der andere, was auf "zwang" hinausläuft. das bedeutet, dass es wohl kaum eine form des menschlichen zusammenlebens gab und geben wird, in der "zwang" (in welcher form auch immer) abwesend ist. mir geht es also darum, die formen des zwangs zu definieren. wer "zwingt" und wer "gezwungen" wird. wir können das auf "deine art" machen, dann zwingt derjenige, der durch erbe, durch zufall oder sonstwas andere menschen sehen, glauben und somit tun lässt. wir können das aber auch so machen, dass wir ein element einfügen, welches genau das verhindert. wenn du das "unfrei" nennst, so wird das im semantischen sinne wohl zutreffen. damit kann ich sehr gut leben...
Six hat geschrieben: -- fabrikarbeiter-beispiel --
Wenn meine Ausbildung also gerade nicht gefragt ist, dann schaffe ich Nachfrage, wechsel mein Betätigungsfeld oder Wohnort. Das ist nicht immer leicht und macht vielleicht auch keinen Spaß, es beinhaltet vielleicht sogar "Straße ablecken" (solange es bezahlt wird) oder "7 Minijobs auf einmal".
Jetzt kannst du dir natürlich aussuchen, ob du lieber einen Sachwalter für dein Leben hättest, der dich täglich 3 mal füttert oder ob du die Härten in Kauf nimmst.
schön - es ist eben die frage, WEM zugemutet wird und wem nicht. darum geht es mir. denn der fabrikarbeiter ist eben nicht so frei wie derjenige, der ihn entlassen hat. das ist der punkt. die ideologie des marktes geht von willigen kräften aus, die sich verschieben lassen, wie es gerade notwendig erscheint. damit können "mächtige" (bspw. wirtschaftseliten) also indirekt bestimmen, wo sich menschen ansiedeln bzw. wohin sie sich bewegen. sie verfügen damit also über orte und über fremde zeit, die sie spielerisch (p. bourdieu spricht hier von "magie") einsetzen können, so als wäre es das natürlichste der welt. sie können bestimmen, welche personen sich wann und wo aufhalten. sie können indirekt bestimmen, welche personen in kontakt geraten und welche nicht. sie können so sogar bestimmen, was menschen denken (derjenige, der diskursmächtig ist, der also in der lage ist, "setzungsarbeit" zu leisten, bestimmt, was gesehen und besprochen wird und folglich auch, was NICHT gesehen und NICHT besprochen wird. somit steuert er das denken der menschen und damit auch ihre eigene wahrnehmung der welt.) [natürlich meine ich das nicht in dem sinne, dass es "zentrale verwaltungsstellen" gibt. tatsächlich ist das viel komplizierter.]
wenn freiheit die abwesenheit von zwang ist, dann ist der o.g. arbeiter NICHT frei - es sei denn, er ist so frei und nimmt sich das leben... und offenkundig wird das den heutigen "nutzlosen" ja nahegelegt, sich doch endlich mal zu erhängen. dann wäre man sie los und könnte frei wirtschaften... :x
Six hat geschrieben: Und zum zweiten Teil deines Arguments: willst du den Reichen arm, den Mächtigen machtlos und den Klugen dumm machen, damit ja alle schön gleiche Startbedingungen haben?
--snip--
darum geht es doch gar nicht. es geht nicht darum, alles auf das niedrigste level zu nivellieren. es geht aber um ausgleich. ich werde ungleichheit nicht beseitigen können, jedenfalls nicht, ohne eine menge grabsteine zu produzieren. damit würde ich jedoch nur die vorzeichen umkehren und genau das tun, was ich eigentlich bekämpfen will.
Six hat geschrieben: Und zum dritten Teil: wieso kann der Reiche/Mächtige/Kluge über weniger reiche, mächtige, kluge verfügen wie es ihm beliebt?
weil es ja offensichtlich so ist... :wink:
siehe oben: derjenige, der "hat" kann andere glauben, sehen und tun lassen. er kann steuern, was sie tun, wann sie es tun, was sie von ihrem tun denken (daher rührt auch die akzteptanz von unterdrückung). wobei "haben" hier nicht "reichtum" bedeuten muss. tatsächlich hängt es davon ab, ob ich in der lage bin, andere menschen GLAUBEN zu lassen, dass das, was ich "habe" mich auch in die position bringt, anderen menschen befehle zu geben (sowohl direkt als auch indirekt). in archaischen gesellschaften können das muschelschalen sein oder die grösste nase oder sonst was - ich muss eben nur genügend menschen finden, die es mir abkaufen, dass meine lange nase mich zum herrschen qualifiziert. in unseren gesellschaften, die nunmal kapitalistisch organisiert sind, ist das einerseits ökonomisches kapital, andererseits kulturelles kapital und als wichtigste variante das "symbolische" kapital - der ausdruck, den die menschen sehen können. ich halte es für eine empirische tatsache, dass der "definitionsmächtige" (nennen wir ihn mal so) herrschen kann (wir können uns nun darüber unterhalten, was "tatsachen" sind und wie tatsachen hergestellt werden, aber das würde diese diskussion unnötig verlängern und nicht unerheblich erschweren...).
Six hat geschrieben: Was sind "marktradikale Kräfte"?
Und im übrigen glaube ich, daß ich anders herum argumentiere: Wenn ich frei bin, dann ist mein Markt auch frei. Nur weil ein Markt frei sei, heißt es noch lange nicht, daß die Teilnehmer das auch sind. Jedoch bedeutet ein freier Markt potentiell freie Teilnehmer, etwas was für einen unfreien Markt nicht gelten kann.
z.b. leute wie hans-olaf henkel und co. leute, die völlig mit sich im reinen sind, weil für sie ja die welt in ordnung ist. menschen, die sich zur stützung ihrer argumente eines rationalismus bedienen, der noch nicht besonders alt ist und mit sicherheit keine anthropologische konstante ist. sie entnehmen ihre argumente aus der bestehenden unterteilung der gesellschaft und rechtfertigen sie damit (dass ich alles was ich denke und was ich bin aus der bestehenden gesellschaft beziehe und ich nicht "unabhängig" von ihr agieren kann, ist mir klar...).

ps: wenn meine sätze etwas wirr sind, so bitte ich das zu entschuldigen. am donnerstag gab es frischen primeur... :P
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Beitrag von trozmo » 22.11.2003 19:38:21

:lol:

was meinst du was passiert, wenn die "dominosteine" neu gemischt würden ?

schau dir doch mal die menschheitsgeschichte an, dann kannst du auch erkennen, wie es dir ergehen würde.


zur freiheit bedarf es immer einer besonderen einstellung ! und die kann man nur selbst leben.


wenn jemand absolute freiheit möchte, und das heißt ja wohl auch, dass er autoritäten ablehnt, dann sollte er sich mal mit der anarchie befassen.

in unserem land sind die menschen meist dahingehend unfrei, dass sie gefangene ihrer süchte, verhaltensmuster und denkweisen sind.

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Beitrag von Natas12 » 22.11.2003 22:42:06

trozmo hat geschrieben::lol:

was meinst du was passiert, wenn die "dominosteine" neu gemischt würden ?

schau dir doch mal die menschheitsgeschichte an, dann kannst du auch erkennen, wie es dir ergehen würde.
ja, zum beispiel in der franz. revolution, mit der die vorstellung weggefegt wurde, es gäbe menschen, die von gottes gnaden das recht zum herrschen hätten... (die rege beteiligung des neuen bürgertums an der franz. revolution ist mir bekannt, dennoch war sie kein rein bürgerliches experiment, was die "bürgerliche ideologie" immer gerne behauptet.

ausserdem: ich wäre derjenige, der sich an der neumischung beteiligt... el commandante! 8)
trozmo hat geschrieben: zur freiheit bedarf es immer einer besonderen einstellung ! und die kann man nur selbst leben.
stimmt sicher, aber einstellungen sind eben genauso historisch wie moden und ansichten - wandelbar und definierbar.
trozmo hat geschrieben: wenn jemand absolute freiheit möchte, und das heißt ja wohl auch, dass er autoritäten ablehnt, dann sollte er sich mal mit der anarchie befassen.
in der tat... :D
trozmo hat geschrieben: in unserem land sind die menschen meist dahingehend unfrei, dass sie gefangene ihrer süchte, verhaltensmuster und denkweisen sind.


nun - ist das nicht in jeder gesellschaft so? zum "naturzustand" gibt es leider keinen weg zurück...
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Beitrag von tylerD » 23.11.2003 14:19:47

@natas12:Ich finde es verdammt interessant und spannend, was du schreibst. Du zitierst und interpretierst ja sicher auch große und schlaue Menschen.
Ich denke jedoch das diese Theorien, so schön sie auch sind, mit dem normalen Menschen nicht funkitonieren. Die Welt und das Zusammenleben ist einfach zu komplex um es ohne Strukturen zu bewältigen, und sobald diese da sind, haben manche Menschen mehr Macht und werden diese benutzen. Manchmal kann das gut sein, oft ist das jedoch nicht der Fall.
Und wenn alle Menschen gleich sind, warum dürfen dann manche in Büros sitzen und manche müssen Zeitungen austragen oder Bürger backen. Eine Gesellschaft, in der kein Zwang besteht wäre zwar das Ideal, man geht Arbeiten um sich selbst zu verwirklichen, jedoch würde dann sicher verdammt viel Arbeit liegen bleiben.

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Beitrag von Natas12 » 23.11.2003 15:14:12

lol, es ging mir nicht darum, schlau zu wirken (da ich selber keine klugscheisser mag, bitte ich alle darum, mir ein "halt die klappe!" entgegenzuschleudern, wenn es mal so klingen sollte... :wink:) oder das paradies zu entwerfen. was ich eben nur will, ist "ausgleich" und "gerechtigkeit". zudem ging es mir darum, dass menschen eben nicht von natur aus "so" (das "so" kann dann alles mögliche beinhalten) sind, dass alles eben auch "anders" funktionieren könnte bzw. dass es eben keine "sachzwänge" gibt, die dann die unterscheidung in "realitätsferne theorie" und "tatsächliche praxis" rechtfertigen würden (weil wir ja theorien aus dieser realität beziehen). wie wir leben, was wir denken und für real und "notwendig" halten, wird eben von uns selbst produtiert (und wie du schon sagtest ist das sehr komplex). das bedeutet für mich aber auch, dass alles auch anders funktionieren kann bzw. dass es ja auch schon anders funktioniert hat. im mittelalter war der kaiser eben kein "mensch", er war der "kaiser" und von "gottes gnaden" und niemand konnte sich etwas anderes auch nur vorstellen. heute ist das nicht mehr so (der kaiser ist heute jürgen schrempp oder bill gates). aber auch das kann sich eben ändern - meiner meinung nach muss sich da was ändern, weil wir uns sonst in die luft sprengen werden. ich stimme dir voll zu, dass es immer jemanden geben wird, der anordnet und der folgt bzw. der brötchen backt und im büro sitzt. aber weshalb kann bspw. derjenige, der brötchen backt auch nicht gleichzeitig derjenige sein, der anordnet?
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Beitrag von trozmo » 23.11.2003 17:26:56

Natas12 hat geschrieben: stimmt sicher, aber einstellungen sind eben genauso historisch wie moden und ansichten - wandelbar und definierbar.
das kommt darauf an. wenn man sich intensiv damit befasst, wird sich die meinung nicht verändern, sondern verfeinern. das ist ein großer unterschied.
trozmo hat geschrieben:in unserem land sind die menschen meist dahingehend unfrei, dass sie gefangene ihrer süchte, verhaltensmuster und denkweisen sind.
Natas12 hat geschrieben: nun - ist das nicht in jeder gesellschaft so? zum "naturzustand" gibt es leider keinen weg zurück...
ja und nein. ich weiß nicht genau WIE, aber das hält mich gewiss nicht davon ab zu denken, dass es keinen weg zurück gibt ;)

dein "zum "naturzustand" gibt es leider keinen weg zurück... " ist eine einschränkende denkweise, welche du dir selbst auferlegst.
mag sein, dass es bei vorherrschend "rationaler" betrachtungsweise so erscheint, aber ist das wirklich SO rational ??


wenn man die alten griechischen philisophen liest, so fühlt man sich in seiner denkweise oft bestätigt, OHNE sie vorher gekannt zu haben. das beweist doch, dass einstellungen durchaus ständig aktuell sein können, oder ?

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Beitrag von tylerD » 23.11.2003 17:31:36

Natas12 hat geschrieben: ich stimme dir voll zu, dass es immer jemanden geben wird, der anordnet und der folgt bzw. der brötchen backt und im büro sitzt. aber weshalb kann bspw. derjenige, der brötchen backt auch nicht gleichzeitig derjenige sein, der anordnet?
Ich glaub da liegt nicht nur das Problem in der Natur des Menschen sondern in der Natur allgemein. Die Ameisenarbeiterinn hat auch nichts zu melden. Ok, der Mensch müßte in der Lage sein, durch seine Inteligenz die Bewertung der Tätigkeiten von der Bewertung des Menschen getrennt zu betrachten. Ist er jedoch meiner Meinung nach auf absehbare Zeit nicht.

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