Berliner Erklärung

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BenutzerGa4gooPh

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 29.08.2016 16:37:20

@maroc:

Du beschreibst recht korrekt den momentanen Zustand. (Wenn auch dieser momentane Zustand teilweise erzwungen wurde durch nicht vorhergesehene aber leicht vorhersehbare Probleme. Manche der aufgeführten Stichpunkte sind auch recht neu, sehr kurzfristig eingeführt. :wink: )

Aber viele, auch und vor allem Regierung, Industrie und Lobbyisten und Berater denken etwas weiter: Viele der Flüchtlinge und deren Kinder werden durch den Staat, Jobcenter, Schulen, Ausbildungsbetriebe aus- oder weitergebildet - und treten morgen in den Konkurrenzkampf mit Deutschen um Arbeitsplätze und Lehrstellen (bzw. Leerstellen) ein. Wird die Bereitschaft, höhere REALLÖHNE - der Arbeitsproduktivität angemessen - zu zahlen, nicht unbedingt erhöhen. Ebenso nicht die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer bezüglich Lohn und Gehalt. Man erinnere sich bitte an die Folgen von HartzIV! Ein Arbeitslosenheer bestimmter Groeße ist erwünscht. Verdeckte Arbeitslosigkeit und sog. "prekaere Beschaeftigungsverhaeltnisse" sagt uns ja die "Statistik" nicht mehr. Die Wirtschaft brummt, die Steuereinnahmen sprudeln, die Zinsen sind niedrig. Manche Gewerkschaften halten nicht immer die Klappe ... .

Und man hat sicher auch mit mehr Fachkräften gerechnet, bisherige Anwerbeprogramme waren nicht so erfolgreich. Viele Syrer sollen doch angeblich gut ausgebildet sein. Die Anderen kommen schon oder bald aus "sicheren Herkunftsländern".

Viele zuwanderungseinschraenkende Massnahmen mussten erfolgen, weil Deutschland einen Zustrom in dem Maße nicht dauerhaft verkraftet - UND man wohl auch vorerst genug hat - im doppeldeutigen Sinn.

Ich will keine Verschwörung wittern, aber ABSEHBARE Folgen hat Einwanderung und jedes Ding hat mindestens zwei Seiten - wenn nicht mehr. :mrgreen:

(Bauindustrie, Wohnungswirtschaft, Konsumgueterindustrie, deren Zulieferer, Handel, soziale Dienste und Beamten(un)wesen werden wachsen. Bis die Flüchtlinge produktiv werden, kommt es zu erheblichen staatlichen Mehrausgaben. Die derzeit " sprudelnden" Steuereinnahmen bedeuten höhere Steuern für alle - auch bei gleichen Prozenten! Die logicherweise steigende Arbeitsproduktivität habt ihr in euren Reallöhnen sicher nicht bemerkt? Meist nur Inflationsausgleich?)

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hikaru
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von hikaru » 29.08.2016 17:37:53

Hui, ist hier was los!
Ich kann nicht mehr allem wirklich folgen, daher ist da hier nur ein Versuch des Wiedereinstiegs in den Thread.
maroc hat geschrieben:Genau, die Entlarvung ist bereits als Prämisse, sozusagen als Losung vorgegeben. Und an die Diskutanten wird die hehre Aufgabe delegiert, fleißig Argumente zusammenzutragen, um die Prämisse zu erhärten. Liegt darin nicht auch ein bisschen Selbstentlarvung? Oder geht so die oben angesprochene Dialektik?
:THX:
ralli hat geschrieben:Da ich hier gefragt wurde, wie ich mir gewaltfreie Formen des Widerstandes vorstelle, will ich nun mal etwas konkreter werden. Es gibt viele verschiedene Formen der Liebe, aber Ethik ist für mich die höchste Form der Liebe. Das Fundament eines gewaltfreien Widerstandes ist die Ethik. Die Quellen aus denen mein ethisches Handeln lebendig wird, ist für mich die Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und Freiheit. Das sind bewußtseinserweiternde Substanzen, die bei kritischen Geistern den geistigen Horizont erweitern. Und es würde mich ehren, wenn ich Dich @hikaru ins Boot bekäme.
Ich fürchte, damit kriegst du mich nur schwer ins Boot. Nicht weil ich nicht wollte, sondern weil ich den Einstieg schwierig finde.
Auf das Wort "Liebe" wäre ich im Kontext mit Widerstand (wenn auch gewaltfrei) wohl allein gar nicht gekommen. "Ethik", "Gerechtigkeit" und "Freiheit" sind höchst subjektiv, hängen also ohne nähere Erläuterung für mich in der Luft. Mit deinem Begriff von "Wahrhaftigkeit" habe ich seit jeher Probleme. Ich glaube ich habe das Wort an sich nie wirklich verstanden, vielleicht weil es sich nicht im naturwissenschaftlichen Sinn deterministisch erfassen lässt. Ich bin ja diesbezüglich etwas scheuklappig.
Außerdem fehlt mir generell ein Handlungsvorschlag für den Fall, dass die Gegenseite auf unsere Vorschläge/Forderungen mit "Nö, will ich nicht!" antwortet. Das geht mir z.B. mit dem DiEM25-Manifest auch so, an sich ein nettes Dokument, aber leider völlig zahnlos.
TomL hat geschrieben:Unser Problem sind nicht die gewaltbereiten Minderheiten, sondern die Unfähigkeit unserer Obrigkeiten angemessen und unmittelbar pragmatisch zu handeln.
Ich denke das Problem ist nicht (erst) die Unfähigkeit, sondern (schon) die Unwilligkeit.
maroc hat geschrieben:(was für hikaru Rainer Mausfeld ist, ist für mich dann vielleicht Hartmut Rosa)
Danke für's "Namedropping"! Dem Wikipediaartikel zufolge scheint Rosa einen näheren Blick wert zu sein.
TomL hat geschrieben:Es gibt Nudistencamps, Du glaubst gar nicht, wie unendlich groß mein Desinteresse daran wäre, wenn es i.ü.S. Burka-Camps gäbe, in denen sich gleichgesinnte deutsche Frauen zum Tragen der Burka treffen würden, wenn sie es ganz unmuslimisch zu irgendeinem empfundenen Vergnügen täten und selbst wenn sie auch so als Gruppe in der Öffentlichkeit auftreten würden.
Ich überanalysiere den Vergleich mal:
Nudisten (ich mag den Begriff "FKK" lieber, weil ich mir da sicher bin, dass nichts Schlüpfriges mitschwingt) werden deshalb in Camps gesperrt, weil die allgemeine Öffentlichkeit den Anblick ihrer nackten Körper nicht "ertragen" möchte. Viele (nicht alle) FKKler hätten überhaupt kein Problem damit, auch außerhalb der Camps keine Kleidung zu tragen.
Bei Burkaträgerinnen verhält sich das grundsätzlich anders. Es geht einerseits darum, dass Männer (denen kategorisch unterstellt wird, ihre Triebe nicht unter Kontrolle zu haben) vor sich selbst geschützt werden indem sie nicht durch den Anblick einer sufur gekleideten Frau getriggert werden, und andererseits darum, die Frauen präventiv vor getriggerten Männern zu schützen, indem diese durch die Verschleierung gar nicht erst getriggert werden.

FKKler in Camps zu sperren dient also ausschließlich dem "Schutz" der Öffentlichkeit, während das Tragen einer Burka ganz erheblich dazu dient, die Trägerin vor der Öffentlichkeit zu schützen. Daher ergeben Burka-Camps keinen Sinn, denn die Burka entfaltet ihre Wirkung nur in der Öffentlichkeit.

Andersrum wird ein Schuh daraus:
Man könnte Camps einrichten, in denen sich sonst Burka-tragende Frauen ohne Burka bewegen können. Die Idee ist nicht neu. Diese Camps nennt man "Harem", da sich Frauen dort ohne Konsequenzen fürchten zu müssen haram kleiden können.
In abgeschwächter Form gibt es Ähnliches in FKK-Camps, denn dort ist es verpöhnt sich bekleidet zu bewegen. Allerdings erhält diese Regelung natürlich nie einen höheren Status als den einer Hausordnung.

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ralli
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von ralli » 29.08.2016 20:10:33

@hikaru, ich habe von Dir nicht wirklich etwas anderes erwartet. Immerhin ist es mir gelungen, Dich ein wenig aus der Reserve zu locken ...Das aber schmälert meine Wertschätzung für Dich nicht im Geringsten, auch wenn das nicht auf Gegenliebe stößt.

Was ist so schwierig an dem Begriff Wahrhaftigkeit zu verstehen?

Zum Vestehen können gehört allerdings auch ein verstehen wollen .....

Auszug aus aus Wikipedia:

Wahrhaftigkeit ist eine Denkhaltung, die das Streben nach Wahrheit beinhaltet. Wahrhaftigkeit ist keine Eigenschaft von Aussagen, sondern bringt das Verhältnis eines Menschen zur Wahrheit oder Falschheit von Aussagen zum Ausdruck. [1] Die Wahrhaftigkeit kann falsche Aussagen nur durch einen Irrtum hervorbringen. Zur Wahrhaftigkeit gehört die Bereitschaft für wahr Gehaltenes zu überprüfen.

Wahrhaftigkeit bezeichnet das subjektive „Für-Wahr-Halten“ der eigenen Aussage in einem konkreten Kontext.

Für mich selber beinhaltet dieser Begriff noch viel mehr. Nämlich, das ich für mein Tun und Unterlassen verantwortlich bin. Aber das will ich nicht weiter vertiefen.

Philosophie, nein danke, Ethik nein danke, das habe ich schnell begriffen. Muß auch nicht, macht nichts.

Aber ohne den Anspruch einer wie immer gearteten Ethik können wir zukünftig keine Gesellschaft mit mehr Menschlichkeit gestalten.

Wie die aussehen mag, darüber ließe sich trefflich streiten.

Und Gelassenheit entsteht durch Loslasssen.

Deshalb lasse ich jetzt los.

Meine zutiefst humanistische Grundhaltung werde ich mir bewahren. Und ein politischer Mensch werde ich auch bleiben.

Wie sollen wir zu einer besseren Wahrheit kommen, wenn wir uns scheuen, die gegenwärtige Wahrheit anzunehmen und um eine neue Warheit zu ringen?

Wie wollen wir wieder zur gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Harmonie zurück finden, wenn wir die eigenen Fehler und Defizite nicht zur Kenntnis nehmen wollen, oder von Anderen nicht zur Kenntnis nehmen lassen?


Und zu guter Letzt, das Wort Ausländer existiert für mich nicht, denn ich bin und fühle mich als Weltbürger und somit Kosmopolit.

Und ich würde nicht einen Augenblick daran verschwenden, mir Gedanken darüber zu machen, was andere Menschen für Kleider bevorzugen. Heute sind es Kleider, morgen die Hautfarbe und übermorgen die Religion, die nicht in unser Weltbild passt. Das hatten wir doch alles schon mal.

Meinem Verständnis von Toleranz entspricht das nicht.

Flüchtlinge sind Menschen, die aus tiefster Not zu uns gekommen sind. Da ist es ein Gebot der Nächstenliebe, das wir Ihnen helfen und Sie nicht nur dulden. Und die Angst, das sie uns Arbeit oder was auch immer wegnehmen, ist völlig unbegründet. Allein schon deshalb, weil in Wirklichkeit die Hartz IV Empfänger insbesondere aber die Langzeitarbeitslosen, längst abgeschrieben sind.

Und der Begriff "Lohnsklaven" verrät auch viel.... über die geistige Gesinnung und Verwahrlosung unserer Gesellschaft.

Also schönen Abend noch....
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

TomL

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von TomL » 29.08.2016 22:02:29

hikaru hat geschrieben:Ich überanalysiere den Vergleich mal:
Nun ja, was mein Denken angeht, war diese Überanalyse unnötig. Sicher, mein Vergleich war möglicherweise ein bischen sehr erfindungsreich, oder auch gewagt, mag so sein. Und natürlich kenne ich auch den Grund (die männlichen Triebe) für die Burka... aber auch das war für mich in meinem phantasiereichem Vergleich eher irrelevant, da ja sogar im FKK-Camp kultivierte Männer ihre Triebe (anscheinend) im Griff haben. Für mich waren das ganz abstrakt einfach nur zwei diametral entgegengesetze Aspekte, völlig unberücksichtigt von den dahinter stehenden Motiven - also völlig unbekleidet vs. 100%-bekleidet. Beides erregt in gewisser Weise Aufsehen in der Öffentlichkeit.

Letztendlich gings mir dabei aber nur um diese eine für mich wichtige Kernaussage ist "Du glaubst gar nicht, wie unendlich groß mein Desinteresse daran wäre,...", was bedeutet, dass es mir absolut gleichgültig ist, wie sich jemand kleidet, ganz egal wie, nackig oder eben auch mit Burka oder Nikab..... sofern diese Kleidung nicht gleichzeitig eine Einstellung von Intoleranz bzw. Ablehnung der 'offeneren' Kleidung anderer oder sogar eine menschliche Abwertung gegenüber den anderen wenig-bekleideten beinhaltet. Was 'eine' andere (eben auch mal wenig) trägt oder eben nicht trägt, hat auch den Ehemann oder die Söhne der Burkatragenen Ehefrau nicht zu interessieren oder er hat schon mal gar nicht deshalb den anderen Menschen "niedriger" zu bewerten.

Ich bin der Meinung, dass ein Burka-Verbot hinsichtlich einer Neuausrichtung der persönlichen Einstellung der Betroffenen gar nichts bewirkt. Ein Verbot ändert kein generationen-altes tradtionelles Denken.... niemals in einer einzigen Generation in einer neuen Heimat innerhalb einer etablierten (größeren und gleichgesinnten) Gemeinde. Und wo gibts denn sowas überhaupt, dass der Staat vorschreibt, welches "Kleid" eine Frau in der Öffentlichkeit nicht tragen darf? Welches Verbot kommt dann danach?

maroc

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von maroc » 29.08.2016 23:05:32

Jana66 hat geschrieben:
Aber viele, auch und vor allem Regierung, Industrie und Lobbyisten und Berater denken etwas weiter: Viele der Flüchtlinge und deren Kinder werden durch den Staat, Jobcenter, Schulen, Ausbildungsbetriebe aus- oder weitergebildet - und treten morgen in den Konkurrenzkampf mit Deutschen um Arbeitsplätze und Lehrstellen (bzw. Leerstellen) ein. Wird die Bereitschaft, höhere REALLÖHNE - der Arbeitsproduktivität angemessen - zu zahlen, nicht unbedingt erhöhen. Ebenso nicht die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer bezüglich Lohn und Gehalt.
Ich glaube, diese Konkurrenzängste, dass die Flüchtlinge den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen oder die Löhne senken, sind weitgehend unbegründet. Zusätzlich geschürt vielleicht auch durch rechte wie linke Populisten, die hier ihre Chance wittern. Ich möchte nicht zu blauäugig und optimistisch klingen, aber die meisten Flüchtlinge, die zu uns kommen, sind doch unter 30 Jahre alt. So tragen sie in Wahrheit zur Schließung der demographischen Lücke bei, die durch die Überalterung der deutschen Bevölkerung entstanden ist. Sind sie erst einmal in den Arbeitsmarkt integriert, werden sie zur Entlastung des Rentensystems beitragen, worüber wir uns doch freuen sollten. Und bis es soweit ist, entstehen durch die Flüchtlinge übrigens auch neue Stellen für Deutsche – etwa in den Bereichen Betreuung, Versorgung und Sprachunterricht und meinetwegen auch bei der Polizei. :wink:

DeletedUserReAsG

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von DeletedUserReAsG » 30.08.2016 07:20:03

Ich glaube, diese Konkurrenzängste, dass die Flüchtlinge den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen oder die Löhne senken, sind weitgehend unbegründet.
Und doch wurden sie aktiv durch die Politik geschürt, indem das Märchen der zuwandernden Fachkräfte lanciert wurde.

BenutzerGa4gooPh

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 30.08.2016 09:47:37

maroc hat geschrieben:So tragen sie in Wahrheit zur Schließung der demographischen Lücke bei, die durch die Überalterung der deutschen Bevölkerung entstanden ist. Sind sie erst einmal in den Arbeitsmarkt integriert, werden sie zur Entlastung des Rentensystems beitragen, worüber wir uns doch freuen sollten.
Das ist ein sehr weites Feld, das du hier benennst:

Wieso existieren überhaupt Konkurrenzängste? Schon lange Mangel an bezahlbaren Wohnungen, Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Erhöhung notwendiger Staatsausgaben (20 Mrd/Jahr für die Neuen), kein Vertrauen in offizielle Aussagen und Vorbereitung der "Willkommenskultur", schneller Abschied von dieser.

Existiert überhaupt eine demografische Lücke? (Arbeitsproduktivität/Maschinen vs. Arbeitskräftebedarf, Auslagerung von Arbeitsplätzen und Produktion ins Ausland)

Ist die Finanzierung der Sozialsysteme durch wenige Beitragszahler (Privatversicherte sind ja ausgenommen) gerecht?

Ist bei unserer Arbeitsproduktivität, daraus resultierender Steuereinnahmen und den niedrigen Reallöhnen nicht eine zusätzliche Steuerfinanzierung der Sozialsysteme möglich und nötig? Würden dann indirekt alle zahlen! (Krankenversicherungsbeiträge für Arbeitgeber wurden übrigens eingefroren.)

Warum existiert eine angebliche "demografische Lücke"? Soziale Unsicherheit von Frauen und Familien? 2 NOTWENDIGE Hauptverdiener? Früher ging ein Mann arbeiten und die Familie konnte sich noch ein Reihenhäuschen leisten. Die DDR war ärmer und hatte diese angebliche Lücke nicht. Trotz 2 Hauptverdienern. Alleinstehende Mütter sind heutzutage voll benachteiligt!!!
maroc hat geschrieben:Und bis es soweit ist, entstehen durch die Flüchtlinge übrigens auch neue Stellen für Deutsche – etwa in den Bereichen Betreuung, Versorgung und Sprachunterricht und meinetwegen auch bei der Polizei. :wink:
Nur Ausgaben, keine Wertschöpfung. Na vielleicht irgendwann - so unsere immer produktiver werdenden Maschinen und die Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer eventuell noch zusätzliche Menschen brauchen. Glaube ich nicht. Trotz angeblicher demografischer Lücke gab und gibt es wohl genug Arbeitslosigkeit!

Des Weiteren mache ich mal eine Annahnme: Angenommen, in ein Dof von 100 Einwohnern ziehen 10 zu. Alle haben die gleiche Kriminalitätsrate (also pro Kopf). Absolut gesehen werden die Kriminalitätsfälle im Dorf um 10 Prozent steigen. Bei Zuzug von Menschen mit sozialen Problemen (geringen Einkommen) könnte die Kriminalitätsrate auch höher sein.

Also unbegründet sind Ängste nicht. Probleme in Wohngebieten existieren bereits: Lärm zu Unzeiten, Unsauberkeit/Müll, sexuelle Belästigung, Diebstahl, Sozialbetrug etc. Und mangelnde Betreuung/Kontrollen durch Landratsamt, Jobcenter, Kommunen. Die Probleme kenne ich von einer "menschlichen Primärquelle". Idealismus und Augenverschließerei sind etwas fehl am Platze. Die Menschen sind da und Probleme müssen genannt und menschlich aber ohne falschen Idealismus gelöst werden! Da haben wir wieder ein Problem: Wir konnten nicht mal vorher wesentliche, soziale Probleme lösen.

Die Berliner Erklärung ist das beste Beispiel für Populismus, Aktionismus, heiße Luft. Beruhigung der Stammtischgemüter und Ge-BILD-eten, Wahlkampf. Alle wussten vorher, dass sich das Meiste gar nicht durchsetzen lässt, nicht verfassungskonform ist, Beispiel Burkaverbot widerspricht dem Recht auf freie Religionsausübung. Angeblich sollen auch nur etwa 100 Frauen in Deutschland dieses elegante Teil tragen. Also man hat sich wieder mal ein absolut wichtiges, alle berührendes, dringend zu lösendes Thema ausgesucht. Erinnert mich an eine Heißluft-Diskusion über Kreuze in Schulen.

Mein Vertauen in die Problemlösungsfähigkeit der Regierung ist nicht so ausgeprägt. Beispiel Störerhaftung: Vollmundig angekündigt und nichts passiert. Mit etwas gutem Willen würde man die vollmundige, mediale Ankündigung als politische, die Ausführung als gestzgeberische Dummheit bezeichen, mit etwas weniger guten Willen als Unfähigkeit oder Angst vor den eigenen Bürgern! Hätte man wenigstens die mediale Ankündigung als nunmehr offensichtliche politische Dummheit weggelassen!
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 30.08.2016 12:03:32, insgesamt 4-mal geändert.

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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von ralli » 30.08.2016 10:40:20

Falsch! Es passiert nichts, was politisch nicht gewollt ist. Wenn soziale Probleme nicht angepackt oder ädäquat gelöst werden, ist der Umkehrschluß, das dieses politisch nicht gewollt und erwünscht ist. Ist doch ganz einfach, oder?
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

maroc

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von maroc » 30.08.2016 12:36:31

Jana66 hat geschrieben: Des Weiteren mache ich mal eine Annahnme: Angenommen, in ein Do[r]f von 100 Einwohnern ziehen 10 zu. Alle haben die gleiche Kriminalitätsrate (also pro Kopf). Absolut gesehen werden die Kriminalitätsfälle im Dorf um 10 Prozent steigen.
Mit solchen Milchmädchenrechnungen lassen sich Menschen natürlich schon durch ihre bloße Existenz kriminalisieren. Um bei Deinem Beispiel zu bleiben: In Wahrheit ist nach dem Anstieg der Einwohnerzahl des Dorfes nicht nur die Zahl der potentiellen Täter, sondern auch die der potentiellen Opfer um zehn Prozent gestiegen. Mathematisch betrachtet hat sich also das Risiko eines Dorfbewohners, Opfer von Kriminalität zu werden, durch den Zuzug der Neubürger nicht verändert.

Davon abgesehen stellst Du natürlich viele bedenkenswerte Fragen, auf die ich auch keine Patentantworten parat habe. Flüchtlinge und andere Randgruppen dürfen jedoch nicht (auch nicht indirekt) verantwortlich für gesellschaftliche und politische Fehlentwicklungen gemacht werden, deren Ursachen ganz wo anders liegen.

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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von hikaru » 30.08.2016 14:31:27

ralli hat geschrieben:Was ist so schwierig an dem Begriff Wahrhaftigkeit zu verstehen?
Dass da irgendwie das Wort "Wahrheit" mitschwingt, es aber nicht das selbe sein kann, denn sonst bräuchte man ja nicht zwei Begriffe.
ralli hat geschrieben:Auszug aus aus Wikipedia:

Wahrhaftigkeit ist eine Denkhaltung, die das Streben nach Wahrheit beinhaltet. Wahrhaftigkeit ist keine Eigenschaft von Aussagen, sondern bringt das Verhältnis eines Menschen zur Wahrheit oder Falschheit von Aussagen zum Ausdruck. [1] Die Wahrhaftigkeit kann falsche Aussagen nur durch einen Irrtum hervorbringen. Zur Wahrhaftigkeit gehört die Bereitschaft für wahr Gehaltenes zu überprüfen.

Wahrhaftigkeit bezeichnet das subjektive „Für-Wahr-Halten“ der eigenen Aussage in einem konkreten Kontext.
Mein Problem geht schon damit los, dass "Wahrheit" ohne Kontext nicht klar definiert ist.
In der Mathematik kann ich eine Gleichung der Form X+Y=Z aufstellen und je nachdem was ich da für Zahlenwerte einsetze kann ich hinterher eine klare Entscheidung treffen ob die Ausage der Gleichung wahr oder falsch ist.

Bei Allem was mit Menschen und ihren Moralvorstellungen zu tun hat funktioniert dieser deterministische Ansatz nicht. Du magst meinen, dass der Mensch von Grund auf gut ist, ich dagegen nicht. Und keiner könnte sich ein Urteil darüber erlauben, wer von uns beiden Recht hat.
Wenn es nur um mein eigenes Selbst geht, also um den Kontext den auch Bollnow benutzt, dann muss ich in Betracht ziehen, dass ich ein Produkt meiner Umgebung bin. Ich wurde von meinen Eltern erzogen, von meinen Lehrern gebildet und von vielen anderen Personen und Ereignissen geformt. Zu behaupten ich selbst handle wahrhaftig würde also bedeuten zu beurteilen, dass ich alle diese Einflussfaktoren abschätzen kann. Dieses Urteil traue ich mir nicht zu, denn ich kann nicht mit Sicherheit ausschließen, irgendeiner Propaganda oder Indoktrination aufgesessen zu sein die ich nicht als solche erkenne und die meine Wahrhaftigkeit kompromittiert.
ralli hat geschrieben:Für mich selber beinhaltet dieser Begriff noch viel mehr. Nämlich, das ich für mein Tun und Unterlassen verantwortlich bin. Aber das will ich nicht weiter vertiefen.
Schade! Gerade das fände ich interessant. Ich habe nämlich die Vermutung, dass deine ganz persönliche Definition von Wahrhaftigkeit eine Art von Gefühl oder Geisteshaltung ist, die sich wenn überhaupt, dann nur schwer in Worte fassen lässt. Gerade deshalb fände ich es interessant, wenn du es dennoch versuchst.
ralli hat geschrieben:Philosophie, nein danke, Ethik nein danke, das habe ich schnell begriffen. Muß auch nicht, macht nichts.
Ich habe nichts gegen Philosophie oder Ethik. Ich würde nur Mausfelds Thesen zunächst lieber auf einer psychologischen (vermeintlich rationaleren) Ebene diskutieren um sicherzustellen, dass alle über das Gleiche reden, bevor vielleicht alle aneinander vorbeiphilosophieren, weil jeder etwas anderes meint.

maroc hat geschrieben:Sind sie erst einmal in den Arbeitsmarkt integriert, werden sie zur Entlastung des Rentensystems beitragen, worüber wir uns doch freuen sollten.
Aber reicht denn die bloße Integration in den Arbeitsmarkt oder braucht es nicht auch eine Integration in die deutsche Gesellschaft?
Ich kenne viele Beispiele von Gastarbeitern, die zwar in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind, aber nicht in die deutsche Gesellschaft. Dabei geht es keineswegs nur um niederqualifizierte Tätigkeiten, sondern hauptsächlich um hochqualifizierte Akademiker verschiedener Nationalitäten. Die meisten davon können auch nach Jahren kein oder kaum Deutsch und leben gewissermaßen in "Akademikerghettos" in denen überdurchschnittlich viele ihrer Landsleute leben. Inzwischen gibt es sogar Zuzug von ebenfalls hochqualifizierten Akademikern in diese Ghettos, die sich aber auch kaum noch auf Englisch verständigen können, sondern nur in ihrer Muttersprache. Das funktioniert innerhalb der Parallelgesellschaft des Ghettos gut, aber außerhalb sind sie allein praktisch nicht mehr kommunikationsfähig. Da frage ich mich schon, wie die gesamtgesellschaftliche Perspektive aussehen soll.

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weshalb
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von weshalb » 30.08.2016 16:27:55

@maroc
Klar, Satire ist erlaubt, sollte jedoch auch einen wahren Kern enthalten. Für die von Dir suggerierte geplante Anwerbung von Flüchtlingen als, wie Du es zynisch ausdrückst, "billige Lohnsklaven" kann ich jedoch keine Anzeichen erkennen, vielmehr erscheint Deine Theorie mir im Licht der folgenden Fakten extrem unwahrscheinlich:
  • Asylbewerber unterliegen immerhin einem dreimonatigen Beschäftigungsverbot.
  • Die Beschäftigung von Flüchtlingen wird durch verschiedene Hürden oft erheblich erschwert: Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse gestaltet sich langwierig; Unternehmen, die Flüchtlinge einstellen möchten, sehen sich mit einem hohen bürokratischen Aufwand konfrontiert; die Unsicherheit über die Aufenthaltsdauer eines Flüchtlings (z. B. wegen drohender Abschiebung) verhindert oft eine Einstellung.
  • Bis Anfang August lag vor der Einstellung eines Flüchtlings zusätzlich die sogenannte Vorrangprüfung: Gab es passende deutsche Bewerber, lehnte die Arbeitsagentur im Allgemeinen die Einstellung eines Flüchtlings ab. Diese Regelung wird nun immerhin für 3 Jahre ausgesetzt.
  • Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt ist grundsätzlich schwierig und langwierig und erfordert kostenintensive Qualifizierungs- und Sprachförderungsmaßnahmen. Von billigen Lohnsklaven kann deshalb kaum die Rede sein.
  • Eine massenhafte Einstellung von Flüchtlingen durch die deutsche Industrie ist bislang nicht erkennbar. Eine Erhebung hat kürzlich ergeben, dass die 30 großen DAX-Unternehmen insgesamt nur 80 Flüchtlinge beschäftigen (davon allein 50 bei der Telekom).
  • Die Arbeitgeberorganisationen fordern von der Politik seit langem die gezielte Anwerbung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland, nicht jedoch ungelernter "Arbeitssklaven".
  • Dass Angela Merkel wegen des Massenandrangs über die Balkanroute die Grenze kurzfristig öffnete, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesregierung grundsätzlich dem weiteren Flüchtlingszuzug einen Riegel vorschieben will. Aus diesem Grund wurde ein tatsächlich schmutziger Deal nicht nur mit der Türkei abgeschlossen, sondern wird – weniger bekannt – ähnlich auch mit despotischen afrikanischen Unrechtsregimen angestrebt.
So gesehen beschreibt Deine Theorie wohl kaum die deutsche Wirklichkeit, sondern, sorry, vielleicht doch eher die in einem phantasierten Absurdistan.

Als Quelle zur Vertiefung einiger der o. g. Punkte verweise ich gerne auf einen Artikel, der auf ZEIT-Online erschienen ist.
Das gibt lediglich den bröckelnden Ist- Zustand wieder, der mit den Langzeitbestrebungen der Wirtschaft nichts zu tun hat und somit auch als Argument nichts taugt.

Zur Grenzöffnung kann es nur zwei Bestrebungen geben:

Entweder aus Humanismus, den ich bei den vielen Toten im Mittelmeer, der indirekten Unterstützung der Kriege durch legitimierte Waffenverkäufe, sowie der logistischen Wegbereitung (Ramstein) für Drohnenkriege in diesen Krisengebieten oder auch der nicht stattgefundenen milliardenschweren Unterstützung für kriegssichere Nachbarländer zur Flüchtlingsaufnahme nicht erkennen kann.

Oder eben wirtschaftlich, was man wiederrum mit den durch die Grenzöffnung eingeführten Schlagworten wie "demografischer Wandel" oder "Fachkräfte" und der Forderungen der Wirtschaft nur allzu gut erkennen konnte. Selbst im Jahre 2014 konnte man schnell erahnen, wohin die Reise geht:

http://www.rp-online.de/wirtschaft/unte ... -1.4762712

Sehr interessant auch folgende Forderungen:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/f ... -1.2708628
Wirtschaftsverbände fordern, den Mindestlohn für Flüchtlinge auszusetzen
http://www.mdr.de/nachrichten/kontakt/r ... it100.html
Das dürfen Flüchtlinge nach drei Monaten - solange kein Deutscher oder EU-Bürger den Job machen will. Nach 15 Monaten fallen diese Einschränkungen für Asylbewerber und Geduldete ganz weg.
Und dass es jetzt erstmal Probleme mit der tatsächlichen Verwertbarkeit der Migranten gibt, (bei einem Freund im Werk konnten nur 3 von 60 Flüchtlingen nach der Probe "eingegliedert" werden .....verdammt, was für ein Schlag für die Geschäftsleitung) Nun gut, Gier macht eben blind.

In dem von mir angesprochenen Kontext sehe ich deinerseits eher eine sehr schwache Argumentation, auch wenn es ein Ralli gerne als "Fakten von belegten Quellen" ansehen mag.

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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von ralli » 30.08.2016 17:08:23

hikaru hat geschrieben:Dass da irgendwie das Wort "Wahrheit" mitschwingt, es aber nicht das selbe sein kann, denn sonst bräuchte man ja nicht zwei Begriffe.
Wenn ich es richtig verstehe, ist für mich Wahrhaftigkeit eine personifizierte, individuelle Wahrheit, für deren Richtigkeit ich auch selbst gerade stehe. Es ist also eine konkrete Ausformung von Wahrheit und keine abstrakte Wahrheit, die ja mehr oder weniger als absolut angesehen wird. Hinter einer absoluten Wahrheit kann sich jeder verstecken, um unangreifbar zu sein. Bei der Wahrhaftigkeit handelt es sich zweifelsohne auch um eine Form der Wahrheitsliebe, die Verantwortlichkeit ausstrahlt und Glaubwürdigkeit erkennen läßt. Das ist jetzt aber alles von mir persönlich interpretiert. Ich ziehe den Begriff Wahrhaftigkeit vor, weil ich mich damit besser identifizieren kann. Über das Streben nach Wahrheit haben sich schon viel klügere Menschen Gedanken gemacht und den Kopf zerbrochen. Wahrhaftigkeit ist ein Eckpfeiler meiner Ethik, wie ich sie mir vorstelle und verstehe. Das muß keine Allgemeingültigkeit haben. Es wäre auch vermessen, wenn ich diesen Anspruch hätte.
hikaru hat geschrieben:Mein Problem geht schon damit los, dass "Wahrheit" ohne Kontext nicht klar definiert ist.
In der Mathematik kann ich eine Gleichung der Form X+Y=Z aufstellen und je nachdem was ich da für Zahlenwerte einsetze kann ich hinterher eine klare Entscheidung treffen ob die Ausage der Gleichung wahr oder falsch ist.
Die Begrifflichkeit der Wahrheit läßt sich nicht mit naturwissenschaftlichen Mehoden quantifizieren oder messen. Es gibt keine kleine oder große Wahrheit, weil Wahrheit den Anspruch erhebt, absolut zu sein. Das gilt auch für die Liebe, denn es gibt nicht die große Liebe, sondern Liebe wie auch Wahrheit ist allumfassend und deshalb ganzheitlich zu sehen.
hikaru hat geschrieben:Bei Allem was mit Menschen und ihren Moralvorstellungen zu tun hat funktioniert dieser deterministische Ansatz nicht. Du magst meinen, dass der Mensch von Grund auf gut ist, ich dagegen nicht. Und keiner könnte sich ein Urteil darüber erlauben, wer von uns beiden Recht hat.
Natürlich nicht, das habe ich ja gerade versucht verständlich zu machen. Und hier liegt ein Mißverständnis vor, ich meine nicht und habe dies auch niemals behauptet, das der Mensch von Natur aus gut ist. Er ist ebenso wenig böse. Er ist ..... und kommt (fast) als unbeschriebenes Blatt auf die Welt. Bitte nicht wieder auf die Goldwaage legen, es gibt auch Ausnahmen, die ich hier nicht abhandeln möchte.
hikaru hat geschrieben:"Wenn es nur um mein eigenes Selbst geht, also um den Kontext den auch Bollnow benutzt, dann muss ich in Betracht ziehen, dass ich ein Produkt meiner Umgebung bin. Ich wurde von meinen Eltern erzogen, von meinen Lehrern gebildet und von vielen anderen Personen und Ereignissen geformt. Zu behaupten ich selbst handle wahrhaftig würde also bedeuten zu beurteilen, dass ich alle diese Einflussfaktoren abschätzen kann. Dieses Urteil traue ich mir nicht zu, denn ich kann nicht mit Sicherheit ausschließen, irgendeiner Propaganda oder Indoktrination aufgesessen zu sein die ich nicht als solche erkenne und die meine Wahrhaftigkeit kompromittiert.
Das sehe ich für mich auch so. Wir nennen das Sozialisierung. Wir wurden auch von gesellschaftlichen Kräften konditioniert. Du scheinst eher ein Problem mit Deinem SELBST zu haben. Ist es jetzt schon fragwürdig und verwerflich, wahrheitsliebend, ein gesundes Gerechtigkeitsempfinden, glaubwürdig und am Ende auch noch eine ethische Gesinnung zu haben?

Solange Du Dich nicht von diesen von Dir angesprochenen Einflüssen emanzipiziert hast, wirst Du Recht haben. Aber das weiss nur Du alleine.

Wir sind auch als Erwachsene vielerlei Manipulationen ausgesetzt, nur können wir sie meist bereits schon durch unsere Lebenserfahrung erkennen und auch abwehren.

Und für alle die es nicht wissen, Du bist ja im Osten aufgewachsen. Allerdings gibt es hier im Westen dieselbigen Propagandamethoden, sie sind nur viel subtiler.
hikaru hat geschrieben:Schade! Gerade das fände ich interessant. Ich habe nämlich die Vermutung, dass deine ganz persönliche Definition von Wahrhaftigkeit eine Art von Gefühl oder Geisteshaltung ist, die sich wenn überhaupt, dann nur schwer in Worte fassen lässt. Gerade deshalb fände ich es interessant, wenn du es dennoch versuchst.
Und jetzt habe ich mich auch darauf eingelassen, davor drücke ich mich nicht. Natürlich ist das meine persönliche Definition, was denn sonst, schließlich bin ich ein Individuum und als solches einzigartig und unverwechselbar. Genormte Menschen hätten Politiker gerne, für mich wären sie ein Greuel. Und ich gehöre nicht dazu.

Und Ethik ist immer eine innere Geisteshaltung. Meine Vorbilder waren große Humanisten, von denen ich viel in Sachen Ethik gelernt habe.
hikaru hat geschrieben:Ich habe nichts gegen Philosophie oder Ethik. Ich würde nur Mausfelds Thesen zunächst lieber auf einer psychologischen (vermeintlich rationaleren) Ebene diskutieren um sicherzustellen, dass alle über das Gleiche reden, bevor vielleicht alle aneinander vorbeiphilosophieren, weil jeder etwas anderes meint.
Einverstanden! Ja, da sind wir leider ein wenig vom Weg abgekommen, denn ursprünglich ging es ja um Mausfeld und seine Thesen. Lass uns einen extra Thread dafür aufmachen, sonst wird es hier immer mehr off topic.

Und für alle Anderen, die es interessiert:

Ich werde mich bemühen, vorurteilsfrei und ergebnisoffen zu diskutieren.
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

TomL

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von TomL » 30.08.2016 19:39:29

Vielleicht enthält diese heutige Sendung auf Arte ein paar (hier fürs Forum neue) Antworten über die Ursachen, die zu den vielen Flüchtlingen geführt hat.... und vielleicht auch Erkenntnisse beim Vergleich der (anscheinend) tatsächlichen Geschehnisse im Vergleich zu dem, was uns die hiesigen Schlagzeilen-Medien (siehe Mausfeld) erzählen.

Von 9/11 zum Kalifat - Die geheime Geschichte des IS

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ralli
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von ralli » 31.08.2016 07:30:10

TomL hat geschrieben:Vielleicht enthält diese heutige Sendung auf Arte ein paar (hier fürs Forum neue) Antworten über die Ursachen, die zu den vielen Flüchtlingen geführt hat.... und vielleicht auch Erkenntnisse beim Vergleich der (anscheinend) tatsächlichen Geschehnisse im Vergleich zu dem, was uns die hiesigen Schlagzeilen-Medien (siehe Mausfeld) erzählen.

Von 9/11 zum Kalifat - Die geheime Geschichte des IS
Danke für den Tipp. Ich habe darauf hin meinen TV Plan geändert und mir die Sendung angeschaut. Mein Fazit kurz und bündig:

Ich bin schon etwas enttäuscht über die teils doch einseitige Berichterstattung. Das der amerikanische Imperialismus und damit auch der Irak Krieg eine Rolle spielt bei der Entstehung des IS und erst unfassbares Versagen der Politik zu dessen Aufschwung des IS beitrug, war mir nicht neu. Gerne aber hätte ich mehr über die Finanzierungsquellen des IS erfahren und über die Rolle, die Saudi Arabien in diesem Spiel spielt. Das aber wurde, und das scheint mir kein Zufall zu sein, willkürlich ausgespart.

Und jetzt werde ich mich dem Thema Mausfeld widmen und den neuen Thread, den ich heute eröffnen möchte, informativ vorbereiten, damit auch Unbedarfte wissen, um was es geht.
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

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Lofter
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von Lofter » 01.09.2016 13:32:05

Es ist aber leider immer wieder zu verfolgen, wie selbst bei den Sendern, wo man es EIGENTLICH nicht erwarten würde, immer mehr Dinge gesendet werden, die der Meinungsmache dienen, schlecht recherchiert oder schlichtweg falsch sind. Vielleicht auch bewusst schlecht recherchiert. Wer weiß das schon ...
Die hier genannte Doku habe ich aber nicht gesehen
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maroc

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von maroc » 01.09.2016 16:21:24

weshalb hat geschrieben:In dem von mir angesprochenen Kontext sehe ich deinerseits eher eine sehr schwache Argumentation, auch wenn es ein Ralli gerne als "Fakten von belegten Quellen" ansehen mag.
Für unsere unterschiedlichen Standpunkte verwenden wir (bzw. die von uns verlinkten Quellen) ironischerweise zu einem guten Teil die gleichen Argumente (Forderungen der Industrie nach ausländischen Fachkräften, aufwendige Integration in den Arbeitsmarkt ...). Nur interpretieren wir diese Fakten eben jeweils unterschiedlich. Wenn Du suggerierst, dass Deutschland den Syrienkrieg mit der Absicht befeuere, der deutschen Wirtschaft Flüchtlinge als billige Arbeitskräfte zuzuführen, so halte ich dies nach wie vor für eine absurde Stammtischthese, respektiere es aber als Deine Meinung.

Trotz dieser Differenz gebe Dir völlig recht darin, dass die deutschen Rüstungsexporte einen Schandfleck für unser Land und ein verabscheuungswürdiges moralisches Versagen darstellen. Nur leite ich daraus wohl eine andere Forderung ab als Du: Schließt die Grenzen für Waffen, öffnet sie für Menschen. Sind wir nicht geradezu verpflichtet, Menschen aufzunehmen, die u.a. auch durch unser politisches Versagen ihre Heimat verloren haben und unter den Kriegsfolgen leiden?

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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von ralli » 01.09.2016 16:24:47

Lofter hat geschrieben:Es ist aber leider immer wieder zu verfolgen, wie selbst bei den Sendern, wo man es EIGENTLICH nicht erwarten würde, immer mehr Dinge gesendet werden, die der Meinungsmache dienen, schlecht recherchiert oder schlichtweg falsch sind. Vielleicht auch bewusst schlecht recherchiert. Wer weiß das schon ...
Die hier genannte Doku habe ich aber nicht gesehen
Das ist mir in der Tat auch schon aufgefallen. Selber glaube ich da nicht an Zufälle. Diese Art der Berichterstattung ist ja eine veröffentlichte Meinung im Gegensatz zu der öffentlichen Meinung. Dies gilt es, auseinanderzuhalten. Außerdem galubt der Bürger wohl nur an das, an das er glauben will. Was er sich nicht vorstellen kann, findet für Ihn in seiner Welt und seiner persönlichen Wahrnehmung auch nicht statt. Leider sind viele zu unpolitisch oder haben längst innerlich emigriert, was hier im Lande abgeht.
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weshalb
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von weshalb » 01.09.2016 20:18:46

maroc hat geschrieben:
weshalb hat geschrieben: Wenn Du suggerierst, dass Deutschland den Syrienkrieg mit der Absicht befeuere, der deutschen Wirtschaft Flüchtlinge als billige Arbeitskräfte zuzuführen, so halte ich dies nach wie vor für eine absurde Stammtischthese, respektiere es aber als Deine Meinung.
Aua, das muss ja schon richtig weh tun, wenn ich sehe, was du bei mir herausgelesen haben möchtest
Schließt die Grenzen für Waffen, öffnet sie für Menschen.
Ja genau, und zwar in kriegssicheren und kulturähnlichen Nachbarländern. Das wirkt schädlichen Parallelgeschaften in anderen Kulturen entgegen und hilft später beim Wiederaufbau ungemein. Dahin können ruhig westliche Milliarden fließen und den Rest kann man in die hiesige Infrastruktur, wie Sozialpolitik und Bildung stecken.

TomL

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von TomL » 01.09.2016 21:10:32

weshalb hat geschrieben:Ja genau, und zwar in kriegssicheren und kulturähnlichen Nachbarländern. Das wirkt schädlichen Parallelgeschaften in anderen Kulturen entgegen und hilft später beim Wiederaufbau ungemein. Dahin können ruhig westliche Milliarden fließen und den Rest kann man in die hiesige Infrastruktur, wie Sozialpolitik und Bildung stecken.
Es wird immer von Fluchtursachen gesprochen.... und m.E. wird dabei in unseren Medien suggeriert, dass den Fluchtursachen immer landesinnere Angelegenheiten im Land der Flüchtenden zugrunde liegen .... z.B. jetzt der Krieg gegen den IS, das Bombardement der Russen zur Unterstützung der Syrer gegen andere Syrer, oder die Türken mit den Kurden, ebenfalls in Syrien. Das stimmt meiner Meinung aber nicht, alle Konflikte im Nahen Osten und auch in anderen Teilen der Welt sind von außen forciert - seit dem Sykes-Picot-Akommen, oder erneut 1953 im Iran, und danach immer wieder. Einen Teil der Gründe für dieses unerträgliche Leid kann man beim Lesen dieses Artikels erahnen:
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten ... n-abgrund/
... in dem dieser eine Satz besonders bemerkenswsert ist.
Dem Bericht zufolge stellte die „allmähliche Erschöpfung kostengünstiger mineralischer Bodenressourcen (…) eine ernsthafte Bedrohung für die Zukunft des Wohlstands und des Wirtschaftssystems dar.“
Es geht immer nur um Rohstoffe, um Öl, um seltene Erden, Erze, Edelmetalle, Diamanten.... keine Ahnung, was die weltweit agierenden Konzerne noch so alles aus der Erde der okkupierten Länder herausholen und dort quasi stehlen. Ich verstehe das so, dass für unseren Wohlstand die Menschen der ausgeraubten Länder leiden und sogar sterben müssen. Natürlich, wir müssen den Flüchtlingen helfen, wir sind für deren bisheriges Leid ursächlich verantwortlich, also müssen wir zwingend helfen. Aber nicht hier in der EU, sondern jeweils in ihrer eigenen Heimat.... und zwar daduch, dass wir jedem Land der Erde das Recht zugestehen, seine eigenen Geschichtsbücher zu schreiben. Das heisst, wir müssen von dort rigoros umd vollständig verschwinden und damit aufhören, mit Raub und Mord diese Länder zu plündern. Und wir müssen solche Geschäftspraktiken verhindern, dass Konzerne wie z.B. Nestle beim weltweiten Wasserraubbau die gesamte Finanzmacht des Konzerns nutzt, um Wasservorräte (immer nur besondes "gutes" Wasser) über das erzwungene Ändern von Gemeindesatzungen raubbaumäßig stehlen zu können. Oder das Rheinmetall 5 Milliarden Gewinn mit Waffenverkäufen erwirtschaftet. Oder das andere Konzerne in Afrika von den gerade amtierenden örtlichen Lokalfürsten langfristige Knebelpachtverträge für Ländereien zu Spottpreisen und zur späteren Gewinnung von Bodenschätzen abschließen. Soweit der moralische Aspekt meiner Gedanken....

Und nun die andere Seite der Medaille.....bzw. die daraus resultierende Frage: Wollen wir, dass unser Wohlstand wegbricht, wenn wir (westliche Nationen) mit Raub und Mord und Plündern aufhören würden, obwohl das seit jeher zur menschlichen Geschichte gehört? Der Mensch ist ein Raubtier und Fleischfresser, vor Jahrunderten hat man sich beim Vieh noch entschuldigt, wenn es geschlachtet wurde. Heute haben wir den Tiermord industrialisiert und automatisiert. Vor Jahrhunderten wurden "die anderen" mit Schwert und Bogen, Keule und Axt überfallen und umgebracht... und nicht selten hats genügend Tote auch bei den Räubern gegeben. Heute haben wird das Morden ebenso wie das Schlachten industrialisiert, automatisiert, anonymisiert und als Massenwirksam etabliert, wie ein Videospiel digitalisiert, fast immer gefahrlos und ohne eigene Opfer. Und unsere Medien schaffen mit der Dämonisierung des "Gegners" die moralische Grundlage für den Raubmord. Sind wir bereit, unseren Wohlstand und Luxus zu gefährden und gegebenfalls Einschränkungen (wie z.B. Arbeitslosigkeit bei Rheinmetall, wenn die nicht mehr verkaufen dürften) in Kauf zu nehmen. Oder wenn bei Nestle der gewaltige Firmenzweig der Flaschenwasser-Produktion wegfällt, weil deren Wasserdiebstahl unterbunden wäre? Oder in der Elektronik, wenn auf einmal nur noch alle 5-6 Jahre ein neues Handy drin sitzen würde, weil eben die seltenen Erden ganz regulär für teures Geld naturschutzgerecht gekauft werden müssten?

Ich habe bei diesen Fragen keinen Zweifel. Unsere westlichen Nationen sind Raub-Mord-Nationen.... und das nur zur Aufrechterhaltung unserer Wirtschaftsysteme und für den Profit.... und meiner Meinung nach gehören die verantwortlichen deshalb vor ein internationales Gericht mit der Anklage "Unsägliche Verbrechen gegen die Menschlichkkeit".... Politiker ebenso wie Wirtschaftsbosse. Wir müssen raus aus diesen Ländern und sie sich selbst überlassen. Sicher wird es dann dort noch eine Zeit des Leids und des Elends geben. Es mag Jahre dauern, aber ich bin sicher, dass auch diese Länder irgendwann wieder stabile Strukturen und inneren Frieden aufbauen können.... wenn wir das nur zulassen würden.

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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von weshalb » 01.09.2016 23:07:51

@TomL

Dem stimme ich im Großen und Ganzen zu. Jedoch sollte man dabei den uralten und schon immer kriegerischen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten, bzw. die Bekämpfung der islamischen Strömungen untereinander nicht außer Acht lassen. Ich erinnere mich auch noch sehr gut daran, als in Syrien sogn. islamische Rebellen (Sunniten) aus den Wohngegenden heraus die Alawiten (die Regierung ist ja bekanntlich alawitisch) beschoss. Diese schoss zurück und rate mal, wer hier plötzlich und völlig undifferenziert in Massen als hilfebedürftiger Flüchtling chauffiert wurde?


https://de.wikipedia.org/wiki/Alawiten

Die Alawiten im syrischen Staat

..........................1973 wurde auf Druck der orthodoxen Rechtsgelehrten und der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit ein Paragraph in die syrische Verfassung eingefügt, der das Bekenntnis des Präsidenten zum Islam obligatorisch machte. Hafiz al-Assad hat dem durch demonstrative Teilnahme am islamischen Kultus entsprochen und in seinen Reden versucht, nachdrücklich seine Zugehörigkeit zum Islam zu unterstreichen, da die orthodox-sunnitische Propaganda unter Berufung auf mittelalterliche Sektenbücher den nusairischen Glauben als häretisch, ja unislamisch zu verketzern bemüht war.[28] In den 1980er Jahren forderten in Syrien Vertreter der sunnitischen Opposition auf Grundlage des religiösen Gutachtens von Ibn Taimīya die Liquidation der Alawiten.[29].......................


Nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs

Nach den Zusammenstößen zwischen alawitischem Regime und sunnitischer Opposition in den frühen 1980er Jahren wurde das Sprechen über religiöse Zugehörigkeiten in Syrien weitgehend tabuisiert. Dies änderte sich nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs Anfang 2011. Die Bürgerrechtlerin Loubna Mrie bekannte sich bei Reden auf regimefeindlichen Demonstrationen zum Beispiel offen zu ihrer alawitischen Religionszugehörigkeit.[30] Zu einer neuen Verschärfung der Gegensätze zwischen Sunniten und Alawiten, die auch internationale Wellen schlug, kam es im Frühjahr 2013, als die syrische Armee zusammen mit Kämpfern der schiitischen Hisbollah-Miliz eine Offensive startete, um die von Aufständischen gehaltene Stadt Kusseir zurückzuerobern. Bezugnehmend auf diese Ereignisse, rief der qatarische Fernsehprediger Yusuf al-Qaradawi am 31. Mai 2013 in einer Freitagspredigt zum Kampf gegen Assad und seine „nusairische Gruppe“ (fīʾatu-hū) auf. Hierbei verwies er auf das Gutachten von Ibn Taimīya, wonach die Nusairer „ungläubiger als Juden und Christen“ (akfar min al-Yahūd wa-n-Naṣārā) seien.[31]

Im August 2013 kam es nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zu einem Massaker an Alawiten in der Umgebung von Latakia. Kämpfer der islamistischen Aufständischen-Organisationen al-Nusra-Front, Islamischer Staat im Irak und der Levante, Ahrar al-Scham, Jaish al-Muhajireen wal-Ansar und Suquor al-Izz griffen demnach am 4. August 2013, dem ersten Tag des Fests des Fastenbrechens, zehn alawitische Dörfer an, töteten mindestens 190 Zivilisten (davon mindestens 67 hingerichtet oder rechtswidrig getötet) und nahmen über 200 (hauptsächlich Frauen und Kinder) als Geiseln.[32].
Dass sich der Westen in diese religiösen Konflikte einmischt, ist ganz klar eine Katastrophe und ja, ich halte den Westen für den größten Kriegstreiber auf dem Planeten. Ich frage mich nur, wie hoch das Potenzial ist, dass diese Konflikte auch hier entstehen können. Nicht Heute, nicht Morgen, aber was ist in zwei Generationen?

geier22

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von geier22 » 01.09.2016 23:31:08

Zu deiner Beschreibung der Lage ist an sich nichts mehr hinzuzufügen.
TomL hat geschrieben: Und nun die andere Seite der Medaille.....bzw. die daraus resultierende Frage: Wollen wir, dass unser Wohlstand wegbricht, wenn wir (westliche Nationen) mit Raub und Mord und Plündern aufhören würden, obwohl das seit jeher zur menschlichen Geschichte gehört?
Aber um diese Frage drückst du dich herum, sie zu beantworten.

Nein - wir wollen es nicht und brauchen es auch nicht.
http://de.statista.com/statistik/daten/ ... seit-2004/:
Zum Ende des Jahres 2013 belief sich das Geldvermögen der Privathaushalte in Deutschland auf eine Summe von insgesamt knapp 4,9 Billionen Euro. Zehn Jahre zuvor lag das Geldvermögen der privaten Haushalte bei rund 3,7 Billionen Euro.
aus Inequalitics :

Bild

Genau hinsehen: bei der Rechten Pyramide gibt es ganz unten noch ein winziges 0,1 %
Den Schluß daraus überlasse ich jedem selber.

geier22

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von geier22 » 01.09.2016 23:44:50

weshalb hat geschrieben: Dass sich der Westen in diese religiösen Konflikte einmischt, ist ganz klar eine Katastrophe und ja, ich halte den Westen für den größten Kriegstreiber auf dem Planeten. Ich frage mich nur, wie hoch das Potenzial ist, dass diese Konflikte auch hier entstehen können. Nicht Heute, nicht Morgen, aber was ist in zwei Generationen?
Ich glaube nicht an religiöse Konflikte. Es ist immer so gewesen, daß die Religion als Vehikel einer Interessensgruppe dafür herhalten mußte, Machtinteressen zu verschleiern. Darüber hinaus ist es in letzter Zeit hinreichend belegt, daß - egal welche Konflikte man als Beispiel in den Letzten Jahren nimmt - die Großmächte, allen voran die USA und neuerdings verstärkt auch die EU, die Anzünder jedweder Auseinandersetzung waren.
Nein ich habe keine Lust das jetzt hier zu belegen - dafür gibt es genügend Hintergrund im Netz.
Was uns in der Zukunft für die "Verteidigung des Christentums"bevorsteht, ist hier schön beschrieben:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59430
Der Hintergrund für die Berliner Erklärung:
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59424

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weshalb
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Re: Berliner Erklärung

Beitrag von weshalb » 02.09.2016 08:04:12

geier22 hat geschrieben:
weshalb hat geschrieben: Dass sich der Westen in diese religiösen Konflikte einmischt, ist ganz klar eine Katastrophe und ja, ich halte den Westen für den größten Kriegstreiber auf dem Planeten. Ich frage mich nur, wie hoch das Potenzial ist, dass diese Konflikte auch hier entstehen können. Nicht Heute, nicht Morgen, aber was ist in zwei Generationen?
Ich glaube nicht an religiöse Konflikte.
Der, der dafür kämpft bzw, dafür lebt, schon. Und dabei ist es völlig egal, ob es Hintermänner in Saudi Arabien oder in der deutschen Salafistenszene gibt. Die Gefahr besteht, egal ob jetzt Stuhlkreise errichtet werden oder nicht. Und möchtest du tatsächlich die Ablehnung von sogn. "Ungläubigen", was ein vernünftiges Miteinander ja unmöglich macht, immer irgendwelchen Hintermännern anlasten?

geier22

Re: Berliner Erklärung

Beitrag von geier22 » 02.09.2016 09:01:22

weshalb hat geschrieben:Und möchtest du tatsächlich die Ablehnung von sogn. "Ungläubigen", was ein vernünftiges Miteinander ja unmöglich macht, immer irgendwelchen Hintermännern anlasten?
Ja - es sind nicht "irgendwelche Hintermänner" sondern schlicht und einfach die jeweils herrschende Klasse.

Wie war das nochmal mit der Judenverfolgung und den heute noch existierenden Ressentiments?
Gab es da nicht auch den Rassenwahn, der sich nicht nur gegen Juden richtete? der Untermensch)
Wie ist das jetzt mit der Verteufelung des Islams ?
Die sog. religiösen Konflikte kann man getrost auch auf ethnische Konflikte ausweiten. Paradebeispiel ist der Zerfall Jugoslawiens nach Titos Tod,
der ganz gezielt von der EU und den USA betrieben wurde, und in fürchterlichen Gemetzeln endete.
Das ging ja soweit, daß die UCK, eine der größten Drogenhändlerringe der Welt, als Freiheitsbewegung herhalten mußte.
Ich will mal Karl Marx etwas länger zitieren:
Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen, das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.
Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks: Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.
Deshalb sind Auswüchse - gleich welcher Art und religiöser Herkunft - aus meiner Sicht zu bekämpfen- auf keine Fall zu dulden. Wenn man trotzdem aus den von Marx genannten Gründen Religionsfreiheit gewährt (Auch ein Muslim soll träumen können), so hat das seine Grenzen, wenn er sich nicht an das in einem Land geltende soziale Umfeld anpassen will. Zumal Verschleierung nicht das geringste mit dem Islam zu tun haben. Kopftücher tragen viele, wogegen nichts zu sagen ist.

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