scientific hat geschrieben:Seit ich beruflich jetzt intensiver mit Microsoft-Produkten zu tun habe, wird mir erst bewusst, wie die das bei Microsoft umsetzen, dass IT-Dienstleister die Möglichkeit bekommen, mit MS-Produkten Geld zu verdienen. Ein Update verkutzt sich und setzt den Rechner außer Gefecht. Der IT-Dienstleister muss zum Gerät fahren... Zurücksetzen auf einen früheren Wiederherstellungspunkt (Dauert ~1 Stunde), Updates downloaden und installieren (dauert so 2-3 Stunden - wenn alles gut geht). Der IT-Dienstleister sitzt am Gerät und darf Daumen drehen... oder so tun, als sei er beschäftigt.
Mit An- und Abreise wird dem Kunden dann 5-6 Stunden a 60-120€ verrechnet.
Natürlich ist das so. Mit zuverlässiger Software verdient man kein Geld. Und mit all diesen Milliarden die Microsoft inne hat, könnte man nahezu perfekte Qualitätskontrollen fahren, ist aber offenkundig nicht erwünscht. Ein Windows muss Fehler haben, da muss es immer Probleme geben, sonst ist das gesamte extrem lukrative Ökosystem gefährdet, an dem Microsoft prächtig mit verdient. Das ist vergleichbar mit unserer Situation in Deutschland. Denn gesunde Menschen sind schlecht fürs wirtschaftliche Wachstum, aber schiebst deinen Kindern pro Tag etliche BigMacs in den Rachen, dass ist gut fürs Wachstum, und nebenbei hast wieder einen Impuls für die Gesundheitsindustrie.
scientific hat geschrieben:Auf meinem Debian geht ein Update schief. Ich boote in den btrfs-Snapshot vor dem Upgrade (Dauert auf der SSD ca. 40 Sekunden). Ich spiele das Update erneut ein, nachdem ich im journal versucht habe herauszufinden, was der Fehler war. Dauert je nach Geschwindigkeit der Internetleitung und Platte wenige Sekunden bis Minuten.
Zugegeben, ich hatte dieses Szenario genau ein einziges Mal in 9 Jahren. Debian Testing auf einem älteren Gerät, und die nvidia-Karte wurde von der neuesten Treiberversion nicht mehr unterstützt, und der letzte Treiber, der die Karte unterstützt hat, war nicht mehr im Repo... Und zugegeben... das war vor btrfs...
Bei Debian sind mir - bis auf das eine Mal - noch nie Updates so missraten, dass ein Zurücksetzen notwendig war. Und selbst das wäre nicht notwendig gewesen, wenn ich die Releasenotes zum nvidia-Treiber gelesen hätte... dann hätt ich das Paket einfach auf hold setzen können.
Mit Windows hatte ich das Problem misslungener Updates im letzten Jahr ~10 Mal...
Das mit Windows kann ich voll und ganz nachvollziehen, inkl. der zahllosen privaten Einsätze, um Windows-Installationen wieder mal zu retten. Von den Leuten denen Ich Debian schmackhaft machen konnte über die Zeit, hörte ich abgesehen von anfänglichen Fragen nahezu überhaupt nichts mehr. Nur noch selten wenn es um etwas Komplexeres geht.
Aber selbst ist es mir unter Debian noch nie untergekommen, dass Updates/Upgrades ein versautes System zurück ließen. Ich meide ohnehin strikt diesen ganzen proprietären Kram, der vielfach nur wirkt, als hätte man sein System mit etwas Unkontrollierbarem infiziert. Ohne all das läuft ein Linux-System nahezu immer einwandfrei. Wenn es früher Probleme gab, waren es so gut wie immer die proprietären Pakete, wie bspw. Grafiktreiber und Dergleichen, oder schlicht exotische Hardware für die ausschließlich Windows-Treiber existierten. Aber sonst gingen sämtliche restlichen Probleme zu 100% auf meine Kappe.
Und in der Anfangszeit gab es da schon so manche dumme Aktion, die wahlweise eine Installation oder bereits installierte Installationen restlos ins Nirvana befördert hat.
Beispielsweise wollte Ich damals erstmals mein Debian in mehrere Volumes aufsplitten, und meinte es wohl zu gut mit den Mointpoints, und gab ausgerechnet /var ein noexec, was unmittelbar am Anfang der Grundsystem-Installation zu einem Debootstrap-Error führte. Ziemlich ungünstig wenn dann unter /var, sämliche heruntergeladenen Installationspakete nicht mehr korrekt ausgeführt werden können.
Besonders grandios waren die Anfänge beim Shellscripting. Da kommt es wirklich gut, wenn man beliebige Shellscripte seelenruhig mit Rootrechten ausführt.
Und das kommt noch viel besser, wenn in einem Shellscript eine Kommandozeile ala
rm -rf $VAR/* sitzt, und genau diese Variable aufgrund eines dummen Designfehlers immer leer ist.
Aber immerhin war es sehr lehrreich, und zeigt deutlich, dass einem unter Linux viel Macht gegeben wird, und Linux nicht dafür designt wurde um Dummheiten zu verhindern.
scientific hat geschrieben:Ich möcht noch zum Vorposter ergänzen:
WinXP und Win7 sind insoferne großartige Betriebssysteme, weil darauf Programme laufen, von denen viele Menschen denken, dass sie sie benötigen (Photoshop ist ein oft genannter Kandidat), die auf Linux nicht oder nur schlecht laufen. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, macht diese OS aber nicht zu großartigen Systemen. Wenn das System so großartig wäre, dann wäre der Updatezirkus nicht so ein ausgemachter Topfen. Wenn das System so großartig wäre, dann müsste ich nicht Stunden um Stunden jedes Jahr verbraten, meine Anwendersoftware aktuell zu halten...
Aber ja, es läuft darauf Software, die auf Linux nicht läuft...
Ich finde das ohnehin immer lustig, wie derartige Programme von vielen Leuten als unverzichtbar dargestellt werden. Und siehst was sie tatsächlich damit machen, hättest denen genauso gut IrfanView oder Gimp in die Hand drücken können. Aber Photoshop muss es sein, und das gibt es ja nicht unter Linux, weshalb Linux nur Müll wäre und Windows das Beste überhaupt.
Aber eines ist definitiv wahr, nämlich das gewisse Alleinstellungsmerkmale nicht bedeuten, dass das darunterliegende Betriebssystem automatisch hochwertiger ist. Da fallen mir auch wieder so typische Argumente ein wie: "Was nichts kostet ist auch nichts", oder "Das Betriebssystem wäre grundsätzlich egal, es ginge immer nur um die Anwendungssoftware". Nun ersteres wäre mit Linux schon mal effektiv widerlegt. Doch wenn das Betriebssystem egal ist, ist einem automatisch auch egal, was mit dem Ast passiert auf dem man sitzt. Dann werden diese Leute wohl auf die harte Tour lernen müssen.
Und was ich schon für Zeit unter Windows verbraten habe, ob nun privat oder auswärts, kann mit nichts aufgewogen werden. Doch vergleiche ich das mit der Zeit die ich benötigt habe, um ordentlich mit Linux klar zu kommen, so war das nichts im Vergleich dazu. Es gab sogar mal eine Zeit, da war ich allen Ernstes ein stolzer Windows-Nutzer, und hab sogar Linux-Nutzer belächelt oder gar verhöhnt. Hätte nie damit gerechnet, dass sich das einmal vollständig umkehren würde, weil Linux mit der Zeit schlicht überzeugt hat, und ich mir eingestehen musste, wie massiv die Missstände unter Windows doch sind. Und kaum wechselt man die Plattform, löst sich Vieles in Wohlgefallen auf. Hab seither nur dazugewonnen, und nichts mehr vermisst.
scientific hat geschrieben:Vielleicht wärs ja mal ein Ansatz, die ganze Manpower, die in Distributionen fließt in die Verbesserung der Anwendersoftware zu stecken... Wieviele Millionen Stunden werden jährlich in der Linux-Szene wohl verbraten, um die x-te Desktopumgebung auf Basis von Gnome zu gestalten. Wieviele Stunden für ein weiteres Gnome-Derivat? Und derweil plagt sich offenbar ein einziger an Gimp herum... Und Ardour scheint immer noch keine Alternative zu den Steinberg-Produkten zu sein... Und Libreoffice hat auch noch jede Menge Bugs und Feature-Wünsche... Ja ich sehe in der Opensource-Szene durchaus Aufhol- und Konzentrationsbedarf. Und Dank Google wurde in den letzten Jahren einge ganze Menge kritischer Bugs in FOSS gefunden und gefixt. Wie heißts in der Baumarktwerbung "Es gibt viel zu tun". FOSS am Desktop sind wie die Grünen in Österreich... jede Menge Potential, aber nie gelingts, dieses Potential auch zu realisieren.
lg scientific
Hier kann ich teilweise zustimmen. Es gibt nun mal manche Bereiche, wo wirklich viel Energie verschwendet wird. Doch angesichts von GNOME 3, war Mate und Cinnamon nur logisch und berechtigt.
Doch auch was bspw. den Support für Architekturen angeht, würde ich viele gänzlich entsorgen, die schon wirklich keine große Relevanz mehr haben. Insbesondere die 32-Bit-Architektur gehört nach über 10 Jahren der 64-Bit-Architektur-Präsens nun wirklich beerdigt. Aber Ardour gefällt mir an sich. Ist kaum zwei Wochen her, da hat sich einer über diese Empfehlung richtig gefreut, der nun professionell damit arbeitet. An sich ist LibreOffice auch solide, und weit von den gravierenden Fehlern eines MS-Office entfernt. Generell ist es aber zu begrüßen, dass Fehler ausgemerzt werden, und nachhaltig an präventiven Lösungsansätzen gearbeitet wird. Gerade Neuerungen wie Flatpak, Systemd und Wayland gehören dazu, wie auch nette Programme wie Firejail, die auf denselben Kernel-Funktionen aufbauen wie LXC oder Systemd. Auch das Kernel-Self-Protection-Project trägt seit einiger Zeit dazu bei, den Mainline-Kernel mittels GrSecurity-Technologien zu verbessern. Zwar langsam aber alles entwickelt sich zum Besseren.