Basisdemokratische Partei / würdige Nachfolge für "Piraten"?

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maroc

Re: Basisdemokratische Partei / würdige Nachfolge für "Pirat

Beitrag von maroc » 07.04.2017 11:12:51

Jana66 hat geschrieben:War Sarkasmus oder Zynismus, deshalb der Grins-Smiley.
Na, dann bin ich beruhigt. Für Zynismus/Sarkasmus habe ich manchmal tatsächlich so etwas wie einen blinden Fleck ...
Jana66 hat geschrieben:Wir regen uns über andere Mentalitäten auf (China, Saudi Arabien), von dort kommen jedoch kaum Fluechtlinge.
Gegen die chinesische Mentalität habe ich überhaupt nichts, wohl aber gegen die dortige Todesstrafe. Zwischen beidem, Hinrichtungen und "Volksseele", kann ich keinen unauflösbaren, schicksalshaften Zusammenhang erkennen. Wenn Länder wie Albanien, Ruanda oder Kambodscha die Abschaffung der Todesstrafe hinkriegen, sollte das auch China möglich sein, und den USA natürlich auch. Angepasste Bürger (und das meine ich nicht abfällig) können in China im Allgemeinen ein angenehmes und nach außen hin "normales" Leben führen, unbehelligt von Verfolgung oder Menschenrechtsverletzungen. Ob und wie viele Menschen aus einem Land fliehen, hängt wohl von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab. Warum kommen beispielsweise nach wie vor nicht wenige Flüchtlinge aus dem Iran zu uns, dagegen kaum welche aus Saudi-Arabien – beides Länder mit einer grauenhaften Hinrichtungsbilanz? Mein Wissen reicht nicht aus, um das schlüssig zu beantworten. Die Zahl der Flüchtlinge taugt jedenfalls kaum als alleiniger Gradmesser für die Beurteilung der Menschenrechtslage in einem Land.
Jana66 hat geschrieben:Und deutsche Soldaten töten im Ausland selbst oder leisten Aufklärungsarbeit dazu. An Oberst Klein erinnerst du dich?! Alles ungestraft, alles staatlich organisiert, demzufolge wohl verfassungskonform. Sonderlich zivilisierter kommen Soldaten aus Auslandseinsätzen kaum heim. Ich bin gegen Todesstrafe und Auslandseinsätze, fordere konsistentes Denken und Handeln und Beurteilungen anderer. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. :wink:
Deutsche Waffenexporte und militärische Auslandseinsätze lehne ich genauso entschieden ab wie Du, aber das Thema war China und die Todesstrafe, und die ist in Deutschland glücklicherweise angeschafft. Muss ich, wenn ich etwas in einem Land (hier: China) verurteile, jedesmal gleich reflexhaft und pflichtschuldigst die Vergehen anderer Länder (hier: Deutschlands) aufzählen? Dein korrektes Gefühl für transnationale Ausgewogenheit und Gerechtigkeit ehrt Dich ganz bestimmt. Im Ergebnis haftet diesen "Aufrechnungen" aber, finde ich, leicht etwas Relativierendes, ja fast schon Apologetisches an (letzteres natürlich ungewollt).

Und danke für den Hinweis zur hessischen Verfassung! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir dieses "Kuriosum" bislang unbekannt war, obwohl ich selbst viele Jahre in Hessen gelebt habe.

maroc

Re: Basisdemokratische Partei / würdige Nachfolge für "Pirat

Beitrag von maroc » 07.04.2017 11:55:37

@hikaru
Deinen Einwänden zu meinen Auslassungen kann ich fast in Gänze zustimmen. Meine (vorletzte) Erwiderung auf Jana war sicher bewusst salopp gehalten und zugespitzt formuliert und als solche auch angreifbar.
hikaru hat geschrieben:Ob so eine Verfassung dann etwas "taugt" ist ein Werturteil, und damit abhängig von den moralischen Vorstellungen des Beurteilenden.
Jemand der andere Moralvorstellungen hat als du, muss nicht zum selben Urteil bezüglich der "Tauglichkeit" kommen.
Einzig Deinen rigorosen moralischen Relativismus kann ich mir nicht zu eigen machen. Ich glaube an einen Kern universell gültiger Menschenrechte und folge hiermit etwa auch Immanuel Kant. Aber das wurde, glaube ich, schon im legendären "Lämmer-Thread" diskutiert. :wink:

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Re: Basisdemokratische Partei / würdige Nachfolge für "Pirat

Beitrag von hikaru » 07.04.2017 13:01:51

maroc hat geschrieben:Ich glaube an einen Kern universell gültiger Menschenrechte und folge hiermit etwa auch Immanuel Kant.
Da sind wir nah beieinander. Der wesentliche Unterschied besteht vermutlich nur in der Bedeutung, die wir den ersten beiden Worten deines Zitats zuschreiben. ;)

BenutzerGa4gooPh

Re: Basisdemokratische Partei / würdige Nachfolge für "Pirat

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 07.04.2017 13:06:57

hikaru hat geschrieben:Schade! Ohne zu klären, worüber man überhaupt redet, ergeben Diskussionen weder Sinn, noch machen sie Spaß.
"zeitgemäß" ist auch nur ein Buzzword, das ohne nähere Erläuterung keine Bedeutung hat. Ich habe keine Ahnung, in welche Richtung du die katholische Kirche verändert sehen willst. Daher kann ich auch keine Aussage darüber treffen, ob ich das für realistisch halte.
Na ja, das war auch eher eine historisch-theoretische Frage zur Anregung einer Diskussion, ob und inwiefern sinnvoll Organisationen verändert oder reformiert werden können. Deshalb meine "Extrembeispiele" (einschließlich NSDAP) und das absichtliche Offenlassen der Details. Grund war eigentlich die von inne und guennid indirekt aufgeworfene Frage nach Sinnhaftigkeit der Neugründung einer Basisdemokratischen Partei vs. "Reformation" vorhandener.
hikaru hat geschrieben:China ist nicht so von Individualismus geprägt wie der Westen. Dort hat das Wohl der Gemeinschaft/des Staates einen ganz anderen Stellenwert. Das soll nicht heißen, dass es Chinesische Arbeiter ok fänden, unter sklavenartigen Bedingungen zu leben, aber wenn es zum Erfolg Chinas beiträgt, dann lässt sich dieses Opfer für den Einzelnen einfacher ertragen.
Ich habe leider gar keine chinesischen Gesprächspartner, aus Dokus über China gewann ich das gleiche Gefühl. Kannst mal deine chinesische Bekannte ins DF einladen - wäre eine Bereicherung. :wink:
hikaru hat geschrieben:So lange der Vorsitzende fest im Sattel sitzt, leckt der Apparat aber nur seine Stiefel. Sowohl Ulbricht als auch Honecker wurden erst abgesetzt, als sie tatterig wurden.
Stimmt soweit. Bei Gorbatschow weiß ich nicht so richtig, der Putschversuch? Schwach war er jedenfalls. Vlt. Militär und Geheimdienst durch seine Politik "vor den Kopf gestoßen"? Chrustschow (oder wie der geschrieben wird) - zu wenige Informationen bisher. Werde ich mal nachschlagen.
maroc hat geschrieben:Deutsche Waffenexporte und militärische Auslandseinsätze lehne ich genauso entschieden ab wie Du, aber das Thema war China und die Todesstrafe, und die ist in Deutschland glücklicherweise angeschafft. Muss ich, wenn ich etwas in einem Land (hier: China) verurteile, jedesmal gleich reflexhaft und pflichtschuldigst die Vergehen anderer Länder (hier: Deutschlands) aufzählen?
U. U. ja. Wegen Glaubwürdigkeit und Akzeptanz: Wenn ich und meine Freunde beispielsweise stehlen, werde ich wohl wenig Erfolg haben, dich dafür zu kritisieren. Oder dir wird auffalllen, dass ich nur bestimmete Leute, dich kritisiere, andere wiederum nicht. Du wirst mich mit einigem Grund Heuchlerin nennen. :wink:
maroc hat geschrieben:Warum kommen beispielsweise nach wie vor nicht wenige Flüchtlinge aus dem Iran zu uns, dagegen kaum welche aus Saudi-Arabien – beides Länder mit einer grauenhaften Hinrichtungsbilanz? Mein Wissen reicht nicht aus, um das schlüssig zu beantworten. Die Zahl der Flüchtlinge taugt jedenfalls kaum als alleiniger Gradmesser für die Beurteilung der Menschenrechtslage in einem Land.
Da gebe ich dir Recht. Einschränkung: Aus dem westlich beeinflusstem bzw. "umgestüIptem" Irak kommen mehr. Und die Kriegstoten der "Umstülpung" wollen wir auch nicht vergessen. Ich erinnere an "Buschs Schuhe" bei einer Pressekonferenz. Die Zahl von verschuldeten Flüchtlingen, Toten, Hungernden, Verhungerten, Bomben, Obdachlosen ist für mich schon ein wesentlicher Gradmesser für die "Güte" eines verursachenden Staat und dessen Vasallen. Was ist schlimmer: Millionen verschuldete Kriegstote oder ein paar Hundert Hinrichtungen? Vergiss Vietnam, Afghanistan usw. nicht. Vergiss Foltergefängnisse der USA nicht! Deutschland hat sich bei Kritiken an seinen Verbündeten nicht mit Ruhm bekleckert.
Im Ergebnis haftet diesen "Aufrechnungen" aber, finde ich, leicht etwas Relativierendes, ja fast schon Apologetisches an (letzteres natürlich ungewollt).
Weiß nicht so richtig, wie ich das ändern kann und soll ... bin so eine Freundin der konsistenten Betrachtungsweisen. :wink:

Danke euch allen für die interessanten und nachdenkenswerten Beiträge. Am Ende sind wir uns eh recht einig, ohne unsere kleinen Differenzen und Unterschiede des Schreib- und Denkstils wäre es laaangweilig. Schönes WE allen Lesern!

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