Sprachliche Zerfallserscheinungen?

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maroc

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von maroc » 08.04.2017 19:46:02

@guinnid
Das Tückische ist wohl, dass es "auf" ja auch mit Dativ gibt, z. B. in "Auf meinen Computern kleben viele bunte Sticker". Und die Liebeserklärung "Ich stehe auf dir" [statt "Ich stehe auf dich"] kommt sicher nicht bei allen Angebeteten gut an. :wink:

guennid

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von guennid » 08.04.2017 19:57:27

"Auf meinen Computern kleben viele bunte Sticker". Hoffentlich setze ich mich jetzt nicht wieder ins Unrecht:
das ist kein Akkusativ, sondern ebenfalls Dativ: Auf dem Computer :wink:

Im Hessichen haben wir nicht nur "gelle", sondern auch solche Eigentümlichkeiten wie "das Teil da ist mir", statt "...gehört mir" oder "...ist meines" :wink:
"Ich stehe auf dir"
Hätte ich jetzt für Berlinerisch mit Gymasialbildung (wegen fehlendem Icke) gehalten. :mrgreen:

maroc

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von maroc » 08.04.2017 20:07:22

guennid hat geschrieben:"Auf meinen Computern kleben viele bunte Sticker". Hoffentlich setze ich mich jetzt nicht wieder ins Unrecht:
das ist kein Akkusativ, sondern ebenfalls Dativ: Auf dem Computer :wink:
Du hast völlig recht, ich hatte meinen Fehler gerade selbst schon entdeckt und korrigiert! In meinem an sich korrekten Beispielsatz ist es der Dativ Plural.
guennid hat geschrieben:Im Hessichen haben wir nicht nur "gelle", sondern auch solche Eigentümlichkeiten wie "das Teil da ist mir", statt "...gehört mir" oder "...ist meines" :wink:
Die Hessen kommen ja bekanntlich ohne Genitiv aus: "Dem Hans sein Fußball." :wink:
Nachtrag: Noch schöner find ich solche Konstruktionen wie "Is des Ihne Ihrn Kowwer?" (Für Dich brauche ich das nicht zu übersetzen, für alle anderen: "Ist das Ihr Koffer?") Als Frankfodder im Exil muss ich erst wieder ins Babbele nei komme ...

DeletedUserReAsG

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von DeletedUserReAsG » 08.04.2017 20:31:18

Dann will ich doch mal als Frage in die Runde werfen: Wer empfindet "Auf niemands Computern hat niemand Zugriff" als sprachlich unzulässig?
Auf meinen Computern habe ich Zugriff. Auf alles. Damit ist nichts verkehrt.
Keine Ahnung, was du mit dieser wiederholten Provokation erreichen willst.
Zielte auf das Gefasel von Bildungselite und blub. Fühlst du dich angesprochen? Zu dieser zähle ich nämlich eindeutig nicht, und doch bemühe ich mich um ordentliches Deutsch und erwarte das auch von jedem, der ernsthaft mit mir kommunizieren möchte.

scientific
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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von scientific » 08.04.2017 21:49:26

Ok.
Du bist offenbar auf Krawall gebürstet...

Da mach ich nicht mit.
dann putze ich hier mal nur...

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kruhling
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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von kruhling » 10.04.2017 20:06:59

Kaum ist man "ein"mal ein paar Tage nicht da, schon nimmt das Thema ungeahnte Wendungen... spannend....
Grüße, Kruhling

Ich stehe hinter jeder Regierung, bei der ich nicht sitzen muß, wenn ich nicht hinter ihr stehe. ( Werner Finck )

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von rockyracoon » 10.04.2017 20:22:48

@kruhling:
Kaum ist man "ein"mal ein paar Tage nicht da, schon nimmt das Thema ungeahnte Wendungen... spannend....
Das würde Alles nicht passieren, wenn die Leute endlich mehr Käsekuchen essen würden!

kruhling
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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von kruhling » 11.04.2017 07:13:21

Da hast du absolut recht. Käsekuchen ist die Lösung.
Grüße, Kruhling

Ich stehe hinter jeder Regierung, bei der ich nicht sitzen muß, wenn ich nicht hinter ihr stehe. ( Werner Finck )

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von paedubucher » 12.04.2017 21:42:22

Zu diesem Thema gibt es scheinbar viel zu sagen. :)

Zum Thema Dialekte wollte ich noch anmerken, dass ich die sehr wohl für eine Bereicherung halte. Bei uns in der Schweiz kann man anhand der Aussprache einiger weniger Vokabeln ziemlich genau bestimmen, wo einer herkommt. Wichtig ist aber eine gemeinsame Standardsprache, gerade im schulischen oder geschäftlichen Umfeld.

Noch etwas: Wenn von einer "Denke" oder einer "Schreibe" die Rede ist, bekommt ihr dann auch eine "Staune"?
Habe nun, ach! Java
Python und C-Sharp,
Und leider auch Visual Basic!
Durchaus programmiert mit heissem Bemühn.
Da steh' ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von smutbert » 12.04.2017 22:14:58

paedubucher hat geschrieben:[…]
Noch etwas: Wenn von einer "Denke" oder einer "Schreibe" die Rede ist, bekommt ihr dann auch eine "Staune"?
Ja, aber nicht so schlimm, wie wenn einer „in die Pedalen tritt“.

BenutzerGa4gooPh

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 12.04.2017 22:18:20

Wie kommt denn die neuerdings häufige, neumodische (?) Verwechslung des Hilfsverbes im Perfekt (vollendete Gegenwart) zustande? Dialekt?
Beispiel: Ich habe in der Ecke gestanden. Falsch dürfte sein: Ich "bin" ... gestanden.

Ich bin gegessen - wird glücklicherweise (oder noch nicht) gesagt, zumindest nicht ohne Hilfsverb "worden" im passiven Perfekt. Post mortem redet man sowieso weniger. :mrgreen:

Ich bin keine Lehrerin geworden, aber warum bin ich nicht gegessen geworden?

guennid

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von guennid » 13.04.2017 08:33:33

"Is des Ihne Ihrn Kowwer?"
:THX:
https://www.youtube.com/watch?v=BWCwWP4lucs

@Jana
Perfektbildung: http://www.duden.de/sprachwissen/sprach ... -sein--em-

worden/geworden: "worden", wenn das Vollverb bereits im Partizip Perfekt vorliegt ("gegessen"), im Satz mit der "Lehrerin" gibt's kein (Voll-)Verb, ergo bist du's leider nicht "geworden". :wink:

BenutzerGa4gooPh

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 13.04.2017 08:43:19

@guennid: Erklärung und Link haben ja gleich beides beantwortet! :THX:
Aber:
... ich bin geschwommen, sie hat gejoggt – sie ist gejoggt.
Englische Verben mit deutschen Vor-/Nachsilben/Konjugationen - igitt, igitt - entspricht so gar nicht meinem Geschmack.

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hikaru
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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von hikaru » 13.04.2017 09:19:14

paedubucher hat geschrieben:Bei uns in der Schweiz kann man anhand der Aussprache einiger weniger Vokabeln ziemlich genau bestimmen, wo einer herkommt.
Das ist wohl geografisch bedingt und könnte man als "linguistische Evolution" bezeichnen.
Überall dort, wo es große Reisehindernisse gibt (Gebirge, große Flüsse, etc.) haben sich auf kleinem Raum relativ große kulturelle Unterschiede entwickelt, einfach weil der regelmäßige Austausch fehlte. Und zur Kultur gehört auch Sprache. Ich bin mir sicher, wenn du 200 Jahre alte Dorfchroniken studierst wirst du feststellen, dass es in deinen Nachbartälern auch andere Bräuche gab.
paedubucher hat geschrieben:Noch etwas: Wenn von einer "Denke" oder einer "Schreibe" die Rede ist, bekommt ihr dann auch eine "Staune"?
Friedrich der Zweite hätte vermutlich ja gesagt.

smutbert hat geschrieben:Ja, aber nicht so schlimm, wie wenn einer „in die Pedalen tritt“.
Als Redewendung finde ich das gar nicht schlimm. Natürlich tritt man dabei nicht wortwörtlich "in" die Pedalen, aber die Pedalen sind nunmal die Endpunkte des Gesamtsystems Kurbel* und Kontaktflächen zwischen Kurbelsystem und Fahrer.
Insofern finde ich "in die Pedalen treten" als Verkürzung von "an den Pedalen angreifend in das Kurbelsystem treten" gar nicht verkehrt, denn wenn man einen "Bounding Cuboid" um das System zieht, dann tritt man wirklich "in" das System.
Beim Auto stört sich auch keiner daran, "Gas zu geben" oder am Klavier/PC "in die Tasten zu hauen".

*) Kurbel + Kurbelarm + Pedalen (+ Tretlager)

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von scientific » 13.04.2017 09:39:48

Na beim Radeln (nicht das mit der Pizza) hat auch niemand was gegen "in die Pedale treten". Aber die synonyme Bedeutung für "in die Gänge kommen" (auch lustig) oder "rasch zu beginnen" ist halt für österreichische Ohren unerträglich "bundesdeutsch"...

Btw... Beim Elektromotor Gas geben ist halt ein bisser absurd. Beim klassischen ohne Einspritzpumpe Benziner hingegen nicht. Beim Diesel allerdings ists auch absurd...
Dafür" krachen" Journalisten gern mal mit 160 "Stundenkilometern" gegen die technische Sprachwand...
dann putze ich hier mal nur...

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von hikaru » 13.04.2017 10:03:00

scientific hat geschrieben:Aber die synonyme Bedeutung für "in die Gänge kommen" (auch lustig) oder "rasch zu beginnen" ist halt für österreichische Ohren unerträglich "bundesdeutsch"...
Diese Synonyme von "in die Pedale treten" sind mir als Nord-/Ostdeutschem nicht geläufig. Ich kenne es wirklich nur mit Bezug auf Radfahren.
Aber bei synonymen Redewendungen zu erwarten, dass sie unmittelbar in der Situation Sinn ergeben würden ist eh unrealistisch. Kaum einer "trifft den Nagel auf den Kopf" wenn er eine zutreffende Äußerung macht oder "reißt sich am Riemen" wenn er besondere Mühe in etwas investiert.

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von guennid » 13.04.2017 12:52:08

Gestern politisch völlig unkorrekt beim Metzger, mitten im schönen Hessenland:

Ich hatte "ein Viertel Jagdwurst" geordert. Als die Metzgersmeistersgattin "in die Pedale trat", ging mir durch den Kopf: Was ist die eigentlich die Bezugsgröße: "kg" oder "Pfund"? 250gr waren mir eigentlich etwas viel. Offenbar waren wir uns aber einig bei 125gr. Sie gab daraufhin zum Besten: Kürzlich bestellt hier ein Österreicher: "fünf Viertel Deka Faschiertes". Da sei sie ziemlich "am Schleudern" gewesen. :mrgreen: "Herrlich! ich liebe sprachliche Eigenheiten!
Zuletzt geändert von guennid am 13.04.2017 13:09:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 13.04.2017 13:02:20

hikaru hat geschrieben:oder "reißt sich am Riemen" wenn er besondere Mühe in etwas investiert.
Sich beschränken - anders kenne ich das nicht.
fünf Viertel Deka Faschiertes
Was ist denn das? (Faschinen: Rutenbündel zur Damm- oder Ufer-Bewehrung, Deka: gar keine Idee)
Und was ist die öserreichische Bezugsgröße von 5/4 = 1,25?
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 13.04.2017 13:09:42, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von Meillo » 13.04.2017 13:07:34

guennid hat geschrieben:Herrlich! ich liebe sprachliche Eigenheiten!
Ich fand immer diesen Typ cool, der bei seiner Bank ``eine Kilo-Mark'' abgehoben hat. Die anderen fanden das recht seltsam. :-)
Use ed once in a while!

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von scientific » 13.04.2017 13:23:13

Faschiertes ist nix faschistisches.
Und Deka ist bei einer Massenangabe die streng CI-konforme Vorsilbe für 10^1
Dekagramm sind 10 Gramm.

So wie Hekto für 10^2 steht.
Also ein Hekto-Ar sind 100 Ar.
Ein Ar hingegen 100 m^2...

Bei der Eisenbahn werden die Steine alle 100m gesetzt. Die rechnen in Hektometer.

Der 1000er-Sprung vom Vorsilbenlosen Einheitswert zum Kilo(meter, gramm, Joule) ist irgendwie seltsam... In die andere Richtung gibts ja auch dezi und centi (von centum =100) für 10^-1 und 10^-2...
dann putze ich hier mal nur...

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von hikaru » 13.04.2017 13:26:32

guennid hat geschrieben:Ich hatte "ein Viertel Jagdwurst" geordert.
Da hätte ich ohne zu stutzen ein Viertel einer ganzen Jagdwurst am Stück über die Theke gereicht.

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von thoerb » 13.04.2017 14:14:04

hikaru hat geschrieben:
guennid hat geschrieben:Ich hatte "ein Viertel Jagdwurst" geordert.
Da hätte ich ohne zu stutzen ein Viertel einer ganzen Jagdwurst am Stück über die Theke gereicht.
Das muss dann aber vorher noch ordentlich mit einem Zollstock (Gliedermaßstab) abgemessen und eingeteilt werden. :wink:

guennid

Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von guennid » 13.04.2017 14:30:02

Zollstock (Gliedermaßstab) abgemessen
wörtlich oder metrisch genommen? :wink:

thoerb
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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von thoerb » 13.04.2017 14:46:18

guennid hat geschrieben:
Zollstock (Gliedermaßstab) abgemessen
wörtlich oder metrisch genommen? :wink:
Mit einem metrischen Zollstock. :mrgreen:

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Re: Sprachliche Zerfallserscheinungen?

Beitrag von Meillo » 13.04.2017 15:08:23

thoerb hat geschrieben:
guennid hat geschrieben:
Zollstock (Gliedermaßstab) abgemessen
wörtlich oder metrisch genommen? :wink:
Mit einem metrischen Zollstock. :mrgreen:
Sind darauf dann metrische Zoll aufgetragen, statt amerikanischen?

Und wie lang ist denn ein solcher Zollstock? Ein Hektozoll? ;-)
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