Lizenzaussagen

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tylerD
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Lizenzaussagen

Beitrag von tylerD » 23.07.2004 15:34:04

Kennt jemand Seiten wo recht gut erklärt wird welche Lizenzen unter welchen Umständen in kommerziellen Projekten verwendet werden können? Wenn möglich auf das deutsch Recht zugeschnitten. Gut wäre auch wenn es an Projektbespielen erklärt wird, welches Verhalten man einhalten müsste.

Beispiele wären die MySQL-Lizenzierung. Ab wann ist der Punkt gekommen, dass ich die kommerzielle Lizenz nehmen muss? Ist diese erst nötig, wenn ich ein Programm schreibe welches ich gegen die libs linke, oder muss ich diese schon wählen wenn mein Programm über den JDBC-Treiber nur auf die DB zugreift(nen Jar zu verwenden, ist ja eventuell das selbe wie linken)? Oder muss mein Webshop den ich als Shop verkaufe und der auf php-mysql läuft eine kommerzielle Lizenz besitzen? Oder verkauf ich den Shop allein, und der Kunde muss halt die Voraussetzungen für den Betrieb schaffen (halt mysql installiert haben?)?

Kennt jemand halt Empfehlungen, wie man vorgeht um kommerzielle Produkte, welche von offener Software abhängt, zu verkaufen.

Interessieren würden mich vor allem die BSD, CPL, GPL und die LGPL.

cu

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emge
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Beitrag von emge » 23.07.2004 15:38:38

Bei http://www.ifross.de könnte sich etwas finden. Gegebenenfalls kann man bei denen bestimmt auch im "Forum" fragen.

Grüße, Marco

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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von BeS » 23.07.2004 15:43:32

tylerD hat geschrieben:Kennt jemand Seiten wo recht gut erklärt wird welche Lizenzen unter welchen Umständen in kommerziellen Projekten verwendet werden können?
Wenn du es nur ohne genauerer Begründung/Analyse herausfinden willst ist es eigentlich ganz einfach.
Alle von der FSF als Freie Software Lizenzen akzeptierten Lizenzen und alle Lizenzen die Debian als DFSG einstuft können problemlos kommerziell genutzt werden, bei den Lizenzen die die OSI auflistet kannst du dir afaik auch sicher sein.
Beispiele wären die MySQL-Lizenzierung. Ab wann ist der Punkt gekommen, dass ich die kommerzielle Lizenz nehmen muss?
Da MySQL afaik unter einer Freien Lizenz steht ist die kommerzielle Nutzung nicht eingeschränkt.
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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von tylerD » 23.07.2004 16:09:34

BeS hat geschrieben:
Da MySQL afaik unter einer Freien Lizenz steht ist die kommerzielle Nutzung nicht eingeschränkt.
Richtig. Aber wie siehts mit einem simplen Webshop aus der MySQL benutzt und in PHP geschrieben wurde? Ist das abgeleitete Arbeit? Welche Möglichkeiten der Distibution habe ich in solch einem Fall und an was muss ich mich halten? Kann ich das als Dienstleistung verkaufen, kann ich das in einem Paket zusammenschnüren und verkaufen?

Was ist mit einer Datenbankanwendung die im Auftrag einer Firma geschrieben wird und halt über JDBC auf MySQL zugreift. Muss ich diese freigeben (wo der Auftraggeber nicht mitmachen wird)? Kann ich diese allein verkaufen und derjenige kümmert sich um die Voraussetzungen(installiere DB)? Kann ich mysql und die Anwendung zusammen ausliefern?

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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von BeS » 23.07.2004 16:30:12

tylerD hat geschrieben:
BeS hat geschrieben:
Da MySQL afaik unter einer Freien Lizenz steht ist die kommerzielle Nutzung nicht eingeschränkt.
Richtig. Aber wie siehts mit einem simplen Webshop aus der MySQL benutzt und in PHP geschrieben wurde? Ist das abgeleitete Arbeit? Welche Möglichkeiten der Distibution habe ich in solch einem Fall und an was muss ich mich halten? Kann ich das als Dienstleistung verkaufen, kann ich das in einem Paket zusammenschnüren und verkaufen?
Also ich habe mir jetzt gerade mal das mysql-server Paket von Debian angesehen. Laut der enthaltenen COPYING Datei steht der mysql server unter der GPL. Du darfst ihn also, wie bei allen Freien Lizenzen, uneingeschränkt kommerziell nutzen.
Du kannst es als Dienstleistung verkaufen, du kannst die Software in einem Online-shop verkaufen, du kannst es in einer netten Box im Laden verkaufen,...
Das ist alles kein Problem mit freien Lizenzen.
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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von tylerD » 23.07.2004 16:36:55

BeS hat geschrieben: Also ich habe mir jetzt gerade mal das mysql-server Paket von Debian angesehen. Laut der enthaltenen COPYING Datei steht der mysql server unter der GPL. Du darfst ihn also, wie bei allen Freien Lizenzen, uneingeschränkt kommerziell nutzen.
Du kannst es als Dienstleistung verkaufen, du kannst die Software in einem Online-shop verkaufen, du kannst es in einer netten Box im Laden verkaufen,...
Das ist kein Problem mit freien Lizenzen.
Ich hab ja auch kein Problem mit MySQL an sich, sondern mit dem kleinen Programm was ich eventuell schreibe und das halt auf ne DB zugreift, die unter anderem MySQL sein könnte. Ist das abgeleitete Arbeit im Sinne der GPL? Wann ist es keine mehr? Es könnte ja eine abstrakte Datenbankschnittstelle dazwischenliegen. Mir gehts um die Vermischung. Sicherlich gibt es kein Problem ein kommerzielles Programm mit einem GPL-Programm auszuliefern, wenn beide nichts miteinander zu tun haben. Aber alle Definitionen von abgeleiteter Arbeit, die ich gefunden habe, waren in meinen Augen bisher unbefriedigend. Die technischen Begründungen mit gelinkten Liberies und ähnlichen sind gerade im Bereich Skriptsprachen/Datenbanken recht ungeeignet.

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Beitrag von HZB » 23.07.2004 16:39:07

gefunden und gekürzt:

Wenn Software eingesetzt wird, die das Datenbank-Management-System MySQL nutzt,und nicht selbst unter der GPLsteht, wäre somit der Kauf einer kommerziellen MySQL-Lizenz notwendig. Zwar arbeitet MySQL zusammen mit der FSF daran, es explizit zu erlauben, dass die MySQL-Client-Bibliothek mit Open-Source Projekten vertrieben werden kann, auch wenn diese nicht unter der GPL stehen, beispielsweise PHP, doch würde die enge Auslegung der GPL erhebliche Risiken für Software-Entwickler mit sich bringen, die PHP und MySQL nutzen.

meine Konklusio:

Bis es nicht eine eindeutige Regelung gibt, kannst Du beruhigt weiter machen. Also verkauf das Komplettpaket. Ich glaube nicht das es sich Mysql leisten kann ein paar tausend / Millionen ?? Entwickler und Nutzer zu verkraulen und Lizenzen für die Lösung PHP mit Mysql zu verlangen. Eventuell kannst Du Deinem Kunden ja mitteilen wie die Situation aussieht und Ihn auf den eventuellen Nachkauf von Lizenzen aufmerkasm machen.

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Beitrag von tylerD » 23.07.2004 16:44:46

HZB hat geschrieben:gefunden und gekürzt:
Kannst du die Quelle bitte noch angeben?

HZB hat geschrieben: Bis es nicht eine eindeutige Regelung gibt, kannst Du beruhigt weiter machen. Also verkauf das Komplettpaket. Ich glaube nicht das es sich Mysql leisten kann ein paar tausend / Millionen ?? Entwickler und Nutzer zu verkraulen und Lizenzen für die Lösung PHP mit Mysql zu verlangen. Eventuell kannst Du Deinem Kunden ja mitteilen wie die Situation aussieht und Ihn auf den eventuellen Nachkauf von Lizenzen aufmerkasm machen.

Patrick
Zur Zeit beschäftige ich mich ehr theoretisch mit dem Problem. Es hat aber konkret den Hintergrund, dass ich bei der Planung von Projekten bessere Aussagen und Empfehlungen geben kann.


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Beitrag von HZB » 23.07.2004 16:52:46

http://www.golem.de/0401/29317.html

Ein anderer Aspekt wäre vielleicht auch:

Wer ist dafür haftbar wenn Du nur Deine Dienstleistung verkaufst, also mal blöd gesagt die Konfiguration von verschiedener Software ? Eigentlich die Firma die das Produkt dann einsetzt.

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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von BeS » 23.07.2004 17:00:01

tylerD hat geschrieben: Ich hab ja auch kein Problem mit MySQL an sich, sondern mit dem kleinen Programm was ich eventuell schreibe und das halt auf ne DB zugreift, die unter anderem MySQL sein könnte. Ist das abgeleitete Arbeit im Sinne der GPL? Wann ist es keine mehr? Es könnte ja eine abstrakte Datenbankschnittstelle dazwischenliegen. Mir gehts um die Vermischung.
Ich glaube da findest du auch keine klare Definition, da das von Land zu Land anders ist bzw. sein kann. Ich glaube nichtmal die FSF definiert das genauer, sie haben nur eine Meinung was sich nach ihrer Ansicht vor dem (amerikanischen) Gericht als "Abgeleitetes Werk" definieren lässt.
Es gibt nur die lizenztechnischen Situation bei Copyleft Lizenzen, dass Abgeleitete Werke wieder unter die gleichen Lizenz gestellt werden müssen, was dann letztlich ein "Abgeleitetes Werk" ist muß im zweifelsfall ein Gericht klären.
Sicherlich gibt es kein Problem ein kommerzielles Programm mit einem GPL auszuliefern, wenn beide nichts miteinander zu tun haben.
klar gibt es kein Problem, das liegt aber vorallem daran das Freie Lizenzen immer auch kommerzielle Lizenzen sind!

Solangsam habe ich das Gefühl, dass du hier ein Begriff falsch verwendest. Kann es sein, dass du garnicht direkt um die kommerziell verwenden/vermarkten eines Programms geht, sondern das du ein proprietäres Programm schreiben willst welches auf ein Freies zugreift? Das macht die Sache natürlich um einiges (unnötig) schwieriger und wie gesagt wirst du afaik nirgend eine allgemeingültige Definition von einem "abgeleiteten Werk" bekommen außer von einem Gericht, dann könnte es aber etwas spät sein ;)
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Beitrag von BeS » 23.07.2004 17:04:40

HZB hat geschrieben: Wenn Software eingesetzt wird, die das Datenbank-Management-System MySQL nutzt,und nicht selbst unter der GPLsteht, wäre somit der Kauf einer kommerziellen MySQL-Lizenz notwendig.
Solange es eine GPL kompatible Lizenz ist, sollte es kein Problem sein.
Problematisch wird es erst bei nicht-GPL Kompatiblen Lizenzen, dann gilt es zu klären ob ein solches Programm ein "abgeleitetes Werk" darstellt.
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Beitrag von tylerD » 23.07.2004 17:08:16

Danke
HZB hat geschrieben: Ein anderer Aspekt wäre vielleicht auch:

Wer ist dafür haftbar wenn Du nur Deine Dienstleistung verkaufst, also mal blöd gesagt die Konfiguration von verschiedener Software ? Eigentlich die Firma die das Produkt dann einsetzt.
Der Punkt ist folgender: Ich gehe davon aus, dass sich die Leute die die Soft unter diesen Lizenzen herausgeben sicherlich was dabei gedacht haben und ihre Gründe dafür haben. Das würde ich gern Respektieren.

Ich bin jedoch auch daran interessiert gute Arbeit abzuliefern, und das schließt nun mal auch ein Entscheidungen zu treffen oder Empfehlungen dazu zu geben. Auf der Postgres-Seite steht zum Beispiel, dass sie sich sehr bewußt für die BSD-Lizenz entschieden haben. Das mysql eine Firma ist, die unter anderm mit dem Verkauf der Lizenzen ihr Geld verdient ist ja auch normal. Es geht halt einfach darum zu sagen, unter den Projektanfordungen wären beide DBs eine Möglichkeit. Nur gefällt es mir nicht, einfach diese zu nehmen, weil sie halt nichts kosten. Ich kann mich für die Postgres entscheiden, die ja keine Probleme mit abgeleiteter Arbeit hat aber verlangt das man es erwähnt. Ich kann mysql unter Umständen mit der GPL nehmen oder ich kann mir die kommerzielle Lizenz kaufen. Ich habe die Freiheit. Und mit Sicherheit gibt es für alle Anwendungsfälle Projekte, die dafür geeignet sind und welche die nach ihren Anforderungen (die in der Regel der Kunde entscheidet) Probleme mit einem Lizenzierungsmodell haben. Wenn ein Kunde halt verlangt, dass er das weiterverkaufen will, nichts erwähnen will, eine Spzialanpassung im Code haben will muss ich halt die kommerzielle Lizenz von mysql anbieten und das in meine Kalkulation einbeziehen. Desweiteren könnte ich ihm halt eine Empfehlung geben, unter welchen Umständen dieser Posten wegfallen könnte und welche Bedingungen sich daraus ergeben.

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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von tylerD » 23.07.2004 17:16:56

BeS hat geschrieben:
Solangsam habe ich das Gefühl, dass du hier ein Begriff falsch verwendest. Kann es sein, dass du garnicht direkt um die kommerziell verwenden/vermarkten eines Programms geht, sondern das du ein proprietäres Programm schreiben willst welches auf ein Freies zugreift? Das macht die Sache natürlich um einiges (unnötig) schwieriger und wie gesagt wirst du afaik nirgend eine allgemeingültige Definition von einem "abgeleiteten Werk" bekommen außer von einem Gericht, dann könnte es aber etwas spät sein ;)
Du hast Recht, obiger Satz müßte heißen :
Sicherlich gibt es keine Problem ein Prgramm, welches unter einer propritären Lizenz steht, mit einem Prgramm, welches unter einer freien Lizenz steht, auszuliefern, wenn beide nichts miteinander zu tun haben.
Das ändert jedoch nichts an dem Problem, dass die meisten Definitionen von abgeleiteter Arbeit von kompilierten Code und Linken ausgehen und das dies auf viele Bereiche einfach technisch gesehen keine Aussage hat.


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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von BeS » 23.07.2004 17:26:39

tylerD hat geschrieben: Das ändert jedoch nichts an dem Problem, dass die meisten Definitionen von abgeleiteter Arbeit von kompilierten Code und Linken ausgehen und das dies auf viele Bereiche einfach technisch gesehen keine Aussage hat.
Aber genau diese allgemeingültige Definition scheint es nicht zu geben.
Die MySQL Entwickler haben da ihre interpretation, in wie weit die aber vor einem Gericht standhalten würde kann ich dir nicht sagen.
Ich halte es für sehr gewagt, wenn man über definierte Schnittstellen mit einem Programm Daten in einem anderen Programm ablegt/abfragt dieses als "abgeleitetes Werk" zu bezeichen. Aber meine Meinung wird bei einem Streitfall sicher keine große Rolle spielen. ;)

Wie wäre es wenn ich ein proprietäres Programm hätte dessen Ausgabe ich mit einer pipe in grep leite, wäre dann das proprietäre Programm plötzlich ein abgeleitetes Werk von grep? :lol:
Zuletzt geändert von BeS am 23.07.2004 17:31:02, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von emge » 23.07.2004 17:29:23

tylerD hat geschrieben:
BeS hat geschrieben:
Solangsam habe ich das Gefühl, dass du hier ein Begriff falsch verwendest. Kann es sein, dass du garnicht direkt um die kommerziell verwenden/vermarkten eines Programms geht, sondern das du ein proprietäres Programm schreiben willst welches auf ein Freies zugreift? Das macht die Sache natürlich um einiges (unnötig) schwieriger und wie gesagt wirst du afaik nirgend eine allgemeingültige Definition von einem "abgeleiteten Werk" bekommen außer von einem Gericht, dann könnte es aber etwas spät sein ;)
Du hast Recht, obiger Satz müßte heißen :
Sicherlich gibt es keine Problem ein Programm, welches unter einer propritären Lizenz steht, mit einem Prgramm, welches unter einer freien Lizenz steht, auszuliefern, wenn beide nichts miteinander zu tun haben.
Das ändert jedoch nichts an dem Problem, dass die meisten Definitionen von abgeleiteter Arbeit von kompilierten Code und Linken ausgehen und das dies auf viele Bereiche einfach technisch gesehen keine Aussage hat.
Die Frage, was "abgeleitete Arbeit" ist und was nicht kann mit Sicherheit nur auf nationaler Ebene beantwortet werden und ist zudem noch ein recht sumpfiges Gebiet. Aber deshalb nur auf den Gang vor den Kadi als einzige klärende Instanz zu setzen halte ich für zu pessimistisch.

Denn auch an den Juristen ist das Thema nicht vorbeigegangen und in einigen Belangen herrscht zu diesem Thema sicherlich auch schon Klarheit. Meiner Meinung nach ist hier Aufklärungsarbeit von beiden Seiten nötig. Wir (die Techniker und SW-Entwickler) müssen den Juristen ein paar technische Sachverhalte klar machen und die müssen uns dafür mit ein paar juristischen Klärungen weiterhelfen.

Leider hängt da das Rechtssystem immer etwas hinter den realen Entwicklungen zurück. Mir hat mal eine Richterin sinngemäß gesagt, dass sie (die Juristen) froh sind, sich in das kompl. Baurecht mittlerweile reingearbeitet zu haben und nun schicken sich die IT-Leute an, sie wieder im erstmal Dustern stehen zu lassen ;-)

Grüße, Marco

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Beitrag von HZB » 23.07.2004 17:30:11

Ich wollte auch nicht sagen das Du Deine Kunden im Stich lassen solltest was das Thema Lizenzkosten und dergleichen betrifft.

Das Problem ist aber eigentlich nur das keiner so richtig sagen kann wann die GPL greift wann nicht in welchen Kombinationen schon und wann nicht. Open Source generell als Grauzone zu definieren wäre ebenso falsch. Der Schuh drückt halt ein wenig wenn es darum geht jemanden richtig und nach bestem wissen zu beraten bzw. etwas zu verkaufen. Nur genau da fängt ja dieser Graubereich an. Gilt die GPL in jedem Land gleich ? Kann die GPL in jedem Land auf das gültige Rechtssystem angewandt werden ? Gibt es schon Präzidenzfälle ? Da beschäftigen sich Experten wohl Tag ein Tag aus so wie wir mit unseren Log und Configfiles. Nur sind wir meistens schlauer :lol: und können aufgrund des Ergebnisses sagen ob es funktioniert oder nicht. Aber eben aus diesem Grund heraus ist es meines Erachtens kaum möglich wirklich 100 % das Richtige zu sagen. FALCO hat mal in einem seiner vielen genialen Liedertexte geschrieben : " ..wenns der Chef nicht weiß, wer dann?" Ergo: Wenn eine Firma nicht genau sagen kann ob Du eine Lizenz benötigst oder nicht, was erzählst Du Deinem Kunden ?

Natürlich wollen Firmen wie Mysql auch etwas verdienen, sonst würden sie ja nicht Lizenezen anbieten und gewisse Voraussetzungen stellen, ab wann man eine Lizenz benötigt und wann nicht. Nur gerade in diesem speziellen Punkt wird es haarig. Einerseits ist es eine open source Software andererseits gibt es Lizenzen. Generelle Frage : Wie passt das zusammen ?

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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von BeS » 23.07.2004 17:41:47

emge hat geschrieben: Die Frage, was "abgeleitete Arbeit" ist und was nicht kann mit Sicherheit nur auf nationaler Ebene beantwortet werden und ist zudem noch ein recht sumpfiges Gebiet.
genau so hatte ich die Situation auch in Erinnerung.
Denn auch an den Juristen ist das Thema nicht vorbeigegangen und in einigen Belangen herrscht zu diesem Thema sicherlich auch schon Klarheit.
Hast du dazu genauere Infos? Bis wo hin würdest du sagen das es sich klar um ein abgeleitetes Werk handelt, ab wann wird es schwammig und ab wann wird es wieder klar das es kein abgeleitetes Werk mehr ist?

Würde mich interessieren wenn du dazu näheres weißt.
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Beitrag von BeS » 23.07.2004 17:48:31

Bis zu dem Punkt konnte ich dir noch einigermaßen Folgen: ;)
HZB hat geschrieben: Einerseits ist es eine open source Software andererseits gibt es Lizenzen. Generelle Frage : Wie passt das zusammen ?
Gerade weil es Freie Software ist gibt es eine Lizenz, Freie Software != public Domain.

Man kann ziemlich sicher sein das Freie Lizenzen in jedem Rechtssystem funktionieren, da es eigentlich keines gibt bei dem das Urheberrecht/Copyright weniger restriktiv ist wie Freie Lizenzen, du also jedesmal deinem "Kunden" mehr Möglichkeiten gibts und nicht weniger!

Ganz interessant dazu ist auch das Interview mit Eben Moglen (habe ich hier bereits verlinkt: http://www.debianforum.de/forum/viewtop ... 530#167530)
Oder auch dieser Text: http://www.gnu.org/philosophy/enforcing-gpl.de.html

Das schweift aber etwas vom eigentlichen Thema ab ;)
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Beitrag von Joghurt » 23.07.2004 18:16:40


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Beitrag von domo » 23.07.2004 18:38:17

@tylerD:

Es bleibt Dir wohl nichts anderes überig, als jeden Einzelfall getrennt zu analysieren:

mySQL macht z.B unter http://www.mysql.com/products/licensing ... cense.html sehr klare Aussagen...

Ob sich alle daran halten ist eine andere Frage...
Interessant finde ich noch folgenden Abschnitt aus dem oben angegebenen Link:
Recommendations

Please note that MySQL AB can only give advice on which license is right for you. The final judgment, of course can be made only by a court of law. With that said, we recommend the commercial license to all commercial and government organizations. This frees you from the broad and strict requirements of the GPL license.

To all free software enthusiasts we recommend our products under the GPL license. We believe that MySQL AB is one of the world's largest companies that offers all its software under the GPL license.

To anyone in doubt, we recommend the commercial license. It is never wrong. Thanks to our cost-effective way of producing software, we are able to sell our commercial licenses at prices well under the industry average.
Du kannst Dir als Entwickler überlegen, gleich eine Lizenz zu lösen, auch wenn Du Deine Software unter GPL veröffentlichst. Es ist eine Art, Dankeschön zu sagen und für die weitere Entwicklung Unterstützung zu bieten.... Linzenzen sind oft der kleinste Posten eines IT-Projektes und von nichts kommt auch nichts...

Have fun
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Re: Lizenzaussagen

Beitrag von emge » 23.07.2004 21:57:26

BeS hat geschrieben:
emge hat geschrieben: Die Frage, was "abgeleitete Arbeit" ist und was nicht kann mit Sicherheit nur auf nationaler Ebene beantwortet werden und ist zudem noch ein recht sumpfiges Gebiet.
genau so hatte ich die Situation auch in Erinnerung.
Denn auch an den Juristen ist das Thema nicht vorbeigegangen und in einigen Belangen herrscht zu diesem Thema sicherlich auch schon Klarheit.
Hast du dazu genauere Infos? Bis wo hin würdest du sagen das es sich klar um ein abgeleitetes Werk handelt, ab wann wird es schwammig und ab wann wird es wieder klar das es kein abgeleitetes Werk mehr ist?

Würde mich interessieren wenn du dazu näheres weißt.
Konkrete Beweise muss ich leider schuldig bleiben. Ich weiss nur, dass das Thema u. A. im Linuxmagazin und in der c't schon abgehandelt wurden und dort wurde z. B. die Frage behandelt, wie man mit Bibliotheken unter freien Lizenzen in kommerziellen Projekten umzugehen hat. Leider weiss ich auch nicht mehr, in welchen Ausgaben das war. Ich glaube mich aber an Axel Metzger oder Till Jaeger als Autoren zu erinnern. Diese Themen wurden explizit hinsichtlich nationalen Rechts beleuchtet und auch einige (für mich damals erstaunlich) konkrete Aussagen gemacht. Ich werde mich nochmal auf die Suche nach den entsprechenden Quellen machen, heute oder morgen wird das aber leider nichts mehr.

Diese beiden Autoren haben sich intensiv mit den juristischen Fragen von freier und quelloffener Software beschäftigt (zu entsprechenden Themen promviert, Gründung des "Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software" [1], anwaltliche Tätigkeit im OS-Umfeld) und sind vermutlich nicht die einzigen die auf diesem Gebiet tätig sind. Daher rührt meine Annahme das sich seitdem einiges Gebiet getan hat.

Was meiner Meinung nach fehlt, ist ein engerer Erfahrungsaustausch zwischen Technikern und Juristen. Das ifrOSS ist zwar auf den Linuxtagen aktiv, das ist aber nur ein Tropfen auf dem heissen Stein und im Moment nur eine Einbahnstraße.

Nimm mir bitte meine schwammigen Ausführen nicht übel, das liegt vermutlich am Thema. Ich hoffe aber trotzdem wenigstens ansatzweise meine Aussagen nicht im leeren Raum stehen gelassen zu haben.

Grüße, Marco

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Beitrag von tylerD » 25.07.2004 13:59:20

Danke erst mal für eure Antworten. Dies bestärkt mich in der Annahme, dass dies halt zur Zeit wirklich noch nicht genauer Bestimmt werden kann. Aber durch die Diskussion, bin ich jetzt mal der Meinung die Grauzone wieder nen bissel besser einschätzen zu können.

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Beitrag von LittleBoy » 25.07.2004 18:43:09

MySQL ist ein ziemlich komplexes Beispiel:
Der mysql Server ist GPL. Ein Programm, welches direkt(!) auf diese Serverdienste zugreift, braucht nicht unter GPL zu stehen.

Generell greift aber niemand direkt auf MySQL zu, sondern verwendet die libmysql. Diese wiederum steht mittlerweile auch unter GPL (früher LGPL). Damit wiederum müssen auch alle abgeleiteten Werke unter die GPL gestellt werden - sprich: JConnector (der JDBC Treiber) und auch die PHP mysql-Schnittstelle. Die PHP MySQL-Schnittstelle ist aber ein PHP-Modul, was wiederum dazu führen müsste, dass PHP unter GPL steht - tut es aber nicht, also wurde MySQL erstmal aus PHP 5 entfernt und PHP 5 setzt auf SQLite als Standarddatenbank..
Dann kamen die MySQL Entwickler doch auf den Trichter, dass man besser nicht den Ast absägt, auf dem man groß geworden ist, also wurde extra für PHP eine Ausnahmelizenz gebastelt.

Somit gilt jetzt: Der mysql Server wird unter den GPL-Bedingungen freigegeben. PHP Programme brauchen sich "nur" an die spezielle "MySQL-für-PHP" Lizenz zu halten, die relativ freizügig ist. Programme die auf die libmysql / JConnector zugreifen, müssen unter die GPL gestellt werden. Programme, die direkt auf die Serverfunktionen zugreifen, können unter einer beliebigen Lizenz stehen. (Soinst müsste ja der Internet Explorer unter GPL stehen, weil er ja auch auf Server-Funktionen von Apache zugreift)

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