Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

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hikaru
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Re: Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

Beitrag von hikaru » 08.04.2024 23:37:44

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.04.2024 16:48:51
Damals war es so, dass vieles erstmal noch nicht gegangen ist, weil man entweder noch nicht wusste, wie man es hinbekommt, oder weil die Software noch nicht so weit war. Es war aber klar, wenn man mehr Zeit reininvestiert, dann wird es besser, weil man sowohl mehr lernt als auch die Gesamtsituation mit jedem Jahr besser wird.

Ich frage mich, ob zweiteres beim Smartphone (und auch beim Desktop heutzutage) noch gilt. Muss man nur den steinigen Weg am Anfang ueberstehen und dann wird es immer leichter oder verhaelt es sich anders? Da wuerde mich eure Einschaetzung interessieren.
Das Prinzip ("Mit der Zeit wird Alles gut.") funktioniert bei Smartphones nicht. Das Problem ist hier nicht, dass Linux Zeit zum Aufholen braucht, sondern dass diese Geräte so verdongelt sind, dass sie sich mit GNU/Linux nicht sinnvoll betreiben lassen.

Neben mir liegt ein Nokia N900, das vielleicht "mainstreamigste" "Smartphone" mit "echtem Linux" aller Zeiten. Baujahr 2009. Darauf läuft Maemo 5, was ab Werk im Wesentlichen auf einem kruden Releasemix von Debian Sarge bis Squeeze (ja, richtig gehört) basiert. Das Maemo-Forum ist voll mit Threads, um dieses Chaos im Zaum zu halten. Würde man mit den daraus resultierenden Problemen hier im Debianforum aufschlagen, würde jeder potenzielle Helfer dankend mit der Begründung ablehnen: "sources.list kaputtgespielt. Setz sauber neu auf!" Geht aber nicht.
Der Kernel ist 2.6.28 mit proprietären Modulen von Nokia. Und nur mit diesem Kernel lässt sich das Gerät sinnvoll (funktionierende GSM-Telefonie, ernstzunehmende Stromsparmaßnahmen) benutzen. Man kann das N900 mit aktuellem Upstream-Kernel benutzen. Dann kann man aber nicht telefonieren und hat eine Akkulaufzeit von 6 Stunden (bei neuem Akku).

Wer sich als Linuxuser intensiv mit dem N900 beschäftigt hat, der hat das System zu hassen und zu lieben gelernt. Es ist als Linux einfach furchtbar, aber als Smartphone das beste das wir je hatten. Als ich das erkannt hatte, habe ich den Entschluss gefasst, dass ich mir so eine Tortur kein zweites mal antue. Mein nächstes Smartphone würde ein besseres Linux haben.
Das N900 ist immer noch mein produktives Telefon, denn alles was danach kam war eher schlimmer als besser. Inzwischen taugt es schon aufgrund der Leistungsfähigkeit des SoC nur noch als Dumbphone, aber ein modernes "Smartphone" mit Android, iOS oder Windows, das sich meiner Kontrolle komplett entzieht, will ich auch gar nicht haben. Und die potenziellen Alternativen, vom Purism Librem 5, über die Pyra bis zum Pinephone sind eigentlich keine, nicht wegen fehlender Mainstream-Apps, dafür habe ich eh keinen Bedarf, sondern weil diese Systeme nie über das Prototypenstadium hinausgekommen sind, wenn überhaupt.
Das N900 und einen EEE 901 habe ich inzwischen weitestgehend durch einen GPD MicroPC (x86-Notebook mit 6"-Display) ersetzt. Nur GSM-Telefonie kann er nicht, weshalb das N900 weiter durchhalten muss. Mein nächstes Telefon wird wohl ein echtes Dumbphone.

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Andreas O.
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Re: Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

Beitrag von Andreas O. » 09.04.2024 11:32:03

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.04.2024 16:48:51
Andreas O. hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.04.2024 16:21:28
Auf der einen Seite weiß ich aus meiner 25-jährigen Erfahrung mit Linux, dass der Weg, gerade am Anfang, sehr, sehr steinig sein kann, bis endlich mal ALLES "läuft".
Damals war es so, dass vieles erstmal noch nicht gegangen ist, weil man entweder noch nicht wusste, wie man es hinbekommt, oder weil die Software noch nicht so weit war. Es war aber klar, wenn man mehr Zeit reininvestiert, dann wird es besser, weil man sowohl mehr lernt als auch die Gesamtsituation mit jedem Jahr besser wird.

Ich frage mich, ob zweiteres beim Smartphone (und auch beim Desktop heutzutage) noch gilt. Muss man nur den steinigen Weg am Anfang ueberstehen und dann wird es immer leichter oder verhaelt es sich anders? Da wuerde mich eure Einschaetzung interessieren.
Die Zeit, in der ich mich für Linux zu interessieren begann, war noch die Zeit von Windows 95 und Apple Macintosh. Soweit ich mich noch erinnern kann, konnte Windows 95 beispielsweise noch keine USB-Schnittstelle ansteuern, und wenn, dann nur mit Zusatztreibern, ich glaube das lief dann erst ab Windows 98. Das war auch die Zeit, wo von 16 bit (Windows 3.11) auf 32 bit (Windows 95) umgestellt wurde. Macs mit 32 bit gab es damals schon länger. Privat arbeitete ich noch mit Windows 95, in der Arbeit mit einem Macintosh. Wer den direkten Vergleich Mac vs. Windows persönlich erleben durfte, weiß, wovon ich spreche - da lagen "Welten" dazwischen. Auf der einen Seite Windows mit ständigen Abstürzen und bluescreens, auf der anderen Seite der "Mac", mit dem man einfach ohne Probleme arbeiten konnte. Woran lag das? Die Fa. Apple hatte es wie keine andere Firma in dieser Zeit verstanden, nur die Sachen zu verbauen, die von Apple in irgendeiner Form getestet wurden und es einem User fast unmöglich machten, da was anderes zu verbauen. So verbaute, soweit ich noch weiß, Apple eine Zeit lang Motorola-Prozessoren, die mit x86-Prozessoren (amd64 gab es damals noch nicht) nicht kompatibel waren. Dadurch war das ein in sich "homogenes" System. Soweit ich weiß, konnte es sich Apple auch "erlauben" beispielsweise keine USB-Schnittstellen zu verbauen sondern entwickelte eine eigene Lösung namens "Firewire". Der kleinste gemeinsame Nenner zwischen diesen "Welten" in Bezug auf Datenaustausch (für "Otto-Normal-Verbraucher") stellten 3,5"-Disketten dar, vielleicht noch CDs. Wenn ich damals das Geld gehabt hätte, hätte ich mir einen Mac gekauft. Nicht, weil ich damit "angeben" hätte wollen, sondern einfach nur, um damit in Ruhe "arbeiten" zu können. Vermutlich wäre ich ohne den "Leidensdruck" von Windows dann auch nicht auf Linux gestoßen.

Wie verhält es sich heute bei den Smartphones? Diese werden wesentlich durch die beiden Firmen Google (Android) und Apple (iOS) dominiert. Microsoft konnte hier mit seinen Windows-Phones nie richtig Fuß fassen und hat diese, glaube ich, nun mehr oder weniger wieder "beerdigt". Soweit ich am Rande mitbekommen habe, macht es die Fa. Apple, wie schon damals, den Usern extrem schwer, da überhaupt ein anderes OS installieren zu können. Das geht also noch eher bei "Android"-Smartphones. Auf der einen Seite verstehe ich die Smartphonehersteller, dass diese keinerlei Garantie geben, wenn dort ein anderes OS installiert wird.
Und ich verstehe auch, dass diese immer wieder neue Smartphones verkaufen wollen, ggf. gespickt mit immer neueren Features (z. B. KI). Dazu gibt es auch nach wie vor eine "dankbare" Kundschaft, die den ggf. damit verbundenen "Komfort" auch zu schätzen weiß. Und das ist auch gut so. Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer mehr Kunden wie mich, die mit der "Datensammelwut" der Smartphonehersteller und Google nicht mehr länger einverstanden sind. Als ich mit einem Android 2-Smartphone begann, konnte man dieses zumindest noch mit einem Customrom (ich glaube, das hieß noch Cyanogenmod) auf Android 4 upgraden. Dieses ist u.a. als UKW-Radio und MP3-Player (ohne SIM-Karte) immer noch in Gebrauch, da es noch schön klein ist (Moto Defy+).

Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Smartphonehersteller den Usern wie mir es immer schwerer machen wollen, da überhaupt noch ein anderes OS installieren zu können (beginnend schon beim Bootloader).
Damit will ich mich aber nicht abfinden und werde nun gezielt nach Herstellern suchen, die Linux aktiv unterstützen und nicht verhindern wollen. Das ist so ähnlich wie damals mit den PCs - anfangs wurde Linux nur als absolute Randerscheinung "belächelt" und die Hardware-Hersteller sahen anfangs keinen Grund, hier auch passende Treiber bereitzustellen. Also hatte sich die "Linux-Community" u.a. mit "Reverse-Engineering" diese sich selbst gebaut und die "Linux-Community" wuchs immer mehr an, so dass sich der eine oder andere Hardwarehersteller nun doch "genötigt" fühlte, Linux-Treiber zur Verfügung zu stellen oder zumindest der Community bei der Entwicklung eines Treibers zu helfen. So ergab es sich damals, dass ich immer wieder mal Wochen oder gar Monate warten musste, bis dann endlich der eine oder andere Treiber zur Verfügung stand (und ich dann immer mehr ohne Windows arbeiten konnte). Genauso sehe ich es mit den Smartphones - ich werde den "Markt" aufmerksam beobachten, ggf. schon an meinem alten Moto E4 Plus experimentieren und es bei Misserfolg wieder liegen lassen, bis sich eine Lösung gefunden hat. Das meine ich mit langem, steinigen Weg.
Zuletzt geändert von Andreas O. am 09.04.2024 11:42:15, insgesamt 1-mal geändert.
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dufty2
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Re: Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

Beitrag von dufty2 » 09.04.2024 11:33:30

Kann da hikara voll und ganz zustimmen.
Mein pinephone (mit mobian als OS) hat ca. 2 Stunden Laufzeit, das reicht für einen (kurzen) Spaziergang, mehr aber nicht.
Denke nicht, daß es mit einem pinephone pro oder anderen freien viel besser ist.
Ich würde mir das so wünschen, aber sorry, das ist nicht "alltagstauglich" :(

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Andreas O.
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Re: Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

Beitrag von Andreas O. » 09.04.2024 12:28:02

dufty2 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
09.04.2024 11:33:30
Kann da hikara voll und ganz zustimmen.
Mein pinephone (mit mobian als OS) hat ca. 2 Stunden Laufzeit, das reicht für einen (kurzen) Spaziergang, mehr aber nicht.
Denke nicht, daß es mit einem pinephone pro oder anderen freien viel besser ist.
Ich würde mir das so wünschen, aber sorry, das ist nicht "alltagstauglich" :(
Danke euch beiden für eure ehrliche Einschätzung. Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass sich eine neue Firma, ähnlich wie Fairphone findet, die nur Sachen verbaut, die auch mit Linux gut (und künftig auch ausdauernd) laufen. Klar, die "neuesten features" werden hier nicht verbaut sein, zudem werden die Komponenten nicht besonders schnell sein.
Mein persönlicher Bedarf: ich würde auch noch mit einem 4-core auskommen, vielleicht mit 3 oder 4 GB RAM - ein möglichst einfaches, genügsames Smartphone eben, das im Gegensatz zu Fairphone auch nicht so viel kostet. Ich weiß, dass die ein anderes Konzept mit austauschbaren Komponenten (und einem möglichst langlebigem Android) verfolgen, das macht die ganze Sache einfach teurer. Mir würde schon ein wechselbarer Akku reichen...
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speefak
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Re: Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

Beitrag von speefak » 30.04.2024 10:55:21

Linux auf Mobiles ... seit Dekaden hat sich nichts geändert. Meist laufen die Kameras nicht. Es gibt einige Projekte um Debian auf einem Smartphone betreiben zu können, aber wie schon gesagt wurde, sträuben sich die Hersteller permanent gegen Open Source Treiber. Und wenn es Projekte gibt die Debian wirklich aufs SP bringen wollen sind sie extrem teuer oder die Hardware ist uralt. Einzig Jolla geht mit Sailfish OS einen Mittelweg. Es ist zwar kein natives Debian, kommt Linux aber am nächsten und unterstützt Android Apps ( Banking, Messenger, Navi ) Vieles geht OOTB, wie z.B. Automount des Handys über autofs/sshfs, Remote ROOT!!!! Shell uvm.

Postmarket OS ist noch einer der vielversprechendsten Kandidaten für ein "Debian on Mobile". Alpine Linux ist soweit ich weis auch eine auf Sicherheit ausgelegte Distri was beim SP nicht verkehrt ist. https://wiki.postmarketos.org/wiki/Main_Page

Ich habe SFOS seit 5+X Jahren im produktiv Einsatz für Messenger, Navi ( zickt mit unter ), Sporttracker, Kamera und für kurze Infos unterwegs. Spracheingabe geht zwar nicht aber dafür habe ich absolut keine Werbung auf dem Gerät, das System läuft schnell und Stabil wie direkt nach der Installation und sieht zudem viel besser aus und lässt sich wesentlich einfacher bedienen.

Wenns SF nicht mehr gibt und kein natives Linux auf mobiles portiert wurde wechsel ich wieder zum GSM/Telefon und SMS - Android will ich niemals wieder nutzen müssen !

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Tula
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Re: Debian auf Smartphones, erste Erfahrungen?

Beitrag von Tula » 30.04.2024 11:01:56

Echte Debianer brauchen kein Smartphone. 😁

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