ckoepp schrieb:
Die Straftäter haben natürlich auch im Gefängnis Therapiesitzungen und dauerhafte Betreuung durch Psychater. Wir haben das Ganze in erster Linie um zu resozialisieren nicht um wegzusperren (obwohl das natürlich bei einer nicht möglichen Resozialisierung die letzte Wahl ist).
Wie kommst du darauf, dass Straftäter permanent von Psychologen betreut werden? In Bayern haben zur Zeit ca. 300 bis 400 Inhaftierte
einen Sozialpädagogen zur Verfügung, dazu kommen dann in größeren Haftanstalten noch fest installierte Gefängnisseelsorger, Ärzte und ein bis zwei Psychologen (auf 1000 bis 2500 #Gefangene).
In ganz Bayern gibt es bei einer Gesamtzahl von 12387 Inhaftierten (31.03.06)
(1) eine Soziotherapeutische Haftanstalt in Erlangen mit insgesamt 41 Haftplätzen
(2), von dieser Möglichkeit sind Sexualstraftäter komplett ausgeschlossen. Für diesen Personenkreis bleibt nur noch die Forensik, also das was hier als "geschlossene Psychiatrie" bezeichnet wird. In die Forensik geht es, wenn ein Mensch eine Straftat begangen hat und entweder nicht Schuldfähig ist (z.B. wegen einer psychischen Erkrankung wie Sucht, Pyromanie etc.) oder wenn von einem Menschen nach verbüßen einer Haftstrafe eine erhebliche Fremd- oder Selbstgefährdung ausgeht und er deshalb therapeutischer Betreuung bedarf (z.B. Sexualstraftäter). Da spricht man dann von Sicherungsverwahrung.
Der Zahl der Verurteilten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern lag 1971 bei 3222, 1981 bei 1714, 1991 bei 1687 und 2001 bei 2144
(3)
Am 31.03.05 waren insgesamt 4907 Menschen wegen eines "Eingriffes in die sexuelle Selbstbestimmung" inhaftiert (incl Sicherungsverwahrung), die Gesamtzahl der Inhaftierten betrug 63533, davon 350 in Sicherungsverwahrung. Von diesen 350 Sicherungsverwahrten waren wiederum 170 Sexualstraftäter.
(4)
Das mal um die Diskussion ins richtige Verhältniss zu rücken.
Bei der ganzen Diskussion um Sicherungsverwahrung ("wegsperren solche Leute, das sind doch keine Menschen") sollte man imho nie außer acht lassen, dass jede dafür nötige Grundgesetzänderung eben nicht nur diesen Personenkreis betrifft, sondern die Möglichkeit schafft per Definition (also StGB) einen Personenkreis zu benennen, bei dem dieses lebenslange Wegsperren angebracht ist. So eine Grundgesetzänderung beträfe vielleicht vordergründig erstmal Sexualstraftäter und/oder (Kindes-)Mörder, würde aber nicht klar abgrenzbar
nur für diesen Personenkreis zu schaffen sein.
Wer dann letztendlich unter entsprechenden politischen Wirren alles betroffen wäre, ohne dass irgendeine Instanz (BVG) noch eine Einspruchsmöglichkeit hätte bleibt dann dahingestellt. Es geht hier um Missbrauch! Es geht hier darum die leidvollen Erfahrungen der Vergangenheit ernst zu nehmen und die persönliche Freiheit zu schützen. Wie die Zahlen von
(4) schon zeigen, gibt es beileibe auch kein Phänomen das neu wäre, wohl gibt es aber neue Reaktionsmuster, gefördert von einem fragwürdigen Sensationsjournalismus.
Übrigens schreibe ich grad meine Diplomarbeit zum Thema Folgen von Inhaftierung/Angehörige von Inhaftierung. Deshalb auch dieser Ausbruch
Grüße,
walf
1: "Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten
nach ihrer Unterbringung auf Haftplätzen des geschlossenen und offenen Vollzuges
jeweils zu den Stichtagen 31. März, 31. August und 30. November eines Jahres" Statistisches Bundesamt, 2006
2: http://www.justizvollzug-bayern.de/JV/ ... ki/jva_er
3: "Lange Reihen zur Strafverfolgungsstatistik" Statistisches Bundesamt, 2005
4: Rechtspflege: Strafvollzug - Demographische und kriminologische Merkmale der Strafgefangenen zum Stichtag 31.3. - Statistisches Bundesamt, 2005