Warum schweigen die Lämmer?

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 20.10.2016 10:38:32

Danke Lurchi. Ralli als Alter Hase wird schon Verständnis haben, Smalltalk franst doch immer aus. :mrgreen:

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hikaru
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von hikaru » 20.10.2016 10:48:25

Luxuslurch hat geschrieben:
TomL hat geschrieben:Mit entsprechender Geradlinigkeit in Deiner Argumentation würde ich jetzt erwarten, dass Du mit gleicher Vehemenz verweigerst, als Deutscher betrachtet zu werden, eben wegen der unsäglichen Verbrechen von Deutschen gegen die Menschlichkeit im vergangenen Jahrhundert.
Na, dann auch gleich dagegen sein, als Mensch bezeichnet zu werden, wegen der unsäglichen Verbrechen von Menschen gegen die Menschlichkeit nicht nur im vergangenen Jahrhundert :-)
Aber die Frage ist halt, wieviel von seiner Identität kann man sich aussuchen - und welche sind uns einfach mitgegeben.
Genau das ist der springende Punkt.
Ich kann mir nicht aussuchen, Mensch zu sein oder nicht. Ich bin es zwangsläufig. Deshalb muss ich mich auch der Verantwortung stellen, die aus den Konsequenzen meiner menschlichen Natur entsteht.

Ob ich Deutscher sein will oder nicht kann ich mir prinzipiell aussuchen. Ich wurde aber als einer geboren und habe mich nicht dagegen entschieden einer zu sein, denn einerseits bin ich zu faul, mich in eine andere Nationalität/Kultur zu integrieren und andererseits spricht mich keine andere wirklich an. Diese Entscheidung verlangt aber von mir, dass ich die deutsche Geschichte in ihrer Gesamtheit anerkenne. Ich bin zu jung um an den Weltkriegen teilgenommen zu haben, aber es liegt in meiner besonderen Verantwortung als Deutscher dafür zu sorgen, dass die in diesen Rahmen verübten Verbrechen nicht wiederholt werden. Aus meiner Gesamtpaketsicht kann ich nicht einfach sagen, dass das nicht mein "Deutschsein" war.

Ob ich Christ (oder Angehöriger einer anderen Religion sein will) liegt dagegen völlig in meiner Hand. Die Grundlage, nicht als einer geboren zu werden haben mir dankenswerter Weise meine Großeltern gelegt, denn sie sind aus der Kirche ausgetreten und haben abgesehen von den grundlegendsten Traditionen (kirchliche Heirat, Trauergottesdienste) auch nie christliche Bräuche gepflegt. Spätestens für meine Eltern waren dann auch diese Überbleibsel lediglich kulturelle Bräuche ohne religiösen Hintergrund. Ich glaube also, völlig unvoreingenommen an das Thema Religion herangegangen zu sein. Irgendwann in meiner Jugend habe ich mich dann aktiv gegen das Verfolgen einer Religion entschieden, hauptsächlich weil mir das Konzept des Glaubens als sich jeder unabhängigen Überprüfung entziehenden Lebensmotivation suspekt erschien.
Die "Paketsichtweise" hatte ich schon damals, aber sie hat für meine Entscheidung eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Allerdings versetzt mich meine Entscheidung keiner Religion anzugehören in die komfortable Position, mir nicht den Schuh irgendeines Pakets anziehen zu müssen. Auf diesen Luxus lege ich wert und deshalb reagiere ich allergisch, wenn mir wieder irgendjemand den Schuh anziehen will (wenn auch nur aus Geadnkenlosigkeit), den meine Großeltern mühsam ausgezogen haben.

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 20.10.2016 10:51:19

Jana66 hat geschrieben:Danke Lurchi. Ralli als Alter Hase wird schon Verständnis haben, Smalltalk franst doch immer aus. :mrgreen:
Jana klar habe ich Verständnis, Vielfalt muß sein, deshalb schätze ich auch Deine Beiträge. :THX: Eine Monokultur, in der wir alle einer Meinung wären, wäre irgendwie auch ziemlich langweilig.
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von hikaru » 20.10.2016 11:04:44

ralli hat geschrieben:Aber auch Nichtreligion doder Agnostik ist streng genommen eine Religion.
Dem möchte ich entschieden widersprechen, zumindest soweit es mich betrifft. Den starken Atheismus betrachte ich als Religion, genau wie du. Es ist der Glaube an die Nichtexistenz von etwas Göttlichem (wie auch immer man dieses Göttliche definieren mag), ohne für die Nichtexistenz aber Beweise vorlegen zu können.
Den Agnostizismus, dem ich mich zugehörig fühle (am ehesten würde ich mich wohl als agnostischen Atheisten mit einer Prise Apatheismus beschreiben), betrachte ich aber nicht als Religion. Ich sehe in der Aussage, dass ich kein Urteil darüber abgeben kann, ob es etwas Göttliches gibt oder nicht, keinen religiösen oder glaubensbehafteten Aspekt. Falls du das anders siehst, dann würde es mich interessieren, wo du Glauben im Agostizismus siehst.

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 20.10.2016 11:25:35

Du kannst ja heutzutage alles als Religion etikettieren. Sicherlich ist das nicht unbedingt in seiner ganzen Tragweite ernst zu nehmen, sondern lediglich symbolisch gemeint. Das kann eh nur philosophisch verstanden werden. Kein Glaube ist auch ein Glaube, denn dann glaube ich an nichts. Agnostischer Atheist habe ich auch noch niemals gehört, ist aber eine interessante Wortschöpfung. @hikaru, entspringt sie Deiner Phantasie oder gibt es die wirklich? Egal Du darfst sein, was Du bist. Und sei Dir sicher, das Du immer, (ich mit Sicherheit auch) in eine Schublade gesteckt wirst. Das tangiert mich wenig, es sein denn, ich würde damit in herabsetzender Weise diskriminiert. Möglicherweise dienen Schubladen auch bißchen der Orientierung. Das der Mensch ein Objekt der Hingabe braucht, das wußte schon der weltbekannte Sozialpsychologe Erich Fromm. An garnichts zu glauben macht den Menschen krank, es entsteht ein geistiges Vakuum, eine innere Leere und wahrscheinlich auch eine Beziehungslosigkeit. Es würde den Menschen in der Tat entmenschlichen..... und das wäre wohl nicht wünschenswert.
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von hikaru » 20.10.2016 11:53:59

ralli hat geschrieben:Kein Glaube ist auch ein Glaube, denn dann glaube ich an nichts.
Das sehe ich anders. Hier kommt es sogar auf die Schreibweise an: An nichts zu glauben (nicht an irgendetwas zu glauben) ist etwas anderes, als an Nichts zu glauben (an das materialisierte Nichts zu glauben).
Deshalb wähle ich beim (starken) Atheismus auch immer die gespreizte Form mit dem Glauben an die Nichtexistenz Gottes. Ein starker Atheist glaubt, dass es keinen Gott gibt. Er glaubt, dass dort wo Gott sein müsste ein Nichts ist. Ein Agnostiker (agnostischer Atheist) tut das nicht, er glaubt weder an die Existenz noch an die Nichtexistenz Gottes. Alles was er zu dem Thema sagen kann ist: "Ich weiß es nicht."
ralli hat geschrieben:Agnostischer Atheist habe ich auch noch niemals gehört, ist aber eine interessante Wortschöpfung. @hikaru, entspringt sie Deiner Phantasie oder gibt es die wirklich?
Ich verwende hier die Begriffe aus dem Wikipediaartikel [1], auch wenn ich die Begriffe "agnostischer Atheist" und "agnostischer Theist" für verdreht halte. Ich würde sie eher als "atheistischer Agnostiker" bzw. "theistischer Agnostiker" bezeichnen.
ralli hat geschrieben:Und sei Dir sicher, das Du immer, (ich mit Sicherheit auch) in eine Schublade gesteckt wirst.
Aber ich muss nicht selbst reinklettern. ;)
ralli hat geschrieben:An garnichts zu glauben macht den Menschen krank, es entsteht ein geistiges Vakuum, eine innere Leere und wahrscheinlich auch eine Beziehungslosigkeit.
Ich verstehe was du meinst, aber ich denke, dass das nicht zwangsläufig so sein muss. Dieses Gefühl von Leere kenne ich aus meiner religiösen Selbstfindungszeit, an deren Ende eben die Entscheidung gegen irgendeinen Glauben stand.
Ich denke ich habe diese Leere mit meinen Moralvorstellungen gefüllt, was für mich aber nichts mit einem Glauben zu tun hat, denn ich kann erklären woher diese Moralvorstellungen kommen und bin der Ansicht, dass sie nicht irgendwie übernatürlich sind sondern lediglich meine Privatmeinung darstellen.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Agnostizismus

TomL

Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von TomL » 20.10.2016 17:20:52

Luxuslurch hat geschrieben:Na, dann auch gleich dagegen sein, als Mensch bezeichnet zu werden, wegen der unsäglichen Verbrechen von Menschen gegen die Menschlichkeit nicht nur im vergangenen Jahrhundert
Dieser Aspekt ist doch nicht neu oder überraschend... das ist doch so oder in ähnlicher Bedeutung schon oft gesagt worden... von irgendwelchen Menschen in der Vergangenheit. In meiner Erinnerung sind da ein paar bemerkenswerte Zitate. Angefangen mit dem, was mir beim Lesen Deines Satzes als erstes eingefallen ist, von dem ich aber nicht weiss, ob jemand von Bedeutung das gesagt hat:
  • Wenn ich einem Hund in die Augen schaue, dann schäme ich mich manchmal dafür ein Mensch zu sein
Ich als Hundehalter habe genau das in bestimmten Momenten mehr als einmal empfunden, wenn wir (mein Hund (1) (2) (ein Hovawart) und ich und beide ganz tiefentspannt) uns einfach nur in die Augen schauen und ich mich in dem Moment daran erinnere, welch grausame Verbrechen der Mensch den Tieren antut. Dazu passend ein paar weitere Zitate:
  • Nach manchem Gespräch mit Menschen hat man den Wunsch, einen Hund zu streicheln, einem Affen zuzulächeln und vor einem Elefanten den Hut zu ziehen. (Maxim Gorki)
  • Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt. (Christian Morgenstern)
  • Wundern muss ich mich sehr, dass Hunde die Menschen so lieben; denn ein erbärmlicher Schuft gegen den Hund ist der Mensch. (Christian Friedrich Hebbel)
  • Ich ziehe die Gesellschaft der Tiere der menschlichen vor. Gewiss, ein wildes Tier ist grausam. Aber die Gemeinheit ist das Vorrecht des zivilisierten Menschen. (Sigmund Freud)
  • Wundern darf es mich nicht, dass manche die Hunde verleumden; denn es beschämt zu oft leider den Menschen der Hund. (Arthur Schopenhauer)
  • Wahrlich ist der Mensch der König aller Tiere, denn seine Grausamkeit übertrifft die ihrige.(Leonardo da Vinci)
Vor einem äußeren (imaginären) Beobachter unserer Welt, ganz egal, ob es ein Gott ist oder der Gott ist oder auch nur ein intelligenter Alien ist, gilt für mich:
ich schäme mich dafür, zu welch Grausamkeit Menschen gegenüber Tieren fähig sind.
ich schäme mich dafür, zu welch Grausamkeit Menschen anderen Menschen gegenüber fähig sind
ich schäme mich als Deutscher für die deutschen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im letzten Krieg
ich schäme mich als Christ (vor Muslimen) sogar heute noch für die Verbrechen in der Inquisition und auf den Kreuzügen

All diese Taten haben mit Menschlichkeit überhaupt nichts tun, völlig egal, ob mit oder ohne Ideologie. Grausamkeit gibt es seit Bestehen der Menschheit. Aber ebenso gibt es seit Bestehen der Menschheit auch Menschen, die gegen die Grausamkeit sind. Ich bin Deutscher und ich bin das gerne. Ich bin Christ und auch das bin ich gerne. Aber, und das ist das wichtigste, ich bin kompromisslos gegen Gewalt und Grausamkeit in jeglicher Form. Genau diese Ablehnung von Gewalt und Grausamkeit ist für mich einer der wesentlichen Eckpfeiler meines heutigen Verständnisses zum Christsein. Ich bin viel zu jung, um mich für die Verbrechen im Krieg verantwortlich zu fühlen und ich sehe auch nicht, dass ich dafür eine moralische Schuld zu tragen habe. Genausowenig wie an den Kreuzzügen, der Inquisition, an den Taten der Türken gegen die Armenier, oder der Amerikaner an den Schwarzen oder Indianern. Ich fühle mich nicht für geschichtliche Grausamkeiten schuldig oder moralisch verantwortlich. Ich akzeptiere jedoch, dass es all das gab. Aber das ist nicht heute, das ist alles Vergangenheit.

Vor diesem geschichtlichen Hintergrund kann ich mir doch jetzt nicht willkürlich und beliebig irgendeinen Aspekt raussuchen und sagen "Ätschibätsch, mit euch will ich nix zu tun haben, weil irgendwelche ideologischen Vorfahren mit ihrer damaligen Auslegung (Abseits von der Wahrheit) dieser Ideologie für schlimmste Verbrechen missbraucht haben, ganz unberührt von der Tatsache, dass ihr diese Vorfahren gar nicht kennt oder ihr in irgendeiner Beziehung zu denen steht und das euer heutiges Verständnis dieser Ideologie eine ganz andere ist". Für mich ist eine solch willkürliche Sichtweise genau die zuvor beklagte "Rosinenpickerei".... nur hier eben in einem umgekehrten Verhältnis. Und ich werte das als einen ambivalenten Standpunkt, dem m.E. die notwendige Kontinuität auf das Gesamtbild unserer Welt fehlt.

Ich bin gerne Deutscher. Und ich bin genauso gerne Christ. Weil Christsein in meinem modernen Anspruch eben NICHT Inquisition bedeutet und der moderne Christ auch nicht dafür verantwortlich ist. Christsein bedeutet für mich, jetzt und heute einem gewaltfreien Glauben anzugehören, was mir auch der Hinweis auf die Bergpredigt (MT 5,7) noch mal bestätigt hat. Und darüber hinaus (weil ja die Seele ein wesentlicher Inhalt des Christentums ist), weil ich (durch meinen Hund dahin geführt) von der wahren Bedeutung der folgenden Zitate überzeugt bin:
  • Haben Tiere eine Seele und Gefühle kann nur fragen, wer über keine der beiden Eigenschaften verfügt. (Dr. Eugen Drewermann)
  • Ich glaube, dass jede Kreatur eine unsterbliche Seele hat. (Martin Luther)
  • Ethisch ist der Mensch nur, wenn ihm das Leben als solches, das der Pflanze und des Tieres wie das des Menschen, heilig ist und er sich dem Leben, das in Not ist, helfend hingibt. (Albert Schweitzer)
All das zusammenfassend ist für mich heute in meinem Verständnis das, was einen Christen ausmacht. Wie gesagt, ich bin mir darüber im klaren, dass das nicht unbedingt Kirchenkonform ist. Aber ich bin auch der Meinung, dass die Kirche eben nicht vollständig christlich handelt und denkt.
Luxuslurch hat geschrieben:
maroc hat geschrieben:Jesus ging es um den einzelnen Menschen und dessen Seele, nicht aber um Geopolitik oder die (kulturelle) Eroberung von Kontinenten. Deshalb hat für mich als Christ ein Begriff wie "Christliches Abendland" keinerlei Bedeutung.
Eben drum verbitte ich es mir als Christ, dass irgendwelche Penner das Christentum missbrauchen! Da kann man nicht indifferent zu sein.
Nein, da kann man nicht indifferent sein.

Na ja, den Bogen zu Mausfeld kriege ich jetzt nicht mehr.... aber das musste noch raus.... und speziell zu diesem Abzweig möchte ich jetzt lieber auch nix mehr sagen.... :hail:

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 20.10.2016 17:31:10

Thomas hat geschrieben:
Vor diesem geschichtlichen Hintergrund kann ich mir doch jetzt nicht willkürlich und beliebig irgendeinen Aspekt raussuchen und sagen "Ätschibätsch, mit euch will ich nix zu tun haben, weil irgendwelche ideologischen Vorfahren mit ihrer damaligen Auslegung (Abseits von der Wahrheit) dieser Ideologie für schlimmste Verbrechen missbraucht haben, ganz unberührt von der Tatsache, dass ihr diese Vorfahren gar nicht kennt oder ihr in irgendeiner Beziehung zu denen steht und das euer heutiges Verständnis dieser Ideologie eine ganz andere ist". Für mich ist eine solch willkürliche Sichtweise genau die zuvor beklagte "Rosinenpickerei".... nur hier eben in einem umgekehrten Verhältnis. Und ich werte das als einen ambivalenten Standpunkt, dem m.E. die notwendige Kontinuität auf das Gesamtbild unserer Welt fehlt.
Jetzt muss ich mal hikaru verteidigen, er hat geschrieben:
Diese Entscheidung verlangt aber von mir, dass ich die deutsche Geschichte in ihrer Gesamtheit anerkenne. Ich bin zu jung um an den Weltkriegen teilgenommen zu haben, aber es liegt in meiner besonderen Verantwortung als Deutscher dafür zu sorgen, dass die in diesen Rahmen verübten Verbrechen nicht wiederholt werden. Aus meiner Gesamtpaketsicht kann ich nicht einfach sagen, dass das nicht mein "Deutschsein" war.
Und genau das ist die Brücke zu Herrn Mausfeld zurück. :wink:

Das mit den Tieren hast du schön gesagt. Die Massentierhaltung finde ich des Menschen unwürdig und geduldete Tierquälerei. Wahrscheinlich auch mit Fördermitteln. Und ich sehe eine Lüge darin, wenn von Lobbyistenverbaenden immer gequatscht wird, der Verbraucher will billiges Fleisch. 1- 2 Euro pro kg mehr, darüber würde keiner meckern, wenn es den Nutztieren besser erginge. :evil:
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 20.10.2016 17:47:44, insgesamt 3-mal geändert.

TomL

Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von TomL » 20.10.2016 17:34:38

verteidigen...?.... äh... ich habe ihn nicht angegriffen..... nur das das jetzt nicht eine falsche Richtung einschlägt....

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 20.10.2016 17:36:25

Thomas all Deine Ausführungen kann ich uneingeschränkt bejahen und zustimmen und zwar ohne Ausnahmen und ohne Wenn und Aber. Alles aber auch wirklich alles ist in meinem ethischen Verständnis und ethischen Anspruch enthalten. Ich verstehe Dich daher sehr gut. Auch ich war mal auf der Schiene, mich fremd zu schämen. Das aber habe ich abgelegt und hinter mir gelassen. Und zwar deswegen, weil ich die Last nicht tragen kann und will, für die Allgemeinheit verantwortlich zu sein. Aber in meinem sozialen Umfeld versuche ich mein Bestes, diesen Anspruch auch in der Lebenswirklichkeit wirksam werden zu lassen und umzusetzen. Im übrigen könnte ich mir ein Leben ohne Haustiere überhaupt nicht vorstellen. Wir hatten immer mehrere Katzen und Hunde und früher sogar mal ein Pony. Wer keine Empathie für Mitgeschöpfe empfindet oder empfinden kann, ist schlichtweg krank ....
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 20.10.2016 17:39:08

Thomas, war noch nicht fertig. Falls ich was missverstanden habe, du hikaru nicht gemeint hast, sorry. :oops:

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 20.10.2016 18:00:20

Hier braucht sich niemand zu verteidigen und zu rechtfertigen. Auch hat es niemand verdient, überhaupt auch nur ansatzweise angegriffen zu werden. Und @hikaru und Thomas brauchen auch keinen Pflichtverteidiger, die werden wenn nötig, sich schon melden, wenn Sie mit etwas nicht einverstanden sind. Aber Jana, mit der Massentierhaltung bin ich auch bei Dir. Es ist eine verdammte Lüge, das der Verbraucher nur billiges Fleisch will und nicht dazu bereit wäre, etwas mehr zu bezahlen, wenn die Kreatur dann artgerecht aufwachsen kann.
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 20.10.2016 18:23:44

Der Thread ist oeffentlich. Und damit kann ich als Dritte und Threadteilnehmerin durchaus Zusammenhänge zwischen den Beiträgen erkennen. Wenn kein Zusammenhang besteht, dann liegen fuer Dritte missverständliche oder unklare Formulierungen vor. In einem oeffentlichen Thread nehme ich mir durchaus das Recht heraus, eine einfache Klarstellung durch Untereinanderstellung zweier Zitate (also keine Interpretationen) vorzunehmen. Mir ist keine Forenregel oder Netiquette bekannt, die das verbietet. Des Weiteren haben schon mehrere sich hier verteidigt, rechtfertigt, von mir aus auch klargestellt, wenn das besser klingt, einfach mal Blättern. :wink:

TomL

Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von TomL » 20.10.2016 19:20:35

Jana66 hat geschrieben:Thomas, war noch nicht fertig. Falls ich was missverstanden habe, du hikaru nicht gemeint hast, sorry.
Ich war gerade auf dem Weg raus mit meinem Hund und habe da eben noch die Einleitung gelesen.....die mich jetzt die ganze Zeit belastet hat. Ich gehe da auch jetzt nicht weiter darauf ein, sondern will nur noch mal meine ganz persönliche Einstellung erklären.

Es ist mir völlig egal, ob sich jemand zu einer Religion bekennt, oder zu einer anderen Religion wechselt oder sogar ganz einen religiösen Glauben ablehnt. Nichts davon eignet sich in meiner Vorstellung dazu, diesen Menschen zu beurteilen oder ihn in eine bestimmte Schublade zu stecken. Ich beurteile einen Menschen allein an den Werten, die sein Handeln bestimmen, also an seinen Taten. Und wenn dessen Werte prinzipiell mit meinen Werten kompatibel sind, dann sind auch seine Taten mit meinen Werten kompatibel. Das bedeutet aber jetzt nicht, dass ich meine persönlichen Werte als die einzig wahren betrachte. Aber ich glaube, dass ich in einer sozialen Ökologie lebe, in der diese Werte durchaus anerkannt sind.... als da wäre die Ablehnung von Gewalt und der vollständige Respekt menschlichen und tierlichen Lebens. Das es da in der Realität gerade bei den Tieren noch hakt, ist mir bekannt. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Menschen von heute in ein paar Jahrhunderten als die gleichen Barbaren (wg. unseres Umgangs mit Tieren) betrachtet werden, wie wir heute mit Abscheu die Barbaren des Sklaventums in vergangenen Jahrhunderten betrachten.

Wenn also die Werte und die davon geleiteten Taten eines Menschen entsprechend kompatibel sind, dann ist es mir jedenfalls völlig egal, welchen Aufkleber er auf seinen Karton mit Werten klebt. Weil im Endeffekt das gleiche im Karton drin ist...
  • der Christ (ich tue das so ) begründet den unseren Tieren zu erbringenden notwendigen Respekt mit der Unsterblichkeit der tierlichen Seele und der gleichen Gewichtung wesentlicher subjektiver Interessen, die ich auch für mich in Anspruch nehme (schmerzfrei, angstfrei, verhaltensgerecht)
  • der (Agnostiker || Atheist || Humanist) && Tierfreund fordert einfach Menschenrechte für die Tiere
Bei beiden kommt das gleiche raus. Über den Aufkleber auf dem Karton zu streiten, ist einfach nur albern und erhebt den Aufkleber in seiner Relevanz über die Werte. Mir ging es einzig um die Begründung dieser expliziten Ablehnung... weil ich ebenfalls der Meinung bin, dass das nicht indifferent betrachtet werden kann.... bzw. dass das so in meiner Einschätzung schlichtweg oberflächlich ist.

Wie gesagt, ein Angriff ist in meiner Meinung nicht enthalten, auch kein Missionierungsversuch, keine Zurechtweisung ... allenfalls ein bisschen Kritk, weil ich mir da eine bessere Begründung als 500-1000 Jahre alte Verbrechen wünschen würde, die wirklich überhaupt nichts mit meinem heutigen Christsein zu tun haben, oder dem, was Jesus lange Zeit zuvor gesagt hat. Alternativ find ich es auch ok, völlig auf eine Begründung zu verzichten, weil das eben m.M.n. sowieso ureigenste Privatsache ist, die niemand erklären muss und wozu auch niemand zu einer Erklärung aufgefordert werden sollte.

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 21.10.2016 07:27:56

Bei aller berechtigten Kritik an unserem Wirtschaftssystem und unserem Gesellschaftscharakter dürfen wir nicht vergessen, das wir eine stabile demokratische Grundordnung, verbunden mit einem verlässlichen Rechtssystem besitzen. Von diesen Werten profitieren wir alle, sie sollte man nicht als selbstverständlich gegeben betrachten, und deshalb sollten wir auch für deren Erhalt einstehen und kämpfen.

Freiheit und soziale Gerechtigkeit den ungezügelten Kräften des Marktes zu überlassen, wäre mehr als nur eine grobe Nachlässigkeit, es wäre das Ende und möglicherweise der Tod unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Außerdem scheint es dringend geboten, das gegenwärtige Wirtschaftsmodell zu überdenken und auf den Prüfstand zu stellen.

Wer unsere Demokratie erhalten will, muß eine Politik mit menschlichem Antlitz betreiben, eine Politik, wo der Mensch wieder im Mittelpunkt des Geschehens steht und validierbare und transparente Entscheidungen getroffen werden, die auf unser aller Gemeinwohl abzielt und wo Nachhaltigkeit gebührend berücksichtigt wird.

Ohne ein gerütteltes Maß an Ethik wird ein zukünftiges Wirtschaftsmodell nicht mehr funktionieren und längerfristig zum Scheitern verurteilt sein.

Wir sollten uns vom Wachstumswahn und auschließlichem Profitdenken verabschieden, den augenblicklichen Wohlstand einfrieren und uns einem Nullwachstum zuwenden. Das spart Resourcen und wäre der erste Schritt in einer von Ethik geprägten Nachhaltigkeit.

Die menschliche Arbeit muß wieder den Stellenwert bekommen, den sie früher einmal hatte. Wir brauchen keine Umwertung aller Werte, sondern sollten uns erneut zurück besinnen auf die Zeit nach dem Kriege, als unser Wirtschaftswunder tatsächlich durch Fleiß und Tatkraft blühende Landschaften
hervorbrachte und erschuf.

Reformbedarf haben wir genug auf allen Gebieten. Die Menschen werden immer älter, dem sollte auch gebührend Rechnung getragen werden.

Das Rentenniveau muß dringend angehoben und die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt werden, um einer drohenden Altersarmut vorzubeugen.

Arbeit ist genug vorhanden, es müssen Kindergärten und Schulen, Straßen und Brücken saniert werden. Wir sollten über ausreichende Geldmittel verfügen, um unsere Infrastruktur zu verbessern und auch den sozialen Wohnungsbau zu neuer Blüte verhelfen. Wenn das alles verwirklicht würde, dann würde auch unsere derzeitige Arbeitslosigkeit sinken.

Ach ich hätte noch viele Ideen, aber jetzt muß ich mich erst mal mit einem kräftigenden Frühstück stärken.
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von Luxuslurch » 21.10.2016 08:50:58

@ralli: ganz so einfach ist es halt leider nicht...
ralli hat geschrieben:Das Rentenniveau muß dringend angehoben und die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt werden, um einer drohenden Altersarmut vorzubeugen.
Das Rentenniveau muss dringend noch weiter sinken, wie geplant bis 2030. Sonst tragen die wenigen jungen eine zu hohe Last. Oder könntest du dir vorstellen, noch mal 5-10% mehr vom Brutto abzugeben?
Hier ist halt der Knackpunkt (Hervorhebung von mir):
ralli hat geschrieben:Wir sollten über ausreichende Geldmittel verfügen
Tun wir halt nicht. Wirtschaftswunder war vor allem Wirtschaftswachstum. Und die Wirtschaft kann kaum noch wachsen. Das ist die zentrale Herausforderung, vor der wir stehen.
Debian Stable.
Der Mod spricht rot.

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 21.10.2016 09:36:58

Luxuslurch hat geschrieben:Das Rentenniveau muss dringend noch weiter sinken, wie geplant bis 2030. Sonst tragen die wenigen jungen eine zu hohe Last. Oder könntest du dir vorstellen, noch mal 5-10% mehr vom Brutto abzugeben?
Aus dem Sozialversicherungssystem und damit dem Solidarsystem haben sich viele Wohlhabende verabschiedet, u.a. Privatversicherte, Steuerbetrüger. Ebenso sehe ich aufgrund des Verhältnisses Beitragszahler/-Empfänger (Demografie), der niedrigen Reallöhne im Vergleich zu Wirtschaftwachstum / Bruttosozialprodukt / Steueraufkommen die absolute Notwendigkeit, das Sozialsystem endlich auch mit Steuermitteln zu finanzieren - an denen sich wohl oder übel ALLE beteiligen (oder angemessen beteiligen sollten).

Niedrige Renten bedeuten am Ende auch mehr Sozialhilfeempfänger oder "Rentenaufstocker", die dann auch durch andere, diesmal aber Steuerzahler unterstützt werden.

Für die Flüchtlinge wurden plötzlich wieviele Milliarden aus dem Ärmel gezaubert? Damit meine ich nicht nur die direkte Unterstützung, sondern auch Kosten für Deals, der letzte war wohl mit Afghanistan! Warum war das Geld vorher nicht für die eigene Bevölkerung und Infrastruktur da? Womit werden die Auslandseinsätze bezahhlt? Sinnlose Gelder - oder hat irgend jemand in Afghanistan gewonnen? Außer den korrupten Warlords natürlich. Zumindest die Afghanistan-Flüchtlinge nicht. Es sind jedenfalls genügend Steuermittel da, müssen nur sinnvoll verwendet werden.

Am Ende birgt soziale Ungleichheit Konfliktpotential, Gefahren für unsere Demokratie, Gefahren für den inneren Frieden. Und wenn es nur mehr Diebstähle sind!
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 21.10.2016 09:51:37, insgesamt 3-mal geändert.

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von Liffi » 21.10.2016 09:48:57

Jana66 hat geschrieben: Für die Flüchtlinge waren plötzlich weviele Milliarden aus dem Ärmel gezaubert. Damit meine ich nicht nur die direkte Unterstützung sondern auch Kosten für Deals, der letzte war wohl mit Afghanistan! Warum war das Geld vorher nicht für die eigene Bevölkerung und Infrastruktur da?
Die werden ja nicht aus dem Ärmel gezaubert sondern als zusätzliche Schulden aufgenommen oder vorhandene Schulden werden nicht abbezahlt. Es ist ja nicht so, dass wir schuldenfrei sind und unsere dringendste Überlegung ist: "Goldene Wasserhähne oder doch lieber welche aus Platin".

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 21.10.2016 09:51:45

@Luxuslurch, das sehe ich ganz anders, Jana hat völlig Recht, es ist für alles Geld da, nur nicht für das wirklich Notwendige. Und wenn das Renteniveau wie politisch gewollt, weiter sinkt, werden die Probleme nur in die Zukunft verlagert und der Steuerzahler muß dann für die erforderlichen Aufstocker gerade stehen, deren Rente das gesetzlich garantierte Existenzminimum nicht erreicht. Um Janas Ausführungen noch zu ergänzen, wir brauchen auch keine Aufstockung der Militärausgaben, nur weil die Amerikaner sich das wünschen. Und wenn jeder ausreichend Steuern bezahlt, ist alles finanzierbar bis hin zur Erhöhung des Hartz IV Satzes. Es muß endlich aufhören, das sich die reichsten Konzerne bilanztechnisch arm rechnen und sich damit der Verantwortung auch für das Gemeinwohl entziehen. Auch der Steuerverschwendung in Milliardenhöhe muß endlich Einhalt geboten werden, indem die dafür Verantwortlichen endlich auch strafgesetzlich zur Rechenschaft gezogen werden.

Es gibt viel zu tun, packen wir es an. :mrgreen:
Zuletzt geändert von Anonymous am 21.10.2016 09:55:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 21.10.2016 09:54:06

aktuelle Einsätze der Bundeswehr: http://www.einsatz.bundeswehr.de/portal ... qAgASPKsIg!!/
Gibt bestimmt noch mehr Einsparmöglichkeiten: Weniger Krieg bedeutet meist auch weniger Flüchtlinge. Die müssen dann nicht mal "künstlich" per Zaun oder per Deal zurückgehalten werden, die bleiben freiwillig und ändern vielleicht mal was - im eigenen Land, an der eigenen (schlechten) Regierung. :hail:
Zuletzt geändert von BenutzerGa4gooPh am 21.10.2016 10:15:00, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von Luxuslurch » 21.10.2016 10:14:21

ralli hat geschrieben:Und wenn das Renteniveau wie politisch gewollt, weiter sinkt, werden die Probleme nur in die Zukunft verlagert und der Steuerzahler muß dann für die erforderlichen Aufstocker gerade stehen, deren Rente das gesetzlich garantierte Existenzminimum nicht erreicht
Die Probleme werden dann in die Zukunft verlagert, wenn man weiter die Augen vor der Tatsache verschließt, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr für immer länger lebende Rentenempfänger aufkommen müssen. Wie man jetzt dagegen steuert, ist diskutabel. Rentenniveau senken ist eine Maßnahme, die sowieso nicht ausreichen wird. Die von dir erwähnten Überlegungen, wirklich alle (also auch die Steuerbetrüger oder die Selbständigen) in das Boot der Gesetzlichen Rentenversicherung zu holen, gehören dazu.

Man darf aber nicht zwei Fehler machen:
Erstens die Lage dramatisch überbewerten. Momentan sind 3% der Bevölkerung im Alter 65plus in der Grundsicherung. Das wird aller Voraussicht nach auf ca. 5% steigen. Schön ist das nicht, aber das bedeutet auch, dass 97% eben nicht darauf angewiesen sind. Jetzt noch eben den Fakt wirken lassen, dass die jetzige Rentnergeneration so ziemlich die reichste ist, die jemals hier gelebt haben dürfte, und man könnte auf die Idee kommen, dass es noch ganz andere Baustellen im Sozialsystem gibt, wo das Geld ebenfalls sehr gut gebraucht wird.
Zweitens darf man bitte, bitte nicht die verschiedenen Sicherungssysteme gegeneinander ausspielen. Das Rentensystem hat mit dem Asylbewerberleistungsrecht, der Obdachenlosenhilfe oder der Krankenversicherung hinten und vorne nichts zu tun. Das sind alles verschiedene Sicherungssysteme.
ralli hat geschrieben:Und wenn jeder ausreichend Steuern bezahlt, ist alles finanzierbar
Na, vielleicht nicht alles, aber vieles mehr. Aber jemand, der den Sozialstaat liebt, blickt nicht umsonst neidisch nach Schweden, das ist richtig.
Jana66 hat geschrieben:aktuelle Einsätze der Bundeswehr
Dass unsere Bundeswehreinsätze Flüchtlinge produzieren würden, halte ich mal für eine ideologisch verbrämte These. Boko Haram, ISIS und die Taliban sind da zumindest unter den aktiven Gruppen etwas effektiver.
Debian Stable.
Der Mod spricht rot.

BenutzerGa4gooPh

Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 21.10.2016 10:34:53

Die Bundeswehr allein ist es sicher nicht. Die nimmt jedoch den USA oder Frankreich Arbeit ab. Und natürlich Kosten. Irak und Syrien und Afghanistan waren vorher stabil - wenn auch nicht besonders gut regiert. Die von dir angeführten Gruppen gab es in der heutigen Stärke zumindest nicht, abgesehen von regierenden Taliban. Nahezu keine Flüchtlinge kamen aus diesen Gebieten.

Beachtenswerterweise mischen sich USA, Bundeswehr und andere NATO-Staaten auch nur in gewisse Gebiete ein, die entweder militärstrategisch oder wegen ihrer Ressourcen wichtig erscheinen. In Afrika und Asien gibt es viele korrupte und menschenverachtende Regimes. Jedoch wirtschaftlich und militärisch uninteressant.

Egal welche These ich vertrete, sinnlose Geldverschwendung - schon weil der Westen diese Kriege in den vielen Jahren nicht mal gewonnen hat. Na wie in Vietnam auch. Man könnte mal aus der Vergangenheit lernen. Auch die Deutschen. Es gab schon mal ein Grundgesetz, das wegen schlechter Erfahrungen vorher keine Auslandseinsätze zu ließ. Wurde dann mal ohne Volksbefragung geändert. Könnte man ja zurückändern, gern mit Volksabstimmung diesmal! Würde einer CDU gut für den Wahlkampf anstehen. Erst mal die Volksabstimmung. Wir wollen doch so christdemokratisch sein.

PS: In dem Atemzug/Wahlkampf/Volksabstimmung könnte man sinnvollerweise und demokratischerweise zusätzlich über NATO-Zugehörigkeit abstimmen.

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ralli
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von ralli » 21.10.2016 10:52:24

Danke @Luxuslurch für die Zahlen und die Aufklärung. So genau wußte ich das nicht. Allerdings sind diese Zahlen wohl auch nur ein momentaner Schnappschuß und damit eine Momentaufnahme. Bedingt durch den von Schröder eingeführten Niedriglohnsektor und die damit entstandenen prekären Arbeitsverhältnisse wird dieser augenblickliche Zustand sicherlich in einigen Jahren noch in angenehmer Erinnerung bleiben, weil sich die Lage natürlich in den nächsten Jahren dramatisch verschlechtern wird. Wieviel Jahre (wahrscheinlich 40 Jahre und mehr) und wieviel muß ein augenblicklicher Beitragszahler verdienen, um in sagen wir mal 30 Jahren der Altersarmut zu entgehen? Wenn ich mir die augenblicklichen Fixkosten eines ledigen Haushaltes anschaue und das ganze dann noch hochrechne, weil alles von der Miete bis zu den Energiekosten ja jährlich steigt, dürfte selbst eine Rente in Höhe von 1300 € oder 1400 € nicht ausreichen, um einen Lebensstandard zu garantieren, der auch die Lebensleistung würdigt. Das wäre ja mal interessant. Da kommst Du sicherlich mit 1800 € netto durchschnittlich nicht mehr hin. Das ganze System scheint irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Wie das zu lösen ist, weiß ich auch nicht, denn die Problematik gleicht der Quadratur des Kreises.
Wer nicht lieben kann, muß hassen. Wer nicht aufbauen kann muß zerstören. Wer keine Brücken baut, muß spalten.

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hikaru
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von hikaru » 21.10.2016 11:12:30

@TomL:
:THX:
Jana66 hat geschrieben:Jetzt muss ich mal hikaru verteidigen
Nein, musst du nicht. Trotzdem danke! ;)
Jana66 hat geschrieben:Die Massentierhaltung finde ich des Menschen unwürdig und geduldete Tierquälerei.
Ich finde das sehr des Menschen würdig. So ist er eben. Er erhebt sich gern über andere und rechtfertigt aus dieser Position seine Taten.

ralli hat geschrieben:Es ist eine verdammte Lüge, das der Verbraucher nur billiges Fleisch will und nicht dazu bereit wäre, etwas mehr zu bezahlen, wenn die Kreatur dann artgerecht aufwachsen kann.
Ich halte das nicht für eine Lüge. Es ist aber auch nicht die ganze Wahrheit. Ein Teil der Menschen legt Wert auf artgerechte Tierhaltung, ein anderer Teil tut das nicht.

TomL hat geschrieben:Aber ich glaube, dass ich in einer sozialen Ökologie lebe, in der diese Werte durchaus anerkannt sind.... als da wäre die Ablehnung von Gewalt und der vollständige Respekt menschlichen und tierlichen Lebens. Das es da in der Realität gerade bei den Tieren noch hakt, ist mir bekannt. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Menschen von heute in ein paar Jahrhunderten als die gleichen Barbaren (wg. unseres Umgangs mit Tieren) betrachtet werden, wie wir heute mit Abscheu die Barbaren des Sklaventums in vergangenen Jahrhunderten betrachten.
Ich sehe die Tendenzen die du hier beschreibst eigentlich nur in unserem westlichen Kulturkreis. Den Ostasiaten (hauptsächlich Chinesen) mit denen ich Kontakt habe ist aber ein Mitfühlen mit Tieren nach unseren Maßstäben eher fremd. Dort gibt es eine grundlegend andere philosophische Weltanschauung. Praktisch jedes Etwas, sei es ein Mensch, ein Tier oder ein Stein, gilt dort in gewisser Weise als beseelt. Allerdings hat jedes Etwas einen bestimmten Zweck, einen zugewiesenen Platz in der Welt. Das Seelenheil erreicht jedes Etwas dadurch, dass es seiner Bestimmung nachkommt. Wenn du nun zufälligerweise Masthuhn bist, dessen Bestimmung es ist, mit möglichst vielen anderen Hühnern möglichst fett gemästet zu werden, dann führt dich dein Leben eingepfercht im Maststall nach chinesischer Interpretation zum Seelenheil. Nach westlicher Interpretation hast du hingegen die Arschkarte gezogen, denn hier wirst du gewissermaßen vermenschlicht, und kein Mensch möchte in einem Maststall leben.
Der machtpolitische Schwerpunkt der Weltpolitik verschiebt sich immer weiter vom atlantischen in den pazifischen Raum. Ob unsere westlichen Maßstäbe in diesem Prozes erhalten bleiben ist für mich fraglich. Es gibt einen gewissen Export westlicher Werte nach Ostasien, aber ich denke das könnte sich umkehren, wenn die machtpolitische Verschiebung die Werteverschiebung überholt.
TomL hat geschrieben:Über den Aufkleber auf dem Karton zu streiten, ist einfach nur albern und erhebt den Aufkleber in seiner Relevanz über die Werte.
Ich halte das nicht für albern. Nehmen wir ein anderes Beispiel, mit dem wir als Debianer alle mehr oder weniger vertraut sein sollten.
Open Source vs. Freie Software: Beide Ansätze führen meist zum selben Ziel, aber die Herangehensweise ist grundlegend verschieden.
Für OS zählt nur das Ergebnis, der Weg dahin ist nur Mittel zum Zweck und hat keine tiefere Bedeutung für die Anhänger der Bewegung.
FS hingegen ist eine Philosophie, die von bestimmten Werten ausgeht. Das Egebnis ist nur die logische Konsequenz aus dem Verfolgen dieser Werte.
Ich habe nichts gegen OS, aber ich lege Wert darauf, mich als Anhänger von FS zu bezeichnen.

ralli hat geschrieben:Bei aller berechtigten Kritik an unserem Wirtschaftssystem und unserem Gesellschaftscharakter dürfen wir nicht vergessen, das wir eine stabile demokratische Grundordnung, verbunden mit einem verlässlichen Rechtssystem besitzen.
Ich bezweifle sowohl die Stabilität unserer demokratischen Grundordnung, als auch die Verlässlichkeit unsere Rechtssystems.
Aktuellstes Beispiel: Die heute anstehende Legalisierung bisher illlegal durchgeführter Inlandsüberwachung des BND durch den Bundestag.
ralli hat geschrieben:Freiheit und soziale Gerechtigkeit den ungezügelten Kräften des Marktes zu überlassen, wäre mehr als nur eine grobe Nachlässigkeit, es wäre das Ende und möglicherweise der Tod unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Festhalten: Wir stecken schon mittendrin. Der Konjunktiv ist also nicht nötig.
ralli hat geschrieben:Ohne ein gerütteltes Maß an Ethik wird ein zukünftiges Wirtschaftsmodell nicht mehr funktionieren und längerfristig zum Scheitern verurteilt sein.
Ich kann mir ganz fürchterliche Wirtschaftsmodelle ausmalen, die ohne jede Form von Ethik funktionieren würden.
ralli hat geschrieben:Die menschliche Arbeit muß wieder den Stellenwert bekommen, den sie früher einmal hatte.
Wir tun seit fast 200 Jahren genau das Gegenteil. Menschliche Arbeit wird überall dort eliminiert, wo Maschinen produktiver sind.
ralli hat geschrieben:Wir brauchen keine Umwertung aller Werte, sondern sollten uns erneut zurück besinnen auf die Zeit nach dem Kriege, als unser Wirtschaftswunder tatsächlich durch Fleiß und Tatkraft blühende Landschaften hervorbrachte und erschuf.
Die blühenden Landschaften wurden nach dem 2. WK nicht erschaffen, sie wurden wiederhergestellt. Ohne die durch den Krieg verursachte Zerstörung hätte es gar keinen Wirtschaftsaufschwung durch Wiederaufbau geben können (und vielleicht auch nicht müssen).
ralli hat geschrieben:Das Rentenniveau muß dringend angehoben und die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt werden, um einer drohenden Altersarmut vorzubeugen.
Altersarmut hat Vorteile für einen Staat im Kontrollwahn. Ein Rentner der auf staatliche Unterstützung jenseits seiner Rente angewiesen ist, kann über Leistungskürzungen zum Systemkonformismus gezwungen werden, so wie es heute schon mit Hartz-4-Empfängern geschieht.
ralli hat geschrieben:Arbeit ist genug vorhanden, es müssen Kindergärten und Schulen, Straßen und Brücken saniert werden.
Nichts davon schlägt sich positiv in den nächsten Quartalszahlen nieder und auch bis zur jeweils nächsten Wahl wird das eher knapp. Solche langfristigen Projekte passen nicht wirklich in unser Wirtschaftssystem.

Luxuslurch hat geschrieben:Das Rentenniveau muss dringend noch weiter sinken, wie geplant bis 2030. Sonst tragen die wenigen jungen eine zu hohe Last.
Kein Problem, dann werden eben auch die Jungen staatlich aufgestockt - natürlich ebenfalls nur diejenigen die sich zu benehmen wissen. (Nicht dass hier noch einer mit dem Märchen vom BGE anfängt! ;) )

ralli hat geschrieben:Es muß endlich aufhören, das sich die reichsten Konzerne bilanztechnisch arm rechnen und sich damit der Verantwortung auch für das Gemeinwohl entziehen.
Das dürfen die gar nicht. Die meisten dieser Konzerne sind AGs, und die sind dazu verpflichtet, ihren Anteilseignern möglichst hohe Gewinne zu verschaffen. Ich glaube das ist sogar gesetzlich irgendwo festgehalten.

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MartinV
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Re: Warum schweigen die Lämmer?

Beitrag von MartinV » 21.10.2016 13:40:52

jana66 hat geschrieben: schon weil der Westen diese Kriege in den vielen Jahren nicht mal gewonnen hat
Das ist eine Frage der Perspektive. Eine wirtschaftlich interessante Region (z.B. Bodenschätze) oder militärstrategisch wichtige Region zu destabilisieren, oder eine in globaler Politik/Wirtschaft einflußreich werdende Region zu zersplittern, kann ein "Sieg" sein.
Als aktuelles Beispiel denke ich da an den Putsch in Brasilien, der in unseren Medien kaum präsent war. Brasilien ist Teil des BRICS-Bundes (Brasilien, Rußland, Indien, China, Südafrika).

Teile und herrsche!
Tote und Flüchtlinge sind "Kollateralschaden", die noch nützlich sein können, um beherrschte Menschen ("Lämmer") zu verunsichern.
Die Vernunft kann einem schon leidtun. Sie verliert eigentlich immer.

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