Google boykottieren

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gaudiman
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Google boykottieren

Beitrag von gaudiman » 12.09.2006 15:00:11

Ein bisschen ist hier ja schon über die Ereignisse in China diskutiert worden. Nach den Human Rights Watch tragen westliche Firmen insbesondere Google, Yahoo und Microsoft erhebliche Mitschuld an dieser Situation. Google ist unter den Suchmaschinen eigentlich zum Standard geworden, ich bin am überlegen, ob man auf andere Suchmaschinen ausweichen sollte, denn Google finanziert sich doch über Werbung und ist darauf angewiesen, dass man es benutzt. Könnte nicht jeder einzelne so ein wenig Druck (zumindest was das Image angeht) auf Google ausüben?
Was meint ihr dazu?
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Zwerg
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Beitrag von Zwerg » 12.09.2006 15:10:56

Schwierig. Ich selbst nutze überwiegend Google. Was mich bei Google hält ist die Quallität der Suchergebnisse und mal ganz frech gesagt meine über die Jahre angewachsenen "Skills" was das Suchen bei Google angeht. Allerdings nutze ich auch vermehrt ask.com und Meta Suchmaschinen. Aber vieleicht kannst du ja andere überzeugen :)

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I.C.Wiener
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 15:17:44

Lustiger wäre es, überall nur noch von "googlen" zu sprechen, dass Google das Namensrecht an der Marke verliert. :D
http://www.heise.de/newsticker/meldung/76830
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Kotzkroete
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Beitrag von Kotzkroete » 12.09.2006 15:28:19

Was genau ist euer Problem mit google?

ric
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Beitrag von ric » 12.09.2006 15:36:37

Kotzkroete hat geschrieben:Was genau ist euer Problem mit google?
gaudiman hat geschrieben: Ein bisschen ist hier ja schon über die Ereignisse in China diskutiert worden. Nach den Human Rights Watch tragen westliche Firmen insbesondere Google, Yahoo und Microsoft erhebliche Mitschuld an dieser Situation.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_%28 ... e%29#China

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Beitrag von Lohengrin » 12.09.2006 15:46:03

zwerg2 hat geschrieben: Was mich bei Google hält ist die Quallität der Suchergebnisse
Ich habe das schon anders erlebt. Neulich kursierte bei uns eine kleine Sammlung bewegter Bilder (Zidane und Materazzi), und ich habe eine dazugehörige Internet-Quelle gesucht. Google gab nichts her. Aber mit Altavista habe ich es gefunden.

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Beitrag von Lohengrin » 12.09.2006 15:49:10

Kotzkroete hat geschrieben:Was genau ist euer Problem mit google?
Das Problem was es mit jedem Monopol gibt.
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 15:49:13

Ich habe in dem Bezug kein Problem mit Google.
Wenn ein Unternehmen in einem Land Geschäfte machen möchte, hat es sich an die dortigen Gesetze zu halten.
Nur weil irgendeiner dritten Person das nicht passt, ist nicht der Geschäftsmann der Böse.

Was ich von der chinesischen Regierung halten ist da zweitrangig. Google tut nichts Falsches. Google filtern in vielen Ländern Inhalte. Ich glaube auch gelesen zu haben, dass sie in Deutschland auch filtern.
Wer soll nun bewerten, wo es richtig und wo falsch ist?

Wie ich schon dagte, finde ich es eher lustig, wenn Google (oder jeder andere) um sein Markenrecht bangen, weil sie zu berühmt sind. :D
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Beitrag von catdog2 » 12.09.2006 16:01:03

Schlimmer finde ich, dass Regierungen auf der ganzen Welt (unter anderem auch die Deutsche) diese rumzensiererei in China stillschweigend hinnehmen.


Wikipedia-Gründer kritisiert Google und China
Unix is user-friendly; it's just picky about who its friends are.

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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 16:24:57

Da wir gerade bei der Kritik an der Unterstützung des chinesischen Regimes sind, könnte jeder mal seinen PC aufschrauben und durchrechnen, wie hoch seine Unterstützung war. Danach muss aber noch ein Blick auf alle anderen Elektrogeräte und vielleicht auch auf das eigene Auto folgen.

Nicht nur Google tut nichts gegen die Überwachungswut der chinesichen Regierung. Die ganze Welt schaut zu und der Konsummop ist mitschuld.
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Beitrag von Hoshpak » 12.09.2006 16:35:48

wohl wahr, da müsste man etwas gegen tun, wenn man das nicht erstmal im eigenen Land abwehren müsste. Ich boykottiere Google - zumindest direkt - schon seit langem und nutze keinerlei Services dieser Firma, ausschlaggebend waren für mich aber eher Datenschutzbedenken und die niedrige Qualität der Suchergebnisse. Wenn man dann aber bei anderen Suchmaschinen nichts findet muss man dann doch wieder Metasuchmaschinen benutzen und damit indirekt auch Google.
Mfg
Hoshpak

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Beitrag von BeS » 12.09.2006 16:48:50

Hallo,
ich finde das Argument, dass es doch so viele andere Bereiche gibt die das (indirekt) unterstützen, kann man nicht wirklich dafür verwenden um das eigene nichts-tun zu rechtfertigen. Wenn man dieses Argument ernst nimmt, dann kann man garnichts mehr machen und sich für nichts mehr einsetzen. Wichtig ist imho, dass sich jeder da einsetzt wo er sich am besten auskennt und wo man selber aktiv ist. Wenn man davon ausgeht, dass wir hier sicher zu einer Gruppe gehören die starken Gebrauch von Suchmaschinen macht, ist es durchaus legitim darüber nachzudenken ob wir durch unser Verhalten in unserem Bereich nicht ein Zeichen setzen können.

Last uns das ganze doch mal etwas praktischer machen und alternativen aufzeigen. Welche Suchmaschinen neben Google verwendet ihr und könnt ihr Empfehlen?

Also ich habe vor einiger Zeit mal http://de.vivisimo.com/ ausprobiert und fand die Ergebnisse eigentlich ganz gut. Die Gründe warum ich bisher trotzdem hauptsächlich Google verwende:
- Ich kann mir den Namen der Suchmaschine nicht gut merken
- Mir fehlen nützliche Funktionen wie das man mit einem Mausklick auch mal schnell die newsgroups durchsuchen oder nach Bilder suchen kann.

Was kennt ihr und was könnt ihr als Alternative empfehlen?
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 16:56:10

Ich bin nicht der Meinung, dass man nichts tun sollte, nur weil andere ja auch nicht tun.
Nur denke ich, dass aus dem Gesichtspunkt der politischen Stellungnahme ein reiner Boykott der Suchmaschine nicht ausreicht. Der Markt schwankt eh' immer. Da nimmt doch niemand Kenntnis von. Und selbst wenn, weiß niemand, _warum_ der Marktanteil schrumpft.
Möchte man Google dazu bringen, den politischen Aspekt der ganzen Geschichte zu spüren, muss man gleichzeitig einen Brief (oder E-Brief) schreiben.

Ansonsten kann ich den "Free Tibet"-Aufkleber auch in meine Schranktür kleben, und mich gut fühlen.

MfG
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BeS
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Beitrag von BeS » 12.09.2006 17:29:15

I.C.Wiener hat geschrieben: Nur denke ich, dass aus dem Gesichtspunkt der politischen Stellungnahme ein reiner Boykott der Suchmaschine nicht ausreicht. [..]
Möchte man Google dazu bringen, den politischen Aspekt der ganzen Geschichte zu spüren, muss man gleichzeitig einen Brief (oder E-Brief) schreiben.
Es hält dich niemand davon ab neben einem Bykott Google auch wissen zu lassen warum du in Zukunft keine Google Dienste mehr in Anspruch nimmst. Außerdem gibt es ja schon ein gewisses Medienecho, dass du natürlich jeder Zeit durch Handlungen (Boykott) und öffentlicher oder privater Mails/Briefe verstärken kannst.
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storm
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Beitrag von storm » 12.09.2006 17:39:31

I.C.Wiener hat geschrieben: Wenn ein Unternehmen in einem Land Geschäfte machen möchte, hat es sich an die dortigen Gesetze zu halten. Nur weil irgendeiner dritten Person das nicht passt, ist nicht der Geschäftsmann der Böse.
Richtig, dafür ist es aber äusserst bequem, solch eine Haltung einzunehmen.
Google tut nichts Falsches.
Wirklich? Die Informationen existieren deswegen trotzdem und die Probleme entstehen, weil Menschen nicht damit umgehen können. Irgendwelche Gesetze werden das nicht ändern, nur kaschieren. Mit dem Filtern ist es genauso. Du spielst ein ernstes Thema herunter. Und nur weil es hier auch getan wird, heisst das noch lange nicht, dass es deswegen gut ist.

ciao, storm

/edit: ganz vergessen
http://de.ask.com
http://exalead.de
http://www.metager2.de
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I.C.Wiener
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 18:06:01

storm hat geschrieben:Und nur weil es hier auch getan wird, heisst das noch lange nicht, dass es deswegen gut ist.
Ich halte aber ein Messen mit zweierlei Maß in diesem Punkt für falsch. Entweder man vertäufelt jede Zensur (dann ist die China-Problematik nur ein Vorhängeschild), oder man akzeptiert die Gesetze eines Landes. Also ich meine aus der Sicht eines international agierenden Unternehmens.
Ein Privatmann kann sich den Luxus einer morlischen Bewertung leisten, wie soll Google dem aber nachkommen?
Heute sagt jemand etwas gegen China, also zieht sich Google aus China zurück (da bleiben können sie nciht, wenn sie nicht zensieren)
Morgen sagt der nächste Iran, Libanon und Syrien, dann meint ein anderer, dass ja eigentlich Israel und Russland auch böse sind. Wer freut sich? Yahoo und Microsoft. Das Problem besteht weiterhin, nur Google ist inzwischen nur noch eine zweitklassige Firma.

Google zum handeln zu zwingen, stellt für mich einen falschen Weg dar um ein politisches Problem zu lösen (wer ein Problem mit Monopolen hat, wird hier allerdings schon seinen Weg finden).

Es triffe China nicht, wenn Google dort nicht mehr geschäftlich tätig sein darf. Also hat man den falschen boykottiert.
BeS hat geschrieben: Es hält dich niemand davon ab neben einem Bykott Google auch wissen zu lassen warum du in Zukunft keine Google Dienste mehr in Anspruch nimmst.
Natürlich nicht. Aber ich bin schon der Meinung, dass dieser Punkt in der bisherigen Diskussion einer Erwähnung erforderte. Es machte für mich den Eindruck, dass die Meinung vorherrscht, ein Boykott einer Suchmaschine wäre ein Schritt in Richtung einer besseren Welt. In meinen Augen taugt dieser Schritt alleine allerdings nur der erleichterung des eigenen Gewissens.

Mein Tipp:
Brief an Google -> Dann Boykott
Brief an Merkel
Brief an Steinmeier
Kein "Made in China" kaufen.

Das ist ein guter Anfang.

Wer weiter gehen möchte, kann auch den entsprechenden Senatoren schreiben, wenn sie ein chinesisches Staatsoberhaupt empfangen oder beherbergen.

Aber alleine der Boykott ist nur ein leises Kratzen an einem Monopolisten, nicht jedoch Politik.

MfG
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Beitrag von storm » 12.09.2006 18:57:16

I.C.Wiener hat geschrieben: Ich halte aber ein Messen mit zweierlei Maß in diesem Punkt für falsch.
Wer misst wo mit zweierlei Maß? Vielleicht hab ich mich missverständlich ausgedrückt: Wenn in Deutschland gefiltert wird, macht dass das Filtern von Inhalten nicht besser, egal wo auf der Welt.
Entweder man vertäufelt jede Zensur (dann ist die China-Problematik nur ein Vorhängeschild), oder man akzeptiert die Gesetze eines Landes. Also ich meine aus der Sicht eines international agierenden Unternehmens.
Nach dem Filtern kommt als nächstes das Weiterreichen von Verbindungsdaten von zB Dissidenten, die dann auch gleich abgeholt und weggeschlossen oder erschossen werden. Klingt absurd? Schon passiert.
Und: Zensur ist ohne Ausnahme abzulehnen.

ciao, storm
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Beitrag von storm » 12.09.2006 19:05:11

Nachtrag, aus http://de.wikipedia.org/wiki/Pragmatiker:
Die Reduzierung der Wahrheit und die Ausklammerung der Moral auf den vom Interesse des einzelnen oder einer Gruppe von Menschen her bestimmten Nutzen und Erfolg ist das entscheidende Moment der Lebensphilosophie des Pragmatismus. Bei konsequenter Anwendung des Pragmatismus in der täglichen Praxis würde sich ein völliger Relativismus einstellen, der geeignet ist, alle Handlungen zu rechtfertigen, solange sich diese als nutzbringend, erfolgreich oder bewährt herausstellen.
ciao, storm
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Lohengrin
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Beitrag von Lohengrin » 12.09.2006 19:12:36

storm hat geschrieben:Nachtrag, aus http://de.wikipedia.org/wiki/Pragmatiker:
Die Reduzierung der Wahrheit und die Ausklammerung der Moral auf den vom Interesse des einzelnen oder einer Gruppe von Menschen her bestimmten Nutzen und Erfolg ist das entscheidende Moment der Lebensphilosophie des Pragmatismus. Bei konsequenter Anwendung des Pragmatismus in der täglichen Praxis würde sich ein völliger Relativismus einstellen, der geeignet ist, alle Handlungen zu rechtfertigen, solange sich diese als nutzbringend, erfolgreich oder bewährt herausstellen.
Ist das etwas Schlimmes?
Ich lehne Zensur aus pragmatischen Gründen ab. Auf lange Sicht ist Zensur nicht nützlich sondern schädlich.

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I.C.Wiener
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 19:37:47

storm hat geschrieben: [...]alle Handlungen zu rechtfertigen, solange sich diese als nutzbringend, erfolgreich oder bewährt herausstellen.
Der Fehler in dieser Argumentation besteht darin, dass ein Pragmatiker nicht zwingend aus diesen Beweggründen handelt, bzw. argumentiert.

Auch kann ein Auszug aus der Wikipedia nicht einfach als Autoritätsargument (sollte es wohl sein?) angebracht werden.

Ich lehne Zensur ab. Jede Zensur. Jede öffentliche Information sollte frei sein.
Mit zweierlei Maß wird hier gemessen, wenn man meint, dass die chinesische Regierung "falsche" Gesetze mache, die verboten gehören. Ich mag die chinesische Politik nicht. Ich habe in den letzten Jahren hunderte Briefe in die Politik einiger Länder verteilt, in denen ich die Gut-Freund-Politik vieler Länder anprangere. Nur finde ich es falsch auf der einen Seite beurteilen zu wollen, dass die chinesische Regierung nichts zensieren darf, sich aber hier über Naziseiten muckiert wird. (BTW: Ich finde Nazipropaganda scheiße!) Wieso ist diese Art der Zensur hier in Ordnung? Weil es unserer Moral besser passt. Aber wer kann sich denn hier ein Bild von den Moralvorstellungen in anderen Ländern machen um zu bewerten, wo man die Messlatte setzen soll?

Also entweder räumt man der chinesischen Regierung das Recht ein, bestimmte Dinge zu filtern, oder man findet sich damit ab, dass in Deutschland auch Naziseiten legal sind. Und das ist nicht der böse Pragmatismus, sonder einfaches Wiegen mit ein und der selben Waage.

Die chinesische Regierung hat z. B. mit religiösen Gemeinschaften schlechte Erfahrungen gemacht. Viele Regierungen wurden durch solche gestürzt. Es ist aus dieser Sicht schon verständlich, dass sie diese verbieten.

Ich finde so ein Vorgehen nicht richtig, aber der Vergleich ist nicht so absurd, wie er vielleicht aussehen mag.
Dass wir unsere Werte und die Demokratie und den ganzen Kram hier als erhaben gegenüber der chinesischen Diktatur ansehen, ist ganz klar, aber als Konsequenz daraus eine Firma zu verteufeln, halte ich für falsch.
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Beitrag von pissflitsche1979 » 12.09.2006 20:00:08

So leicht kannst dus dir mit dem Vergleich Zensur in China und in Deutschland nicht machen, Deutschland ist ein Rechtsstaat, China ist ein totalitärer Staat, es gibt dort faktisch kein freie Meinungsäusserung oder sowas wie Pressefreiheit, der Staat entscheidet darüber was seine Bürger "wissen dürfen", das "zensieren" (wenn man es so nennen kann) von Nazipropaganda und ähnlichem Gedankengut geschieht auf der Grundlage der persönlichen Freiheit des einzelnen, die bekanntlich da aufhört wo die Freiheit des anderen anfängt.
Die Freiheit ausländischer Mitbürger oder anderer Minderheiten wird durch dieses Propagandamaterial nämlich eingeschränkt, ist also imho zurecht nicht erlaubt in Deutschland.

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I.C.Wiener
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 20:11:42

Das ist genau das, was ich meine.
Das sind unsere Moralvorstellungen.
Google interessiert hier nicht, was das Volk denkt, sondern was die Regierung vorgibt. Warum sollten sie in China etwas anders machen. Sie richten sich nach dem, was der Staat vorgibt.

Wenn Google anfangen würde, die Meinung des Volkes durchzusetzen, hätten sie viel zu tun, bei den vielen Meinungen in der Welt. Und wenn dann noch dieses Land über jenes Land schimpft und jenes wieder über ein ganz anderes, dann kann keine Firma auf so einer Grundlage arbeiten.
Also hält man sich an das einzige, was handfest ist: Gesetze. Die Gesetze des Landes, in dem man Geschäfte machen möchte.

/edit: Nur um das noch einmal deutlich zu machen. Die Menschenrechtsverletzungen in China laufen für mich in einer ganz anderen Diskussion. Google begeht diese nicht. Dass sie nichts dagegen tun, mag ich ihnen nicht vorwerfen. Wenn jemand zu schnell fährt und dann einen Unfall verursacht, mache ich auch nicht die Leute verantwortlich, die dem Fahrer auf der Autobahn Platz gemacht haben.
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Beitrag von Lohengrin » 12.09.2006 22:11:49

pissflitsche1979 hat geschrieben:Deutschland ist ein Rechtsstaat, China ist ein totalitärer Staat, es gibt dort faktisch kein freie Meinungsäusserung oder sowas wie Pressefreiheit,
Deutschland ist auf dem Papier ein Rechtsstaat. China ist auf dem Papier ein Sozialismus.
Bei uns läuft die Verhinderung der Volksherrschaft auf eine andere Art als in China (Noam Chomsky hat das gut auf den Punkt gebracht). Man wird hier in seiner Meinungsäußerungsfreiheit zB damit bedroht, die Kosten eines Polizeieinsatzes zu tragen. Damit ist die soziale Existenz gefährdet.
In Irland sind vor ein paar Monaten Leute freigesprochen worden, die ein Flugzeug der US-Armee beschädigt haben, um den Irak-Krieg zu behindern. Dieser Freispruch war eine Überraschung. Zu so einer Tat gehört Mut. Die Leute haben viel riskiert.

Wir sind kein Rechtsstaat und schon gar keine Volksherrschaft. Wären wir ein Rechtsstaat, dann säßen Schröder, Fischer, Scharping, Struck, usw im Knast (zB wegen Jugoslawien).

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Beitrag von storm » 12.09.2006 22:34:49

I.C.Wiener hat geschrieben: Der Fehler in dieser Argumentation besteht darin, dass ein Pragmatiker nicht zwingend aus diesen Beweggründen handelt, bzw. argumentiert.
Ah, du hast die Gegenkritik gelesen. :)
Auch kann ein Auszug aus der Wikipedia nicht einfach als Autoritätsargument (sollte es wohl sein?) angebracht werden.
Nein, mir fehlten einfach die Worte, aber genau das wollte ich ausdrücken. Mit dem Ausflug zum Pragmatismus bezogen auf die Handlungen eines Unternehmens wie zB google meinte ich, dass wenn Geld und Moral aufeinandertreffen, letztere i.d.R. den Kürzeren zieht. Aber das muss nicht zwangsläufig so sein. Google ist noch Marktführer und hat gewisse Freiheiten sowie eine "Stimme", auf die auch die Mitbewerber hören. Nur leider ist google wie viele andere Unternehmen vom china-rush angesteckt, die sehen nur noch den riesigen, sich öffnenden Markt und vergessen alles andere.
Nur finde ich es falsch auf der einen Seite beurteilen zu wollen, dass die chinesische Regierung nichts zensieren darf, sich aber hier über Naziseiten muckiert wird.
Wer tut das denn? IMO niemand offizielles. Die Leute, die China anprangern, haben auch Probleme mit zB der Sperrungsverfügung in NRW und im Gegenzug wirst du wahrscheinlich keinen (Regierungs-)Politiker finden, der Chinas Vorgehen verurteilt.
Also entweder räumt man der chinesischen Regierung das Recht ein, bestimmte Dinge zu filtern, oder man findet sich damit ab, dass in Deutschland auch Naziseiten legal sind.
Genau.
Dass wir unsere Werte und die Demokratie und den ganzen Kram hier als erhaben gegenüber der chinesischen Diktatur ansehen, ist ganz klar, aber als Konsequenz daraus eine Firma zu verteufeln, halte ich für falsch.
Teufel hin oder her, Kritik muss doch aber drin sein und eben Boykottaufrufe auch. Ohne solche Massnahmen hätten doch viele Firmen gar kein Feedback mehr, auch wenn es ihnen eher wie ein Jucken am Hintern erscheint.

ciao, storm
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I.C.Wiener
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Beitrag von I.C.Wiener » 12.09.2006 23:57:16

storm hat geschrieben:
I.C.Wiener hat geschrieben: Der Fehler in dieser Argumentation besteht darin, dass ein Pragmatiker nicht zwingend aus diesen Beweggründen handelt, bzw. argumentiert.
Ah, du hast die Gegenkritik gelesen. :)
Nein, das war mein gesunder Menschenverstand. :D
storm hat geschrieben: Nur leider ist google wie viele andere Unternehmen vom china-rush angesteckt, die sehen nur noch den riesigen, sich öffnenden Markt und vergessen alles andere.
Sehe ich auch so. In der Welt, die ich nachts sehe (;)) bezieht jeder politisch (oder eher moralisch) Stellung. Nur sehe ich in der Realität auch den Gund ein, warum Firmen dies nicht tun. Besser wird es dadurch nicht, aber dann gilt es, die Wirtschaft als Ganzes zu kritisieren und nicht nur ein Unternehmen.
storm hat geschrieben:
Nur finde ich es falsch auf der einen Seite beurteilen zu wollen, dass die chinesische Regierung nichts zensieren darf, sich aber hier über Naziseiten muckiert wird.
Wer tut das denn? IMO niemand offizielles. Die Leute, die China anprangern, haben auch Probleme mit zB der Sperrungsverfügung in NRW und im Gegenzug wirst du wahrscheinlich keinen (Regierungs-)Politiker finden, der Chinas Vorgehen verurteilt.
Zugegeben, war das eher eine Sache, die ich aus anderen Diskussionen mitgenommen hatte. Hier habe ich das so nicht gelesen.
storm hat geschrieben: Teufel hin oder her, Kritik muss doch aber drin sein und eben Boykottaufrufe auch. Ohne solche Massnahmen hätten doch viele Firmen gar kein Feedback mehr, auch wenn es ihnen eher wie ein Jucken am Hintern erscheint.
Ok, ich kehre zu meinem eigentlichen Kritikpunkt zurück und sage:
Boykottaufruf ist gut, solange man der Firma mitteilt, warum man sie boykottiert. Macht das einer, stört es die Firma nicht, machen es viele, kommen sie vielleicht ins Grübeln. Zumindest könnte man so das Thema in dem Medien halten, was ein politisches Engagement warscheinlicher macht.

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