Weder manpage-Leserei noch Glaube hilft hier weiter. Eigenes "Forschen" ist gefragt, sowie eigenes Überlegen. Und zunächst mal muss man sich überlegen, was man denn überhaupt will. Bei buhtz ist mir das nach dem Lesen des Threads nicht mehr klar: Soll hier Strom gespart werden? Oder sollen die Platten geschont werden? Oder ist ein (wie auch immer definiertes) Optimum aus Beidem angedacht? Die Frage muss buhtz sich selber stellen und beantworten, damit man einigermaßen auf ein (dann auch definierbares) Ziel hinsteuert.
Um herauszufinden, wie man ein Optimum zwischen Stromsparen und Plattenschonung festlegt, muss man die Nutzung der Platten betrachten. Nicht irgendeine allgemeine Nutzung, und auch nicht die spezielle Nutzung
anderer Leute. Letzteres trifft auf die Platten aus der Google-Studie zu. Nur, wenn man deren Plattennutzung fast exakt genauso hat, kann man das überhaupt 1:1 vergleichen.
Dazu gehört auch, dass viele Dinge bisher v.a. von
magnetischen Festplatten bekannt sind, weniger von SDDs. Ich selber hab' nicht mal 'ne SDD, also gilt mein folgendes Geschwalle auch nicht für SSDs. (buhtz geht es ja offenbar auch um eine magnetische Platte.)
Viele hier im Thread haben es gesagt, und viele Berichte im Netz und in den Printmedien der letzten ca. 20 Jahre sagen es ebenfalls aus: Ein häufiges Anfahren des Drehmotors (=Spindelmotor) der Festplatte ist
wahrscheinlich eine recht "stressige" Sache für die Festplatte. Es ist auch das, was ca. 25-50% meiner verstorbenen oder "problematischen" Festplatten der letzten 30 Jahre als Problem hatten: Der Drehmotor fuhr nicht oder nicht mehr zuverlässig hoch. Fehler, die auf defekte Kopfbewegungs-Motoren hindeuten, habe ich hingegen bisher nicht beobachtet. Ich achte daher schon seit ca. 20-25 Jahren darauf, dass das "Power Management" meiner Platten darauf ausgerichtet ist, dass der Drehmotor nicht zu früh abschaltet. Zu seligen MS-DOS-Zeiten habe ich mal die längstmögliche Zeit (16 min) in die Platten "einprogrammiert", mittlerweile stelle ich u.U. auch 20-30 min über's Betriebssystem ein. Kraß weniger gibt's nur noch bei sehr wenigen, alten, lauten Festplatten. Und zwei externe Platten, die ich in den letzten 13 Monaten kaufte, regeln das Abschalten selber, wofür offenbar vom Hersteller eine Zeit von ca. 30-60 min vorgesehen ist. Das scheint 'ne recht brauchbare "Hausnummer" zu sein.
Für
meine Verhältnisse ist das so in Ordnung. Ob das auch für buhtz' Situation sinnvoll ist, kann er nur selber erforschen. Dazu muss er aber auch 'rausfinden, was denn seine Platten überhaupt machen, wenn ihre "Stromspar-Zeit" abgelaufen ist. Meistens kann man mit 'nem Ohr am Plattengehäuse noch recht gut hören, wann eine Platte sich abschaltet. Dasselbe Geräusch kann man beim Ausschalten des Rechners bzw. des Stroms für die Platte hören, oder u.U. auch, wenn der Befehl "hdparm -y ..." zum Abschalten des Motors gegeben wird. In irgendwelchen man-pages dazu herumzulesen, bringt keine klare Aussage - es gibt so manche Platten bei mir, die "hdparm -y" ignorierten, während ihre laut Bezeichnung baugleichen Exemplare desselben Herstellers drauf reagierten. Auch das USB-to-SATA-Interface von externen Platten kann da noch 'reinpfuschen. Ohren sind zuverlässiger als man-pages.
Eventuell kann man auch auf andere Weise (S.M.A.R.T.-Daten der Platte, Verzögerung bis zum Ausführen eines Kommandos wie
ls, ...) 'rausfinden, was die Platte macht - aber aus eigener Erfahrung würde ich damit anfangen, erst mal festzustellen, was die Platte tut, und nicht, was sie
angeblich tut. Und wie es schon der Google-Report feststellte, sind S.M.A.R.T.-Daten bei Weitem nicht so aussagekräftig, wie oft behauptet wird.
Wenn man dann 'raus hat, was die Platte wirklich macht, kann man versuchen, die Abschaltzeit des Motors so einzustellen, dass sie möglichst nur dann erreicht wird, wenn auch für längere Zeit keine Zugriffe mehr stattfinden werden. Das auszutarieren, ist buhtz' Sache - nur er kann analysieren, wie die Zugriffe zeitlich liegen, und die Abschaltzeiten der Platten so einstellen, dass sie nach dem Abschalten in der Regel lange aus bleiben.
Meine eigenen Erlebnisse mit Festplatten passen übrigens relativ gut zum generellen Fazit jener Google-Studie: Defekte Sektoren (Stichworte "Reallocation Event" und "Pending Sectors") sind etwas, was
beobachtet werden sollte, aber man muss nicht bei jedem einzelnen kaputten Sektor gleich Panik kriegen. S.M.A.R.T.-Werte sind nur bedingt aussagekräftig (das scheint z.T. vom Plattenhersteller abhängig zu sein), und eine Freck-Voraussage für Platten kann man daraus kaum ableiten. Sich mit den S.M.A.R.T.-Daten zu beschäftigen (z.B. indem man sie mit
smartctl ausliest, sie in Textdateien schreiben lässt und selbige immer mal wieder untereinander vergleicht, gerne auch mit
diff), kann nützlich sein. Und vor allem muss man ungewöhnliche Probleme mit Platten nicht ignorieren, sondern sich merken und/oder darauf reagieren. Genau wie Google habe auch ich nur bei ca. 25% der verreckten Platten in den S.M.A.R.T.-Daten eindeutige Hinweise auf das baldige Ableben gefunden, und in weiteren 25% konnte ich im Nachhinein Hinweise deuten - bloß wäre es im Ernstfall dann zu spät gewesen. 50% der abgenibbelten Platten hingegen krepierten plötzlich und unerwartet - meistens schafften sie eines Tages das Einschalten des Drehmotors nicht mehr (bzw. die Platten konnten nicht mehr gedreht werden).
Und nun kann buhtz mal eine Weile lang seine Platte untersuchen und dann eine eigene Strategie für's Stromsparen entwickeln. Ob sich übrigens was anderes als das Abschalten des Spindelmotors stromverbrauchsmäßig lohnt, halte ich für fraglich. Über jenes Motörchen kann man zumindest diskutieren - mehr als ein paar Watt sind da aber auch nicht drin.
Soweit die heiligen Worte.