Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Wenn ich Länder gruppiere und dann aufzähle: "Europa", "Asien", "Nordamerika", ... wie würde dann die "Region" für die Länder Australien und Neuseeland heißen?
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Europa, Asien, Nordamerika sind Kontinente, Australien ist ein Kontinent, auf dem sich auch Neuseeland befindet. Wenn’s Probleme mit der Abgrenzung zum Staat Australien gibt, kann man ja explizit dazuschreiben, dass man den Kontinent meint.
Edit: es scheint wohl auch „Australien und Ozeanien“ gebräuchlich zu sein, wenn die kulturelle oder wirtschaftliche Zusammenfassung gemeint ist.
Edit: es scheint wohl auch „Australien und Ozeanien“ gebräuchlich zu sein, wenn die kulturelle oder wirtschaftliche Zusammenfassung gemeint ist.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Neuseeland gehört nicht zum australischen Kontinent. Also wenn's um Kontinente geht, dann lässt sich da nichts zusammenfassen. Wenn man eine Region sprachlich umschreiben will, dann trifft zu, was niemand sagt: Ozeanien. Das ist dann allerdings erheblich mehr als Australien und Neuseeland.
Grüße, Günther
Grüße, Günther
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Australien und Ozeanien ist schon die richtige Bezeichnung für das. Ozeanien ist zwar sehr viel größer, doch zum einen recht menschenleer und zum anderen sind dort viele Länder sowieso in direkter Abhängigkeit bzw Assoziation mit Australien oder Neuseeland.
Andere Bezeichnungen sind mir nicht bekannt und im deutschen Sprachraum nicht üblich.
Andere Bezeichnungen sind mir nicht bekannt und im deutschen Sprachraum nicht üblich.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
geologisch gesehen liegen Neuseeland und Neukaledonien auf dem neu entdeckten achten Kontinent "Zealandia". Da dies aber noch nicht offiziell ist würde ich auch zu Australien, und für Neuseeland zu Ozeanien tendieren.
http://www.spiegel.de/spiegel/zealandia ... 75112.html
http://www.spiegel.de/spiegel/zealandia ... 75112.html
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Die Aussage krankt an dem Problem, dass es keine scharfe Definition des Begriffs "Kontinent" gibt.Swirlich hat geschrieben:29.10.2017 13:07:22geologisch gesehen liegen Neuseeland und Neukaledonien auf dem neu entdeckten achten Kontinent "Zealandia".
Wenn man es geologisch betrachtet, dann dürften in erster Linie die tektonischen Platten interessant sein. [1]
Neuseeland liegt größtenteils auf der australischen Platte. Eine Zealandia-Platte gibt es nicht.
Nach dieser Definition könnte man auch den "Subkontinent" Indien zum vollwertigen Kontinent aufwerten.* Auch Arabien, die Karibik und die Galapagos-Inseln (Nazca) könnte man so zu eigenständigen Kontinenten erklären. Teile Sibiriens würden zu Nordamerika gehören.
Europa gäbe es allerdings als Kontinent gar nicht, da es sich hierbei lediglich um eine asiatische Halbinsel handelt.
Es gibt wohl auch eine Einteilung nach Kratonen. Ich halte es allerdings für problematisch geologische Strukturen als Grundlage für eine Kontinentdefinition zu verwenden, die schon diverse Superkontinente miterlebt haben.
Dann gibt es noch die Definition über "große Landmassen". Da frage ich mich allerdings immer, wer auf welcher Basis beschlossen hat, dass Australien ein Kontinent sei, Grönland aber nur eine Insel. Klar, man muss irgendwo eine Grenze ziehen, aber die wird immer beliebig sein und taugt daher mMn nicht für Definitionszwecke.
Mir scheint, im Alltag nutzen wir hauptsächlich eine politische/kulturelle/historische Kontinentdefinition, die sich wenig für Geologie interessiert.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Tec ... tes_de.png
*) Der Einfachheit halber halte ich mich mal an das Bild von [1]. In Wahrheit gibt es auch zur Anzahl der Platten und deren Grenzen unterschiedliche Interpretationen. Einer tektonischen Karte zufolge die ich oft sehe, gehört Indien zu Australien und man könnte zumindest mal darüber nachdenken, ob man Afrika am großen Grabenbruch schon in zwei Kontinente teilt oder damit noch ein paar millionen Jahre wartet.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Sehr schön! Die Frage war absichtlich offen gestellt, weil das die Lernkurve und den Unterhaltungswert verbessert. Großartig!
In meinem Fall geht es um die Stratifizierung von Publikationszahlen. Aus welchen "Regionen" kommen wieviele wissenschaftliche Publikationen (n=24). Ich denke Ozianien ist hier ausreichend, weil unter diesem Strata auch die Einzelteile (also Australien und Neuseeland) explizit dargestellt werden und dem Leser dann eindeutig klar ist, was gemeint ist.
In meinem Fall geht es um die Stratifizierung von Publikationszahlen. Aus welchen "Regionen" kommen wieviele wissenschaftliche Publikationen (n=24). Ich denke Ozianien ist hier ausreichend, weil unter diesem Strata auch die Einzelteile (also Australien und Neuseeland) explizit dargestellt werden und dem Leser dann eindeutig klar ist, was gemeint ist.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Indien und Arabien sind aber mit anderen größeren Kontinenten fest verbunden. Merkmale eines Kontinents sind:hikaru hat geschrieben:30.10.2017 08:09:20Wenn man es geologisch betrachtet, dann dürften in erster Linie die tektonischen Platten interessant sein. [1]
Neuseeland liegt größtenteils auf der australischen Platte. Eine Zealandia-Platte gibt es nicht.
Nach dieser Definition könnte man auch den "Subkontinent" Indien zum vollwertigen Kontinent aufwerten.* Auch Arabien, die Karibik und die Galapagos-Inseln (Nazca) könnte man so zu eigenständigen Kontinenten erklären. Teile Sibiriens würden zu Nordamerika gehören.
1. hoch über das Meer hinausragen
2. aus drei verschiedenen Gesteinsarten bestehen
3. die Kruste dicker als der Ozeanboden der Umgebung sein
4. ein großes Gebiet mit klar zu definierenden Rändern
Punkt 1-3 sind gegeben. Neue Satellitenbilder haben gezeigt das auch Punkt 4 erfüllt ist.
Wie das aber nun mit Europa und Asien zusammen passt - sind ja auch miteinander verbunden - keine Ahnung. Wurde vielleicht auf Grund der Größe so festgelegt. Das mit den tektonischen Platten spielt wohl keine besondere Rolle bei der Festlegung eines Kontinents. Wäre dies der Fall müsste man wohl den US-Bundesstaat Kalifornien zweiteilen.
hier ein Link mit ausführlichen Infos zum Thema Zealandia (engl.):
http://www.sciencealert.com/earth-has-a ... zealandia/
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Was heißt schon "fest verbunden" im geologischen Kontext?Swirlich hat geschrieben:30.10.2017 13:33:48Indien und Arabien sind aber mit anderen größeren Kontinenten fest verbunden.
Ich als Laie würde ja behaupten, dass eine tektonische Platte nicht mit anderen "fest verbunden" ist - insbesondere dann nicht, wenn sie sich unterschiedlich bewegen.
... laut den Autoren des sciencealert-Artikels (danke übrigens dafür, der liest sich interessant!). Aber soweit ich das sehe ist das nur eine weitere Kontinentdefinition unter mehreren.Swirlich hat geschrieben:30.10.2017 13:33:48Merkmale eines Kontinents sind:
1. hoch über das Meer hinausragen
2. aus drei verschiedenen Gesteinsarten bestehen
3. die Kruste dicker als der Ozeanboden der Umgebung sein
4. ein großes Gebiet mit klar zu definierenden Rändern
Punkt zwei erschließt sich mir nicht. Was gewinnt man dadurch, Kontinente über die Mineralogie zu definieren? Um ehrlich zu sein habe ich mich für das Fachgebiet aber nie interessiert, mag sein, dass ich da einfach was übersehe.
Der Rest ergibt in meinen Augen zumindest Sinn, ähnelt mir aber doch ein wenig an den Kraton-Ansatz.
Insgesamt erinnert mich die ganze Situation an die Pluto-Debatte in der Astronomie von vor 12-15 Jahren, die letztendlich zur Definition der Zwergplaneten führte. Vielleicht haben wir ausgelöst durch diese Forschung in fünf Jahren eine scharfe Kontinentdefinition. Zealandia mag dann demnach ein eigenständiger Kontinent sein oder auch nicht, im Moment würde ich dazu aber keine klare Stellung beziehen wollen.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
zugegeben die Aussage "fest verbunden" ist etwas unglücklich gewählt. Eine "gemeinsame Landmasse" trifft es vielleicht besser. Ich bin jetzt aber auch kein Experte für Geologie.
Was die im Artikel angesprochenen Gesteinsarten betrifft, kann ich auch nur orakeln. Ich könnte mir vorstellen, dass das Fehlen einer dieser Gesteinsarten eine Zugehörigkeit zu Pangaea ausschließt, und dem zufolge kann die Landmasse kein Kontinent sein.
Ob "Zealandia" jemals ein anerkannter Kontinent wird, hängt wohl weniger von den geologischen Fakten ab. Wie im Artikel beschrieben, hat das Ganze ja geopolitischen Zündstoff. Wem gehören die nicht unerheblichen Ressourcen. "Zealandia" wäre quasi der Kontinent Neuseelands, und die Neuseeländer hätten die Abbaurechte.
Was die im Artikel angesprochenen Gesteinsarten betrifft, kann ich auch nur orakeln. Ich könnte mir vorstellen, dass das Fehlen einer dieser Gesteinsarten eine Zugehörigkeit zu Pangaea ausschließt, und dem zufolge kann die Landmasse kein Kontinent sein.
Ob "Zealandia" jemals ein anerkannter Kontinent wird, hängt wohl weniger von den geologischen Fakten ab. Wie im Artikel beschrieben, hat das Ganze ja geopolitischen Zündstoff. Wem gehören die nicht unerheblichen Ressourcen. "Zealandia" wäre quasi der Kontinent Neuseelands, und die Neuseeländer hätten die Abbaurechte.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Sind demnach die beiden Amerikas ein Kontinent oder gar Eurasien und Afrika?Swirlich hat geschrieben:30.10.2017 19:02:53Eine "gemeinsame Landmasse" trifft es vielleicht besser. Ich bin jetzt aber auch kein Experte für Geologie.
Ich sehe nicht wie das weiterbringt.Swirlich hat geschrieben:30.10.2017 19:02:53Was die im Artikel angesprochenen Gesteinsarten betrifft, kann ich auch nur orakeln. Ich könnte mir vorstellen, dass das Fehlen einer dieser Gesteinsarten eine Zugehörigkeit zu Pangaea ausschließt, und dem zufolge kann die Landmasse kein Kontinent sein.
Zealandia liegt größtenteils auf der australischen Platte. Ich würde also davon ausgehen, das es sich seit dem Zerbrechen von Pangäa (und später Gondwana) gemeinsam mit Australien bewegt hat. Zu Zeiten von Pangäa waren die Pole eisfrei, d.h., der Meeresspiegel lag höher als heute und noch weniger von Zealandia dürfte über Wasser gelegen haben. (Ich weiß, dass ich hier mögliche vertikale Bewegungen unterschlage, aber da kann ich nicht mal schlau raten.)
Welche Relevanz hätte also Zealandia für Pangäa gehabt, den ein beliebiges Stück Ozeankruste nicht auch gehabt hätte?
Das wird es wohl sein. Genauso argumentieren ja Russland und Kanada in der Arktis mit Blick auf das abschmelzende Nordpolareis.Swirlich hat geschrieben:30.10.2017 19:02:53Ob "Zealandia" jemals ein anerkannter Kontinent wird, hängt wohl weniger von den geologischen Fakten ab. Wie im Artikel beschrieben, hat das Ganze ja geopolitischen Zündstoff. Wem gehören die nicht unerheblichen Ressourcen. "Zealandia" wäre quasi der Kontinent Neuseelands, und die Neuseeländer hätten die Abbaurechte.
Falls das wirklich der springende Punkt ist, dann finde ich, sollte sich seriöse Wissenschaft nicht für solche politischen Zwecke vereinnahmen lassen indem sie eine Kontinentdefinition mit "Geschmack" hofiert. Dass das wohl nur ein frommer Wunsch meinerseits ist, ist mir klar.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Wohin?Ich sehe nicht wie das weiterbringt.
Usprünglich wollte da mal jemand wissen, ob, bzw. wie man Australien und Neuseeland unter einen regionalen Begriff fassen kann.
Definiere "seriöse Wissenschaft".seriöse Wissenschaft (sollte sich) nicht für solche politischen Zwecke vereinnahmen lassen, indem sie eine Kontinentdefinition mit "Geschmack" hofiert.
(1)Ich halte dafür, daß das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligekit der menschlichen Existenz zu erleichtern.
[...] Wie es nun steht, ist das Höchste, das man erhoffen kann, ein Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gmietet werden können.
(1) Brecht, Leben des Galilei, 14. Bild. Zit. nach: Gesammelte Werke 3, Frankfurt 1967, S. 1340f.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Dahin, solide Kriterien aufzustellen um eine eindeutige Kontinentdefinition formulieren zu können, anhand derer sich alle Fachleute einigen könnten, ob Zealandia ein Kontinent ist oder nicht.guennid hat geschrieben:31.10.2017 07:57:32Wohin?Ich sehe nicht wie das weiterbringt.
Usprünglich wollte da mal jemand wissen, ob, bzw. wie man Australien und Neuseeland unter einen regionalen Begriff fassen kann.
MoonKid hat den Thread in Offtopic verfasst und sich positiv über eine breite Diskussion geäußert. Das nehmen manche gern auf.
(sträflich) kurz: "Seriöse Wissenschaft" verschreibt sich dem Erkenntnisgewinn, nicht dem Zumundereden ihrer Geldgeber.
Ich behaupte, Herr Brecht hatte unrecht.guennid hat geschrieben:31.10.2017 07:57:32(1)Ich halte dafür, daß das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligekit der menschlichen Existenz zu erleichtern.
[...] Wie es nun steht, ist das Höchste, das man erhoffen kann, ein Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gmietet werden können.
(1) Brecht, Leben des Galilei, 14. Bild. Zit. nach: Gesammelte Werke 3, Frankfurt 1967, S. 1340f.
Primäres Ziel der Wissenschaft ist der Erkenntnisgewinn über die Funktionsweise der Welt. Die Erleichterung der Mühseligkeit der menschlichen Existenz darf ein Wissenschaftler dabei gern im Auge haben, ist aber nur sekundäres Ziel.
Sollte dieses Zitat tatsächlich Brechts Meinung zur Wissenschaft wiedergeben*, dann hielte ich seinen Standpunkt für kleingeistg. Wissenschaftler pauschal auf ein Geschlecht erfinderischer Mietzwerge zu reduzieren zeugt 1. von grobem Unverständnis der Wissenschaft und 2. von Menschenverachtung. Gerade im aktuellen Kontext erscheint das ulkig, denn als Protestant unter Katholiken sollte Brecht mit der Arbeit Luthers einigermaßen vertraut gewesen sein. Luthers Bibelstudium hatte zum Teil durchaus wissenschaftliche Züge.
*) Ich möchte mir allein aufgrund dieser Aussage keine abschließende Meinung bilden.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
OK, war ich wieder mal zu engstirnig. Schande auf mein Haupt.hikaru hat geschrieben:MoonKid hat den Thread in Offtopic verfasst und sich positiv über eine breite Diskussion geäußert. Das nehmen manche gern auf.
Jetzt wird's dann aber sehr "breit":
Das ist eine ziemlich originelle Charakterisierung Bertold Brechts.hikaru hat geschrieben:als Protestant unter Katholiken sollte Brecht mit der Arbeit Luthers einigermaßen vertraut gewesen sein
Ich weiß nicht recht, worauf ich diese Behauptung beziehen soll. Sollte sie sich auf den 1. Satz des Zitates beziehen, ist sie meiner Meinung nach sinnlos. Der Satz beinhaltet eine Forderung (Galileis/Brechts), der man sich anschließen kann oder eben nicht. Eine Frage von Recht und Unrecht ist es nicht.hikaru hat geschrieben:Ich behaupte, Herr Brecht hatte unrecht.
Ich hatte einen großen Teil der Ausführungen, die Brecht seinem Galilei in den Mund legt, weggelassen, weil ich davon ausging, dass eben dieser 1. Satz konsensfähig sei. Das scheint dann nicht so zu sein, insofern schiebe ich ihn nach:hikaru hat geschrieben:Primäres Ziel der Wissenschaft ist der Erkenntnisgewinn über die Funktionsweise der Welt.
(a.a.O.)Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens willen aufzuhäufen, kann die Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden, und eure Maschinen mögen nur neue Drangsale bedeuten. Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein.
Mit der Anmerkung: Es sind nicht nur "Machthaber", die "selbstsüchtig" sein können!
Ich weiß nicht, ob du Brechts "Leben des Galilei" kennst. Mich hat das Drama in meinem Leben sehr beeindruckt, gehört zu meinem persönlichen Kanon. Gibt's auch als Einzelausgabe für relativ kleines Geld bei Suhrkamp (auch E-Buch). Bietet auch NachDenkSeiten hinsichtlich unseres Religionsdiskurses.
Grüße, Günther
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Warum? Seine Mutter war Protestantin und er wurde von seinen Eltern in dem Sinne erzogen.guennid hat geschrieben:01.11.2017 08:51:43Das ist eine ziemlich originelle Charakterisierung Bertold Brechts.hikaru hat geschrieben:als Protestant unter Katholiken sollte Brecht mit der Arbeit Luthers einigermaßen vertraut gewesen sein
Nein, kenne ich nicht. In dem Licht mögen meine Ausführungen hier unpassend sein.guennid hat geschrieben:01.11.2017 08:51:43Ich weiß nicht, ob du Brechts "Leben des Galilei" kennst.
Ja, ich meine den ersten Satz. Für sich allein genommen sehe ich darin keine Forderung sondern eine Feststellung. Fehlt mir hier der Kontext?guennid hat geschrieben:01.11.2017 08:51:43Ich weiß nicht recht, worauf ich diese Behauptung beziehen soll. Sollte sie sich auf den 1. Satz des Zitates beziehen, ist sie meiner Meinung nach sinnlos. Der Satz beinhaltet eine Forderung (Galileis/Brechts), der man sich anschließen kann oder eben nicht. Eine Frage von Recht und Unrecht ist es nicht.hikaru hat geschrieben:Ich behaupte, Herr Brecht hatte unrecht.
Insbesondere frage ich mich gerade, ob das ein originales Brecht-Zitat ist, oder ob Brecht hier nur (den echten) Galilei zitiert ohne es sich zueigen zu machen. In letzterem Fall wäre mein Vorwurf an Brecht natürlich haltlos.
So alleinstehend würde ich dem zustimmen. Aber ich finde, man kann es nicht so alleine stehen lassen (und tut es bei Brecht vermutlich auch nicht).guennid hat geschrieben:01.11.2017 08:51:43Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens willen aufzuhäufen, kann die Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden, und eure Maschinen mögen nur neue Drangsale bedeuten. Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein.
Erster Knackpunkt:
Eingeschüchterte Wissenschaftler können natürlich nicht seriös arbeiten. Ob sie durch selbstsüchtige Machthaber oder ökonomische Zwänge eingeschüchtert sind halte ich für nebensächlich.
Zweiter Knackpunkt:
Wir leben in einer aufgeklärten Gesellschaft (zumindest haben wir den Anspruch). Das Zitat liest sich ein wenig so, als hätten Wissenschftler eine Bringschuld, den Menschen das Leben zu erleichtern. Das sehe ich nicht so. Ich denke, Wissenschaftler bieten (physische und geistige) Werkzeuge an. Die aufgeklärten Menschen haben dann eine Holschuld, diese bereitgestellten Werkzeuge sinnvoll zu nutzen.
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Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Kurses und unterhaltsames Video zu was ein Kontinent ist: https://www.youtube.com/watch?v=3uBcq1x7P34
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Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Das ist schon "echt" in dem Sinne, dass da Brecht spricht. Im 14. Bild rechnet Galilei im Gespräch mit seinem ehemaligen Schüler Andrea Sarti (der übrigens deine Position vertritt ) mit sich selbst ab. Ein solches Gespräch, bzw. eine solche Selbstbezichtigung des realen Galilei nach seinem von der Kirche erzwungenen Widerruf ist historisch nicht bekannt.Insbesondere frage ich mich gerade, ob das ein originales Brecht-Zitat ist, oder ob Brecht hier nur (den echten) Galilei zitiert ohne es sich zu eigen zu machen.
Sie können aber die Verantwortung für ihr Tun ganz gut darauf abwälzen, wenn "ihr primäres Ziel ... der Erkenntnisgewinn" ist. Mir geht's gar nicht so sehr um die Zwänge, denen Wissenschaftler wie alle anderen zweifellos unterliegen, mir (und ich denke auch Brecht) geht's mehr die Eigenverantwortlichkeit.Eingeschüchterte Wissenschaftler können natürlich nicht seriös arbeiten. Ob sie durch selbstsüchtige Machthaber oder ökonomische Zwänge eingeschüchtert sind halte ich für nebensächlich.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass "Erkenntnis, um ihrer selbst willen" an sich igendwie problematisch ist, nur - jede Erkenntnis hat Konsequenzen. Ich finde, das sollte vom Erkennenden nicht nur sekundär, sondern ganz essentiell bedacht werden. Soviel zu Hol- und Bringschulden. Deine Einstellung ist übrigens eine bei den ITlern auch hier im DF durchaus verbreitete Einstellung, wenn recht beobachte.
Grüße, Günther
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Da stellt sich aber natürlich sofort die Frage, welchen Wert eine unter Zwängen erworbene Erkenntnis hat.guennid hat geschrieben:01.11.2017 16:45:34Sie können aber die Verantwortung für ihr Tun ganz gut darauf abwälzen, wenn "ihr primäres Ziel ... der Erkenntnisgewinn" ist. Mir geht's gar nicht so sehr um die Zwänge, denen Wissenschaftler wie alle anderen zweifellos unterliegen, mir (und ich denke auch Brecht) geht's mehr die Eigenverantwortlichkeit.Eingeschüchterte Wissenschaftler können natürlich nicht seriös arbeiten. Ob sie durch selbstsüchtige Machthaber oder ökonomische Zwänge eingeschüchtert sind halte ich für nebensächlich.
Im (aus Erkentnissicht) schlimmsten Fall wird das ein Gefälligkeitsbefund sein, hat also eigentlich keinen wissenschaftlichen Wert. Ein "Wissenschaftler" der auf dieser Grundlage arbeitet, hat die Verantwortung für sein Tun schon lange vorher abgegeben, unabhängig davon ob seine "Erkenntnisse" gesellschaftlich relevante Konsequenzen haben.
Da bist du bei einem zentralen Punkt der Wissenschaftsethik, nämlich der Frage, ob man manche Erkenntnisse ethisch überhaupt gewinnen darf.guennid hat geschrieben:01.11.2017 16:45:34Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass "Erkenntnis, um ihrer selbst willen" an sich igendwie problematisch ist, nur - jede Erkenntnis hat Konsequenzen. Ich finde, das sollte vom Erkennenden nicht nur sekundär, sondern ganz essentiell bedacht werden. Soviel zu Hol- und Bringschulden.
Das populärste Beispiel ist wohl die Kernspaltungsbombe. Durfte man die Erkenntnisse gewinnen, welche die Erfindung der Atombombe erst möglich gemacht haben? Wenn nicht, welche waren die entscheidenden Erkenntnisse denen man sich hätte widersetzen müssen? War schon die Arbeit, die zur Entdeckung des radioaktiven Zerfalls führte, unethisch? War es die theoretische Überlegung, dass es sowas wie eine kritische Masse geben kann? Oder war es die Berechnung, dass dieses theoretische Gedankenspiel praktsch umsetzbar ist?
Diese Fragen kann man sich alle stellen. Aber ich finde sie gehen alle am eigentlichen Problem vorbei. Das Problem ist nicht, dass da ein Wissenschafter eine ethisch fragwürdige Erkenntnis gewonnen hat (oder dass es eine Kette davon gibt), denn wie du selbst sagst, die Erkenntnis ist nicht um ihrer selbst willen problematisch. Das eigentliche Problem ist, das wir eine globale Gesellschaft aufgebaut haben, in der es ethisch zu rechtfertigen ist, auf Basis dieser Erkenntnisse eine Maschine zu bauen und einzusetzen, welche die Einzelerkenntnisse zu einer Massenvernichtungswaffe zusammensetzt.
Eine wahrlich aufgeklärte Gesellschaft hätte dies nicht ethisch rechtfertigen können. Ja sie wäre nie an den Punkt gekommen sich über diese Frage auch nur Gedanken machen zu müssen, denn sie hätte nie den Drang entwickelt, andere Menschen nur aufgrund ihrer Andersartigkeit töten zu wollen.
Was macht man nun also als Wissenschaftler, der erkennt, dass er kurz vor einer Erkenntnis steht, welche seiner Meinung nach negative gesellschaftliche Konsequenzen nach sich zieht?
Für gewöhnlich arbeitet man auf Basis der öffentlich zugänglichen Arbeit anderer Wissenschaftler. Die Grundlagen, welche einen zu der problematischen Erkenntnis führen sind also bereits gelegt. Es ist meist vermessen zu glauben, man selbst sei der einzige, der aus wohlbekannten Daten bestimmte Schlüsse ziehen könne. Oft arbeitet man sogar nicht allein sondern in einem Team.
Es ist also davon auszugehen, dass die eigene Weigerung eine Erkenntnis zu erlangen oder zu veröffentlichen lediglich einen Aufschub darstellt, da es für die Erkenntnis ohnehin "an der Zeit" war. Nun muss man entscheiden, ob die (möglicherweise geringe) Verzögerung der Erkenntnis höher zu gewichten ist als die (zugegben oft geringe) Möglichkeit, als deren Entdecker selbst ihren Weg in der Gesellschaft mitbestimmen zu können. Ich kann für beide Wahlmöglichkeiten Argumente finden. Auf jeden Fall fände ich das deutlich zu viel Verantwortung für ein Geschlecht erfinderischer Mietzwerge (bzw. zu wenig Verantwortung für alle anderen).
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Da sind wir uns wohl einig, dass ein solches Ansinnen ziemlich absurd wäre. Dass das die Alternative nicht sein kann, darauf wollte ich hinweisen mit der Bemerkung, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass "Erkenntnis, um ihrer selbst willen" an sich igendwie problematisch ist. Denkverbote schmecken mir gar nicht.hikaru hat geschrieben:Weigerung eine Erkenntnis zu erlangen
Das kann natürlich auch eine wohlfeile und auch noch moralisch daherkommende Abwälzung der Verantwortung sein, von der ich oben sprach. Common-sense-mäßig: Muss ich Mist bauen, weil ihn sonst andere bauen?hikaru hat geschrieben:Es ist meist vermessen zu glauben, man selbst sei der einzige, der aus wohlbekannten Daten bestimmte Schlüsse ziehen könne.
Das kann ich ihm nicht abnehmen, was er da macht. Von einem "seriösen" Wissenschaftler würde ich allerdings erwarten, dass er was macht:hikaru hat geschrieben:Was macht man nun also als Wissenschaftler, der erkennt, dass er kurz vor einer Erkenntnis steht, welche seiner Meinung nach negative gesellschaftliche Konsequenzen nach sich zieht?
So in der Richtung, z.B.hat geschrieben:die (zugegben oft geringe) Möglichkeit, als deren Entdecker selbst ihren Weg in der Gesellschaft mitbestimmen zu können.
Diesen Satz von hikaru und den Sinn seiner indirekten Bezugnahme auf Brecht versteh' ich jetzt nicht.hikaru hat geschrieben:Auf jeden Fall fände ich das deutlich zu viel Verantwortung für ein Geschlecht erfinderischer Mietzwerge (bzw. zu wenig Verantwortung für alle anderen).
Unabhängig davon möchte ich dir unbedingt nochmal die Lektüre des Dramas empfehlen. Kann ungemein bereichernd für einen "begabten Hobbywissenschaftler" sein.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Die Frage kann man auch andersrum stellen:
Darf ich es anderen überlassen Mist zu bauen, wenn ich durch meinen Eigenbau zumindest die Chance hätte mitzubestimmen, was mit dem Mist passiert?
Aus diesem Dilemma wird man sich nicht herauswinden können, egal wie man es verpackt.
Ich finde immer noch, du legst den Schwerpunkt der Verantwortung auf die Schultern von Wissenschaftlern, statt auf die Gesellschaft - für Probleme die in den Strukturen Gesellschaft liegen und nicht in den Werkzeugen, welche die Wissenschaftler bereitstellen.guennid hat geschrieben:01.11.2017 21:00:03Diesen Satz von hikaru und den Sinn seiner indirekten Bezugnahme auf Brecht versteh' ich jetzt nicht.
Ich denke dabei unwillkürlich daran, den Erfinder des Hammers für alle kaputtgeschlagenen Daumennägel verantwortlich zu machen - oder an das Trainerwechselkarussell wenn eine Fußballmannschaft schlecht spielt.
Da hast du sicher recht. Und auch für einen nicht so begabten Hobbywisenschaftler dürfte das zumindest nicht verkehrt sein.guennid hat geschrieben:01.11.2017 21:00:03Unabhängig davon möchte ich dir unbedingt nochmal die Lektüre des Dramas empfehlen. Kann ungemein bereichernd für einen "begabten Hobbywissenschaftler" sein.
Ich möchte allerdings nichts versprechen, das ich nicht halten kann, denn im Moment schaffe ich eh zu wenig Gelegenheit für die Lektüre die ich noch offen habe.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Ich habe nichts gewichtet ("Schwerpunkt"). Ich wollte nur auf Einseitigkeiten hinweisen. Ok, mir ist leicht unwohl, wenn sich alle einig sind, insofern tendiere ich bei vermutlich oder tatsächlich festgestellten Einseitigkeiten dazu, die andere Seite überzubetonen.hikaru hat geschrieben:Ich finde immer noch, du legst den Schwerpunkt der Verantwortung auf die Schultern von Wissenschaftlern, statt auf die Gesellschaft - für Probleme, die in den Strukturen Gesellschaft liegen und nicht in den Werkzeugen, welche die Wissenschaftler bereitstellen.
Was ist Gesellschaft? Die besteht immer aus Individuen, die mehr oder weniger bewußt und willentlich handeln. Emergenz hin oder her. Credo, ich weiß .
Nur, ist
(1).der Fußsteig der Freiheit der einzige, auf welchem es möglich ist, von seiner Vernunft bei unserem Tun und Lassen Gebrauch zu machen
Auch der (Natur)-Wissenschaftler ist Teil der Gesellschaft.
hikaru hat geschrieben:Ich denke dabei unwillkürlich daran, den Erfinder des Hammers für alle kaputtgeschlagenen Daumennägel verantwortlich zu machen
(1)Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Stuttgart, Reclam, 1961.1984, S. 116f. Text im Netz auch zu finden bei zeno.org
Grüße, Günther
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Tut mir leid, ich sehe mich außer Stande, einen Gesellschaftsbegriff zu definieren, ohne dabei auf das Konzept der Emergenz zurückzugreifen. Insofern bin ich mir nicht sicher, ob wir beide darüber sinvoll diskutieren können.guennid hat geschrieben:06.11.2017 22:14:44Was ist Gesellschaft? Die besteht immer aus Individuen, die mehr oder weniger bewußt und willentlich handeln. Emergenz hin oder her. Credo, ich weiß .
Völlig richtig.* Und als Teil der Gesellschaft hat das Gesellschaftsmitglied, das zufällig als Wissenschaftler arbeitet, auch einen Anteil an der gesellschaftlichen Gestaltung. Aber diese Person trägt in ihrer Rolle als Gesellschaftsmitglied nur einen Teil dazu bei - für gewöhnlich einen verschwindend Kleinen, wie jedes andere Gesellschaftsmitglied auch.guennid hat geschrieben:06.11.2017 22:14:44Auch der (Natur)-Wissenschaftler ist Teil der Gesellschaft.
Darüber hinaus hat aber die selbe Person als Entdecker/Erfinder der in der Gesellschaft diskutierten Neuerung die zusätzliche Rolle eines Experten, dessen Einzelmeinung ein deutlich höheres Gewicht im Diskurs haben kann, als die eines jeden beliebigen Anderen in seiner Rolle als Gesellschaftsmitglied.
Ich halte es für sinnvoll, diese beiden Rollen zu trennen. Wenn sich ein Wissenschaftler in der Expertenrolle nun dazu entschließt, eine Entdeckung zurückzuhalten und stattdessen ein anderer die Entdeckung veröffentlicht, dann gibt der Erste einen wesentlichen Teil seines Gestaltungsbonus' auf, denn der Entdecker wird für gewöhnlich als der höchstqualifiziere Experte angesehen werden.
Und da Menschen mit einer gesunden Psyche davon ausgehen, dass sie in ihrem Fachgebiet kompetent sind, ist es nur logisch, dass ein Wissenschaftler, der sich vor einem Anderen zu einer Entdeckung im Stande sieht, davon ausgeht, dass er selbst am besten qualifiziert ist, die Auswirkungen der Entdeckung zu beurteilen. Daher ist es sinnvoll, Entdeckungen auch dann zu veröffentlichen, wenn man sie selbst als gesellschaftlich negativ beurteilt, falls man davon ausgehen muss, dass auch andere zu der Entdeckung im Stande wären. Denn nur so kann man sich selbst als vermeintlich bestqualifiziertem Experten den größtmöglichen Gestaltungsbonus sichern, was im schlimmsten Fall zur bestmöglichen Schadensbegrenzung führen sollte.
*) Jedenfalls im Normalfall der Betrachtung.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Wer bestreitet das? Ich nicht. Jedes Tun ist ein Lassen und umgekehrt.hikaru hat geschrieben:Die Frage kann man auch andersrum stellen:
Darf ich es anderen überlassen Mist zu bauen, wenn ich durch meinen Eigenbau zumindest die Chance hätte mitzubestimmen, was mit dem Mist passiert?
Ich bestreite hier nicht das Phänomen der Emergenz in Gesellschaften - mache aber darauf aufmerksam, dass die Tauglichkeit des Begriffs (von den Experten ) durchaus kontrovers diskutiert wird.
Genau das halte ich für falsch. - Jedenfalls ist das nicht meine Vorstellung einer wünschenswerten Gesellschaft. In deren Diskursen gilt nur der "zwanglose Zwang des besseren Argumentes" (Jürgen Habermas). Argumente "höheren" und niederen "Gewichtes" gibt es nicht, sowenig, wie es Vernunften und "alternative" Fakten gibt.hikaru hat geschrieben:Darüber hinaus hat aber die selbe Person als Entdecker/Erfinder der in der Gesellschaft diskutierten Neuerung die zusätzliche Rolle eines Experten, dessen Einzelmeinung ein deutlich höheres Gewicht im Diskurs haben kann, als die eines jeden beliebigen Anderen in seiner Rolle als Gesellschaftsmitglied.
Mag sein, dass "die anderen" den Darlegungen des Experten mental nicht zu folgen vermögen und ihm aufgrund dieses Mangels "glauben" ohne überzeugt zu sein. Aber das ist ein Mangel, ein Anspruch lässt sich daraus meiner Meinung nach nicht ableiten. Es gibt aktuelle wissenschaftliche Beispiele, die zeigen, wohin das dann führen kann.
Geht aber leider nicht. (Nicht nur) jeder Wissenschaftler ist abgesehen davon, dass er Wissenschaftler ist, dieser eine Mensch mit all seinen Schwächen, Neigungen und interessen - genau wie Kant. Er mag bei seiner Arbeit versuchen, all das außen vor zu lassen. Spätestens, wenn sie beendet ist, ist es wieder da.Ich halte es für sinnvoll, diese beiden Rollen zu trennen.
Ich habe übrigens nirgends konkrete Handlungsvorschläge für Wissenschaftler (Veröffentlichung/Nichtveröffentlichung) gemacht, im Gegenteil, ich habe gesagt, dass er das selbst entscheiden muss (vielleicht im Ergebnis einer Diskussion mit ihm vertrauenswürdig und kompetent erscheinenden Personen).
Grüße, Günther
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Deine (Habermas') Argumentation funktioniert nur, wenn sich objektiv ermitteln lässt, wer das bessere Argument hat. Das würde voraussetzen, dass sich objektiv bestimmen ließe, was "die Wahrheit" ist. Das ist bei Themen die überhaupt einen gesellschaftlichen Diskurs erfordern aber nur äußerst selten der Fall, denn es fehlt eine Instanz die darüber befinden könnte, was denn nun die objektive Wahrheit ist.guennid hat geschrieben:07.11.2017 08:50:28Genau das halte ich für falsch. - Jedenfalls ist das nicht meine Vorstellung einer wünschenswerten Gesellschaft. In deren Diskursen gilt nur der "zwanglose Zwang des besseren Argumentes" (Jürgen Habermas). Argumente "höheren" und niederen "Gewichtes" gibt es nicht, sowenig, wie es Vernunften und "alternative" Fakten gibt.hikaru hat geschrieben:Darüber hinaus hat aber die selbe Person als Entdecker/Erfinder der in der Gesellschaft diskutierten Neuerung die zusätzliche Rolle eines Experten, dessen Einzelmeinung ein deutlich höheres Gewicht im Diskurs haben kann, als die eines jeden beliebigen Anderen in seiner Rolle als Gesellschaftsmitglied.
Mag sein, dass "die anderen" den Darlegungen des Experten mental nicht zu folgen vermögen und ihm aufgrund dieses Mangels "glauben" ohne überzeugt zu sein. Aber das ist ein Mangel, ein Anspruch lässt sich daraus meiner Meinung nach nicht ableiten. Es gibt aktuelle wissenschaftliche Beispiele, die zeigen, wohin das dann führen kann.
Daher können wir nur mit Gewichten arbeiten, die im Wesentlichen darauf beruhen, wer seinen Standpunkt besser verkaufen kann. Im Idealfall ist das derjenige Experte, dessen Argument tatsächlich durch die "objektive Wahrheit" gestützt wird, die wir aber als Gesellschaft weiterhin nicht zweifelsfrei erkennen können, selbst wenn sie existiert.
Die Gesellschaft besteht im Wesentlichen aus Nichtexperten. Die meisten Mitglieder sind also gar nicht in der Lage, auf eine objektive Wahrheit ausgerichtete Argumente als solche zu erkennen. Im gesamtgesellschaftlichen Kontext funktioniert daher eine Entscheidungsfindung im Wesentlichen über Meinungen, nicht über Fakten. Genau auf diesem Umstand basiert das Konzept der "alternativen Fakten".
Wer als Nichtexperte glaubt, Fakten statt Meinungen zu erkennen, der läuft schnell Gefahr, dem Dunning-Kruger-Effekt zu unterliegen. (Und wer als Experte glaubt Fakten zu erkennen, der kann immer noch irren.)
Das mag der Betroffene in der Praxis nicht trennen können. Ich halte es aber für wichtig, sich zumindest in der Theorie der beiden Rollen bewusst zu sein um zu erkennen, wann ein Experte in welcher Rolle agiert und zu welchem Grad (und aus welchem Grund) er sie vermischt.guennid hat geschrieben:07.11.2017 08:50:28Geht aber leider nicht. (Nicht nur) jeder Wissenschaftler ist abgesehen davon, dass er Wissenschaftler ist, dieser eine Mensch mit all seinen Schwächen, Neigungen und interessen - genau wie Kant. Er mag bei seiner Arbeit versuchen, all das außen vor zu lassen. Spätestens, wenn sie beendet ist, ist es wieder da.Ich halte es für sinnvoll, diese beiden Rollen zu trennen.
Re: Bezeichnung für Region: Australien und Neuseeland
Genau. Und genauso wenig wie dies, funktioniert es, wie sich objektiv feststellen lässt, wessen Meinung ein "höheres Gewicht" hat. Es gibt keine absolute Sicherheit, weder bei Debian, noch beim online-banking, noch sonst irgendwo - bis zum Beweis des Gegenteils . Über Näherungswege wird man streiten müssen, Menschen unterschiedliche Rechte/Werte "zuzusprechen" - im Im Gegensatz zum 19.Jhd. im 20./21. möglicherweise gemessen am IQ - halte ich für einen Irrweg.hikaru hat geschrieben:Deine (Habermas') Argumentation funktioniert nur, wenn sich objektiv ermitteln lässt, wer das bessere Argument hat.
Kann man auch Manipulation nennen.hikaru hat geschrieben:Daher können wir nur mit Gewichten arbeiten, die im Wesentlichen darauf beruhen, wer seinen Standpunkt besser verkaufen kann.
Im Übrigen, hikaru, ich sehe uns gar nicht so weit auseinander. Mein Eindruck ist, während dein Fokus eher auf den gesellschaftlichen Zwängen liegt, liegt meiner mehr auf der Betonung der Möglichkeiten des freien Individuums, diesen Zwängen zu widerstehen, will sagen, im Grunde genommen gehen wir die gleiche Sache von unterschiedlichen Enden her an.
Grüße, Günther