Systemd, ein Rant

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TomL

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von TomL » 10.07.2018 18:38:52

tobo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 17:08:44
warum man mit populistischen Meinungsmaschinen keinen Dialog führen kann: Das Ergebnis der Diskussion steht bereits vor deren Beginn fest und schwingt in jeder Argumentation mit.
Könntest Du bitte diesen Satz erklären? Ich bin nämlich einigermaßen verunsichert, ob ich damit vorsätzlich beleidigt wurde oder ob ich gar nicht gemeint war.

Soweit es eine solche hypothetische Diskussion angeht steht für mich fest, dass sich 99 von 100 systemd-Hassern vehement gegen jeglichen Missionierungsversuch wehren werden, vermutlich begleitet von der Aufforderung, diese unnötige und unsachliche Missionierung zu unterlassen... denn schließlich ist man ja "alt" genug, das treffend selber einzuschätzen... und relevante Fakten für systemd sind dann auch nur Fan-Boy-Gelabere. Als überzeugter Gegner will man ja nicht auf einmal als Wendehals darstehen. Und auf der anderen Seite werden systemd-Befürworter nicht mehr auf die Vorteile von systemd verzichten wollen, wenn sie zu sysvinit zurück sollten.

Glaubst Du wirklich, dass es neue Fakten gibt, die nicht schon (falsch oder richtig) widerlegt wurden.... wie auch immer, aber auf jeden Fall 'widerlegt'.... so wie jetzt hier oberhalb mit den Abhängigkeiten, die systemd angelastet werden, wo es aber m.M.n. gar nix mit zu tun hat?

Bei einer solchen Diskussion, wo es zum großen Teil um Neigungen und Animositäten geht, gibts nur ein Ergebnis, und zwar kein Ergebnis. Bin ich jetzt eine populistische Meinungsmaschine, weil ich meine Zeit deswegen nicht mehr mit der Diskussion mit einem Systemd-Hasser verschwenden will?

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Meillo
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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von Meillo » 10.07.2018 20:30:33

Ich finde, man merkt deutlich, dass noch nicht die Zeit gekommen ist, um nuechtern, sachlich, neutral und wissenschaftlich dieses Thema neu zu bewerten. So werde ich wohl noch ein paar Jahre darauf warten muessen.
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tobo
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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von tobo » 11.07.2018 00:46:49

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 18:38:52
tobo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 17:08:44
warum man mit populistischen Meinungsmaschinen keinen Dialog führen kann: Das Ergebnis der Diskussion steht bereits vor deren Beginn fest und schwingt in jeder Argumentation mit.
Könntest Du bitte diesen Satz erklären? Ich bin nämlich einigermaßen verunsichert, ob ich damit vorsätzlich beleidigt wurde oder ob ich gar nicht gemeint war.
Ich weiß zwar nicht, wie man das falsch verstehen kann, aber bitte: Natürlich warst du gemeint. Ich verstehe auch nicht, dass du dich dadurch vorsätzlich beleidigt fühlst, schließlich ist das genau der Habitus, mit dem du hier durchweg auftrittst!? Es gibt einen Unterschied darin, eine Meinung zu einer Sache zu haben und ein Urteil darüber zu fällen. Und wenn dann auch noch die Pro-Vergleiche (C++) mit derselben Absurdität an Logik vorgebracht werden (da gibt's ganze Webseiten darüber, die sich nur damit befassen und das Gegenteil behaupten), um die "Beweiskette" zu schließen, dann stützen sich am Ende die Vermutungen/Halbwahrheiten/Lügen gegenseitig. Genauso argumentieren die Populisten von AfD und CSU, ebenso solche Meinungsmaschinen wie z.B. Scholz oder von der Leyen. Letztere (um den Kreis zu schließen), in ihrer vollen Pracht, vom Autor des Blogs "porträtiert" (alt und länglich, aber lesenswert):
http://www.danisch.de/blog/2011/06/21/w ... unde-ging/
Es geht nichts über eine vordefinierte Meinung?!

ViNic

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von ViNic » 11.07.2018 07:10:27

Linux ist einfach nicht stabil. Der TE nutzt doch ein Testing, wo es keine Garantie gibt das Programme laufen. Je nachdem welche Distribution man nutzt, hat man distributionsspezifische Probleme. Zum Beispiel, SystemD in Testing kaputt aber in openSuSE Leap funktioniert es. Ist SystemD jetzt kaputt oder nicht?

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern als PulseAudio das Licht der Welt erblickte. Zuerst auf Fedora und mit Verspätung von Monaten und Jahren dann auch in anderen Distributionen. PulseAudio hat unter Fedora funktioniert, weil es dort wohl sauber implementiert wurde. Andere Distributionen hatten da Probleme. Ubuntu zum Beispiel hat es über ein Jahr lang nicht hinbekommen PulseAudio zum funktionieren zu bringen, andere Distros waren da ähnlich. War PulseAudio nun defekt oder nicht?

Ich habe vor paar Tagen Debian Testing in VirtualBox installieren wollen. Ging nicht weil der Installer meinte Ext4 im Moment nicht zu unterstützen. Debian Stable funktioniert wunderbar.

Jede Linux Distribution hat ihre eigene Probleme, weil jeder seine eigene Suppe kocht. Darüber sollte man einen Rant machen.

SystemD ist super! :THX:

DeletedUserReAsG

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von DeletedUserReAsG » 11.07.2018 07:41:55

ViNic hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 07:10:27
Zum Beispiel, SystemD in Testing kaputt aber in openSuSE Leap funktioniert es. Ist SystemD jetzt kaputt oder nicht?
Du schreibst es doch schon: systemd in Testing ist kaputt (wenn es denn so ist, ich kann’s nicht prüfen). Das Ding ist nicht geeignet, standalone zu laufen, also wird man seine Funktionsfähigkeit auch immer im Kontext beurteilen müssen. Die bessere Frage wäre also: woran liegt’s, dass systemd in Testing gerade nicht so tut, wie es soll – und wie kann man es fixen?

Davon zu unterscheiden wären generelle Kritikpunkte an systemd, die zweifelsfrei existieren und oft auch durchaus ihre Berechtigung haben. Die sind unabhängig von der Distribution, und der im Eingangsbeitrag genannte Punkt wäre so einer: soweit ich weiß, gibt systemd in keiner Distribution aus, wo genau es denn nun gerade hängt. Mit „A start/stop job is running for user …” kann man nunmal unter keiner Distribution, auch nicht unter SuSE Leap, auf dem ersten Blick erkennen, wo man ansetzen sollte.
Warum steht da nicht stattdessen sowas wie „xyz.service running for user 0815 is blocking […]“ oder „Waiting for xyz.service running for user 0815 to finish unmounting /pfad/…“?


---
ViNic hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 07:10:27
SystemD ist super! :THX:
Hilf mir bitte: war das ironisch gemeint? Die Schreibweise „SystemD“ und der verstärkende Smiley deutet eigentlich stark drauf hin, aber der gesamte Beitrag erscheint mir nicht ironisch gemeint?
Autorenteam von systemd hat geschrieben:
Yes, it is written systemd, not system D or System D, or even SystemD. And it isn't system d either. Why? Because it's a system daemon, and under Unix/Linux those are in lower case, and get suffixed with a lower case d. And since systemd manages the system, it's called systemd. It's that simple.

TomL

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von TomL » 11.07.2018 10:36:20

tobo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 17:08:44
Das ist doch mal ein richtig schönes Beispiel dafür, warum man mit populistischen Meinungsmaschinen keinen Dialog führen kann: Das Ergebnis der Diskussion steht bereits vor deren Beginn fest und schwingt in jeder Argumentation mit.
Das gefährliche ist nicht eine falsche Meinung zu haben und sich diese Meinung mit vielleicht falsch verstandenen Argumenten selber zu erklären... das ist menschlich und passiert vermutlich den meisten irgenwann im Leben. Mit unwiderlegbarer Gegenargumentation und treffenden Fakten kann man dem leicht begegnen.
Aber genau darauf verzichtest du . Du legst gar keinen Wert darauf mich von der Falschheit meiner Meinung zu überzeugen, sondern versuchst schlichtweg den Kontrahenten zu dämonisieren und zu diffamieren. Und genau das ist das Werkzeug der populistischen Hetzer, Meinungsunterdrücker und Demagogen. Ich habe meine Meinung wenigstens versucht zu erklären.... Du willst das nur unterdrücken.... und genau das ist das wahre gefährliche ...hier im gleicher Hinsicht wie draussen in der Politik.
Aber ich sag dir was... Du hast gewonnen... ich werde versuchen, auf jegliche Äußerungen künftig zu verzichten.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von Lord_Carlos » 11.07.2018 10:47:40

MSfree hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 18:25:14
Nein, einmal pro Sekunde zu prüfen, kostet so gut wie gar nichts, verlängert aber den Bootvorgang unnötig. Wenn du 30 Dienste startest, die jeweils 1-2 Sekunden warten, bis ihre Randbedingungen erfüllt sind, dann hast du unter Umständen 30-60s zusätzliche Bootzeit.
Sprechen wir jetzt hier noch von Netzwerk, oder allgemein von Randbedingungen?

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von MSfree » 11.07.2018 11:23:04

Lord_Carlos hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 10:47:40
Sprechen wir jetzt hier noch von Netzwerk, oder allgemein von Randbedingungen?
Es macht aus meiner Sicht keinen Unterschied.

Eine Netzwerkbedingung ist nur ein Spezialfall, auf den allgemeinen Fall trifft das in gleichem Ausmaß zu.

Es wäre also ziemlich dumm, Diensten das Warten auf Bedingungen beizubringen, weil das eben auch dazu führt, daß unnötig lange gewartet wird.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von whiizy » 11.07.2018 15:49:50

MSfree hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 14:55:27
Bisher konnte ich Startproblem allerdings in der Regel mit systemd-analyze lösen, zumindest, wenn die Krücke noch bis zum Login kam.
Allgemein gefragt:
Gibt es eigentlich "systemische" Gründe dafür, daß wartende start oder stop jobs nicht besser darüber Auskunft geben, worauf sie genau warten?

Müsste der systemd denn nicht jederzeit unerfüllte Abhängigkeiten erkennen und somit auch sofort mitteilen können?

Oder sind es vielleicht nur administrative Gründe, daß "zu technisch klingende Fehlermeldungen" von unbedarften Usern ferngehalten werden sollen und erst über spezielle System-Tools transparent werden?

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von novalix » 11.07.2018 17:29:40

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
10.07.2018 20:30:33
Ich finde, man merkt deutlich, dass noch nicht die Zeit gekommen ist, um nuechtern, sachlich, neutral und wissenschaftlich dieses Thema neu zu bewerten. So werde ich wohl noch ein paar Jahre darauf warten muessen.
Wie so häufig, ist es eben nicht ganz so einfach zu bestimmen, was genau das Thema ist.
Lass mich mal folgende Perspektive aufreissen:

Hier im df sind ja viele Veteranen des Gebrauchs von Rechenmaschinen versammelt. Da wurde schon so manches Bit verschoben in diesem oder jenem Register. Wir verstehen zu unterschiedlichen Graden in unterschiedlichen Teilbereichen der Verarbeitungslogik unserer elektronischen Geräte zu folgen.
Wir erwarten und finden einen Ablauf linearer Prozesse in Geflechten kombinatorischer Logik; kompliziert aber letztlich stringent ableitbar.
So gesehen müsste jede Frage zum Ablauf eines programmatischen Prozesses eine eindeutige Antwort hervorbringen.
So ist es aber nicht.
Das liegt weniger an den Prozessen als an den Fragen, die *wir* an sie stellen.

Fragen sind Ausdruck von Erwartungshaltungen, von Horizonten, in denen die individuelle Erfahrungswelt und interpretative Muster kondensiert sind.
Wenn wir mit Rechenmaschinen hantieren, nehmen wir eine implizite Grundhaltung ein, dass je mehr wir uns damit beschäftigen, je genauer wir die Abläufe verstehen und kontrollieren können, desto optimaler wird das Funktionieren dieser Geräte sein.
Wir glauben an den Fortschritt.

Auf der anderen Seite gibt es da ein strukturelles Problem: Komplexität.
Kann heutzutage noch eine Einzelperson sämtliche konstruktiven Details einer handelsüblichen CPU aus dem Ärmel schütteln?
Und das wäre ja nur die materiell-technische Ebene, komplexitätsmäßig voll old school.
Wir sind auf dem Weg in die Artificial Intelligence im großen Stil, sagen alle.
Manche sagen, dass solche komplexen elektronischen Prozesse nur dann sinnvoll und nachvollziehbar gesteuert und beobachtet werden können, wenn wir artificial ignorance walten lassen.

Das Unix-Erbe ist in diesem Zusammenhang interessant, nicht nur aber auch weil die Radikalinskis von Devuan sich explizit darauf berufen. Norbert Tretkowski hatte da mal mit einem ordentlichen Schuss Selbstironie "In Low-Tech we trust" auf die Freiheitsflagge geschrieben.
Im Kern sehe ich im KISS-Prinzip eine Technik der geordneten Komplexitätsreduktion, die in einer Hinsicht bisher ungeschlagen ist: in ihrer eigenen Einfachheit. Die Technik der Komplexitätsreduktion ist einfach zu verstehen und somit auch anzuwenden und durchzuhalten. Das ist nicht zuletzt das Feature, das Richard Gabriel in seiner "Worse is better"-Analogie herausarbeitet.
Beispiel aus der Praxis:
Die Unix-Rechteverwaltung ist vergleichsweise tumb. Windows hat seit seinem NT-Kernel ein viel weitreichenderes, fein granulierbares Konzept eingeführt. Da ist nur kaum eine Sau mit klar gekommen. Das ging so weit, dass die erste ernsthafte Anwendung dieser Rechteverwaltung in einem End-User-Betriebssystem (Vista) mehr als zehn(!) Jahre später zu einem totalen Fiasko wurde. Dabei war das System doch "besser"[*].
Aber eben nicht besser handhabbar.
Allerdings gibt es in der Unix-Welt noch dieses seltsame Biest: die Lernkurve.
Die Technik der Komplexitätsreduktion an sich ist einfach und das kostet. Um mit solchen Systemen sinnvoll zu arbeiten, müssen grundlegende aber auch spezielle Techniken und Fertigkeiten erworben werden, die häufig genug wenig spektakulär anmuten, vielmehr wie dröge Fleißarbeit daher kommen. Das ist nicht jedermanns Sache. Der Webshop läuft nicht? "Mach mal chmod -R 777 auf das ganze Verzeichnis." "Supi, jetzt funzts. Super Lösung. Merk ich mir."

Ist das die Frage? Entweder Weiter-immer-weiter oder Schuster-bleib-bei-deinen-Leisten?

C++ ist besser[2] als C. Deswegen hat der C-Programmierer kein Argument außer Neid.
Nächste Frage: Warum ist nicht jede Software, die seit Erscheinen von C++ geschrieben wurde, in C++ geschrieben worden?
Ist das noch logisch?

Ja, was denn jetzt? Wie umgehen mit der Frage:
Ist systemd gut?

Ich sage: Keiner - auch niemand nicht - ist mittelfristig in der Lage den Überblick zu behalten (to keep things at grip). Das macht uns schwer zu schaffen. So schwer, dass manche ihr Heil in Dogmen suchen. Andere in Sarkasmus. So richtig schlimm wird es, wenn beides sich paart. Und wie es Beelzebub nun einmal eingerichtet hat, sind die eigenen Vorurteile just im Bereich des blinden Flecks, von dem wir nur indirektes Wissen erlangen können. Wir sehen ihn nicht.

Wahrscheinlich haben wir hier ein Problem unter Menschen, weniger ein Problem von Funktionsweisen bestimmter Maschinen. Wobei zweiteres möglicherweise zu einem gewissen Anteil prinzipiell nur eine Projektionsfläche des ersteren darstellt. Wir bleiben für Sie diesbezüglich am Ball.

Ich sprach von "Dogmen" und "Vorurteilen". Das sind schlimme Wörter für allzumenschliches. Immerhin beruht die Funktionsweise unserer Wahrnehmung auf dem "Ausklammern von Zweifeln" und dem Herausarbeiten prägnanter Merkmale einer Gestalt, die wir dann als Dinge und Sachverhalte in unserer Erfahrungswelt gruppieren und sprachlich verarbeiten können. Das Vor-Urteil hat einen wesentlichen funktionalen Stellenwert in der Art und Weise, wie wir der Welt begegnen. In diesem Sinne kann keine Perspektive - auch nicht die wissenschaftliche - für sich in Anspruch nehmen, frei und umfassend zu sein. Dann wäre sie auch keine Perspektive.
Alan Kaye sagte einmal: "A point of view is worth 80 IQ-Points". Da könnte was dran sein. Noch besser schneidet der Proband natürlich ab, wenn er die Perspektive nicht nur einnehmen, sondern ihre Möglichkeiten und Grenzen sich selbst und anderen gegenüber auch darlegen kann.
Ab da wird es dann wieder kompliziert.

[1] Selinux war augenscheinlich von der NT-Rechteverwaltung inspiriert.

[2] .. ist doppelt plus gut .. scnr
Das Wem, Wieviel, Wann, Wozu und Wie zu bestimmen ist aber nicht jedermannns Sache und ist nicht leicht.
Darum ist das Richtige selten, lobenswert und schön.

ViNic

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von ViNic » 11.07.2018 21:08:58

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 07:41:55
Du schreibst es doch schon: systemd in Testing ist kaputt (wenn es denn so ist, ich kann’s nicht prüfen).
Ich schrieb das als Beispiel, siehe oben. Wie der Stand von Testing ist, weiß ich auch nicht. Bei den Namen der Distros könnte ich auch PCLinuxOS und Ubuntu nehmen. Ich bezog mich auf die unterschiedlichen Distributionen und ihren SystemD Implementierungen. Bei einem kann es zum gleichem Zeitpunkt funktionieren, bei anderem nicht.
niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 07:41:55
Davon zu unterscheiden wären generelle Kritikpunkte an systemd, die zweifelsfrei existieren und oft auch durchaus ihre Berechtigung haben. Die sind unabhängig von der Distribution, und der im Eingangsbeitrag genannte Punkt wäre so einer: soweit ich weiß, gibt systemd in keiner Distribution aus, wo genau es denn nun gerade hängt.
Ich dachte das man den status eines services mit systemctl status <name des service> lässt sich so einiges auslesen. Also zumindest habe ich das mit apache2.service so erfahren. Wenn zum Beispiel die vhosts-conf nicht passte und apache dadurch nicht lief, zeigte der status schon sehr informativ an, woran es lag.

Die generellen Kritikpunkte gibt es halt oft und überall. Irgendwann werden diese ausgebessert oder durch etwas neues und besseres ersetzt.
niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 07:41:55
Hilf mir bitte: war das ironisch gemeint? Die Schreibweise „SystemD“ und der verstärkende Smiley deutet eigentlich stark drauf hin, aber der gesamte Beitrag erscheint mir nicht ironisch gemeint?
Nein, bei ironie überdrehe ich meist stark oder benutze :mrgreen:

Das ich SystemD super finde ist mein Ernst und nur meine persönliche Meinung.
Apache
------------------------------------------------
systemctl enable apache2.service
systemctl start apache2.service
systemctl restart apache2.service


Mysql
------------------------------------------------
systemctl enable mysql.service
systemctl start mysql.service
systemctl restart mysql.service
Ist das was ich kenne und auf verschiedenen Distributionen dank SystemD nutzen kann. So wie früher, jede Distro zu lernen, diese Zeiten sind halt somit fast vorbei. Und ich finde das gut so. Wenn ich mich an meine Zeit als Systembetreuer zurück denke, überkommt mich wieder das gruseln. Ich habe mich damals mit Suse, Ubuntu, Debian, Fedora rumschlagen müssen, weil ich als einziger bei dem damaligem Unternehmen Linux gesehen habe. Nicht nur ich hatte damit Probleme. Der eine Kunde nutzt SuSE, anderer Ubuntu, wiederum andere Mischmasch aus Debian und Fedora etc. Sowas wie ein Linux-Administrator wollte ich irgendwann nicht mehr werden, und heute auch nicht. Heute würde ich mir so eine Lektüre wieder freiwillig ansehen. Weil ich das, bis auf Yast-Teil, ganz sicher 1:1 auf andere Distros übertragen kann. Also denke ich zumindest so. Darum finde ich SystemD super.

DeletedUserReAsG

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von DeletedUserReAsG » 11.07.2018 21:23:07

ViNic hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 21:08:58
Ich dachte das man den status eines services mit systemctl status <name des service> lässt sich so einiges auslesen. Also zumindest habe ich das mit apache2.service so erfahren. Wenn zum Beispiel die vhosts-conf nicht passte und apache dadurch nicht lief, zeigte der status schon sehr informativ an, woran es lag.

Die generellen Kritikpunkte gibt es halt oft und überall. Irgendwann werden diese ausgebessert oder durch etwas neues und besseres ersetzt.
Im gegebenen Beispiel (das beileibe nicht auf Debian Testing beschränkt ist) hilft’s nur nicht weiter. Die Kiste soll runterfahren, und es wird erstmal 60s bis zum ersten, dann noch mal 120s bis zum zweiten Timeout eines ominösen „stop jobs“ gewartet. Weder steht da, auf was gewartet wird, noch, was da überhaupt wartet – und schon gar nicht steht da, warum gewartet wird. Logs gibt’s nicht, weil die Datenträger zu dem Zeitpunkt schon lange weg sind – aber man könnte doch zumindest hinschreiben lassen, um welche Unit es überhaupt geht, so dass man den Fehler gezielt suchen und beheben kann? Das ist nun seit einigen Jahren so – wie lange dauert’s noch bis zum „irgendwann”, an dem das behoben wird?

Im Grunde mag ich systemd (SystemD kenne ich nicht und $Suchmaschine gibt auch nix aus, was in diesen Kontext passen könnte) – macht vieles einfacher und schneller. Aber an manchen Stellen frage ich mich schon, was die Entwickler so rauchen, wenn sie ganz offensichtliche Punkte „vergessen“. An anderen Stellen frage ich mich, was sie sich durch die Nase gezogen haben – leichte Anzeichen von Größenwahn sind ja leider auch unverkennbar.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von Lord_Carlos » 11.07.2018 21:25:45

sYstEm D

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DeletedUserReAsG

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von DeletedUserReAsG » 11.07.2018 21:27:17

Kannst du für deinen OT-Kram nicht ’nen eigenen Thread aufmachen?

[scnr]

ViNic

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von ViNic » 11.07.2018 22:05:03

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 21:23:07
Im gegebenen Beispiel (das beileibe nicht auf Debian Testing beschränkt ist) hilft’s nur nicht weiter. Die Kiste soll runterfahren, und es wird erstmal 60s bis zum ersten, dann noch mal 120s bis zum zweiten Timeout eines ominösen „stop jobs“ gewartet. Weder steht da, auf was gewartet wird, noch, was da überhaupt wartet – und schon gar nicht steht da, warum gewartet wird. Logs gibt’s nicht, weil die Datenträger zu dem Zeitpunkt schon lange weg sind – aber man könnte doch zumindest hinschreiben lassen, um welche Unit es überhaupt geht, so dass man den Fehler gezielt suchen und beheben kann? Das ist nun seit einigen Jahren so – wie lange dauert’s noch bis zum „irgendwann”, an dem das behoben wird?
Oder es ist doch nicht so einfach zu beheben. Es ist doch Open Source und es müsste sich jemand doch finden lassen, der den Bug behebt oder das Feature beisteuert. Daher frage ich mich eher, warum in dieser Richtung noch nichts passiert ist.
niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 21:23:07
Im Grunde mag ich systemd (SystemD kenne ich nicht und $Suchmaschine gibt auch nix aus, was in diesen Kontext passen könnte) – macht vieles einfacher und schneller. Aber an manchen Stellen frage ich mich schon, was die Entwickler so rauchen, wenn sie ganz offensichtliche Punkte „vergessen“. An anderen Stellen frage ich mich, was sie sich durch die Nase gezogen haben – leichte Anzeichen von Größenwahn sind ja leider auch unverkennbar.
Yes, it is written systemd, not system D or System D, or even SystemD
Quelle, https://www.freedesktop.org/wiki/Software/systemd/

Aber das ist mir egal ... irgendwie muss ich ja jemanden ärgern. Kann gar nicht anders, aber das kennst du ja schon :wink:

Wie gesagt, es Open Source und wenn es wirklich einfach ist sollte es längst behoben werden können. Wenn das noch nicht passiert ist, sollte man nach Ursachen suchen.

DeletedUserReAsG

Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von DeletedUserReAsG » 11.07.2018 22:58:12

ViNic hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
11.07.2018 22:05:03
Daher frage ich mich eher, warum in dieser Richtung noch nichts passiert ist.
Soweit mir bekannt, wurden schon öfter mal Patches eingereicht. Nicht direkt dazu, aber überhaupt – und der Hauptentwicker wehrt sich wohl mit Händen und Füßen gegen Änderungen, die ihm gerade nicht passen. Ist aber Hörensagen, hab das nicht direkt verfolgt.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von ingo2 » 11.07.2018 23:12:07

Ich will hier eure nahezu philosophische aber lesenswerte Diskussion nicht stören, bin deshalb auch nach dieser Bemerkung wieder weg.

Anscheinend gibt's da wirklich ein Problem mit den lästigen Timeouts. Ein ganz heißer Kanditat aus eigener Erfahrung dafür ist NFS - die mount-option "soft" kann evtl. helfen. Ist eigentlich traurig, alle reden von CIFS, kaum jemand vom Linux-eigenen NFS.

So, bitte weiter diskutieren,
Ingo

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von nudgegoonies » 12.07.2018 12:32:09

Meine Meinug aus anderen Kommentaren von mir will ich nicht wiederholen. Die kann sich jeder durchlesen. Es gibt Sachen die ich an SystemD mag und Sachen die ich an SystemD hasse. Der Ruf von SystemD leidet meiner Meinung nach vor allem unter der Feature-itis. Und man bekommt das Gefühl, dass es immer mehr Dienste, die früher eigene Dienste in eigenen Paketen waren, einverleibt. Zum Beispiel sollten die SystemD eigenen Dienste für Netzwerk und NTP unabhängig von den SystemD Quellen angeboten werden. Und falls die das von Redhat nicht machen sollte Debian solche Dienste in eigene Pakete auslagern, dass man die Wahl hat. Nicht alles was SystemD an Ersatz-Diensten für bestehende mitbringt ist gut. Netzwerk und DNS ist nach den Erfahrungen von Kollegen mit SystemD unter CoreOS noch total buggy und unbrauchbar. Mein Wunsch ist auf jeden Fall, dass SystemD sich nicht noch weiter aufbläht und man die Wahlfreiheit hat, beziehungsweise bekommt, solche Dienste, die SystemD in seinen Quellen mitbringt, einfach durch andere zu ersetzen.
Soft: Bullseye AMD64, MATE Desktop. Repo's: Backports, kein Proposed, eigene Backports. Grafik: Radeon R7 360 MESA.
Hardware: Thinkstation S20, Intel X58, 16GB, Xeon W3530, BCM5755 NIC, EMU10K1 SND, SATA SSD+HDS und DVD+RW.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von Meillo » 12.07.2018 13:24:38

@novalix: Danke fuer deinen Post. Ich kann das meiste gut nachvollziehen.

Was ich etwas befremdlich finde, ist, dass immer wieder anklingt, dass so eine rueckblickende Bewertung des Themas schwierig, kaum machbar und damit Verschwendung waere. Zugegeben, sie ist schwierig. Aber es gibt ganze Wissenschaftszweige, die sich mit derartig schwierigen Fragestellungen beschaeftigen, so beispielsweise die Sozialwissenschaften. Folglich muss es etablierte Herangehensweisen an diese Schwierigkeiten und Umgaenge mit ihnen geben. Mathematische Ergebnisse wird man sicherlich nicht erhalten koennen, aber grobe Ergebnisse sind besser als gar keine. Und derartige Fragestellungen gibt es auch in Bereichen, wo grosses Interesse an Ergebnissen vorhanden ist, wie in der Politik und beim Militaer. Natuerlich will man dort eine rueckblickende Bewertung der Entscheidungen haben (auch wenn man dann die Ergebnisse der Bewertungen geheim haelt). Und ich will weiterhin behaupten, dass alles geplante, sinnhafte Vorgehen Nachbewertungsschleifen benoetigt, wie sonst soll man, befruchtet durch die eigenen Erfahrungen, zukuenftig bessere Entscheidungen treffen?

Warum wird dann aber mein Wunsch nach einer wissenschaftlich gepraegten Aufarbeitung dieses so kontroversen und folgenreichen Themas fuer die ganze GNU/Linux-Welt so abgetan? Das ist hier nicht mein erster Fall dieser Erfahrung. Eigentlich betrifft es fast alle derartigen Themen, die ich mitverfolgt habe. Es ist, wie wenn es allen Beteiligten unangenehm waere, sich der Aufarbeitung zu stellen. Man koennte ja selber Fehler gemacht haben, die dann aufgedeckt werden koennten. Es ist wie: ``Befassen wir uns nicht mehr damit! Es ist schlecht gelaufen; denken wir nicht mehr daran!'' ... und dann macht man das naechste Mal die gleichen Fehler wieder. Meist sind es IMO in erster Linie Organisations- und Kommunikationsfehler, aus denen man recht einfach konkret was lernen kann. Bei den inhaltlichen Entscheidungen ist es viel schwerer fuer ein naechstes Mal etwas zu lernen, aber man kann sich doch anschauen, welche Gedanken- und Argumentationswege der damaligen Diskussion am Ende zutreffend waren. An denen sollte man sich das naechste Mal orientieren. Es waere halt schade, wenn jemand vor etwas warnt, seine Warnung wird abgetan, dann passiert doch genau das; das naechste Mal warnt er wieder und es wird wieder abgetan ... Es kann auch anders rum sein: Manche warnen zu unrecht. Es kann natuerlich immer auch Glueck gewesen sein, aber vielleicht gibt es ja doch auch Unterschiede in den Argumentationen, in den Kommunikationsformen, in den Werten, die sie vertreten, ... Man bekommt sicher keine mathematischen Antworten, aber man wird doch zumindest lernen, solche Situationen besser verstehen, um zukuenftig besser in ihnen agieren zu koennen.

... aber vielleicht habe ich auch einfach zu hohe Erwartungen. :roll:
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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von MSfree » 12.07.2018 13:25:56

nudgegoonies hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
12.07.2018 12:32:09
Mein Wunsch ist auf jeden Fall, dass SystemD sich nicht noch weiter aufbläht und man die Wahlfreiheit hat, beziehungsweise bekomm
Zu spät.

Es wird nicht mehr lange dauern, bis systemd auch sämtlich Funktionalität des Linuxkernels bekommt. Dann würde ein kleine Microkernel im System ausreichen und Andrew Tanenbaum würde endlich recht bekommen. :mrgreen:

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von OppaErich » 12.07.2018 14:11:17

nudgegoonies hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
12.07.2018 12:32:09
Nicht alles was SystemD an Ersatz-Diensten für bestehende mitbringt ist gut. Netzwerk und DNS ist nach den Erfahrungen von Kollegen mit SystemD unter CoreOS noch total buggy und unbrauchbar.
Da macht wohl jeder seine eigenen Erfahrungen. Unter Fedora und Debian habe ich das Problem das der NetworkManager das Netzwerk nach Suspend nicht wieder hoch bekommt. Der Carrier ist weg, laut der NM Mailingliste soll ich dieses Problem beheben dann geht's wieder. Ich habe den NetworkManager stillgelegt und systemd mein Netzwerk übergeben. Das funktioniert wunderbar. :P

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von novalix » 13.07.2018 15:56:27

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
12.07.2018 13:24:38
Was ich etwas befremdlich finde, ist, dass immer wieder anklingt, dass so eine rueckblickende Bewertung des Themas schwierig, kaum machbar und damit Verschwendung waere.
Das liegt auch daran, dass ich ein wenig dick aufgetragen habe, was wiederum mit den noch immer sich abzeichnenden Frontstellungen bei diesem Thema zu tun hat.
In Wirklichkeit bin ich vollständig bei Dir. Ich wünsche mir einen sachbezogenen und eine weitesgehend klar zu entziffernden Diskurs zu diesem Thema, und glaube auch, dass dieser gelingen kann.
Problem: Diesen Satz würde wahrscheinlich so ziemlich jeder Beteiligte überzeugt unterschreiben. Trotzdem knarrt es erheblich im Gebälk der argumentativen Fairness.

Meine Sicht auf systemd ist derzeit etwa wie folgt:

Die Software vereinheitlicht zentrale Prozesse rund um den Systemstart.
Keiner dieser Prozesse war vorher wirklich kaputt. Probleme gab es. Die einzelnen APIs waren aber robust und verhielten sich so, wie das bei Unix-Prozessen "üblich" ist (z.B. wurden Logs als files am kanonischen Ort abgelegt).
Bei seiner Einführung war systemd weit entfernt von einer solchen Robustheit. Mittlerweile ist es besser geworden, aber noch ganz weit weg von einem anzustrebenden Zustand (siehe unter anderem die Kritikpunkte aus dem Link im Eingangspost).
Ich persönlich würde zum jetzigen Zeitpunkt nichts Wesentliches vermissen, wenn es systemd nie gegeben hätte.
Das liegt aber nur zu einem kleineren Teil daran, dass ich Experimente oder Veränderung scheuen würde.
Für mich ist der Designaspekt der Kompatabilität hier der Knackpunkt.
Zur Vereinheitlichung eine Art domain specific language (DSL) als zentrale API bereitzustellen, ist keine ganz schlechte Idee. Wenn das aber zu dem Preis der Inkompatibilität geschieht, dann erwarte ich, dass "das Neue" in jeder Hinsicht überzeugend funktioniert. Und da es neu ist, sollten ganz besonders die Debug- und Entwicklungsfeatures überzeugend sein.
Aus dem Stand macht systemd in dieser Hinsicht alles andere als eine gute Figur, afaics.
Kurz gefasst: Die Vorteile von systemd sind vor dem Hintergrund der offensichtlichen Brüche, die es hervorgerufen hat, eher dürftig.

Mit dieser Haltung gehöre ich ganz sicher ins Lager der "Spielverderber und Nörgeler", und die Kritik an meiner Kritik ist offensichtlich und nicht von der Hand zu weisen: Talk is cheap, novalix. Show us the code!
Von mir ist da nix zu erwarten, aber selbst wenn ich ein begabter Programmierer wäre, der sich dieser Aufgabe widmen könnte. Es wäre zum einen ein Ding der Unmöglichkeit mein "systemN" gegen die kommerziellen Anbieter durchzusetzen, und ich hätte zum anderen das Problem, dass ich meinen Ansprüchen nach möglichst kompatibel zu systemd konzipieren müsste. Oder ich würde den Poettering geben und den Maintainern und Programmierern sagen: "Ja, dann müsst ihr eure Software und Paketierungsskripte so umschreiben, dass sie mit systemN funktionieren".
Das Kind scheint in den Brunnen gefallen zu sein.

Praktisch gesehen ist die Einführung von systemd unumkehrbar. Und alle so, yeah.
Das Wem, Wieviel, Wann, Wozu und Wie zu bestimmen ist aber nicht jedermannns Sache und ist nicht leicht.
Darum ist das Richtige selten, lobenswert und schön.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von whisper » 13.07.2018 17:46:28

novalix hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.07.2018 15:56:27
...
Meine Sicht auf systemd ist derzeit etwa wie folgt:
...
Das Kind scheint in den Brunnen gefallen zu sein.

Praktisch gesehen ist die Einführung von systemd unumkehrbar. Und alle so, yeah.
Ja, ich denke Debian und seine Nutzer werden dies überleben.
Wer weiß, in 5 Jahren lachen wir drüber und sind happy das es so ist, wie es dann ist.

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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von Meillo » 13.07.2018 20:07:08

novalix hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.07.2018 15:56:27
Diesen Satz würde wahrscheinlich so ziemlich jeder Beteiligte überzeugt unterschreiben. Trotzdem knarrt es erheblich im Gebälk der argumentativen Fairness.
Ja.

novalix hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.07.2018 15:56:27
Meine Sicht auf systemd ist derzeit etwa wie folgt:
Mir geht es in erster Linie gar nicht darum, die technische Diskussion von damals nochmal und besser zu fuehren, sondern darum, sie zu analysieren, zu strukturieren, Inhalte, Werte, Argumentationsweise zu erfassen. Dann zu schauen, wie sich das Projekt seither entwickelt hat: Hat man die angekuendigten Vorteile erreicht? Sind die befuerchteten Nachteile eingetreten? Ist das jeweils passiert bzw. nicht passiert wegen der Designkonzepte des Systems oder aufgrund von Entwicklungs- und Community-Dynamiken? An welchen Stellen hakt es jetzt noch? Sind die Design-verschuldet? Dauert ein derartig tief im System verorteter Umbruch einfach noch laenger?

Sind die Unit-Files fehlerhaft, weil die Konzepte aus Unkenntnis nicht verstanden worden sind oder weil die Konzepte zu komplex sind? (Das ist uebrigens eine grossartige Fragestellung die an vielen Stellen in der Informatik angesetzt werden sollte.) Und dann sollte man noch schauen, welche Usergruppen von Systemd am meisten profitiert haben und welche am wenigsten; welche sich am meisten straeuben und welche es am meisten befuerworten -- Gibt es da klare Unterscheidungen? Falls ja, warum? Was sind deren jeweilige Beduerfnisse? Wie koennte man die im ``Gegnersystem'' am ehesten umsetzen? (Auch das ist eine oft erkenntnisreiche Fragestellung.) Usw ...

Das ist erstmal rein beobachtend. Die bereits gefuehrte inhaltliche Diskussion soll *nicht* mehr aufgewaermt werden. Meine Diskussionsansaetze gehen alle von anderen Blickwinkeln heran ... ganz vorsichtig, stets weiterhin analysierend, nicht entscheidend. Eigentlich sollten Vertreter beider Lager gemeinsam so auf den bisherigen Verlauf schauen koennen. Falls Konstruktivitaet gewuenscht ist, dann waeren das Vorschlaege fuer Wege dorthin.


... von sowas traeume ich von Zeit zu Zeit.
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Re: Systemd, ein Rant

Beitrag von PeteMaravich » 03.08.2018 23:21:41

Ich bin etwas zwiegspalten, was Systemd angeht. Ich find's erstmal richtig, wenn man nicht mehr eine Reihenfolge konfiguriert, in welcher Reihenfolge die Dienste gestartet werden müssen, sondern dass man Abhängigkeiten definiert. Dann hat man einen gerichteten Graphen, der topologisch sortierbar ist. Die topologische Sortierung gibt vor, was als nächstes gestartet werden muss. Besser kann man es nicht lösen, denn rascher kann viele verschiedene Dienste nicht starten. Aber der ganze Unsinn, dass die Logdateien nicht mehr textuell vorliegen. Was hat die Leute nur geritten? Das ist doch vollkommen konträr zur Unix-Philosophie.

Ich lese gerade diesen Punkt:
Es gibt immer wieder Probleme mit der Komplexität und unauflösbaren Abhängigkeiten. Bei Ubuntu schaffen sie es nicht, den dnsmasq erst dann zu starten, wenn die interfaces alle oben sind – deshalb werden manche Interfaces nicht bedient, weil sie beim Start des Daemons noch nicht da waren. Ähnliche Probleme hatte ich vor einiger Zeit mit Postfix, das nicht auf einem bestimmten Interface hören konnte, weil es mit einer Fehlermeldung abbricht, wenn das Interface nicht da ist – systemd (bzw. die Schreiber der Distributionspakete) schafft es nicht, das Zeug in der richtigen Reihenfolge zu starten.
Ich habe die ganze Systemd-Geschichte nicht so verfolgt. Meine bescheidene Meinung dazu: Ein richtiger Ansatz, aber falsche Umsetzung. Man hat sich auf Nebenkriegsschauplätzen getummelt (Polemik: Man musste ja, weil die Logs nicht textuell in Dateien vorliegen, Journalctl entwickeln.), anstatt den Kern von Systemd, und das ist das Verwalten und Starten von Systemdiensten, korrekt umzusetzen, mit einem billigen Algorithmus, den man im Studium der Informatik kennenlernt und den man in der Wikipedia auch jederzeit wieder nachlesen kann.
Zuletzt geändert von PeteMaravich am 03.08.2018 23:30:55, insgesamt 1-mal geändert.

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