Deutsche Studien über China

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BenutzerGa4gooPh

Deutsche Studien über China

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 23.07.2018 20:34:32

Studie: Mehr als zwei Drittel der Chinesen bewerten Sozialkreditsysteme in ihrem Land positiv
Wissenschaftlerteam der Freien Universität Berlin befragte gut 2.200 Bürgerinnen und Bürger/ Zustimmung bei Älteren und Gebildeten besonders groß
...
Methodik: Online-Befragung von 2,209 chinesischen Bürgerinnen und Bürgern über Apps, mobile Websites und Desktops zwischen Februar und April 2018. Methode des „River Sampling“, die Umfrage wurde also mehr als 350.000 Menschen angeboten, welche sich dann aktiv für eine Teilnahme entscheiden konnten. Das Sample ist repräsentativ für die chinesischen Internetnutzerinnen und -nutzer zwischen 14 und 65 (basierend auf den Variablen Alter, Geschlecht und Region).
https://www.fu-berlin.de/presse/informa ... index.html
https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 18498.html
Mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern stellt China das bevölkerungsreichste und gemessen an seiner Gesamtfläche das viertgrößte Land der Erde dar.
...
Bevölkerungsverteilung
Die 1,4 Milliarden Einwohner sind sehr ungleich über das Territorium verteilt. Die imaginäre Heihe-Tengchong-Linie teilt China in einen westlichen Teil, der 57 % des Staatsgebietes einnimmt, und einen östlichen Teil. Auf den 43 % des östlichen Staatsgebietes lebten im Jahre 1982 etwa 94 % der Gesamtbevölkerung.[85] Zahlreiche Landkreise im östlichen Landesteil weisen eine Bevölkerungsdichte oberhalb von 800 bis 900 Personen pro Quadratkilometer auf, während große Landstriche im westlichen Teil des Landes unbesiedelt sind.[85] Am dichtesten besiedelt sind das Perlfluss-Delta mit den Zentren Guangzhou, Hongkong, Shenzhen und Dongguan, sowie das Jangtse-Delta mit den Ballungsgebieten Shanghai, Nanjing und Suzhou.

Das größte natürliche Bevölkerungswachstum findet jedoch in den peripheren Regionen statt. Sie wurden in der Vergangenheit planmäßig kolonisiert, sind Ziel von Migration und Siedlungsort von nationalen Minderheiten, die von der Ein-Kind-Politik ausgenommen sind.[86]
...
https://de.wikipedia.org/wiki/Volksrepu ... verteilung

Repräsentativ für chinesische Internetnutzer? Könnte ein Statistiker oder Qualitaetsmanager oder Messtechniker mal was zu einer Stichprobe von 2209 / 1,4 * 10exp-9 * 100% sagen? Oder haben Soziologen und Sinologen extra großzügige Statistik? Passiert ja praktisch nichts - wenn voll daneben gelegen. :mrgreen:
Der Stichprobenumfang (oft auch Stichprobengröße genannt) ist die Anzahl der für eine Prüfung benötigten Proben einer Grundgesamtheit, um statistische Kenngrößen mit einer vorgegebenen Genauigkeit mittels Schätzung zu ermitteln. Der Stichprobenumfang wird aber häufig durch Normen bzw. Erfahrungswerte festgelegt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Zufallsstichprobe
Jedenfalls reklamieren die recht viel behauptenden Artikel zwar "Repräsentativitaet" - aber keinerlei Hinweis auf Einschätzung der Genauigkeit (kurze Fehlerbetrachtung) bei einer derart geringen Stichprobengröße. Somit sind die kompletten Inhalte beider Artikel fragwürdig. Die momentane Einwohnerzahl von China wurde nicht mal genannt. Absicht? Auf die Studie habe ich nach einer derartig flachen Pressemitteilung einer Universität eigentlich keinen Bock. Morgen schaue ich mir die Fehlerbetrachtung in der Studie genau an, ansonsten Studie sinnlos: Man kann ja mal die gleiche prozentuale Stichprobengröße (Antworten auf Befragung) umrechnen auf die Einwohnerzahl Deutschlands - und die Genauigkeit einer Hochrechnung der Antworten mit gesundem Menschenverstand schätzen. :mrgreen:

Dass die Befragung 350.000 Leuten angeboten wurde, ist dagegen enorm wichtig und im Artikel unbedingt erwähnenswert: Kein Werkstückprüfer kann über Werkstücke, die er prüfen wollte - aber nicht prüfen konnte, sachliche Aussagen treffen. :facepalm:

Schönen Abend allen Lesern!

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von hikaru » 23.07.2018 22:12:43

Jana66 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
23.07.2018 20:34:32
Repräsentativ für chinesische Internetnutzer? Könnte ein Statistiker oder Qualitaetsmanager oder Messtechniker mal was zu einer Stichprobe von 2209 / 1,4 * 10exp-9 * 100% sagen? Oder haben Soziologen und Sinologen extra großzügige Statistik? Passiert ja praktisch nichts - wenn voll daneben gelegen. :mrgreen:
Ich bin in Statistik leider nicht mehr sattelfest genug um das zu bewerten, aber ob die Statistik stimmt ist eh zweitrangig (nicht unwichtig). Wichtiger ist, ob der Sachverhalt stimmt, den die Statistik belegen soll.
Ist z.B. die statistische Methode überhaupt geeignet, den Sachverhalt zu belegen? Spontan frage ich mich, ob eine statistisch signifikante Stichprobe der chinesischen Internetnutzer überhaupt dazu taugt, eine statistisch signifikante Aussage über die chinesische Bevölkerung zu machen.
Anders gefragt: Sind beide Grundgesamtheiten hinreichend deckungsgleich?

Du könntest ja mal bei der FU nach einem Peer Review fragen. Ich kenne jetzt die Reputation der beteiligten Forscher nicht, aber die FU hat allgemein zumindest keinen mir bekannten schlechten Ruf.
Ein (netter) Kollege von mir der selbst Peer Reviews in seinem Fachgebiet macht berichtet mir ab und zu, dass er öfter mal unter sanftem Druck steht, gefällige Reviews abzugeben.

Auf ARD läuft übrigens gerade eine Doku zum Thema "Fake Science". [1] Als Zwischenfazit nach gut der Hälfte der Sendung würde ich mal den altbekannten Satz mitnehmen: "Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast!"
Und mal wieder die Erkenntnis: Die Qualität einer Studie kann man als Laie (dazu gehören hier auch fachfremde Forscher) gar nicht beurteilen. Dazu gehört schon die Unfähigkeit, überhaupt einen seriösen von einem unseriösen Review(er) unterscheiden zu können.


[1] https://pdvideosdaserste-a.akamaihd.net ... 80-1_1.mp4 (433MB)

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von inne » 23.07.2018 22:41:29

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
23.07.2018 22:12:43
Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast! ... Dazu gehört schon die Unfähigkeit, überhaupt einen seriösen von einem unseriösen Review(er) unterscheiden zu können.
Das Thema ist wohl gerade Groß.
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/raubverlage-pseudo-journale-scheinkonferenzen-wissenschaftler-fallen-auf-unserioese-anbieter-rein hat geschrieben: Wenn ich Wahr und Falsch nicht mehr unterscheiden kann, dann wird das Vertrauen in die Wissenschaft hochgradig gefährdet

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von hikaru » 23.07.2018 23:00:19

Der Artikel schlägt in die selbe Kerbe wie die ARD-Doku.

Diese Aussage halte ich aber selbst mindestens für naiv:
deutschlandfunknova hat geschrieben:Der Nutzen für die Wissenschaftler: Sie können Veröffentlichungen nachweisen - und die brauchen sie für ihre Karriere. Allerdings würden die meisten wohl eher aus Naivität handeln, sagt Wissenschaftsjournalist Frank Grotelüschen, und weniger im Bewusstsein, zu täuschen.
"Viele fallen einfach drauf rein. Wenige machen das ganz bewusst, um die eigenen Veröffentlichungszahlen hochzuschrauben."

Frank Grotelüschen, Wissenschaftsjournalist
Publikationszahlen haben für Wissenschaftler etwa den Stellenwert wie Likes für Facebook-Nutzer. Es ist DER quantitative Reputationsmarker.
Wissenschaftler sind seitens ihres Arbeitgebers häufig unter Druck, möglichst viele Publikationen abzliefern. Ich kann es mir mit Schlampigkeit erklären, dann auf unseriösen Plattformen zu veröffentlichen, aber nicht mit Naivität, denn die Problematik ist allgemein bekannt. Für wahrscheinlicher halte ich Gleichgültigkeit bis Vorsatz.

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von guennid » 23.07.2018 23:27:56

Ich weiß weder, was "Sozialkreditsysteme" im Allgemeinen, noch was diese in China sind. Und die Pressemitteilung der FU, macht mich letzteres betreffend auch nicht schlauer.

Empfehle die Lektüre von "Brave New World", "1984"

Brecht, Galilei, bemerkenswerter Satz ziemlich gegen Ende: "Ich halte dafür, dass das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern. Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens willen aufzuhäufen, kann die Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden, und eure neuen Maschinen mögen nur neue Drangsale bedeuten. Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein." Brecht, Ges. Werke 3, Suhrkamp, Frankfurt 1967, S. 1340: Galilei, 14. Bild)

(Hatte ich aber, glaube ich schon mal hier gepostet. Tante google hat's aber nicht gefunden - oder mir nicht gezeigt. :wink: )

Okay, das mit "eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber" ist vielleicht der Zeit (1949) geschuldet und vielleicht zu eng gedacht.

Grüße, Günther

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von inne » 23.07.2018 23:29:41

@hikaru: Mir fehlt dort noch ein Absatz zur (späteren) Glaubwürdigkeit, wenn Wissenschaflter in diesen Fake-Journalen veröffentlichen. Aber ich finde den Artikel dazu nicht wieder - da hatte ich wohl noch einen anderen gelesen. Aber das spielt auch keine Rolle, denn es gibt genug bekannte (seriöse) Studien wo man heute weiß die wurden im Wunsch der Wirtschaft oder Eigeninteresse manipuliert.

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von hikaru » 23.07.2018 23:50:47

guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
23.07.2018 23:27:56
Ich weiß weder, was "Sozialkreditsysteme" im Allgemeinen, noch was diese in China sind.
Es ist nichts weniger als die Realisierung von "1984":
https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 83746.html

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 24.07.2018 08:05:44

guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
23.07.2018 23:27:56
Ich weiß weder, was "Sozialkreditsysteme" im Allgemeinen, noch was diese in China sind.
Beispiele für DE: Führungszeugnis, neuerdings "Gefährderdateien" auch mit Unschuldigen (siehe G20 und Rückzug der Akkreditierung von Journalisten [1]), Bewerbung zwangsläufig mit Arbeitszeugnissen und Lebenslauf, Schufa (wird auch vor Wohnungsvermietung abgefragt), eBay-Beurteilungen, Rabattsysteme (Payback), Rabattsysteme der Versicherungen, künftig wohl auch Krankenkassen ...

Die chinesische Stichprobengröße auf die Einwohnerzahl von DE "hochgerechnet": 2209 * 80 Millionen / 1,4 Milliarden = 2,209 * 80 /1,4 ergibt etwa 126 beantwortete "Fragebögen", leicht absehbar mit Qualitätsunterschieden. Damit soziale Aussagen über DE treffen? Aber dann bitte mit Vertrauenswürdigkeit (Wahrscheinlichkeitsrechnung) der Ergebnisse - und das noch bezüglich mehrerer "Variablen". :wink:
Das Sample ist repräsentativ für die chinesischen Internetnutzerinnen und -nutzer zwischen 14 und 65 (basierend auf den Variablen Alter, Geschlecht und Region)
Nach dem Sinn (Zielgruppe?) einer derartigen deutschen Studie mit entsprechenden Ergebnissen frage ich mich sowieso. Mit Salamitaktik und etwas medialer Angstmache geht in DE alles. Terrorismus, Kinderporno, Hacker, Internetbetrug, Dark Net, Hass, Fake News ...

Vielen Dank für eure Anregungen und weiterführenden Links, Literatur, Dokus! Könnt ruhig weiter schreiben ... :wink:

[1]
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ ... ng102.html
https://netzwerkrecherche.org/blog/g20- ... -willkuer/

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von hikaru » 24.07.2018 09:10:34

Jana66 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
24.07.2018 08:05:44
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
23.07.2018 23:27:56
Ich weiß weder, was "Sozialkreditsysteme" im Allgemeinen, noch was diese in China sind.
Beispiele für DE: Führungszeugnis, neuerdings "Gefährderdateien" auch mit Unschuldigen (siehe G20 und Rückzug der Akkreditierung von Journalisten [1]), Bewerbung zwangsläufig mit Arbeitszeugnissen und Lebenslauf, Schufa (wird auch vor Wohnungsvermietung abgefragt), eBay-Beurteilungen, Rabattsysteme (Payback), Rabattsysteme der Versicherungen, künftig wohl auch Krankenkassen ...
Wobei man dazu sagen muss, dass das chinesische Sozialkreditsystem sehr viel besser vernetzt ist, als es sich mit aus Deutschland bekannten Vergleichsbeispielen überhaupt darstellen lässt. Schufa und Journalistenakkreditierung kriegt man hier nicht so ohne Weiteres unter einen Hut, in China schon.
Jana66 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
24.07.2018 08:05:44
Die chinesische Stichprobengröße auf die Einwohnerzahl von DE "hochgerechnet": 2209 * 80 Millionen / 1,4 Milliarden = 2,209 * 80 /1,4 ergibt etwa 126 beantwortete "Fragebögen", leicht absehbar mit Qualitätsunterschieden.
Ich bin mir nicht sicher, ob der Zusammenhang zwischen Stichprobengröße und Größe der Grundgesamtheit wirklich linear ist, bzw. ob da überhaupt einer besteht. Natürlich wächst mit zunehmender Stichprobengröße das Potenzial für eine bessere Repräsentation, aber wenn die Stichprobe ideal gewählt ist (wozu auch die Auswahl einer sinnvollen Minimalgröße zählt), dann sollte das doch egal ein, oder?
Der lineare Ansatz funktioniert z.B. nicht, wenn man die Grundgesamtheit weiter verkleinert. Wen fragt man z.B. bei der selben Umfrage im Vatikan? Den linken großen Zeh des Papstes?

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von bensmac » 24.07.2018 11:45:58

Zum Sachverhalt Wissenschaftsverlage kam am Sonnabend auf Radio Eins ein Gespräch mit dem Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke.
Kurz, aber interessant.

https://rbbmediapmdp-a.akamaihd.net/con ... 466f68.mp3

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von MartinV » 24.07.2018 13:27:51

Wer unter das Sozialkreditsystem fällt, wird sich hüten, das Sozialkreditsystem schlecht zu bewerten.
Die Vernunft kann einem schon leidtun. Sie verliert eigentlich immer.

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 24.07.2018 14:04:51

bensmac hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
24.07.2018 11:45:58
Zum Sachverhalt Wissenschaftsverlage kam am Sonnabend auf Radio Eins ein Gespräch mit dem Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke.
Kurz, aber interessant.

https://rbbmediapmdp-a.akamaihd.net/con ... 466f68.mp3
Upps, die Bücher von Mark Benecke könnten schon unter Clickbait/Spekulation fallen. Habe das Buch "Aus der Dunkelkammer des Bösen" (gemeinsam mit Lydia Bennecke als "Co-Autorin" und "Psychotante", u. a. viiiel Spekulation über weit entfernte Kriminalfälle laaange vor unserer Zeit) - sowie Vergleiche zu mehreren, weit kürzeren und glaubwürdigeren Büchern (eigene Untersuchungen) von den Gerichtsmedizinern Professor Tsokos (Charite Berlin) und Prof. Prokop (DDR-Gerichtsmediziner).
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Prokop
Wer unter das Sozialkreditsystem fällt, wird sich hüten, das Sozialkreditsystem schlecht zu bewerten.
+1
Jedenfalls nicht an zuständiger Stelle - wegen Sanktionen. Mittlerweile haben wohl auch viele andere Angst, ruhen sich bequem auf ihrem Wohlstand aus. Obwohl die mehr Einfluss hätten als Arme. Irgendwie gut, dass es noch Risiken für Wohlstand (zumindest deren Kinder) gibt. :wink:
Ich bin mir nicht sicher, ob der Zusammenhang zwischen Stichprobengröße und Größe der Grundgesamtheit wirklich linear ist, bzw. ob da überhaupt einer besteht.
Ich mir auch nicht, Statistik ist zu lange her. Mich hätte deshalb mal die Wahrscheinlichkeitsrechnung eines Qualitäts-Ingenieurs oder Prüf-Ingenieurs zur Vertrauenswürdigkeit von Aussagen aufgrund Stichprobengröße und Grundmenge interessiert.

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von uname » 24.07.2018 14:36:12

Kennt jemand die "China Study" aus 1990, das Buch "The China Study" von T. Colin und Thomas M. Campbell von 2004, die Kritiken an der Studie von Denise Minger sowie die Widerlegungen ihrer Kritiken? Noch heute finden sowohl High Carber als auch Low Carber im Internet genug Anhaltspunkte, die die Ernährungsempfehlungen aus der "China Study" im Buch "The China Study" belegen aber auch widerlegen.

guennid

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von guennid » 25.07.2018 19:17:30

Mir ist auch dieser Link zu oberflächlich.
Ich bin in nicht gegen Überwachung per se. Ich will wissen, was wird überwacht, von wem, wozu, unter welchen Bedingungen?

Beispiel: Die ethisch zu rechtfertigende Überwachung eines Supermarktparkplatzes vermag ich mir dsurchaus vorzustellen, wenn dadurch der Typ, der beim Aus-oder Einparken einen bei heutigen Wertkstattpreisen schnell in die Tausende gehenden Schaden verursacht hat, zur Rechenschaft gezogen werden kann. Für mich ist die Frage vor allem: wer hat unter welchen Bedingungen Zugriff auf diese Daten? Werden sie auch gelöscht? Wann werden sie gelöscht? Zum untauglichen Begriff des "Gefährders" habe ich mich schon mal hier geäußert und dem auch heute nichts hinzuzufügen. Ich unterscheide strikt zwischen Verbrechensbekämpfung und -vorbeugung.

China-Bashing ist z.Z. Mainstream, anders ausgedrückt: politisch korrekt. Sowas ist mir erst mal nicht recht geheuer, wenn ich mich davon nicht durch konkrete, sachliche Belege selbst überzeugen kann und jede oberflächliche Meldung dazu verstärkt nur erst mal dieses ungute Gefühl bei mir.

Grüße, Günther

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von hikaru » 25.07.2018 21:43:38

guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
25.07.2018 19:17:30
Mir ist auch dieser Link zu oberflächlich.
Ich denke, der Englische Wikipediaartikel [1] bietet eine gute erste Zusammenfassung des Themas (der Deutsche leider nicht). Auch der ist natürlich oberflächlich, aber ich finde gut genug strukturiert um sich anhand der dargestellten Punkte tiefer zu informieren.
Meine Kenntnisse zu dem Thema stammen zu nicht unwesentlichen Teilen aus Erzählungen meiner Chinesischen Kollegen* und sind daher sicher nicht unvoreingenommen. Auch die sehen die Überwachung größtenteils nicht als Problem, aber beim Gedanken daran, was mit dem durch diese Überwachung ermittelten Score alles verknüpft wird, schlackern mir die Ohren.

Nur als Beispiel: Wer nicht regelmäßig seine Eltern besucht oder seinen Hund Gassi führt bekommt Minuspunkte. Diese können dazu führen, dass man keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen darf oder dass man beim Arzt benachteiligt wird. Es ist erklärtes Ziel der Regierung, Bürger mit der schlechtesten Score-Stufe "D" die Teilhabe am öffentlichen Leben zu verwähren. Damit wird natürlich auch eine Rehabilitation unmöglich.
Auf der anderen Seite kann man sich Pluspunkte kaufen. Der Missbrauch ist also schon im System angelegt.
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
25.07.2018 19:17:30
Ich bin in nicht gegen Überwachung per se.
Ich schon. Und zwar weil ich Angst vor genau dem habe, was gerade in China passiert.
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
25.07.2018 19:17:30
Ich will wissen, was wird überwacht, von wem, wozu, unter welchen Bedingungen?
Anzunehmen diese Informationen vollständig und wahrheitsgemäß zu bekommen ist illusorisch. Früher oder später wird es immer einen geben, der diese Daten missbraucht. Das sollten gerade wir Deutschen wissen, die wir im letzten Jahrhundert zwei Regime hervorgebracht haben die sich auf Massenüberwachung und -verfolgung gestützt haben.
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
25.07.2018 19:17:30
Beispiel: Die ethisch zu rechtfertigende Überwachung eines Supermarktparkplatzes vermag ich mir dsurchaus vorzustellen, wenn dadurch der Typ, der beim Aus-oder Einparken einen bei heutigen Wertkstattpreisen schnell in die Tausende gehenden Schaden verursacht hat, zur Rechenschaft gezogen werden kann.
In der Theorie stimme ich dir zu ...
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
25.07.2018 19:17:30
Für mich ist die Frage vor allem: wer hat unter welchen Bedingungen Zugriff auf diese Daten? Werden sie auch gelöscht? Wann werden sie gelöscht?
... aber genau hier scheitert die Theorie, denn du bist nie in der Position, tatsächlich prüfen zu können, ob die Antworten die du möglicherweisew erhältst der Wahrheit entsprechen.
Vertrauen ist ein Spitzenkonzept wenn es um die persönliche Beziehung zur besten Frau der Welt geht, aber es ist völlig untauglich im Umgang mit einem abstrakten bürokratischen Gebilde wie einem Staat. Selbst wenn du sicher wüsstest, welche Personen alle Zugriff auf die Daten haben (was utopisch ist), müsstest du jedem einzelnen davon Vertrauen, die Daten vertraulich zu behandeln. Du kannst die Personen aber gar nicht alle persönlich kennen, also kannst du auch kein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen.


[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Social_Credit_System
*) darunter ein Han aus Xinjiang, wo es 2009 Aufstände der einheimischen uigurischen Minderheit gab, was teils als Zündfunke für die Entwicklung der aktuellen chinesischen Überwachung gilt

geier22

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von geier22 » 26.07.2018 00:46:08

Sieht man sich die Vita und die sonstigen Auftraggeber von Genia Kostka an, [a] so kann man die Studie / Veröffentlichung
auch als Versuchsballon einschätzen, wie die Öffentlichkeit auf derartiges reagiert, denn mit absoluter Sicherheit
denken unsere Herrschenden über Ähnliches nach. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist es nebensächlich, den
"wissenschaftlichen Gehalt" dieser Studie anzuzweifeln

Im übrigen ist die Studie hier einzusehen und herunterzuladen: [1]

Eine etwas genauere Auseinandersetzung mit diesem Thema gibt es im Deutschlandfunk [2]

Ein Experiment monströsen Ausmaßes (NNZ Kommentar zu den Aktivitäten von Facebook in China) [3]
Nicht dass Facebook als ein soziales Werkzeug unnütz wäre.
Besorgnis erregt etwas anderes. Unter aller ideologischen und politischen
Differenz liegt die heimliche Affinität von Chinas Machthabern und den
Technologieriesen in einem Axiom:

Soziale Probleme sind technisch lösbar.

Gesellschaft ist für beide ein soziales Experiment monströsen Ausmasses
mit den Technologienutzern als Laborratten, die man zu Wohlverhalten dressiert.
Ob man jetzt nach Sozialkreditpunkten oder nach Likes und Followers strebt,
im Endeffekt erübrigt sich eine Macht von aussen, sie wird von innen,
von einem selbstauferlegten Rating-System ausgeübt.

Als repressivste aller Mächte erweist sich jene,
die immer nur das Beste für ihre Unterdrückten will.
Ich möchte auch erwähnen, dass es bei uns schon lange ähnliche Strukturen in der Arbeitswelt gibt.
Ich denke auch in diesem Forum gibt es Leute, die wissen, was es heißt in einem Team
(Teamgeist, Teamfähigkeit) zu arbeiten und danach beurteilt zu werden, und wie Gruppendruck bis zur
Selbstverleumdung führen kann. Nicht umsonst ist die innere Kündigung [4] oder der Counterpart Burn-Out [5]
eine der meist verbreiteten "Krankheiten" in Deutschland.

Die sogenannte "Bonität" hierzulande wird zu einem großen Teil daraus abgeleitet, wo man wohnt
(Schuldner-Atlas.PDF [6]). Mein Umzug aus einem Villenviertel in den Plattenbau ließ meinen Schufa. Score
von 99,2 innerhalb eines Monats auf 82,5 sinken (= nicht kreditwürdig), obwohl mein Konto mehr als gut
bestückt war und Zahlungsausfälle in meinem ganzen Leben nicht zu verzeichnen sind.

Was ist mit der Gleichschaltung der Medien in unserem Land, wenn es z.B. um
Russland oder Syrien geht. Gibt es überhaupt noch Gegenstimmen in Fernsehen / Blätterwald?

Die USA prüfen, ob die Erteilung der Einreiseerlaubnis von der Herausgabe der Sozial- Media - Passwörter
abhängig gemacht werden soll.[7]

Also - worüber regen wir uns auf?

Datenschutz in irgendeiner Form gibt es bei uns schon lange nicht mehr. In den "Demokratien"
spricht man nicht über Datensammlung bzw. hat sie noch nicht so perfektioniert (Was z.B. die NSA macht und weiß,
weiß sowieso keiner)

Der Unterschied ist also lediglich, dass es in China öffentlich, einsehbar und diskussionsfähig ist.

Ist das nun gut oder schlecht? Ich weiß es nicht.
Missbrauch ist hier und dort zu Genüge möglich.


[a]https://www.ft.com/content/dd08320a-0c7 ... 144feabdc0
[1]https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm ... id=3215138
[2]https://www.deutschlandfunkkultur.de/ch ... _id=395126
[3]https://www.nzz.ch/meinung/die-abschaff ... ld.1319342
[4]https://de.wikipedia.org/wiki/Innere_K%C3%BCndigung
[5]https://de.statista.com/statistik/daten ... em-status/
[6]https://www.creditreform-bb.de/fileadmi ... _Karte.pdf
[7]https://www.sueddeutsche.de/digital/don ... -1.3369298

guennid

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von guennid » 26.07.2018 01:47:13

hikaru hat geschrieben:Meine Kenntnisse zu dem Thema stammen zu nicht unwesentlichen Teilen aus Erzählungen meiner Chinesischen Kollegen*
Ich weiß, ich lese deine Beiträge immer mit Interesse, wiewohl ich, was deine IT-Beiträge angeht, mitunter nicht mithalten kann. :wink:
hikaru hat geschrieben:beim Gedanken daran, was mit dem durch diese Überwachung ermittelten Score alles verknüpft wird, schlackern mir die Ohren.
Mir auch, wenn ich mir deine Beispiele anschaue.
hikaru hat geschrieben:Vertrauen ist [...] völlig untauglich im Umgang mit einem abstrakten bürokratischen Gebilde wie einem Staat.
Da bin ich weniger pessimistisch. Kein Staat ist abstrakt. Ich denke immer noch, dass man Regeln finden kann, schlechte und weniger schlechte. :wink: Aber das hatten wir auch schon.
hikaru hat geschrieben:Das sollten gerade wir Deutschen wissen, die wir im letzten Jahrhundert zwei Regime hervorgebracht haben die sich auf Massenüberwachung und -verfolgung gestützt haben.
Einverstanden, aber angesichts der Selbstgewissheit mancher Politstrategen, insbesondere der Couleur, der ich mich durchaus zugehörg fühle, beschleicht mich wiederum das Gefühl, ob "wir" immer die "richtigen" Lehren aus diesen Erfahrungen gezogen haben. Ich sehe in dieser Selbstgewissheit immer auch die uneingesehene Vorstellung durch, dass letztlich doch"am deutschen Wesen die Welt genesen" möge. (Zurückgestutzt auf das gegenwärtige deutsche Potential unter globalen Gesichtspunkten wenigstens nicht mehr so gefährlich wie ehedem.) :wink:
Was für China offenbar anders gesehen werden muss!

Und ok, Praktiken der gegenwärtigen chineischen Regierung sind vielleicht weniger gut geeignete Objekte für meinen mainstream-kritischen Widerspruchsgeist. :wink:
geier22 hat geschrieben:Ich denke auch in diesem Forum gibt es Leute, die wissen, was es heißt in einem Team
(Teamgeist, Teamfähigkeit) zu arbeiten und danach beurteilt zu werden, und wie Gruppendruck bis zur
Selbstverleumdung führen kann.
:THX:
geier22 hat geschrieben:Was ist mit der Gleichschaltung der Medien in unserem Land, wenn es z.B. um
Russland oder Syrien geht. Gibt es überhaupt noch Gegenstimmen in Fernsehen / Blätterwald?
Ich höre und sehe keine.


Grüße, Günther

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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von hikaru » 26.07.2018 15:49:00

guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 01:47:13
Ich weiß, ich lese deine Beiträge immer mit Interesse,
Danke, gleichfalls!
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 01:47:13
wiewohl ich, was deine IT-Beiträge angeht, mitunter nicht mithalten kann. :wink:
Wenn wir uns mal zum gemeinsamen Kernelcompilieren treffen, dann wirst du sehen, dass das en Trugschluss ist. ;)
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 01:47:13
hikaru hat geschrieben:Vertrauen ist [...] völlig untauglich im Umgang mit einem abstrakten bürokratischen Gebilde wie einem Staat.
Da bin ich weniger pessimistisch. Kein Staat ist abstrakt. Ich denke immer noch, dass man Regeln finden kann, schlechte und weniger schlechte. :wink: Aber das hatten wir auch schon.
Vielleicht war meine Wortwahl ungünstig.
Wenn ich dich richtig verstehe, dann hast du im Wesentlichen deshalb kein grundsätzliches Problem mit Überwachung, weil du der Ansicht bist, die überwachenden Stellen könnten vertrauenswürdig sein. Ich sehe das anders, weil der Meinung bin, dass diese Stellen nicht vertrauenswürdig sein können.

Was heißt nun dieses "vertrauenswürdig"? Zerlegen wir das Wort mal, in:

1. Vertrauen - also die Annahme meinerseits, dass ein Anderer meine Interessen nicht verletzten wird, und zwar ohne dass ich die Einhaltung des Vertrauens überprüfen, oder einen Vertrauensbruch wirksam bestrafen kann (oder auch nur möchte).

2. Würdigkeit - also einen wie auch immer gearteten vertrauensBILDENDEN Prozess, an dessen Ende meine Einschätzung steht, dass der Andere mein Vertrauen verdient hat.

Vertrauen gemäß 1. kann es mMn nur zwischen natürlichen Personen geben, eben weil dazu der Prozess von 2. nötig ist. Einem Anderen zu vertrauen bedeutet immer, sich in eine Abhängigkeitssituation zu ihm zu begeben. Jemand dem ich vertraue wird immer Dinge über mich wissen, mit denen er mich angreifen könnte. Ich gehe aber davon aus, dass er das nicht tun wird, weil er bei einem Vertrauensbruch den Verlust meiner Gunst als schwerwiegender ansehen wird, als den Vorteil, den er ggf. dadurch erlangt mich zu verraten.
Du glaubst ja nicht an Emergenz, jedenfalls nicht in dem Maße wie ich es tue. Sehr schön, das erleichtert mir hier die Argumentation. ;) Ohne Emergenz zerfällt "der Staat" nämlich in seine Einzelakteure: von deinem Steuerprüfer bis hin zu deiner Bundeskanzlerin. Die kannst du gar nicht alle gut genug kennen um zu jedem einzelnen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut zu haben. Woher käme hier also die Wertschätzung des Anderen für deine Gunst, um dein Vertrauen in ihn nicht zu verraten?
guennid hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 01:47:13
hikaru hat geschrieben:Das sollten gerade wir Deutschen wissen, die wir im letzten Jahrhundert zwei Regime hervorgebracht haben die sich auf Massenüberwachung und -verfolgung gestützt haben.
Einverstanden, aber angesichts der Selbstgewissheit mancher Politstrategen, insbesondere der Couleur, der ich mich durchaus zugehörg fühle, beschleicht mich wiederum das Gefühl, ob "wir" immer die "richtigen" Lehren aus diesen Erfahrungen gezogen haben. Ich sehe in dieser Selbstgewissheit immer auch die uneingesehene Vorstellung durch, dass letztlich doch"am deutschen Wesen die Welt genesen" möge. (Zurückgestutzt auf das gegenwärtige deutsche Potential unter globalen Gesichtspunkten wenigstens nicht mehr so gefährlich wie ehedem.) :wink:
Ich fürchte, das ist mir etwas zu sehr durch die Blume.
Wenn du meinst, dass das in Folge der Nazidiktatur und des 2. Weltkriegs gestörte Verhältnis der Deutschen zur eigenen Nation und zum Patriotismus von außen betrachtet teils ulkig wirkt, dann stimme ich dir zu - und auch wenn du meinst, dass die gerade daraus bezogene vermeintliche Demut die wir so vor uns hertragen selbst wieder überhebliche Züge hat ("Schaut her wie demütig wir sind! Und lernt gefälligst von uns!").
Allerdings muss ich auch sagen, dass ich das wirklich nur ulkig finde, es mich aber nicht wirklich stört, denn ich kann mit Patriotismus so gar nichts anfangen. Stolz ist für mich ein auf eigene Leistungen bezogenes Gefühl. Es ist aber keine Leistung von mir, Deutscher zu sein, und meinen persönlichen Beitrag zu Leistungen Deutschlands kann ich nicht identifizieren.

BenutzerGa4gooPh

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von BenutzerGa4gooPh » 26.07.2018 15:56:12

Nicht schlecht kombiniert, Herr Geier.
geier22 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 00:46:08
Ob man jetzt nach Sozialkreditpunkten oder nach Likes und Followers strebt,
im Endeffekt erübrigt sich eine Macht von aussen, sie wird von innen,
von einem selbstauferlegten Rating-System ausgeübt.
Für Leseratten sei empfohlen: "Nackt unter Wölfen" von Bruno Apitz. In der Auflage, die ich habe, gibt es Anmerkungen (Realität) ausserhalb des Romans zur Selbstverwaltung der Häftlinge und zum Verhältnis untereinander - einschließlich Hackordnung.

Und dann habe ich von der Selbstverwaltung der Soldaten (jedes höhere Diensthalbjahr hat das niedrigere verwaltet oder beherrscht) einschließlich EK-Bewegung gelesen. Erst unter Druck stellt sich wohl menschliche Größe bzw. Abgründe (Speichellecker, Denunzianten etc.) heraus.
https://de.wikipedia.org/wiki/Entlassungskandidat

Der "Blockwart" ist zum Glück noch sprichwörtlich. Mit dem "richtigen" System "verwalten" verdummte bzw. manipulierte, verängstigte, unter (wirtschaftlichen) Druck gesetzte Massen sich selber. Manche (Wohlhabenden bzw. Eliten) stehen darüber, der Mittelstand tut alles, seinen Stand zu behalten. Also systemfördernd. Hatten/haben wir doch alles schon.
Sieht man sich die Vita und die sonstigen Auftraggeber von Genia Kostka an, [a] so kann man die Studie / Veröffentlichung
auch als Versuchsballon einschätzen, wie die Öffentlichkeit auf derartiges reagiert, denn mit absoluter Sicherheit
denken unsere Herrschenden über Ähnliches nach.
Deshalb wollte ich zumindest anfänglich eine statistische Fehlerbetrachtung der in der Presse publizierten Aussagen. Gut, wir könnten noch Inhalt und speziell Grenzen des Begriffes "Repräsentativitaet" untersuchen.

Ich möchte im Zusammenhang zu hikarus richtiger Bemerkung zu "Peer Reviews" an medizinische Studien (cui bono und wer hat bezahlt?) und speziell zu Metastudien - insbesondere deren Notwendigkeit wegen cui bono erinnern. :wink:
https://de.wikipedia.org/wiki/Metaanalyse

von hikaru sehr unvollständig zitiert:
Ich sehe das anders, weil der Meinung bin, dass diese Stellen nicht vertrauenswürdig sein können.
Zynismus:
Echt? Du hast ja gar kein Vertrauen in bS (Fachjargon für "berechtigte Stellen").
Beschattungsliste ohne Richterbeschluss
Bei einer verdeckten Fahndung erfährt die ausschreibende Behörde etwa bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle oder einem Grenzübertritt, wohin eine betroffene Person wann und mit wem gereist ist. Ermittler oder Geheimdienste können die entsprechenden Daten speichern und vor einem späteren möglichen Zugriff zunächst zu umfassenden Bewegungs- sowie Kontaktprofilen verdichten.

Wen die Sicherheitsbehörden ohne Richterbeschluss auf die Beschattungsliste setzen, bleibt geheim. Auch nachträglich können sich Betroffene kaum gegen die Ausspähung wehren, da auch nach Abschluss einer Überwachungsaktion auf EU-Ebene keine Informationspflicht besteht. Damit blieb es den Mitgliedsstaaten überlassen, selbst eventuell Vorgaben über eine Benachrichtigung der verdeckt Verfolgten festzusetzen. Deutschland hat zwar von dieser Option Gebrauch gemacht, trotzdem kann eine Information auch hierzulande im Interesse der inneren Sicherheit unterbleiben. Die heimlichen Ausschreibungen selbst gehen vor allem auf die Konten von Frankreich (86.487 mit Stand 1. Juli), Großbritannien (17.760) und Spanien (14.781).

Noch keine Gesichtserkennung vorgesehen
6015 Personen waren laut den Regierungsangaben Anfang Juli verdeckt zur beschleunigten beziehungsweise "unverzüglichen" Meldung an andere Sicherheitsbehörden über nationale Verbindungsbüros ausgeschrieben. 9025 Verdächtige waren mit dem noch jungen Zusatzvermerk "Aktivität mit Terrorismusbezug" versehen. Im Automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungssystem (AFIS) des SIS sind dem Schreiben nach derzeit rund 135.000 Fingerabdruckdaten gespeichert. Rechercheanfragen dazu beantworte Deutschland in der Regel "innerhalb kürzester Zeit", also binnen weniger als einer Minute.

"Die Umsetzung oder Implementierung einer Gesichtserkennung in einem AFIS" sei derzeit nicht vorgesehen, teilt das federführende Bundesinnenministerium mit. Für die Inanspruchnahme einer Fahndungskategorie "Ausschreibung unbekannter Personen" müssten erst noch die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden. Der Erlass dreier neuer Verordnungen zum Schengen-Informationssystem sei aber schon für Oktober vorgesehen, sodass Maßnahmen zur technischen Umsetzung möglicherweise auch der damit abgedeckten Gesichtserkennung sowie der Recherche nach DNA-Profilen im Anschluss beginnen könnten. Auch Europol werde mit den Neuerungen das Recht erhalten, auf die SIS-Daten mit allen Fahndungskategorien zuzugreifen.

Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko kritisiert die heimlichen Ausschreibungen seit Langem als kaum kontrollierbares Blackbox-Verfahren. Den Linken irritiert nun, dass SIS weiter ausgebaut werden solle, obwohl das Innenministerium keinen Grund nenne für den starken Anstieg der verdeckten Verfolgung. (Stefan Krempl) / (axk)
https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 20243.html
Also volle Kontrolle durch demokratisch gewählte Organe. Eh hauptsächlich ständig gleiche Berufspolitiker an den Hebeln der Macht. Eine Lottokratie (Abgeordnete mit einer geprüften Mindestqualifikation, die Bevölkerungsquerschnitt besser als bisher repräsentieren per Zufallsautomat für genau 1 Wahlperiode gewählt) wäre vlt. sinnvoller. Nachteile fallen mir auf Anhieb nicht ein, GG leicht entsprechend anpassbar. Filz, Lobbyismus, "Fraktionsdisziplin", Wählerdaemlichkeit und teure, leere Wahlkampfversprechen würden erschwert. Parteieneinheitsbrei (regierungsfähige) mit gebrochenen Wahlversprechen spätestens nach Koalition mittlerweile eh nahezu unterschiedslos, Wahlsonntage kann man besser nutzen. :wink: :mrgreen:

geier22

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von geier22 » 26.07.2018 20:12:26

Seminar: Personalführung und Team Entwicklung:

25 Teilnehmer 5 werden rausgesucht und müssen sich um einen Tisch setzen, die anderen sitzen drum herum.
Trainer sagt:
ihr bekommt eine Aufgabe und im Raum ist absolutes Sprechverbot, bis ich sage, dass die Aufgabe gelöst ist.

Dann schüttete er eine Berg Streichhölzer auf den Tisch - kein Kommentar von ihm.

Es lag nahe, dass man das irgendwie sortieren sollte. Also fingen wir an.

Versuch 1 war fertig ---> Schweigen --> Aha also irgendwie anders.

Nächster Versuch ---> wieder Schweigen. Mir gefiel das aber- war aus meiner Sicht perfekt.

Also nahm ich ein paar Streichhölzer und legte die Worte -->

"Ich finde unsere Lösung gut,Ende".

Ich stand auf--> Vernichtende Blicke. Ich selbst aber fühlte mich befreit und zufrieden.

Die anderen saßen da noch länger als einen halbe Stunde und versuchten, es dem Trainer recht zu machen, bis er abbrach. :P

Erfahrung:
Es lastet ein tonnenschwerer Druck auf einem und es ist extrem schwierig, dem zu widerstehen und weiterhin rational zu handeln.

Ähnliche Situationen habe ich zu dutzenden erlebt - im Privaten, auf der Arbeit und in der Politik.

Diesem Gruppendruck (auch Konformitätsdruck) der aus dem Postulat "Teamarbeit, Teamfähigkeit und Wohlverhalten" gespeist wird,
können die wenigsten widerstehen.

Letztendlich reduziert es sich auf die Frage:
Gelingt es einer Führung, eine transparente, offene Auseinandersetzung im Mikrokosmos sowie im gesamten
gesellschaftlichen Umfeld zu initiieren, und damit dem Individuum die oben beschrieben Angst zu nehmen - zumindest aber zu mildern.

Was ist also erstmal schlecht an dem Sozialkreditsystem ?

Nichts - weil es eh schon überall mehr oder weniger verdeckt praktiziert wird.

Man sollte es unabhängig von den jeweiligen Machtstrukturen betrachten, da auch diese "Sammlung" irgendwann
territoriale Grenzen überschreitet oder schon überschritten hat

So wie ich das verstanden habe, ist das Sozialkreditsystem einsehbar und nachvollziehbar.
Da es öffentlich ist, gibt es eine Rückkopplung mit dem sozialen Umfeld was bei negativen Verhalten
einen Druck (Gruppendruck) von der Gemeinschaft erzeugt, und zu Korrektur des Verhaltens beitragen kann.

Das Argument, dass die Daten missbraucht werden können, und man sei auf Grund welcher auch immer
gearteten philosophischen Theorie grundsätzlich gegen so etwas, ist mehr als weltfremd.

Ich verlange ja auch nicht von den ganzen Administratoren und Softwareentwicklern hier im Forum,
dass sie morgen die Ihnen anvertrauten Server zerstören und Schreibpapier für die Buchhaltung verteilen.

Wäre sicherlich nicht das Schlechteste. :mrgreen: :mrgreen:

DeletedUserReAsG

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von DeletedUserReAsG » 26.07.2018 20:24:29

geier22 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 20:12:26
Was ist also erstmal schlecht an dem Sozialkreditsystem?
Nichts - weil es eh schon überall mehr oder weniger verdeckt praktiziert wird.
Ich weiß nicht … „Was ist schlecht an X?” – „Nix, macht eh jeder.“ erscheint mir nun nicht gerade so wirklich überzeugend.

Schlecht an dem System ist unter Anderem, aber nicht abschließend: die Daten können missbraucht werden. Die Daten können manipuliert werden. Die Daten können fehlerhaft sein. Die Datenverarbeitung kann fehlerhaft sein. Die Dateninterpretation kann fehlerhaft sein, bzw. relevante Umstände unberücksichtigt lassen. Menschen sind über solche Faktoren erpressbar. Menschen ändern sich und ihr Verhalten über die Zeit, so dass die Daten auch veraltet sein können. Bewertungsmaßstäbe können sich verschieben. Usw., usf..

geier22

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von geier22 » 26.07.2018 20:36:47

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 20:24:29
Ich weiß nicht … „Was ist schlecht an X?” – „Nix, macht eh jeder.“ erscheint mir nun nicht gerade so wirklich überzeugend.
Überzeugend wäre: Wer schafft wie die Digitalisierung ab. Das ist aber ein Luftschloss.

Wenn man sich die Realität ansieht ist der chinesische Ansatz zumindest der erste Versuch ein weltweit gegebenes Übel
wenigstens halbwegs transparent zu machen.

Dass es missbraucht werden kann oder auch nicht, brauchen wir doch gar nicht diskutieren.
Ähnlich wäre das Verlangen. sofort alle Waffen in der Welt abzuschaffen, da sie ja missbraucht werden könnten. Wobei
jeder weiß, dass sie ausschließlich zu diesem Zweck produziert werden.

Die Digitalisierung ist das Übel an Sich. Wer will es stoppen ? Der Mensch ist als soziales Wesen damit total überfordert.
Immer wieder kommt mir der Vergleich meiner Bio-Chemie Dozentin in den Kopf.
Sie verglich das Verhalten der Menschheit mit dem eines Bakterium in einer Batch-Kultur.
Wie wahr das doch ist :cry:

DeletedUserReAsG

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von DeletedUserReAsG » 26.07.2018 20:54:42

Ich denke nicht, dass man Feuerwaffen (um die ging’s doch?) mit Social-Gleichschaltungs-Mechanismen gleichsetzen kann. Das Eine baut im Einsatzfall zeitlich begrenzt eine sehr konkrete physische Bedrohung auf und provoziert ggf. eine entsprechende Abwehrhaltung, während das Andere mittels ziemlich subtiler psychologischer Bedrohungsszenarien permanent auf ein Individuum einwirkt, um es in einen Normenkorridor zu zwingen, wodurch sich letztlich ’ne Herde gleichgeschalteter Schafe ergibt. Leicht zu steuern, und so. Manch einer mag das gut finden, selbst denken ist schließlich recht anstrengend. Und wer’s nicht gut findet, der wird auch schon noch dazu gebracht, es gut zu finden. Machen doch schließlich alle mit, ist doch auch bequem - und wenn man’s nicht gut findet, erfährt man erhebliche Nachteile ….

geier22

Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von geier22 » 26.07.2018 21:16:25

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 20:54:42
Ich denke nicht, dass man Feuerwaffen (um die ging’s doch?) mit Social-Gleichschaltungs-Mechanismen gleichsetzen kann. Das Eine baut im Einsatzfall zeitlich begrenzt eine sehr konkrete physische Bedrohung auf und provoziert ggf. eine entsprechende Abwehrhaltung, während das Andere mittels ziemlich subtiler psychologischer Bedrohungsszenarien permanent auf ein Individuum einwirkt, um es in einen Normenkorridor zu zwingen, wodurch sich letztlich ’ne Herde gleichgeschalteter Schafe ergibt. Leicht zu steuern, und so. Manch einer mag das gut finden, selbst denken ist schließlich recht anstrengend. Und wer’s nicht gut findet, der wird auch schon noch dazu gebracht, es gut zu finden. Machen doch schließlich alle mit, ist doch auch bequem - und wenn man’s nicht gut findet, erfährt man erhebliche Nachteile
https://de.statista.com/themen/1318/psy ... rankungen/
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https://www.merkur.de/politik/39-000-to ... 83331.html
39.000 Tote im Syrienkrieg im Jahr 2017

Wo ist der Unterschied?

Wie das so interpretiere ist selbst unser freies Germany produktiver als der Bürgerkrieg in Syrien. Es geht um Herrschaft. Um nichts anderes.
Also lieber Bomben. Da weiß man, was man hat. :wink:
Zuletzt geändert von geier22 am 26.07.2018 21:20:34, insgesamt 1-mal geändert.

Huo
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Re: Deutsche Studien über China

Beitrag von Huo » 26.07.2018 21:17:07

geier22 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
26.07.2018 20:36:47
Wenn man sich die Realität ansieht ist der chinesische Ansatz zumindest der erste Versuch ein weltweit gegebenes Übel
wenigstens halbwegs transparent zu machen.
Die Transparenz ist ein Teil des Übels! Der vom chinesischen Sozialkreditsystem ausgehende Zwang wird doch durch Transparenz erst ermöglicht. Die umfassende Transparenz treibt der Gesellschaft jegliches Fremde und Abweichende aus. Ohne Transparenz keine Gleichschaltung. Die fetischisierte Transparenz gehört zu den am meisten überschätzten Werten der digitalen Moderne. Dagegen geht, wie ich befürchte, Vertrauen, das erst zwischen Wissen und Nichtwissen enstehen kann, verloren.

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