Ich habe jetzt lange ueber diese Thematik nachgedacht, aber ich kann mir nicht vorstellen wie dies umgesetzt werden soll ohne die Gefahr dass dies vielleicht fuer andere Zwecke missbraucht wird. Ich kenne die von dir genannt Leute nicht genug um mich hierzu aeussern zu koennen, aber was haettest du beispielsweise mit der Studie von Christoph Buchal, Hans-Dieter Karl und Hans-Werner Sinn [1] gemacht? Viele wussten ja sofort dass dies eine Gefaelligkeitsstudie ist, aber gelesen beziehungsweise verstanden hatten sie wenige. Fuer mich war die Studie hingegen ein wichtiger Beitrag. Oder was ist damals als die Regierung aus der Atomenergie ausgestiegen ist. Haettest du mich durch die Qualitaetskontrolle gelassen wenn meine Auffassung wie heute ist, dass wir damals aus der Kohle haetten aussteigen sollen und nicht aus der Atomenergie? Ich erwarte natuerlich auch einen gewissen Anspruch, aber es ich sehe nicht wie dies umgesetzt werden soll. Wenn es mir nicht passt, dann muss ich einfach abschalten und gut.heisenberg hat geschrieben:16.04.2019 11:38:36Grundsätzlich finde ich es auch gut, viele Informationen zu bieten und unterschiedliche Standpunkte. Für ein Massenmedium wie Fernsehen fände ich es hierbei schon wünschenswert, wenn man hier im Voraus eine gewisse Qualitätskontrolle durchführt, so dass man Informationen anführt, die eine gewisse Plausibilität haben.
Ist es nicht das was uns als Menschen auszeichnet? Wir reagieren erst wenn wirklich etwas passiert ist. Zwei Schritte vorauszudenken ist nicht wirklich die Staerke unserer Spezies. Vieles was heute beschlossen wird sind doch nur Alibimassnahmen (Frankreich steigt aus der Kohle aus, Deutschlands "Energiewende"), denn viele Menschen sind zu radikalen Veraenderungen bereit solange sie nicht selbst betroffen sind (Irgendeine Partei forderte mal das wir 'nur noch dreimal im Jahr fliegen' duerfen. Viele Leute die sich Sorgen ums Klima machen fragten sich daraufhin, warum noch so oft gefolgen werden soll).heisenberg hat geschrieben:16.04.2019 11:38:36Im speziellen zum Thema Klimawandel sehe ich dass jetzt aber deutlich anders. Bereits im 19. Jahrhundert gab es erste Stimmen aus der Wissenschaft, die diese mögliche Problematik sahen. Seit Mitte der 1950er Jahren wurden Daten gesammelt und es gab umfangreiche Forschung zu dem Thema. Der verlinkte Artikel sagt dazu: Nearly everything we understand about global warming was understood in 1979. D. h. es kann keine Frage mehr sein, ob es Auswirkungen gibt oder nicht, sondern nur noch, was man dagegen tun kann. Natürlich kann man auf dem verbleibenden Rest der Unsicherheit rumreiten, bis man merkt, dass der steigende Meeresspiegel an der Türschwelle des eigenen Hauses steht, bevor man sich wirklich überzeugen lässt.
Ich denke man will sich eher vor dem Vorwurf schuetzen nicht neutral zu agieren. Ich vermute auch, dass bei den Ursachen "irgendein Typ erzaehlt etwas von der Klimawandel ist nicht real" und "ich merke davon nichts" letztere eher Einfluss auf das handeln der Menschen hat.heisenberg hat geschrieben:16.04.2019 11:38:36Wenn ich dabei allerdings die Schulung zu Medienkompetenz und das Verhindern der globalen Katastrophe gegenüberstelle, dann habe da wahrscheinlich nicht nur ich eine gewisse Präferenz.
Insofern sehe ich hier in vielen Fällen andere Interessen und Akteure im Spiel, die sich auf die Suche nach den seltenen Exemplare der Klimawandelleugnern, -skeptikern und -verharmlosern begeben um diese für Ihre Interessen zu nutzen.
Ist es nicht schon immer so das wir Menschen uns an einzelnen Personen aufhaengen? Es waren die Pharaonen die die Pyramiden gebaut haben, Alexander der Persien besiegt hat, Elon Musk der den Tesla gebaut und mit eigener Rakete in den Weltraum geschossen hat, aber hatten sie nicht alle einen Koch dabei [2]?hikaru hat geschrieben:30.04.2019 11:25:45Was mir außerdem in den Medien oft auffällt ist, dass das Thema Umweltschutz in seiner aktuellen Form (Klimawandel, Artenschutz) oft auf die Person Greta Thunberg reduziert wird. Nun habe ich nichts gegen sie persönlich, aber diese Verengung der Wahrnehmung ist mMn schädlich für die Behandlung des Themas.
Ich bin mal frech und sage das es in Mode ist fuer das Klima zu sein. Das finde ich nicht schlimm, aber es zeigt auch die Grenzen auf. Wie viele der Demonstranten weigern sich denn gegen eine Urlaubsflugreise, wahrscheinlich deutlich weniger. David Riesmann hat zum außengeleiteten Menschen mal ein wunderbares Buch geschrieben [3], was ich an dieser Stelle mal empfehlen moechte. Wie bereits geschrieben finde ich es toll dass die Jugend mal fuer das Klima demonstriert. Auch wenn ich denke dass eine Demonstration nach der Schulzeit besser waere, denn dann koennten die "Alten" nicht auf der Schulpflicht rumreiten und muessten sich mal inhaltlich aeussern. Das Argument dass die Demonstration dann ihre Wirkung verlieren wuerde halte ich fuer falsch, denn in der Politik schreibt man Bildung klein und falsch.hikaru hat geschrieben:30.04.2019 11:25:45Mich würde außerdem mal interessieren, warum die Umweltbewegung in ihrer aktuellen Form erst jetzt aufkam. Greta war sicher ein wichtiger Katalysator, aber sie hat das Thema ja nicht erfunden. Warum hat z.B. meine Generation (Mitte 30) nicht vor 20 Jahren schon so einen Aufstand gemacht? An fehlenden Erkenntnissen lag es jedenfalls nicht. Alles was wir jetzt sehen (Klimawandel, Flüchtlinge) hat uns meine Geografielehrerin schon damals auf 5 Jahre genau prophezeit.
Von mir selbst ausgehend würde ich behaupten, dass es eine Mischung aus drei Faktoren war:
1. Die Maschinerie der Klimawandelskeptiker war damals schon voll im Gange. Es war für mich damals nicht möglich zu beurteilen, welche Seite Recht hat.
2. 20 Jahre waren zu weit weg. Als Jugendlicher konnte ich nicht soweit vorausdenken um unmittelbaren Handlungsbedarf zu erkennen. Das hängt eng mit 1. zusammen.
3. Fehlende interaktive Massenmedien. Facebook, Youtube usw. gab Mitte bis Ende der 90er nicht. Eine breite Informierung unabhängig von zentralen Massenmedien (TV, Zeitungen) war damals zwar nicht mehr unmöglich, aber sehr schwer. Geschätzt hatten damals 50% meiner Klassenkameraden Zugang zu einem Computer, wiederum davon höchstens 20% mit Internet. Das beste "soziale Netzwerk" das ich aus dieser Zeit kenne waren Kettenmails - oft mit zweifelhafter Reputation, wenn die Quelle von außerhalb des persönlichen Bekanntenkreises stammte. Usenet und Foren waren uns damals unbekannt.
Selbst wenn es damals eine Greta gegeben hätte, hätten wir sie wegen 1., 2. und 3. wohl kaum für voll genommen.
Zu den von dir genannten Punkten moechte ich noch einen vierten hinzufuegen. Ich persoenlich denke dass man erst mit dem System leben muss und erst mit dem Erreichen einer gewissen Position innerhalb des Systems eine Aenderung herbeifuehrt.
Na ja wenn wir wirklich einen Mangel an Personen im Regierungsapparat haetten, dann wuerde ich dir auch zustimmen, aber die Themen lassen sich auch parallel angehen. Was fehlt ist der Wille in der Politik und in der Bevoelkerung.heisenberg hat geschrieben:30.04.2019 13:04:08Big Data, KI, DSGVO sind zweifelsohne große Gefahren. Aber im Vergleich zu einem kaputten Planeten ist die Auseinandersetzung mit Google lächerlich klein. ... First things first.
Ich vermute das es wenigen tatsaechlich klar ist, denn der Wandel muss sehr radikal sein. Auf Oekostrom umzustellen reicht nicht. Es heisst auch weniger (oder keine?) Flugreisen mehr, weniger (oder kein?) Rindfleisch, weniger Konsum (Klamotten laenger tragen, Smartphones laenger nutzen beziehungsweise ueberhaupt nur noch wenn es wirklich notwendig ist), weniger Individualverkehr und so weiter. Dennoch finde ich die Demos ausserhalb der Schulzeit fuer eine richtige Sache.hikaru hat geschrieben:30.04.2019 14:14:44Mich würde mal interessieren, wie das die heutige Jugend beurteilt. Haben die schon die geistige Klarheit wirklich zu erkennen, dass einige von ihnen im Alter dabei sein werden, wenn die Punkte überschritten werden, die wir heute als Katastropheneintritt ansehen? Was denken die über ihre Zukunft, jenseits vom zweckoptimistischen Demo-Hurra?
Das empfinde ich als einen wichtigen Punkt und ein Punkt in dem die Politik auch nicht ehrlich ist. Es gibt viele Probleme ("Energiewende", Euro, Zuwanderung, Steuerlast, Altersarmut...) mit denen die die weniger gut situierten Menschen konfrontiert sind und auch noch staerker konfrontiert werden, fuer die man sich in Berlin mal ehrlich machen muesste und sich den Leuten mal wieder von vorne bis hinten erklaert. Das macht man aber nicht, aus Gruenden die mir unbegreiflich sind. Es wird lediglich reagiert auf die letzte Minute und Schuld sind immer die anderen (Manager, Superreiche, Umwelthilfe, Nazis und was weis ich noch). Zum Abschluss wundert man sich dann natuerlich warum die Leute sich Parteien zuwenden die lediglich vermeintliche Loesungen anbieten. Ich vermute das sich "die" Leute einfach von diesen Parteien gehoert fuehlen, egal was die fuer eine Loesung anbieten.TomL hat geschrieben:30.04.2019 16:14:51Alle reden davon, dass es Autos mit fossilen Brennstoffen in naher Zukunft nicht mehr geben wird.
Alle reden davon, dass E-Autos die Alternative sind.
Alle reden aber auch davon, dass Strom immer teurer wird... es gibt seit Jahren eine steigende Tendenz wg. erneuerbarer Energien.
Aber niemand redet davon, wenn es nur noch E-Autos gibt, der Strom dafür aber eigentlich gar nicht mehr bezahlbar ist, dass es dann gar keine private Mobilität mehr im bisherigen Umfang gibt, weil die Menschen mit dem vor Jahren auf den Weg gebrachten Niedrig-Entlohnungs-Systems das Geld mehrheitlich für Wohnen und Essen brauchen und sich den teuren Strom fürs Auto schlichtweg nicht mehr leisten können. Für die Arbeitsplatz-Flexibilität wird dann durch die hohen privaten Fahrzeug-Kosten ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel quasi erzwungen. Was zudem noch den positiven (*boar* eine geradezu kranke Phantasie) hätte, wenn die Leute kein Geld mehr für Fahrzeug und Brennstoff benötigen, könnte man damit vermeiden, den bisherigen Niedriglohn anheben zu müssen, damit die Leute nicht verhungern.
Wenn all das so käme, dann ist meiner Meinung nach ein wirklich radikaler Schritt längst auf den Weg gebracht, dessen wahrer Kern den Menschen hier im Land wie bei vielen anderen 'Projekten' in den letzten 2 Jahrzehnten demokratisch auch jetzt wieder verheimlicht wird. Im Moment macht mir unsere Politik und unser politisches System einer mit einer Lähmungspritze paralysierten Demokratie regelrecht Angst.
[1] https://www.cesifo-group.de/DocDL/sd-20 ... -04-25.pdf
[2] http://www.sgipt.org/wisms/geswis/brecht.htm
[3] http://www2.hu-berlin.de/sachbuchforsch ... /w004.html