Lesetipp: "Losing Earth"

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cronoik
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von cronoik » 30.04.2019 18:23:37

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.04.2019 11:38:36
Grundsätzlich finde ich es auch gut, viele Informationen zu bieten und unterschiedliche Standpunkte. Für ein Massenmedium wie Fernsehen fände ich es hierbei schon wünschenswert, wenn man hier im Voraus eine gewisse Qualitätskontrolle durchführt, so dass man Informationen anführt, die eine gewisse Plausibilität haben.
Ich habe jetzt lange ueber diese Thematik nachgedacht, aber ich kann mir nicht vorstellen wie dies umgesetzt werden soll ohne die Gefahr dass dies vielleicht fuer andere Zwecke missbraucht wird. Ich kenne die von dir genannt Leute nicht genug um mich hierzu aeussern zu koennen, aber was haettest du beispielsweise mit der Studie von Christoph Buchal, Hans-Dieter Karl und Hans-Werner Sinn [1] gemacht? Viele wussten ja sofort dass dies eine Gefaelligkeitsstudie ist, aber gelesen beziehungsweise verstanden hatten sie wenige. Fuer mich war die Studie hingegen ein wichtiger Beitrag. Oder was ist damals als die Regierung aus der Atomenergie ausgestiegen ist. Haettest du mich durch die Qualitaetskontrolle gelassen wenn meine Auffassung wie heute ist, dass wir damals aus der Kohle haetten aussteigen sollen und nicht aus der Atomenergie? Ich erwarte natuerlich auch einen gewissen Anspruch, aber es ich sehe nicht wie dies umgesetzt werden soll. Wenn es mir nicht passt, dann muss ich einfach abschalten und gut.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.04.2019 11:38:36
Im speziellen zum Thema Klimawandel sehe ich dass jetzt aber deutlich anders. Bereits im 19. Jahrhundert gab es erste Stimmen aus der Wissenschaft, die diese mögliche Problematik sahen. Seit Mitte der 1950er Jahren wurden Daten gesammelt und es gab umfangreiche Forschung zu dem Thema. Der verlinkte Artikel sagt dazu: Nearly everything we understand about global warming was understood in 1979. D. h. es kann keine Frage mehr sein, ob es Auswirkungen gibt oder nicht, sondern nur noch, was man dagegen tun kann. Natürlich kann man auf dem verbleibenden Rest der Unsicherheit rumreiten, bis man merkt, dass der steigende Meeresspiegel an der Türschwelle des eigenen Hauses steht, bevor man sich wirklich überzeugen lässt.
Ist es nicht das was uns als Menschen auszeichnet? Wir reagieren erst wenn wirklich etwas passiert ist. Zwei Schritte vorauszudenken ist nicht wirklich die Staerke unserer Spezies. Vieles was heute beschlossen wird sind doch nur Alibimassnahmen (Frankreich steigt aus der Kohle aus, Deutschlands "Energiewende"), denn viele Menschen sind zu radikalen Veraenderungen bereit solange sie nicht selbst betroffen sind (Irgendeine Partei forderte mal das wir 'nur noch dreimal im Jahr fliegen' duerfen. Viele Leute die sich Sorgen ums Klima machen fragten sich daraufhin, warum noch so oft gefolgen werden soll).
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.04.2019 11:38:36
Wenn ich dabei allerdings die Schulung zu Medienkompetenz und das Verhindern der globalen Katastrophe gegenüberstelle, dann habe da wahrscheinlich nicht nur ich eine gewisse Präferenz.

Insofern sehe ich hier in vielen Fällen andere Interessen und Akteure im Spiel, die sich auf die Suche nach den seltenen Exemplare der Klimawandelleugnern, -skeptikern und -verharmlosern begeben um diese für Ihre Interessen zu nutzen.
Ich denke man will sich eher vor dem Vorwurf schuetzen nicht neutral zu agieren. Ich vermute auch, dass bei den Ursachen "irgendein Typ erzaehlt etwas von der Klimawandel ist nicht real" und "ich merke davon nichts" letztere eher Einfluss auf das handeln der Menschen hat.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 11:25:45
Was mir außerdem in den Medien oft auffällt ist, dass das Thema Umweltschutz in seiner aktuellen Form (Klimawandel, Artenschutz) oft auf die Person Greta Thunberg reduziert wird. Nun habe ich nichts gegen sie persönlich, aber diese Verengung der Wahrnehmung ist mMn schädlich für die Behandlung des Themas.
Ist es nicht schon immer so das wir Menschen uns an einzelnen Personen aufhaengen? Es waren die Pharaonen die die Pyramiden gebaut haben, Alexander der Persien besiegt hat, Elon Musk der den Tesla gebaut und mit eigener Rakete in den Weltraum geschossen hat, aber hatten sie nicht alle einen Koch dabei [2]?
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 11:25:45
Mich würde außerdem mal interessieren, warum die Umweltbewegung in ihrer aktuellen Form erst jetzt aufkam. Greta war sicher ein wichtiger Katalysator, aber sie hat das Thema ja nicht erfunden. Warum hat z.B. meine Generation (Mitte 30) nicht vor 20 Jahren schon so einen Aufstand gemacht? An fehlenden Erkenntnissen lag es jedenfalls nicht. Alles was wir jetzt sehen (Klimawandel, Flüchtlinge) hat uns meine Geografielehrerin schon damals auf 5 Jahre genau prophezeit.

Von mir selbst ausgehend würde ich behaupten, dass es eine Mischung aus drei Faktoren war:
1. Die Maschinerie der Klimawandelskeptiker war damals schon voll im Gange. Es war für mich damals nicht möglich zu beurteilen, welche Seite Recht hat.
2. 20 Jahre waren zu weit weg. Als Jugendlicher konnte ich nicht soweit vorausdenken um unmittelbaren Handlungsbedarf zu erkennen. Das hängt eng mit 1. zusammen.
3. Fehlende interaktive Massenmedien. Facebook, Youtube usw. gab Mitte bis Ende der 90er nicht. Eine breite Informierung unabhängig von zentralen Massenmedien (TV, Zeitungen) war damals zwar nicht mehr unmöglich, aber sehr schwer. Geschätzt hatten damals 50% meiner Klassenkameraden Zugang zu einem Computer, wiederum davon höchstens 20% mit Internet. Das beste "soziale Netzwerk" das ich aus dieser Zeit kenne waren Kettenmails - oft mit zweifelhafter Reputation, wenn die Quelle von außerhalb des persönlichen Bekanntenkreises stammte. Usenet und Foren waren uns damals unbekannt.
Selbst wenn es damals eine Greta gegeben hätte, hätten wir sie wegen 1., 2. und 3. wohl kaum für voll genommen.
Ich bin mal frech und sage das es in Mode ist fuer das Klima zu sein. Das finde ich nicht schlimm, aber es zeigt auch die Grenzen auf. Wie viele der Demonstranten weigern sich denn gegen eine Urlaubsflugreise, wahrscheinlich deutlich weniger. David Riesmann hat zum außengeleiteten Menschen mal ein wunderbares Buch geschrieben [3], was ich an dieser Stelle mal empfehlen moechte. Wie bereits geschrieben finde ich es toll dass die Jugend mal fuer das Klima demonstriert. Auch wenn ich denke dass eine Demonstration nach der Schulzeit besser waere, denn dann koennten die "Alten" nicht auf der Schulpflicht rumreiten und muessten sich mal inhaltlich aeussern. Das Argument dass die Demonstration dann ihre Wirkung verlieren wuerde halte ich fuer falsch, denn in der Politik schreibt man Bildung klein und falsch.

Zu den von dir genannten Punkten moechte ich noch einen vierten hinzufuegen. Ich persoenlich denke dass man erst mit dem System leben muss und erst mit dem Erreichen einer gewissen Position innerhalb des Systems eine Aenderung herbeifuehrt.

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 13:04:08
Big Data, KI, DSGVO sind zweifelsohne große Gefahren. Aber im Vergleich zu einem kaputten Planeten ist die Auseinandersetzung mit Google lächerlich klein. ... First things first. ;-)
Na ja wenn wir wirklich einen Mangel an Personen im Regierungsapparat haetten, dann wuerde ich dir auch zustimmen, aber die Themen lassen sich auch parallel angehen. Was fehlt ist der Wille in der Politik und in der Bevoelkerung.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 14:14:44
Mich würde mal interessieren, wie das die heutige Jugend beurteilt. Haben die schon die geistige Klarheit wirklich zu erkennen, dass einige von ihnen im Alter dabei sein werden, wenn die Punkte überschritten werden, die wir heute als Katastropheneintritt ansehen? Was denken die über ihre Zukunft, jenseits vom zweckoptimistischen Demo-Hurra?
Ich vermute das es wenigen tatsaechlich klar ist, denn der Wandel muss sehr radikal sein. Auf Oekostrom umzustellen reicht nicht. Es heisst auch weniger (oder keine?) Flugreisen mehr, weniger (oder kein?) Rindfleisch, weniger Konsum (Klamotten laenger tragen, Smartphones laenger nutzen beziehungsweise ueberhaupt nur noch wenn es wirklich notwendig ist), weniger Individualverkehr und so weiter. Dennoch finde ich die Demos ausserhalb der Schulzeit fuer eine richtige Sache.
TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 16:14:51
Alle reden davon, dass es Autos mit fossilen Brennstoffen in naher Zukunft nicht mehr geben wird.
Alle reden davon, dass E-Autos die Alternative sind.
Alle reden aber auch davon, dass Strom immer teurer wird... es gibt seit Jahren eine steigende Tendenz wg. erneuerbarer Energien.

Aber niemand redet davon, wenn es nur noch E-Autos gibt, der Strom dafür aber eigentlich gar nicht mehr bezahlbar ist, dass es dann gar keine private Mobilität mehr im bisherigen Umfang gibt, weil die Menschen mit dem vor Jahren auf den Weg gebrachten Niedrig-Entlohnungs-Systems das Geld mehrheitlich für Wohnen und Essen brauchen und sich den teuren Strom fürs Auto schlichtweg nicht mehr leisten können. Für die Arbeitsplatz-Flexibilität wird dann durch die hohen privaten Fahrzeug-Kosten ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel quasi erzwungen. Was zudem noch den positiven (*boar* eine geradezu kranke Phantasie) hätte, wenn die Leute kein Geld mehr für Fahrzeug und Brennstoff benötigen, könnte man damit vermeiden, den bisherigen Niedriglohn anheben zu müssen, damit die Leute nicht verhungern.

Wenn all das so käme, dann ist meiner Meinung nach ein wirklich radikaler Schritt längst auf den Weg gebracht, dessen wahrer Kern den Menschen hier im Land wie bei vielen anderen 'Projekten' in den letzten 2 Jahrzehnten demokratisch auch jetzt wieder verheimlicht wird. Im Moment macht mir unsere Politik und unser politisches System einer mit einer Lähmungspritze paralysierten Demokratie regelrecht Angst.
Das empfinde ich als einen wichtigen Punkt und ein Punkt in dem die Politik auch nicht ehrlich ist. Es gibt viele Probleme ("Energiewende", Euro, Zuwanderung, Steuerlast, Altersarmut...) mit denen die die weniger gut situierten Menschen konfrontiert sind und auch noch staerker konfrontiert werden, fuer die man sich in Berlin mal ehrlich machen muesste und sich den Leuten mal wieder von vorne bis hinten erklaert. Das macht man aber nicht, aus Gruenden die mir unbegreiflich sind. Es wird lediglich reagiert auf die letzte Minute und Schuld sind immer die anderen (Manager, Superreiche, Umwelthilfe, Nazis und was weis ich noch). Zum Abschluss wundert man sich dann natuerlich warum die Leute sich Parteien zuwenden die lediglich vermeintliche Loesungen anbieten. Ich vermute das sich "die" Leute einfach von diesen Parteien gehoert fuehlen, egal was die fuer eine Loesung anbieten.

[1] https://www.cesifo-group.de/DocDL/sd-20 ... -04-25.pdf
[2] http://www.sgipt.org/wisms/geswis/brecht.htm
[3] http://www2.hu-berlin.de/sachbuchforsch ... /w004.html
Zuletzt geändert von cronoik am 01.05.2019 03:53:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von guennid » 30.04.2019 18:37:07

Eigentlich sollte jeder denkende Mensch hikarus differenzierten und unideologischen Überlegungen nachvollziehen können.
hikaru hat geschrieben:Abstriche bei der Energiemenge halte ich nur sehr begrenzt für politisch umsetzbar, da diese sofort politisch bestraft werden.
Da bin ich nicht ganz so pessimistisch. Ich glaube an die sanfte Kraft der Vernunt. Aber wer das politisch versuchte, brauchte einen langen Atem und dürfte sich vom Zeitgeist nicht beeinflussen lassen. Den Sportsfreund sehe ich aber aktuell auch nicht.

Was vielleicht noch bedacht werden sollte: Wenn ich recht sehe, gibt's nicht nur Verlierer bei der Erderwärmung.

Grüße, Günther

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 30.04.2019 22:51:21

Ich habe mir jetzt das von heisenberg erwähnte Video angeschaut. Da mir mein ziemlich vernagelter Browser das Video ohne Weiteres nicht zeigen wollte und ich nicht auf gut Glück alle Scheunentore aufreißen wollte, habe ich den Link aus dem Quellcode gepult. [1]
Was mir vorher nicht klar war: Es ist keine Dokumentation, welche originär schriftliche Inhalte bunt präsentiert, sondern ein Vortrag in einem Hörsaal, welcher zwar ganz klar auf dem IPCC-Bericht fußt, darüber hinaus aber durchaus einen eigenen Charakter hat. Insofern ziehe ich meinen Wunsch (und die damit unterschwellig vorgebrachte Kritik) nach einem Schriftstück zurück.

Der Vortrag gliedert sich grob in zwei Hälften: Die erste Hälfte stellt eher faktenorientiert die Ergebnisse des IPCC-Berichts dar, die Zweite appelliert unaufgeregt an die Emotionen der Zuhörer und leitet daraus und aus Teil 1 politische Handlungsempfehlungen für "Extinction-Rebellion"-Sympathisanten ab. Teil 1 war sehr anschaulich.
Ich fürchtete anfangs, dass Teil 2 eine weitere der viel zu oft gehörten zahnlosen Weltverbesserungsbetteleien wird, kriegt dann aber schnell die Kurve und wird zur unmissverständlichen Revolutionsaufforderung. Klare Botschaft von Extinction Rebellion ist Gewaltlosigkeit. Zahnlos wird es deshalb nicht, weil Gewaltbereitschaft gegen Andere hier durch eigene Opferbereitschaft in Form von zivilem Ungehorsam bis zur Verhaftung ersetzt wird. Ich bin skeptisch, ob der Ansatz tragfähig ist, finde ihn aber auf jeden Fall sympathischer.

cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 18:23:37
Ist es nicht schon immer so das wir Menschen uns an einzelnen Personen aufhaengen?
Ja, natürlich. Aber das schadet eben oft der Sache.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 18:23:37
Ich bin mal frech und sage das es in Mode ist fuer das Klima zu sein.
Das ist sicher richtig. Und wird wohl auch kaum einer bestreiten, das insbesondere die Jugend der Mode folgt. Das sehe ich erstmal weder positiv noch negativ. Da stellen sich aber gleich wieer zwei Fragen:
1. Was hat vor 20 Jahren gefehlt, um diese "Klima-Mode" in meiner Generation auszulösen?
2. Was passiert mit den heutigen Aktivisten und dem Thema, wenn die aktuelle Mode wechselt? Das Thema verschwindet ja nicht einfach so, nur weil es nicht mehr "in" ist.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 18:23:37
Wie bereits geschrieben finde ich es toll dass die Jugend mal fuer das Klima demonstriert. Auch wenn ich denke dass eine Demonstration nach der Schulzeit besser waere, denn dann koennten die "Alten" nicht auf der Schulpflicht rumreiten und muessten sich mal inhaltlich aeussern. Das Argument dass die Demonstration dann ihre Wirkung verlieren wuerde halte ich fuer falsch, denn in der Politik hat man BIldung schreibt man Bildung klein und falsch.
Ich halte es für richtig und notwendig, das die Demonstrationen während der Unterrichtszeit stattfinden. Nur dadurch werden sie tatsächlich zum "Streik" und überhaupt öffentlich wahrgenommen. Die Demonstranten gehen dadurch bewusst Risiken ein und erfüllen so gewissermaßen die oben angesprochene Forderung von "Extinction Rebellion" zur persönlichen Opferbereitschaft.
Andererseits finde ich es auch wichtig, dass sie dafür vom "Establishment" (Schulen, Politik) ordentlich Gegenwind kriegen. Nur so kann die "Rebellion" ihren Charakter als solchen behalten. Das zeigt den Schülern einerseits, dass man manchmal für seine Ziele kämpfen (und teils auch verlieren) muss und verlagert andererseits den Aufhängepunkt des "Widerstands", weg von der eher "unwichtigen" Klimapolitik hin zur systemtragenden Wirtschaftspolitik. Die Schüler setzen durch ihre Aktionen nicht nur ihren eigenen Schulabschluss auf's Spiel, sondern in der Masse auch die Zukunft des "Wirtschaftsstandorts Deutschland". Genau das ist mMn nötig um dem eigentllcihen Thema Klimaschutz Gehör zu verschaffen.

Wäre ich Lehrer, ich würde meinen Schülern wohl folgenden Kompromiss anbieten: Ich lasse an Freitagen keine Leistungskontrollen schreiben, ziehe ansonsten aber regulären Unterricht durch, dessen Inhalt später abgefragt wird. Wie sie den mitkriegen ist ihr Problem (sie könnten z.B. 1 bis 2 Protokollanten abstellen).
Falls sie selbstständig auf die Idee kämen, meinen Unterricht an einen anderen, mir genehmen Termin zu verlegen, würde ich darauf eingehen.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 18:23:37
Zu den von dir genannten Punkten moechte ich noch einen vierten hinzufuegen. Ich persoenlich denke dass man erst mit dem System leben muss und erst mit dem Erreichen einer gewissen Position innerhalb des Systems eine Aenderung herbeifuehrt.
Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Wenn du meinst, dass ich damals nicht aktiv wurde, weil mir die Systemerfahrung fehlte, warum wird die heutige Jugend dann aktiv?
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 18:23:37
Das empfinde ich als einen wichtigen Punkt und ein Punkt in dem die Politik auch nicht ehrlich ist. Es gibt viele Probleme ("Energiewende", Euro, Zuwanderung, Steuerlast, Altersarmut...) mit denen die die weniger gut situierten Menschen konfrontiert sind und auch noch staerker konfrontiert werden, fuer die man sich in Berlin mal ehrlich machen muesste und sich den Leuten mal wieder von vorne bis hinten erklaert. Das macht man aber nicht, aus Gruenden die mir unbegreifflich sind.
Das ist gar nicht so schwer zu verstehen. Du musst dich nur von der Vorstellung lösen, dass beim Durchschnittspolitiker der gesellschaftliche Gestaltungswunsch stärker ist, als der Kleber zwischen seinem Hintern und seinem Postenstuhl. Solche Politiker gibt es zweifelslos, aber eben selten in kritischer Masse.
Ein Politiker der welche Änderung auch immer anstrebt bekommt im Schnitt von der Hälfte seiner Wähler Anerkennung und von der anderen Hälfte Buh-Rufe. Dann ist es Glücksspiel, ob er in seinem Stuhl sitzen bleiben darf oder nicht. Wenn er gar nichts tut darf er auf jeden Fall (sehr lange) sitzen bleiben. Das ist simple Spieltheorie. Insofern ist die Merkel-Raute durchaus ein Erfolgsrezept und auch nicht neu. Schon der olle Oggersheimer verfolgte in weiten Teilen die selbe Strategie.


[1] https://www.youtube.com/watch?v=eopjw91cxl0

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von tobo » 30.04.2019 23:20:01

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 22:51:21
2. Was passiert mit den heutigen Aktivisten und dem Thema, wenn die aktuelle Mode wechselt? Das Thema verschwindet ja nicht einfach so, nur weil es nicht mehr "in" ist.
Da wäre ich mir nicht so sicher!? Kannst du dich erinnern (inklusive Gesicht dazu)?
https://www.spiegel.de/lebenundlernen/s ... 99759.html
Wird irgendwann wieder ausgegraben und dann politisch wieder ausgesessen...

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 30.04.2019 23:39:22

Naja, das ist ja ein "normales Problem", an dem sich nicht großartiig was ändert, wenn man es liegen lässt. Da gibt es eben von Zeit zu Zeit einen Amoklauf bei dem ein paar Menschen sterben, dann stöhnen alle mal kurz auf und man geht bald wieder zur Tagesordnung über.
Wenn man den Klimawandel liegen lässt, ohne unseren ökologichen Fußabdruck anzupassen, dann wird es immer extremer.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von cronoik » 01.05.2019 03:51:45

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 22:51:21
cronoik hat geschrieben: Ist es nicht schon immer so das wir Menschen uns an einzelnen Personen aufhaengen?
Ja, natürlich. Aber das schadet eben oft der Sache.
Der von dir genannte Schaden an der Sache waere ja nur vermeidbar falls auch wirklich alle die 'Sache' verstanden haben und als unterstuetzungswuerdig empfinden. Das waere natuerlich wuenschenswert, aber ist unsere Spezies dazu auch in der Lage? Die 5 Minuten die ich jetzt ins Nachdenken investiert habe, haben mich nicht wirklich erleuchtet. Faellt dir (oder jemand anderem) etwas ein was ein deutlicher Meilenstein der Menschheitsgeschichte ist und lediglich mit einer anonymen Gruppe verbunden wird? Ist es nicht so das weil wir so (sozialorientierte Wesen) sind, dieser "Personenkult' erst entsteht und dadurch die 'Sache' erst stark wird?
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 22:51:21
Das ist sicher richtig. Und wird wohl auch kaum einer bestreiten, das insbesondere die Jugend der Mode folgt. Das sehe ich erstmal weder positiv noch negativ. Da stellen sich aber gleich wieer zwei Fragen:
1. Was hat vor 20 Jahren gefehlt, um diese "Klima-Mode" in meiner Generation auszulösen?
2. Was passiert mit den heutigen Aktivisten und dem Thema, wenn die aktuelle Mode wechselt? Das Thema verschwindet ja nicht einfach so, nur weil es nicht mehr "in" ist.
Ich finde nicht dass nur, beziehungsweise insbesondere, die Jugend der Mode folgt. Das aendert sich mit dem Aelterwerden nicht unbedingt (ein Beispiel was mir gerade einfaellt [1]). Zu Frage eins wuerde ich mit zwei Punkten beantworten. Zum einem deinen Punkt 3 (fehlende Massenmedien). Es foerdert die Nachahmung wenn man zeitnah Berichte aus anderen Staedten liest in denen demonstiert wird und sich mit 'Gleichgesinnten' sym­pa­thi­sie­ren kann. Zum anderen ist die Thematik heute deutlich praesenter als noch vor 20 Jahren. Sicherlich hat sich an den Erkenntnissen nichts geaendert, aber die Handlungsintensitaet (ob sinnvoll oder nicht) hat zugenommen. Ich habe letztes Jahr mal ueber eine Studie ueber die ästhetische Wahrnehmung von WIndkraftraedern gelesen (suche ich bei Interesse mal raus). Das Ergebnis der Studie war, dass juengere Menschen Bilder mit Windkraftraedern als schoener empfinden als aeltere Menschen. Es wurde dabei nicht nur das blosse Vorhandensein der Windkraftraeder untersucht, sondern auch die 'ertraegliche' Anzahl. Das Bewusstsein und die Akzeptanz fuer oekologische Themen halte ich in der heutigen Jugend fuer groesser als in deiner Generation.
Das ist auch schon meine Antwort beziehungsweise Vorhersage fuer die zweite Frage. Vielleicht verlaeuft die heutige Bewegung im Sande, aber die Probleme werden zunehmen und deshalb auch das Bewusstsein fuer diese Problematik und die Handlungsbereitschaft. Irgendwann muss die Menschheit dann mal handeln, dass passiert meiner pessimistische Einschaetzung nach vermutlich aber erst wenn man sich mit den Problemen nicht mehr arrangieren kann.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 22:51:21
Ich halte es für richtig und notwendig, das die Demonstrationen während der Unterrichtszeit stattfinden. Nur dadurch werden sie tatsächlich zum "Streik" und überhaupt öffentlich wahrgenommen. Die Demonstranten gehen dadurch bewusst Risiken ein und erfüllen so gewissermaßen die oben angesprochene Forderung von "Extinction Rebellion" zur persönlichen Opferbereitschaft.
Andererseits finde ich es auch wichtig, dass sie dafür vom "Establishment" (Schulen, Politik) ordentlich Gegenwind kriegen. Nur so kann die "Rebellion" ihren Charakter als solchen behalten. Das zeigt den Schülern einerseits, dass man manchmal für seine Ziele kämpfen (und teils auch verlieren) muss und verlagert andererseits den Aufhängepunkt des "Widerstands", weg von der eher "unwichtigen" Klimapolitik hin zur systemtragenden Wirtschaftspolitik. Die Schüler setzen durch ihre Aktionen nicht nur ihren eigenen Schulabschluss auf's Spiel, sondern in der Masse auch die Zukunft des "Wirtschaftsstandorts Deutschland". Genau das ist mMn nötig um dem eigentllcihen Thema Klimaschutz Gehör zu verschaffen.
Grundsaetzlich wuerde ich dir da gern zustimmen, aber Bildung ist leider kein Gut welches von unseren Politikern besonders hochgehalten wird. Deshalb sehe ich darin auch keinen Hebel um tatsaechlich Druck aufzubauen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird auch seit langer Zeit nicht mehr gepflegt. Ein paar Lobbygesetze werden mal durchgewunken, aber wirkliche Standortpolitik wird in Deutschland meiner Auffassung nach nicht gemacht. Aus diesem Grund bin ich fuer Demonstrationen ausserhalb der Schulzeit, weil ich keinen Mehrwert fuer den Umweltschutz durch Demonstrationen innerhalb der Schulzeit sehe. Letztendlich bin ich allerdings der Auffassung das eine Demonstration innerhalb der Schulzeit besser ist als gar keine Demonstration.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 22:51:21
cronoik hat geschrieben: Zu den von dir genannten Punkten moechte ich noch einen vierten hinzufuegen. Ich persoenlich denke dass man erst mit dem System leben muss und erst mit dem Erreichen einer gewissen Position innerhalb des Systems eine Aenderung herbeifuehrt.
Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Wenn du meinst, dass ich damals nicht aktiv wurde, weil mir die Systemerfahrung fehlte, warum wird die heutige Jugend dann aktiv?
Da habe ich mich missverstaendlich ausgedrueckt. Als wir uns damals in der Schule Gedanken ueber irgendwelche Probleme gemacht haben und dafuer Loesungen gesucht haben, kamen wir meistens auf die Loesung, dass man erst irgendetwas werden muss (ein Manager oder ein Politiker) bevor man eine Aenderung herbeifuehren kann (Gorbatschowist hierfuer vielleicht ein gutes Beispiel). Demonstrationen hielten wir eher fuer wirkungslos. Das ist vielleicht auch ein Unterschied zu heute.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
30.04.2019 22:51:21
cronoik hat geschrieben:Das empfinde ich als einen wichtigen Punkt und ein Punkt in dem die Politik auch nicht ehrlich ist. Es gibt viele Probleme ("Energiewende", Euro, Zuwanderung, Steuerlast, Altersarmut...) mit denen die die weniger gut situierten Menschen konfrontiert sind und auch noch staerker konfrontiert werden, fuer die man sich in Berlin mal ehrlich machen muesste und sich den Leuten mal wieder von vorne bis hinten erklaert. Das macht man aber nicht, aus Gruenden die mir unbegreiflich sind.
Das ist gar nicht so schwer zu verstehen. Du musst dich nur von der Vorstellung lösen, dass beim Durchschnittspolitiker der gesellschaftliche Gestaltungswunsch stärker ist, als der Kleber zwischen seinem Hintern und seinem Postenstuhl. Solche Politiker gibt es zweifelslos, aber eben selten in kritischer Masse.
Ein Politiker der welche Änderung auch immer anstrebt bekommt im Schnitt von der Hälfte seiner Wähler Anerkennung und von der anderen Hälfte Buh-Rufe. Dann ist es Glücksspiel, ob er in seinem Stuhl sitzen bleiben darf oder nicht. Wenn er gar nichts tut darf er auf jeden Fall (sehr lange) sitzen bleiben. Das ist simple Spieltheorie. Insofern ist die Merkel-Raute durchaus ein Erfolgsrezept und auch nicht neu. Schon der olle Oggersheimer verfolgte in weiten Teilen die selbe Strategie.
Ja dem stimme ich zu und fuer das einzeilne Individuum verstehe ich die Handlungen auch (im Sinne von Ursache und Wirkung). Es ist dennoch fuer mich gesellschaftlich unbegreiflich (nicht im Sinne von die Ursachen sind mit unklar, sondern warum dies immer noch so ist) da dies zum schlechteren Ergebnis fuehrt. Benjamin Franklin hatte mal gefordert das oeffentliche Aemter nicht so gut entlohnt werden duerften, damit sich wirklich nur Leute finden die den Dienst am Gemeinwohl ueber die eigenen Interessen stellen.

[1] https://books.google.de/books?id=vrhsAg ... &q&f=false
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von guennid » 01.05.2019 09:40:16

Benjamin Franklin hatte mal gefordert das oeffentliche Aemter nicht so gut entlohnt werden duerften, damit sich wirklich nur Leute finden die den Dienst am Gemeinwohl ueber die eigenen Interessen stellen.
Mit ähnlichen Argumenten hat man auch das Zensuswahlrecht und ähnliche Wahleinschränkungen gefordert. Finanziell lohnt sich das Präsidentenamt in den USA nicht, soweit ich weiß. :wink:

Grüße, Günther

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 01.05.2019 12:16:12

Was die persönlichen Beiträge betrifft, so empfinde ich das alleine als bei Weitem als unzureichend. Es ist wichtig, sich auf allen Ebenen umzustellen, keine Frage, doch es braucht die gesamtgesellschaftliche Umkehr.

Dabei habe ich selbst nicht unbedingt die Größenordnung "Auf die Urlaubsreise verzichten" im Kopf, sondern viel massivere Veränderungen, die von jedem Menschen große Opfer verlangen werden:
  • Weitgehende Abschaffung/Reduktion des Individualverkehres
  • Stilllegung schädlicher Industrien und Transformation bestehender
  • Einbinden aller verfügbaren Menschen, um die Veränderung voranzutreiben(Arbeitslosigkeit WTF?)
Das dringlichste Problem scheint mir die Uneinigkeit zu sein. Die AFD, die das Thema Klimawandel als "Irrglauben" betrachtet, hat grob ähnlichen Wählerzuspruch wie die Grünen. Wie kann man da zusammen kommen? Auch in anderen Parteien scheint mir das Anliegen eher strategisch für den Wahlkampf genutzt zu werden.

Vielleicht ist das ein Abwehrmechanismus, eine emotionale Blockade sich mit dieser schrecklichen Katastrophe selbst auch nur auseinander setzen zu wollen.

Mein Anliegen ist es deshalb, Menschen zusammen zu bringen, sich mit den inneren Ballast und Leid auseinander zu setzen, um die Bereitschaft und die Fähigkeit zu steigern, der Wahrheit ins Auge zu sehen zu können.

Ein Bekannter hält es für fragwürdig, mit dem Weg der XR Bewegung gegen Menschen und Politiker zu kämpfen, Druck aufzubauen, auch weil Druck doch auch nur Widerstand und Gegenreaktionen zur Folge hat. Er meint, dass es das schon zur Genüge gab: Occupy, Transition Town, Zeitgeist,... Gab's alles schon. Hat nicht besonders gut funktioniert. Es braucht einen Weg des Miteinanders und nicht des Gegeneinanders.

Nachtrag

Wer die hier angedeuteten Massnahmen für maßlos übertrieben hält, den frage ich, ob es im Vergleich zu einer Umgebung von Krieg, Hunger und Gewalt nicht ein unglaublicher Reichtum ist, in einem Zelt zu schlafen mit ausreichend Wärme und Nahrung, in einer Gemeinschaft von Menschen, die einander so gut wie möglich unterstützen?

Nachtrag 2

Ich habe gerade nochmal nachgeschaut. AFD ist ja deutlich stärker als die Grünen. Was die anderen Parteien betrifft, so haben die ja zumindest in Ihren Grundsatzprogrammen teilweise sehr deutliche Worte dazu, mit Ausnahme der SPD, die das kaum erwähnt. Siehe: https://www.klimafakten.de/meldung/was- ... -stand-der

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 07.05.2019 12:18:40

cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Der von dir genannte Schaden an der Sache waere ja nur vermeidbar falls auch wirklich alle die 'Sache' verstanden haben und als unterstuetzungswuerdig empfinden.
Ich denke, das ist grundlegend sogar der Fall. Die Gallionsfiguren sind ja nicht beliebig, sondern mit "ihrem" jeweiligen Thema verbunden. Das Thema muss dann aber in der Diskussion untereinander und mit Außenstehenden referenziert werden, und ich denke hier werden dann die Gallionsfiguren der Einfachheit halber zur Projektionsfläche für das Thema.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Faellt dir (oder jemand anderem) etwas ein was ein deutlicher Meilenstein der Menschheitsgeschichte ist und lediglich mit einer anonymen Gruppe verbunden wird?
Du hängst die Latte ziemlich hoch. Wenn es auch drei Nummern kleiner geht als "Meilenstein der Menschheitsgeschichte", dann würde ich mal das Anonymous-Netzwerk als Beispiel einwerfen, welches sich ja explizit gegen Vereinnahmung von und durch Personen wehrt. Ich meine, auch Occupy hätte Züge in die Richtung gehabt.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Ist es nicht so das weil wir so (sozialorientierte Wesen) sind, dieser "Personenkult' erst entsteht und dadurch die 'Sache' erst stark wird?
Ich vermute, Themenpopularität und Personenkult befeuern sich hier gegenseitig.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Zu Frage eins wuerde ich mit zwei Punkten beantworten. Zum einem deinen Punkt 3 (fehlende Massenmedien). Es foerdert die Nachahmung wenn man zeitnah Berichte aus anderen Staedten liest in denen demonstiert wird und sich mit 'Gleichgesinnten' sym­pa­thi­sie­ren kann.
Sicher.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Zum anderen ist die Thematik heute deutlich praesenter als noch vor 20 Jahren. Sicherlich hat sich an den Erkenntnissen nichts geaendert, aber die Handlungsintensitaet (ob sinnvoll oder nicht) hat zugenommen.
Da schließt sich für mich sofort wieder die Frage an, warum die Thematik heute präsenter ist als vor 20 Jahren. Ist das auch nur ein Medienphänomen?
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Grundsaetzlich wuerde ich dir da gern zustimmen, aber Bildung ist leider kein Gut welches von unseren Politikern besonders hochgehalten wird. Deshalb sehe ich darin auch keinen Hebel um tatsaechlich Druck aufzubauen.
Ich denke, hier muss man differenzieren. Wenn man Bildung als die Formung von Kindern und Jugendlichen zu selbstständig und kritisch denkenden Mitgliedern der Gesellschaft im Kant'schen Sinn versteht, dann verdient sich die Politik hier sicher wenig Lorbeeren. Wenn man aber Bildung als die marktkonforme Heranzüchtung zukünftiger Arbeitskräfte und Konsumenten betrachtet, kann man der Politik sicher zumindest ein gewisses Bemühen attestieren. Ob dieses Bemühen geeignet ist, das Ziel zu erreichen steht dann auf einem anderen Blatt. Jugendliche, welche sich dem Bildungsprogramm durch "Streik" entziehen stellen somit durchaus eine potenzielle Gefahr für den zukünftigen Markt dar.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird auch seit langer Zeit nicht mehr gepflegt. Ein paar Lobbygesetze werden mal durchgewunken, aber wirkliche Standortpolitik wird in Deutschland meiner Auffassung nach nicht gemacht.
Das mag so sein, aber dieses Ziel zu verfolgen halte ich bestenfalls für kurzsichtig. Wir leben in einer weitgehend globalisierten Welt. Nationale Standortpolitik läuft auf einen Verdrängungswettlauf zwischen verschiedenen Nationalstaaten hinaus (Exportrennen). Das Ergebnis ist ein Rat Race, bei dem es darum geht, wer sich am tiefsten bückt.
So lange wir nach dem Modell Politik machen, brauchen wir mMn über globale Nachhaltigkeit gar nicht zu sprechen.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Als wir uns damals in der Schule Gedanken ueber irgendwelche Probleme gemacht haben und dafuer Loesungen gesucht haben, kamen wir meistens auf die Loesung, dass man erst irgendetwas werden muss (ein Manager oder ein Politiker) bevor man eine Aenderung herbeifuehren kann (Gorbatschowist hierfuer vielleicht ein gutes Beispiel). Demonstrationen hielten wir eher fuer wirkungslos. Das ist vielleicht auch ein Unterschied zu heute.
Das ist ein guter Stichpunkt, ich bin mir aber auch hier nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe.
In meiner Erinnerung waren wir damals nicht der Meinung, eine formale Position erreichen zu müssen, um etwas zu ändern. Wir waren vielmehr der Meinung, erst eine gewisse Fachkompetenz entwickeln zu müssen, um ein Thema sinnvoll bearbeiten zu können.
In gewisser Weise ist das eine Spielart von Lindners "den Profis überlassen". Wir meinten, erst selbst Profis werden zu müssen um etwas zu verändern. Der Ansatz klingt schlüssig, ist aber erkennbar gescheitert.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Ja dem stimme ich zu und fuer das einzeilne Individuum verstehe ich die Handlungen auch (im Sinne von Ursache und Wirkung). Es ist dennoch fuer mich gesellschaftlich unbegreiflich (nicht im Sinne von die Ursachen sind mit unklar, sondern warum dies immer noch so ist) da dies zum schlechteren Ergebnis fuehrt.
Wenn dir die Ursachen klar sind, warum ist dir dann der aktuelle Zustand unklar? Wenn die Induviduen in der Mehrzahl egoistisch handeln, woher soll dann der Impuls kommen, dass die Gesellschaft als Ganzes anders handelt.
Ich bin ja ein Freund des Konzepts der Emergenz. Aber ich sehe hier keinen emergenten Effekt, der die Summe der Individuen anders handeln ließe als jedes Individuum für sich gesehen.
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 03:51:45
Benjamin Franklin hatte mal gefordert das oeffentliche Aemter nicht so gut entlohnt werden duerften, damit sich wirklich nur Leute finden die den Dienst am Gemeinwohl ueber die eigenen Interessen stellen.
Sinngemäßes Zitat eines FDP-nahen Bekannten als Gegenargumentation:
Wenn öffentliche Ämter gegenüber vergleichbaren Posten in der freien Wirtschaft drittklassig entlohnt werden, dann braucht man sich auch nicht darüber wundern, wenn diese Ämter von drittklassig qualifizierten Personen ausgeübt werden.

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 12:16:12
Was die persönlichen Beiträge betrifft, so empfinde ich das alleine als bei Weitem als unzureichend. Es ist wichtig, sich auf allen Ebenen umzustellen, keine Frage, doch es braucht die gesamtgesellschaftliche Umkehr.

Dabei habe ich selbst nicht unbedingt die Größenordnung "Auf die Urlaubsreise verzichten" im Kopf, sondern viel massivere Veränderungen, die von jedem Menschen große Opfer verlangen werden:
  • Weitgehende Abschaffung/Reduktion des Individualverkehres
  • Stilllegung schädlicher Industrien und Transformation bestehender
  • Einbinden aller verfügbaren Menschen, um die Veränderung voranzutreiben(Arbeitslosigkeit WTF?)
In der Sache bin ich bei dir. Deine Forderungen sind aber dermaßen radikal, dass sie im aktuellen Gesellschaftssystem nicht umsetzbar sind. Wer auch immer sowas heute in Angriff nimmt ist morgen heftig unter Beschuss und übermorgen womöglich weg vom Fenster (siehe z.B. das jüngste Interview von Kevin Kühnert und die Reaktionen darauf!). Und die Zeit, das Gesellschaftssytem grundlegend umzubauen haben wir nicht mehr.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 12:16:12
Das dringlichste Problem scheint mir die Uneinigkeit zu sein.
Das ist kein "dringliches Problem" im Sinne einer zu bewältigenden Aufgabe, sondern eine grundlegende Eigenschaft menschlicher Gesellschaft. Es ergibt keinen Sinn, die Lösung des Problems über den Weg der Überwindung der Uneinigkeit zu gehen, denn die Uneinigkeit ist unüberwindbar.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 12:16:12
Die AFD, die das Thema Klimawandel als "Irrglauben" betrachtet, hat grob ähnlichen Wählerzuspruch wie die Grünen. Wie kann man da zusammen kommen? Auch in anderen Parteien scheint mir das Anliegen eher strategisch für den Wahlkampf genutzt zu werden.
Da kann man nicht zusammenkommen, eben weil die Auseinandersetzung nicht inhaltlich, sondern strategisch motiviert ist.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 12:16:12
Vielleicht ist das ein Abwehrmechanismus, eine emotionale Blockade sich mit dieser schrecklichen Katastrophe selbst auch nur auseinander setzen zu wollen.
Ja, ist sie. Zufällig hatte ich gerade am Wochenende eine Diskussion über u.a. Klimawandel mit mehreren Bekannten (alles Studierte, von Ingenieueren bis Sozialwissenschaftlern).
Was mir bei nahezu Allen aufgefallen ist: Es gab wehemente Abwehrmechanismen, das Problem in seiner Schwere anzuerkennen (der IPCC-Bericht wurde z.B. sinngemäß als "Lügenpresse" abgestempelt), oder es gab quasi schon wundergläubige Annahmen darüber, was wir gesellschaftlich oder technisch in den nächsten 10 Jahren erreichen könnten (Stichwort Weltfrieden mit global nachhaltiger Wirtschaftswende).
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.05.2019 12:16:12
Ein Bekannter hält es für fragwürdig, mit dem Weg der XR Bewegung gegen Menschen und Politiker zu kämpfen, Druck aufzubauen, auch weil Druck doch auch nur Widerstand und Gegenreaktionen zur Folge hat. Er meint, dass es das schon zur Genüge gab: Occupy, Transition Town, Zeitgeist,... Gab's alles schon. Hat nicht besonders gut funktioniert. Es braucht einen Weg des Miteinanders und nicht des Gegeneinanders.
Klingt nach "freiwiligen Selbstverpflichtungen". Die funktionieren erfahrungsgemäß auch eher schlecht als recht.


[1] https://books.google.de/books?id=vrhsAg ... &q&f=false
[/quote]

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 07.05.2019 18:31:52

Stärkere und häufigere Hochwasser sind ja hier auch eine der Folgen. Eine extremes Ereignis war ja in "Braunsbach", eine extreme Überschwemmung im Jahre 2016. Eine kleine Serie der Stuttgarter Zeitung 9 Videos von jeweils ca. 1 Min. Länge.

https://www.youtube.com/user/Stuttgarte ... A+die+flut

Und das ist sogar nicht mal nur etwas Negatives. Man hat zusammengeholfen. Man ist wieder zusammengewachsen. Es hat zusammengeschweisst. Die Flutwellen sind durch den Ortskern gewalzt und haben viel Zerstörung angerichtet.

Ein halbes Jahr später haben sich die Leute Urlaub genommen, um in dem wieder aufgebauten Lebensmittelladen im Ort einzukaufen. Das hat mich gerade sehr berührt.

Im Angesicht der Katastrophe erwacht der Gemeinschaftsgeist. Da gab es keine Uneinigkeit mehr. Es die Frage, ob die Katastrophe denn wirklich erst kommen muss?
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 07.05.2019 19:27:51

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.05.2019 18:31:52
Eine extremes Ereignis war ja in "Braunsbach", eine extreme Überschwemmung im Jahre 2016.
Soweit ich weiß ist es fragwürdig, ein konkretes Einzelereignis auf den Klimawandel zurückzuführen. Das funktioniert nur über eine Reihe von Ereignissen über das statistische Mittel.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.05.2019 18:31:52
Und das ist sogar nicht mal nur etwas Negatives. Man hat zusammengeholfen. Man ist wieder zusammengewachsen. Es hat zusammengeschweisst.
Entschuldige bitte, aber das ist doch Unsinn! Sich in einer schweren Situation zu helfen ist ja schön, aber die dabei gezeigte "Solidarität" ist doch nichts wert, wenn sie nur in Notlagen zu Tage tritt und ansonsten jeder seinen Stiefel macht.
In der DDR gab es ein über Jahrzehnte sorgsam gepflegtes Beziehungsnetz um an Waren des alltäglichen und nicht so alltäglichen Bedarfs zu kommen. Soweit ich es mitbekommen habe (ich war damals noch sehr jung) hat sich das für die Beteiligten sehr kuschelig angefühlt. Fünf Jahre nach der Wende war davon nichts mehr übrig, denn die Notlage, welche die einzige Grundlage für den Zusammenhalt war, war nicht mehr vorhanden.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.05.2019 18:31:52
Es die Frage, ob die Katastrophe denn wirklich erst kommen muss?
Offensichtlich schon, denn die von dir beobachtete Solidarität gab es deiner Aussage nach vorher nicht.
Echte Solidarität mag zwar auch in Notlagen gefestigt werden, entsteht aber erstens nicht erst dann und bricht zweitens auch danach nicht einfach in sich zusammen.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 20.05.2019 00:09:49

Natürlich ist es eine Frage der Statistik von Heftigkeit und Häufigkeit und keine Frage von Einzelereignissen. Aber wenn Jahrhundertwetterphänomene von der Häufung zum Normalzustand werden, ist es dann nicht vielleicht mal heilsam das zur Verdeutlichung mal zu zeigen, wo es gerade hingeht, bzw. wo wir gerade schon stehen?

Ansonsten will ich gerade nochmal Hans-Josef Fell in den Raum werfen. Grüner Visionär der Energiewende, seit jeher. (Ex MdB).

Es gibt viele spannende Talks von Ihm auf youtube. Gerade der letzte: Stand der Erneuerbaren Energien 2019.

Die fossilen Energien sind tot. Warren Buffet zieht sein Kapital da raus und steckt es in die Erneuerbaren.

Interessant auch: Eon, einer der großen 4 Energiedinosaurier hierzulande hat's kapiert! Die verklagen jetzt auch Spanien, nachdem die in Spanien Windkraftparks gebaut haben und der Staat rückwirkend die Förderungen abgeschafft hat. Yeah!

Viele Länder starten die Energiewende nur Deutschland geht den Weg in den Protektionismus einer toten Technologie. Das wird auch ökonomisch böse Folgen für uns haben.

Es kommt auf jeden von Euch an!
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 20.05.2019 09:04:46

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.05.2019 00:09:49
Natürlich ist es eine Frage der Statistik von Heftigkeit und Häufigkeit und keine Frage von Einzelereignissen. Aber wenn Jahrhundertwetterphänomene von der Häufung zum Normalzustand werden, ist es dann nicht vielleicht mal heilsam das zur Verdeutlichung mal zu zeigen, wo es gerade hingeht, bzw. wo wir gerade schon stehen?
Sicherlich. Ich halte es nur nicht für zielführend, dann einzelne Beispiele zur Demonstration heranzuziehen, denn isoliert betrachtet lässt sich dabei eben nicht sagen, ob das nun dem Klimawandel geschuldet ist oder nicht.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.05.2019 00:09:49
Ansonsten will ich gerade nochmal Hans-Josef Fell in den Raum werfen. Grüner Visionär der Energiewende, seit jeher. (Ex MdB).
Ich bin mit der Person leider nicht vertraut und der Wikipediaartikel ist zu unkonkret um bei mir ein Aha-Erlebnis über mögliche bekannte Projekte zu erzeugen.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.05.2019 00:09:49
Es gibt viele spannende Talks von Ihm auf youtube. Gerade der letzte: Stand der Erneuerbaren Energien 2019.
Hast du zufällig etwas Schriftliches?
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.05.2019 00:09:49
Die fossilen Energien sind tot. Warren Buffet zieht sein Kapital da raus und steckt es in die Erneuerbaren.
Wir sind sicher in einer Umbruchphase, aber den Abgesang auf fossile Energieträger würde ich noch nicht anstimmen. In den USA hat Fracking nach wie vor Konjunktur, China plant dutzende neue AKWs und mit der Verbrennung von Methanhydrat haben wir noch gar nicht richtig angefangen.
Natürlich ist das umwelttechnisch alles wahnsinnig, aber rein auf die Energieträger bezogen sind das durchaus attraktive Alternativen zu den Erneuerbaren.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.05.2019 00:09:49
Interessant auch: Eon, einer der großen 4 Energiedinosaurier hierzulande hat's kapiert! Die verklagen jetzt auch Spanien, nachdem die in Spanien Windkraftparks gebaut haben und der Staat rückwirkend die Förderungen abgeschafft hat. Yeah!
Ich zweifle an den Motiven. Als Eon die Windparks gebaut hat, hatten sie natürlich die Förderung im Blick. Wenn die nun vor Eons Kalkulation abgeschaft wird, reißt das Löcher in die Bilanz. Das kann man rein betriebswirtschaftlich Mist finden, ohne ein Auge auf die Umwelt zu werfen (dafür ist dann die PR-Abteilung zuständig).
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.05.2019 00:09:49
Viele Länder starten die Energiewende nur Deutschland geht den Weg in den Protektionismus einer toten Technologie. Das wird auch ökonomisch böse Folgen für uns haben.
Ich seher Deutschland hier in "guter" globaler Gesellschaft.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 20.05.2019 09:59:42

Hast du zufällig etwas Schriftliches?
Studien, Vorträge, etc. auf

https://www.hans-josef-fell.de

Siehe auch:

https://www.energywatchgroup.org
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 20.05.2019 22:21:59

Danke für die Links!
So richtig spricht mich der Mann leider nicht an. Auf seiner Website vermisse Wissenschaft, stattdessen finde ich Esoterik. [1] Ich habe Nichts dagegen, dass er im Privatleben Christ ist, aber ich halte es nicht für zielführend, die Klimadebatte auf der Grundlage von "Gottes Schöpfung" zu führen.
Mich könnte er mit einem säkulären Ansatz besser abholen. Leider sehe ich auf seiner Webseite nicht, was ihn dazu qualifizieren würde. Ich vermute aufgrund seiner Biografie, dass er irgendeine Form solch einer Qualifikation hat, aber entweder hält er es nicht für wichtig diese zu präsentieren, oder ich sehe sie nicht, weil mich das prominent platzierte Schöpfungsbuch blendet.

[1] https://hans-josef-fell.de/aus-der-scho ... ien-nutzen

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 21.05.2019 13:53:20

Hallo Hikaru,

ich denke nicht das ein Dialog - zumindest bei diesem Thema - zwischen uns beiden zu irgend etwas führt, was für einen von uns beiden irgend ein Gewinn ist. Deswegen werde ich auf Deine zukünftigen Beiträge - bei diesem Thema - nicht mehr eingehen.

---

Falls noch einer da ist, den's interessiert:
  • Fell ist kein Wissenschaftler, sondern Gymnasiallehrer und Politiker mit einer persönlichen Vision von 100% erneuerbaren Energien, die er mit unglaublicher Begeisterung und Engagement verfolgt.
  • Er wohnt ca. 6 km von meinem Elternhaus. Ich habe Ihn auch persönlich mal kennen gelernt. Er war damals halt irgend einer der "Grünen" aus dem Dorfumfeld.
  • In seinem Blog veröffentlicht er regelmässige Informationen zu aktuellen Entwicklungen des Themas Erneuerbare Energien, Speichertechnik(z. B. [1]), politische Entwicklungen, Projekten, ...
Für mich ist das, was er darstellt, das was es jetzt im Moment braucht: Das radikale Anpacken des Problems. Und da ist er Anderen um Jahre voraus.

Grüße,
h.

[1] 13.5.2019 Batteriespeicher mit 15 MWh in Bordesholm online: https://www.vb-bordesholm.de/batteriespeicher.html
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 03.06.2019 00:38:55

Was mich hier wundert, vor allem auch in dieser rationalen, aufgeklärten Gruppe von Menschen, die vermutlich aufgrund der IT-Affinität eigentlich eher wissenschaftsaffin zu sein scheinen - dass auch hier immer noch Leute über ein Thema diskutieren wollen, dass seit über 30 Jahren bzgl. der relevanten Kernaussage so klar ist, wie's nur irgend sein kann. (Die Zeit ist um. Das Risiko eines Klimakollapses droht mit jedem Tag der Untägigkeit. Dann halt unaufhaltbares plantenweites Massensterben, Überflutung von Küstenregionen, extreme Wetterereignisse, und der ganze Käse eben... )

Nach dem Motto: Jedes Volk bekommt die Regierung die es verdient hat:
Martina Fietz(Sprecherin der Bundesregierung) hat geschrieben:Und unsere Regierung ist ja der Meinung, "... deswegen wird es ja gar nicht notwendig sein seitens der Politik ... Vorschriften zu machen. Es wird wahrscheinlich schon ein verändertes Verhalten der Bevölkerung dazu führen ... das Klimaschutzziele sich erreichen lassen!"

3:40 ... Die Bundeskanzlerin möchte eine Diskussion darüber führen bis 2050(!!!) Klimaneutral zu werden und dabei nicht ob das tatsächlich geschafft wird, sondern nur wie wir das tun können...
https://www.youtube.com/watch?v=0yFSjrM-_ho (RegPK vom 29.5.2019, Anfang des Videos)

Genau Kohleausstieg? Brauchen wir nicht! Regenerative Energieförderung? Regelt sich alles komplett von alleine(Auch wenn wir die jetzt erst mal so kaputt reguliert haben, dass der Ausbau komplett zum Stillstand gekommen ist.) Statt dessen, wie Rezo es so schön ausgedrückt hat "zerstört die CDU mit Steuergeldern die Umwelt."

Und fragt mich nicht nach Quellen. Wer sich damit beschäftigt, der sollte sich mit kurzer Internetrecherche einen Überblick über die Situation verschaffen können.

Zur Info: Aktuelle Kapazitätsmessungen gehen davon aus, dass für eine Stabilisierung der Erwärmung bei 1,5°C noch ca. 9 Jahre Kapazität für das aktuelle Ausstosslevel da ist.

Die Zeit des Redens ist definitiv vorbei. Es gibt für die Politik eine Vielzahl von Vorschlägen und Möglichkeiten, wie die Wege da sind und vor allem aber auch Experten, die man einfach nur hinzu ziehen muss. Hätte man den Ausbau der Erneuerbaren ungebremst weiterlaufen lassen, dann wäre man da jetzt schon wesentlich weiter. Trotz allen schönen Reden: Sie tun so gut wie nichts.

Möglichkeiten
  • Engagieren in Protestbewegungen(Lasst Ihr Euch das echt alle einfach so gefallen und sterbt freiwillig bzw. lasst Ihr Eure Kinder einfach so sterben?)
  • Konsumverhalten/Mobilitätsverhalten umstellen
  • private finanzielle Mittel in regenerative Energien investieren(z. B. auch durch Umstellung des Kontos auf die GLS-Bank)
  • Umstellen des Stromvertrages auf einen 100% Ökostromanbieter(Am besten auf einen der auch wirklich dediziert 100% Ökostrom herstellt, um nicht für denjenigen denen es egal ist, noch dreckigen Strom produziert)
  • Umstellung auf erneuerbare im Eigenheim(Wärmepumpen, BHKW, Photovoltaik, Verbesserung der Dämmungssituatin, Solarthermie)
Zuletzt geändert von heisenberg am 03.06.2019 10:29:56, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von MartinV » 03.06.2019 10:04:01

@heisenberg: Guter Beitrag, danke! :THX:

Am Rande: Mein bevorzugter Ökostromanbieter: EWS, ein Pionier auf diesem Gebiet.
Die Vernunft kann einem schon leidtun. Sie verliert eigentlich immer.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 03.06.2019 10:27:41

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 00:38:55
Was mich hier wundert, vor allem auch in dieser rationalen, aufgeklärten Gruppe von Menschen, die vermutlich aufgrund der IT-Affinität eigentlich eher wissenschaftsaffin zu sein scheinen - dass auch hier immer noch Leute über ein Thema diskutieren wollen, dass seit über 30 Jahren bzgl. der relevanten Kernaussage so klar ist, wie's nur irgend sein kann.
Ich denke, der Diskussionswille ist nicht verwunderlich. Das Thema mag zwar seit 30 Jahren im Raum stehen, aber die eigentlichen Folgen fangen eben erst jetzt an, für jeden sichtbar zu werden - zumindest in einer Form, die sich nicht mehr wegreden lässt.
Außerdem ist es spannend. Wir sehen hier gerade einen Katastrophenfilm in Zeitlupe. Und wir spielen mit.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 00:38:55
Genau Kohleausstieg? Brauchen wir nicht! Regenerative Energieförderung? Regelt sich alles komplett von alleine(Auch wenn wir die jetzt erst mal so kaputt reguliert haben, dass der Ausbau komplett zum Stillstand gekommen ist.) Statt dessen, wie Rezo es so schön ausgedrückt hat "zerstört die CDU mit Steuergeldern die Umwelt."
Verabschiede dich von der Vorstellung, dass "die Politik" das Ziel hätte, die Lebensgrundlagen ihrer Bürger zu sichern! Das ist nur Propaganda. Und verabschiede dich von dem Gedanken, dass "das Volk" ein Interesse hätte, seine eigenen Lebensgrundlagen zu sichern! Das ist nur Wunschdenken.

Für beides wären Prozesse nötig, die einfach nicht vorhanden sind. Sowohl Politik als auch Volk müssten sich als emergente Ganze über ihre jeweilige Verantwortung für die Zukunft des Planeten bewusst sein. "Emergente Superwesen" haben aber kein Bewusstsein, selbst wenn die Einzelakteure aus denen sie bestehen jeweils eines haben.
Passend zusammengefasst ist das in dem Spruch: "Ein einzelner Mensch handelt klug, die Masse handelt dumm."

Wir zerstören diesen Planeten schon mindestens so lange wie wir Geschichte aufzeichnen, und daran wird sich auch nichts ändern. Die antiken Hochkulturen haben den Mittelmeerraum entwaldet, unsere Vorfahren haben das Gleiche mit den mitteleuropäischen Urwäldern getan. Ahnliches haben die Wikinger auf Island und die Bewohner der Osterinsel getan. Die Vorfahren der Aboriginies haben durch ihre Brandjagd das Ökosystems eines ganzen Kontinents umgekrempelt. Und es ist zumindest plausibel, dass die Vorfahren der heute für ihre Naturverbundenheit gelobten amerikanischen Ureinwohner nach ihrer Ankunft entscheidend am Aussterben der amerikanischen Megafauna beteiligt waren.

Der aktuelle Klimawandel ist nur eine weitere Runde des immer gleichen Spiels. Sollte man das deshalb einfach so hinnehmen? Nein, natürlich nicht - insbesondere weil wir uns im Gegensatz zu unseren Vorfahren bewusst sind, was wir tun. Aber dieses Bewusstsein ist eben das (vieler) Einzelner, kein systemischer Prozess "des Volkes" oder "der Politik".
Das sieht man u.a. daran, dass, wenn wir uns doch mal zu politisch relevanten Aktionen durchringen, diese viel zu kurz greifen. Kohleausstieg bis 2038 ist so ein Beispiel. Das ist viel zu wenig viel zu spät. Aber mehr war eben poltisch nicht drin.

Das 1,5°C-Ziel ist gar nicht mehr diskussionswürdig und auch das 2°C-Ziel ist eigentlich nur noch ein Wunschtraum. In Wahrheit geht es nur noch darum, auf welcher Seite von +4°C das Thermometer 2100* stehen wird. Wenn wir uns richtig reinhängen, schaffen wir vielleicht irgendwas nahe +3°C.
Aber weißt du was? Das braucht uns im Grunde nicht zu kümmern. Denn bis dahin sind alle die heute in der Lage sind die Politik zu beeinflussen tot. Die "Friday's for Future"-Kids sind die ersten, die diese Zeit miterleben werden. Davor haben sie zurecht Angst. Außerdem sind sie jung und naiv und glauben noch, etwas bewegen zu können. Deshalb gehen sie auf die Straße. Für diesen Aktionismus haben sie meinen Respekt, aber es ist eben nur Aktionismus.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 00:38:55
Möglichkeiten
  • Engagieren in Protestbewegungen(Lasst Ihr Euch das echt alle einfach so gefallen und sterbt freiwillig bzw. lasst Eure Kinder einfach so sterben?)
Im Bewusstsein um die Verhältnisse habe ich schon vor 15 Jahren entschieden, keine Kinder zu kriegen. Ich könnte es nicht vor ihnen verantworten, sie in diese Welt zu setzen. Für mich persönlich erledigt sich das Problem auf natürliche Art rechtzeitig.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 00:38:55
[*] Konsumverhalten/Mobilitätsverhalten umstellen
Ich hatte vor einiger Zeit spaßeshalber mal meinen CO₂-Fußabdruck durchgerechnet. Ich lebe nicht wirklich umweltbewusst, aber auch nicht verschwenderisch. Ich glaube ich kam auf ca. 7-8t, was ca. 2/3 des deutschen Durchschnitts entspricht, aber immer noch um Faktor 4 über dem ist, was nachhaltig wäre. Ich habe auch keine Ahnung, wie ich jemals auf 2t kommen sollte, u.a. auch deshalb weil schon ~1t für meinen öffentlichen Anteil draufgehen. Ich glaube, <6t wäre selbst mit Anstrengung für mich nicht realistisch machbar. Spielraum hätte ich in erster Linie noch beim Thema Ernährung. Aber ehrlich gesagt, bin ich dafür viel zu bequem.


*) Nur weil wir uns dieses Jahr als Benchmark rausgesucht haben ist das Thema ja dann nicht erledigt. Das scheinen mir viele nicht im Blick zu haben. Ich glaube, irgendwo hatte ich sowas wie +8°C im Jahre 2200 gelesen, wenn wir 2100 bei +4°C stehen. DAS wird lustig!

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von dufty2 » 03.06.2019 11:41:04

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 10:27:41
*) Nur weil wir uns dieses Jahr als Benchmark rausgesucht haben ist das Thema ja dann nicht erledigt. Das scheinen mir viele nicht im Blick zu haben. Ich glaube, irgendwo hatte ich sowas wie +8°C im Jahre 2200 gelesen, wenn wir 2100 bei +4°C stehen. DAS wird lustig!
In 0.8 Mrd. Jahren wird es aufgrund des roten Riesen keine Wirbeltiere mehr geben auf der Erde.
DAS wird erst lustig!

Auf der Autobahn fahre ich 115 bis 120. Mich überholen 98% der PKWs (und 100% der Mopeds/Motorräder).
Braucht man die Regierung dazu?

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 03.06.2019 11:48:17

Es gibt genügend Menschen, die meinen Sie wären so schlau, dass sie bereits alles wüssten. Dass sie wissen, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Dass es schlau ist, einfach nichts mehr zu tun. Das ist keine Intelligenz, dass ist Faulheit. Natürlich: Nur zu reden und den gut informierten Intellektuellen zu mimen ist schön bequem und einfach und vor allem scheinbar so moralisch überlegen. Die Leute interessieren mich nicht, denn sie sind schon tot. Das sage ich, weil mir diese Art von tot sein nicht fremd ist und es für mich schwer ist, mich nicht an dieser Position auszuruhen. Zu denen sage ich nur:

Seid willkommen, falls Ihr Euch Doch noch zum Leben entschließt und behaltet Euren Zynismus, Eure Apathie für Euch, weil sie andere Menschen lähmt und Ihnen die Kraft raubt. Denn es darum andere Menschen zu motivieren, Ihnen Energie zu geben und gemeinsame Kraft zu entwickeln.

Auch wenn vielleicht schon einiges verloren ist, noch stehe ich mit beiden Beinen auf der Erde und kann etwas bewirken. Und ich schreibe das hier, weil ich hoffe, dass vielleicht noch ein Lebender unter Euch ist, der vielleicht bereit ist, zu lernen an sich zu glauben und dass jeder einen Unterschied macht.

Und wenn sich zu engagieren dumm sein soll, dann lass ich mich doch gerne als dumm bezeichnen.

Noch eine kleine Anmerkung zum Thema "Es hat ohnehin alles keinen Sinn!" Hans-Joachim Schellnhuber:

Als ehemaliger Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung war der Klimaschutz sein Anliegen Nummer 1. Er beobachtet seit langem auch die Aktivitäten, die sich gegen den Klimawandel richten und hat folgende, sich im Lauf der Zeit u. a. diese sich verändernde Strategien festgestellt:
  1. Abstreiten, dass ein Klimawandel stattfindet
  2. Abstreiten, dass der Mensch den Klimawandel verursacht
  3. Verharmlosung der Folgen des Klimawandels
  4. Verbreitung von Hoffnungslosigkeit, dass man ohnehin nichts machen kann(Da sind wir jetzt)
Überlegt selbst, von wem Ihr Euch manipulieren lasst.
... unterhält sich hier gelegentlich mangels wunschgemäßer Gesprächspartner mal mit sich selbst.

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hikaru
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 03.06.2019 12:19:21

dufty2 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 11:41:04
In 0.8 Mrd. Jahren wird es aufgrund des roten Riesen keine Wirbeltiere mehr geben auf der Erde.
Die gab es vor 0,8 Mrd. Jahren auch nicht.
Vor rund 200 Jahren entstand gerade unser aktuelles Gesellschaftssystem (Nationalstaaten, Aufklärung, Industrielle Revolution).

V.A. aber, sind ein paar hundert Jahre durchaus klimatisch zusammenhängend, während es hunderte von Mio. Jahren eher nicht sind. Die Folgen der in den letzten 1000 Jahren abgeholzten lokalen Urwälder spüren wir heute noch.
Du siehst also die unterschiedliche Relevanz der betrachteten Zeiträume?

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 11:48:17
Es gibt genügend Menschen, die meinen Sie wären so schlau, dass sie bereits alles wüssten. Dass sie wissen, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Dass es schlau ist, einfach nichts mehr zu tun. Das ist keine Intelligenz, dass ist Faulheit. Natürlich: Nur zu reden und den gut informierten Intellektuellen zu mimen ist schön bequem und einfach und vor allem scheinbar so moralisch überlegen.
Ich vermute mal, das war auf mich gemünzt. Falls das so ist hast du mich nicht verstanden. Weder bin ich so vermessen zu glauben, alles zu wissen, noch behaupte ich, es wäre schlau, nichts zu tun.

Ich bin allerdings der Meinung, dass (falsche) Hoffung zu verbreiten ebenso fatal ist, wie jegliche Hoffnung aufzugeben. Die Hoffnung zu verbreiten, dass wir das Ruder rumreißen können, wenn wir alle an einem Strang ziehen ist naiv, denn es ist naiv, eine kritische Menge von Menschen (Auch CxU-Wähler) in diesem Sinn zu vereinen.
Genau diese naive Hoffnung steht hinter "Friday's for Future" und sie sei den Aktivisten aufgrund ihrer Jugend gegönnt. Aber sie wird mangels Reichweite (v.A. in konservative Kreise) nicht zum Ziel führen und ich halte es für wichtig, das realistisch einzuschätzen.

Wir brauchen etwas Besseres als Jugendproteste und eine Grüne Partei im Aufwind. Leider habe ich keine Ahnung, was dieses Etwas sei soll. Aber es muss systemumstürzend radikal sein und schnell kommen - besser gestern als heute.
Wir haben schlicht nicht die Zeit unsere Gesellschaft umzubauen. Sie muss eingerissen und von Grund auf neu errichtet werden.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 11:48:17
Die Leute interessieren mich nicht, denn sie sind schon tot.
Das ist schade, denn indem du dich der Auseinandersetzung mit den Hoffnungslosen entziehst, schränkst du deinen Horizont ein (ich behaupte aus Faulheit, die Auseinandersetzung zu führen). Vor Allen aber schwächst du damit dein Anliegen, denn indem du diese Leute abschreibst, verlierst du sie für deine Sache.

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 03.06.2019 12:44:33

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.06.2019 11:48:17
Seid willkommen, falls Ihr Euch Doch noch zum Leben entschließt und behaltet Euren Zynismus, Eure Apathie für Euch, weil sie andere Menschen lähmt und Ihnen die Kraft raubt. Denn es darum andere Menschen zu motivieren, Ihnen Energie zu geben und gemeinsame Kraft zu entwickeln.
Diese moralische Keule gefällt mir überhaupt nicht... und das obwohl ich weiss, dass alle Deine Argumente wahr sind ... und auch das vermutlich alles zutreffen wird, was als worst-case vorhergesagt wird. Und obwohl ich weiss, dass Du Recht, teile ich dennoch hikaru's Standpunkt, weil ich sicher bin, dass es einerseits aus subjektiv egoistischen Interessen und andererseits aus Gründen der fehlenden Kontiguität (*) nicht gelingen wird, in aller Kürze etwas wirksam auf die Beine zu stellen.

Jeder Mensch hat eine Grenze, an dem er seine persönliche Schmerzgrenze für den Klimaschutz hinsichtlich persönlicher direkter Betroffenheit oder auch fehlender langfristiger Konsequenzen überschritten sieht. Und genau die Summe dieser vielen persönlichen Anti-Aspekte (auch vertreten durch Firmen und wirtschaftliche Interessen) führt eben in der politischen Debatte zu einem unüberwindbaren Berg an Standpunkten und Hindernissen, der wirksames Handeln für eine erfolgreiche Klimarettung quasi unmöglich macht.

Ich glaube, dass wir (meine Familie) unseren Fussabdruck in den letzten Jahre um einige Schuhgrößen verringert haben, durch andere Lebensgewohnheiten, andere Ernährungsgewohnheiten, durch gesenkten Energieverbrauch.... aber irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem ich sage "wieso eigentlich nur ich? was denn noch?"

Nur mal so ein persönliches Beispiel.... ich bin alt... habe also eine zeitlich eher sehr begrenzte Prognose... und ich fahre nen bösen Euro-4-Diesel-Panzer.... einen dieser vermaledeiten SUVs mit viel PS. Aber... hier am Heimatort tanke ich einmal alle 3-4 Monate, ich mache hier stattdessen alles mit dem Rad. Mal eben 3 Schrauben im Baumarkt, 14 km hin und zurück.... natürlich mit dem Rad. Fleisch? Heute nur noch nebensächliche Beilage. Stromkosten? Aufgrund von Spar-Investitionen über 10 Jahre fast konstante Kosten, trotz rapider Strom-Preis-Erhöhungen. Heizung und Isolation wurden im letzten Jahr im Rahmen unserer Möglichkeiten mit deutlichen Investitionen modernisiert, mit gravierender Senkung im Energieverbrauch für Heizung und warmes Wasser. Warum brauch ich überhaupt so einen Panzer? Weil ich im früheren Leben mal Zigeuner war und ich heute mit Leib und Seele Camper bin. Darauf soll ich jetzt verzichten, die letzen Jahre, die ich mit Caravan noch reisen kann? Das ganze Leben für 2 malochen und dann am Ende eingesperrt werden? Nee!

Jeden Tag -als ich noch im Job war- sah ich die Handwerker-Sprinter auf der A31... morgens aus dem Münsterland in die Ruhrpott-Grossstädte, abends zurück, in Summe zigtausende Kilometer jeden Tag mit immensen Schadstoff-Emissionen dieser Fahrzeuge. Warum arbeiten die nicht in der eigenen Region? Wieso karren wir Lebensmittel über unzählige Autobahn-Kilomenter mit LKWs zur Verarbeitung von A nach B, um sie anschliessend wieder nach A zu bringen? Die Pötte auf unserem Wesel-Datteln-Kanal hau'n täglich einen Dreck raus, an den mein SUV über Jahre nicht drankommt.... ich seh's jeden Tag auf meinem Spaziergang mit meinem Hund. Der Stromverbrauch der Industrie, der von dort verursachte Dreck, der Raubbau an Rohstoffen auf unserem Planeten, die Wegwerf-Mentalität der Menschen, geplante und festeingebaute Obsoleszenz bei den Elektro-Konsumgütern ... der von uns finanzierte Mord der Menschen in Afrika und Arabien ... die bekloppte AKK, die einen Flugzeugträger haben will ... die EU, die die Briten quasi wirtschaftlich kaputt machen wollen, um einen funktionieren Brexit zu verhindern, eben damit kein Präzedenzfall geschaffen wird ... und das vor dem Hintergrund, dass der US-Clown den Briten kurzerhand ein Freihandelsabkommen anbietet.... was die gloreichen EVPs zwischen EU und GB natürlich anscheinend verhindern wollen.... 1,8 Billionen Dollar (18.000.000.000.000) für weltweite Rüstungsausgaben im Jahr 2018 um Menschen zu ermorden.... Deutschland mit 50 Milliarden Euro liegt dabei an weltweit 8.Stelle. Man muss sich nur mal vorstellen, was 1,8 Billionen Euro für die Produktion von Mordwerkzeug für eine Klimabelastung erzeugen, oder was andersrum damit für Klimaschutzziele getan werden könnte. All diese zusammenhanglos aufgezählten Stichworte zeigen, wie pervers die von Menschen gemachte Realität in Wirklichkeit ist.

Und ich soll jetzt auf meinen Caravan und noch ein paar wenige Jahre Reisen verzichen? Scheissdrauf..... :twisted: .... wenn Du wirklich was ändern willst, dann schaff dieses von Lobbyismus korrumpierte und antidemokratische Politik-Parteien-System ab und ersetze es durch eine Parlaments-Demokratie, die auch wirklich dem Anspruch "demokratisch" gerecht wird. Also sowas wie: nur Direkt-Wahl ins Parlament, keine Fraktionsbildung, keine Koalitionen, geheime Abstimmungen, einfache Mehrheiten gewinnen, keine Berufspolitiker, keine lebenslangen Amtszeiten, keine privat gepflegten Netzwerke (Vetternwirtschaft), kein Lobbyismus, keine Korruption ... schaff die EVP-Parteien ab, die nachweislich die europäischen Nationen in den letzten 15 Jahren deutlich entzweit haben und die für haufenweise antidemokratisches Handeln gegen Land und Menschen verantwortlich sind.

Ich finds scheisse, den kleinen Leuten die Moral-Keule zu zeigen und sie als ignorante Idioten und Umweltsünder hinzustellen, die an allem Schuld sind, weil sich nix ändert" .... fang jedenfalls nicht bei mir an, sondern da, wo der große Dreck produziert wird.

jm2c


(*) Kontiguität beschreibt in der Verhaltensbiologie das zeitlich kongruente oder räumliche Aufeinandertreffen von Ursache und Wirkung, also von Reiz und Reaktion.

KP97
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von KP97 » 03.06.2019 17:21:37

Thomas, tausendmal plus eins....

guennid

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von guennid » 03.06.2019 17:26:31

Ich setz' 1001* (-1) dagegen. :wink:

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