Lesetipp: "Losing Earth"

Smalltalk
cronoik
Beiträge: 2049
Registriert: 18.03.2012 21:13:42
Lizenz eigener Beiträge: GNU Free Documentation License

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von cronoik » 04.06.2019 11:54:39

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Meine Zweifel beziehen sich nur auf die sozialverträglichkeit des EEG. Bzgl. des Ausbausschubs, der dadurch ausgelöst wurde
gibt es bei mir keine Zweifel. Nach einem schleppenden Anfang hatten wir dann 2010/2011/2012 Zuwächse von 7 GW
installierter Leistung pro jahr.in der PV.
Daran habe ich auch keine Zweifel. Meine Zweifel beziehen sich auf das eigentliche Ziel, naemlich die Verringerung des CO2-Ausstosses. Wo ist diese Verringerung wenn wir doch soviel investiert haben? Ich sehe in der obigen Grafik nicht. Weshalb ich zu dem Schluss komme, dass viel Geld ausgegeben wurde ohne das tatsaechlich etwas in Bezug auf den CO2-Ausstosses passiert ist. Mit diesem Geld haette an anderer Stelle deutlich mehr in Bezug auf den CO2-Ausstoss erreicht werden koennen.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Gleichbleibende Grundlast ist jetzt nicht das Verbrauchsprofil, das wir in Deutschland haben. Der Tagesverbrauch folgt ähnlichen(aber bei weitem nicht deckungsgleichen) Zyklen, wie die Erzeugungsmengen der Photovoltaik.
Das ist auch nicht die Definition der Grundlast. Die Grundlast bezeichnet die Strommenge die innerhalb eines Zeitraums (meistens innerhalb eines Tages) mindestens benoetigt wird um den Verbrauch abzudecken. Das ist genau der kritische Punkt an dem Wind- und Solarenergie momentan scheitern. Wir muessen Windkraftanlagen abschalten und bezahlen Nachbarstaaten fuer die Abnahme unseres Stroms wenn ein starkes Lueftchen weht.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Ja, Stromspeicher sind wichtig. Vor allem im Hinblick auf Elektroautos, die ja in Zukunft kommen und wohl vorwiegend Nachts geladen werden.
Doch die gibt es auch. Das vorher erwähnte Bordesholm und weitere sind erste Anlagen, die hier gebaut werden
Ich bin kein Experte, aber Batterien halte ich fuer ungeeignet als Stromspeicher um beispielsweise die Erzeugungsspitzen eines Sommertages in den Winter zu tragen. Zum einen wachsen die Batterien nicht nachhaltig auf irgendwelchen Wiesen. Die Rohstoffe muessen gefoerdert werden und die Produktion ist sehr energieaufwendig. Du hast vielleicht schon von ersten Klagen aus der Autoindustrie ueber die Probleme der Versorgungssicherheit gehoert, wie sollen genug Batterien fuer eine Stadt wie Frankfurt erzeugt werden?
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Die Kombination der RE-Anlage in Haßfurt vereint einen Windpark und eine Power2GAS-Anlage sowie weitere Effizienzsteigerung durch KWK(Kraft-Wärme-Kopplung). Hier eine Präsentation mit Detailinformationen zum Projekt, was auch ökonomisch mit schwarzen Zahlen arbeitet.
Power2GAS koennte wohl wirklich eine Alternative sein, aber hierfuer muss mehr geforscht werden. Statt also weitere Solarpanele zu installieren, sollte man hier lieber investieren.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Desweiteren gibt es auch Beispiele für Großspeicherung, wie z. B. Teslas Superbatterie in Australien:
Diese Batterie gleicht aber auch nur kurzfristige Schwankungen aus.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Nachtrag Mittlerweile gibt es auch für Haus-PV-Anlagen Stromspeicher als Standardprodukte, die eine Tageslast aufnehmen können und so die in Sonnenzeiten erzeugte Energie zwischenspeichern und so in Masse auch die Situation bei der Anforderung der Strommengen entspannen.
Das ist nett, aber laesst sich dies in Bezug auf die benoetigten Ressourcen auch auf alle Haushalte in Deutschland ausrollen? Was ist mit den Hochhaeusern? Von meinem jetzigen Kenntnisstand aus, wuerde ich beide Fragen verneinen.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Wer sich detailliert über Umsetzungspläne von 100% erneuerbarer Energie in Europa interessiert möge sich in der Studie der Energy Watch Group umfassend informieren;

http://energywatchgroup.org/neue-studie ... anz-europa
Vielleicht habe ich es ueberlesen, aber die Studie setzt sich meiner Auffassung nach nicht mit den Problemen der Batteriespeicher ausseinander (Ressourcenkonflikte...).
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
Meine Absicht ist hier nicht alles aufzuzählen, was derzeit technisch möglich und auch schon in Umsetzung ist. Meine Absicht ist: Schaut hin, das es möglich ist. Wir müssen weg aus der fossilen Energieerzeugung und es ist absolut möglich. Es sind auch technische Herausforderungen, aber die sind lösbar bzw. dafür sind bereits technische Lösungen da.
Versteh meine Beitraege bitte nicht falsch, aber nicht alles was irgendwie oekologisch/nachhaltig klingt ist es auch. Ein Elektro-SUV ist fuer mich kein Beitrag zum Umweltschutz (der eigentlich Selbstschutz heissen muesste). Ich gehoere eher zur Fraktion die eine starke Einschraenkung des Konsumverhaltens und damit einhergehend ein geaendertes Gesellschaftsmodell als moegliche Loesung sehen. Ein blinder Zubau von Solar- und Windenergie ohne entsprechende Speichertechnologien und auch ohne eine Betrachtung der Frage inwieweit alle Bestandteil der Energieerzeugung auch in der eigenen Erzeugung moeglichst nachhaltig sind, halte ich damit unvereinbar. Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
Hilf mit unser Wiki zu verbessern!

Benutzeravatar
heisenberg
Beiträge: 3526
Registriert: 04.06.2015 01:17:27
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 04.06.2019 12:04:22

hikaru hat geschrieben:Es reicht nicht aus, dass sich viele einzelne Menschen der Klimabewegung anschließen. Es fehlt hier ein "emergenter Funke", der aus den vielen Einzelakteuren ein Ganzes macht. Damit meine ich nicht das kuschelige Gefühl, gemeinsam auf einer Demo Schilder zu schwenken, sondern ein breites gesellschaftliches Umdenken.
Was ist der Sinn von Schilder schwenken?

Es baut Handlungsdruck auf die Politik auf. Es bringt das Thema weiter in die Öffentliche Aufmerksamkeit. Das sind beides wichtige Themen, beides noch viel zu wenig. Da muss noch viel mehr kommen.

Weiterhin wichtig ist es, nicht in seinem Denksumpf alleine zu bleiben, sondern sich mit anderen Gleichgesinnten zusammen zu schließen, zu schauen, was machbar ist und das anzugehen. Aus der Situation heraus können sich z. B. Projekte auf kommunaler Ebene ergeben, vor allem auch wenn die Verantwortlichen merken, wie stark die Forderung und der Rückhalt aus der Bevölkerung ist.

Mit der zunehmenden Verbreitung von Lösungen wird es immer schwieriger auf nationaler und internationaler Ebene Scheinargumentation im Sinne von "ist nicht möglich" oder "zu teuer" aufrecht zu erhalten.
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

Benutzeravatar
heisenberg
Beiträge: 3526
Registriert: 04.06.2015 01:17:27
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 04.06.2019 12:49:49

cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 11:54:39
Meine Zweifel beziehen sich auf das eigentliche Ziel, naemlich die Verringerung des CO2-Ausstosses. Wo ist diese Verringerung wenn wir doch soviel investiert haben? Ich sehe in der obigen Grafik nicht. Weshalb ich zu dem Schluss komme, dass viel Geld ausgegeben wurde ohne das tatsaechlich etwas in Bezug auf den CO2-Ausstosses passiert ist. Mit diesem Geld haette an anderer Stelle deutlich mehr in Bezug auf den CO2-Ausstoss erreicht werden koennen.
Wo siehst Du die grössten CO2-Einsparpotentiale?
Das ist genau der kritische Punkt an dem Wind- und Solarenergie momentan scheitern. Wir muessen Windkraftanlagen abschalten und bezahlen Nachbarstaaten fuer die Abnahme unseres Stroms wenn ein starkes Lueftchen weht.
Das sehe ich nicht als Problem, sondern als Chance hier Kapazitäten für Power2Gas(u. a.) aufzubauen. Damit muss man den ja dann nicht nur nicht bezahlen, sondern bekommt mit einem gewissen Verlust den Strom später wieder. Mit KWK dann mit entsprechend höherem Wirkungsgrad.
Ich bin kein Experte, aber Batterien halte ich fuer ungeeignet als Stromspeicher um beispielsweise die Erzeugungsspitzen eines Sommertages in den Winter zu tragen.
Ist es nicht. Batterien sind zur kurzfristigen Regulierung(innerhalb eines Tages oder mehrerer Tage). Das ist zum Schwankungsausgleich von Erneuerbaren besonders hilfreich. Langfristige Stromspeicher sind das nicht. Da gibt's andere Lösungen. Gasdruckspeicherkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke, P2G.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 09:49:20
...Haus-PV-Anlagen Stromspeicher als Standardprodukte...
Das ist nett, aber laesst sich dies in Bezug auf die benoetigten Ressourcen auch auf alle Haushalte in Deutschland ausrollen? Was ist mit den Hochhaeusern? Von meinem jetzigen Kenntnisstand aus, wuerde ich beide Fragen verneinen.
Das EEG hatte hier den Weg beschritten, finanzielle Anreize zu schaffen. Man hat gesehen, wie gut dieses Modell funktioniert. Es gibt Vorschläge(von Hans-Josef Fell, habe gerade keinen Link parat) dazu, eine entsprechende Förderung so zu gestalten, die nur dann greift, wenn z. B. eine Anlage(Verbraucher+Erzeuger) 100% autark ist, bzw. 100% konstant über das ganze Jahr Strom einspeist. Das setzt irgend eine Art von Energiespeicher voraus. Welche der vorhandenen Technologien zum Einsatz kommt, dass bleibt dem Betreiber selbst überlassen.

---

Der Speicherbereich ist durchaus noch einer der Forschungsbereiche, wo ich vermute, dass sehr viel zu tun ist. Auch gerade bei Batterierecycling ist wohl noch einiges zu tun. Das will ich mal nicht klein reden. Nicht dass da eine grosse Sauerei mit viel weggeworfenen Rohstoffen entsteht. Ich denke auch, dass wir uns das nicht leisten können, bzw. dann in Engpässe kommen, wenn ein Recycling nicht zügig entwickelt wird.
Zuletzt geändert von heisenberg am 04.06.2019 15:45:10, insgesamt 4-mal geändert.
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 04.06.2019 12:50:59

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 12:04:22
Was ist der Sinn von Schilder schwenken?
Es baut Handlungsdruck auf die Politik auf. Es bringt das Thema weiter in die Öffentliche Aufmerksamkeit. Das sind beides wichtige Themen, beides noch viel zu wenig. Da muss noch viel mehr kommen.
Ich glaube nicht, dass Schilder was bewirken werden..... deshalb nicht, weil es nicht gelingen wird, eine entsprechend grosse Menge an Schildern an einem Platz zu einer Zeit zu mobilisieren. Es sind immer nur viele kleine Einzelaktionen auf viele Orte verteilt, zu unterschiedlichen Zeiten und damit in schlimmsten Maße fragmentiert ... womit solche lokalen Aktionen auch immer nur als lokales Fragment in die Wahrnehmung der Menschen gelangen. Mit den obligatorischen Randnotizen der zur politischen Neutralität selbstverpflichteten Medien auf Seite 3 bekommen sie darüberhinaus auch nur eine vorübergehende Nebensachen-Aufmerksamkeit. Wirkung gelingt also nur durch Wiederholrate, aber genau da befürchte ich, dass das scheitern wird und das die heutigen Entscheider sich einfach auf den Umstand "Motivationsermüdung durch Ignoranz" verlassen können....

Ich glaube, es braucht viel mehr solcher Rezo-Videos, die nachhaltig eine breite Masse erreichen müssen, die die riesigen Lücken in der normalen Berichterstattung mit den derzeit von den Medien verschwiegenen Wahrheiten schließen, und zwar ohne eine fade Neutralitäts-Stillschweige-Verpflichtung, die das antidemokratische Handeln der aktuellen Regierungsorganisationen in aller Deutlichkeit aufzeigen, die zeigen wie seit einem Jahrzehnt kontinuierlich demokratische Grundrechte demontiert werden. Und die schonungslos unsere Beteiligung an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Staaten der Welt zeigen, die wir im Rahmen einer quasi Neokolonialisierung mit unseren Werten zwangsweise beglücken wollen.

Wie brauchen keine Schilder, wir müssen die Menschen über das Internet mobilisieren, um die abzulösen, die für all das verantwortlich sind.... und zwar bevor sie auf die AKK-Idee zurückkommen und die Meinungsfreiheit doch noch ultimativ regeln und den Menschen damit alle Möglichkeiten nehmen, Veränderungen herbeizuführen. Ich bin nur ein alter Sack, aber ich glaube, um wirklich was zu ändern, muss die junge Generation das einzige Werkzeug nutzen, was sie perfekt beherrschen und in dessen Bedienung sie im Augenblick allen überlegen sind... und das ist das Internet. Ich glaube, das wirkt viel mehr, als Schilder... denn Schilder sind nur ein Aufschrei, Schlagworte.... aber die überzeugenden und wirklich notwendigen Hintergrund-Informationen, die einen selber zu einem Umdenken motiveren, enthalten sie nicht. Rezo hat diese Infos geliefert.... und binnen 3 Wochen 14 Millionen Menschen erreicht... das hat die Wirkung, die es für Veränderungen braucht.

Du sagst es selber, die Politk ist derzeit kein Verbündeter, sondern viel mehr Gegner... man kann mit denen nicht reden... die müssen deshalb einfach aus der Entscheidungsbefugnis herausgenommen werden.... konsequent abwählen, solange wir das noch können.... dazu braucht es informierte Wähler... keine Wähler, die durch die Mainstream-Medien tiefenindoktriniert sind. Nur Schilder allein informieren m.M.n aber viel zu wenig.

jm2c

inne
Beiträge: 3281
Registriert: 29.06.2013 17:32:10
Lizenz eigener Beiträge: GNU General Public License
Kontaktdaten:

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von inne » 05.06.2019 20:09:21

Ich will hier mal auch etwas loswerden was ich Heute gelesen habe:
https://www.klimareporter.de/erdsystem/der-unheimliche-anstieg-der-methan-konzentration hat geschrieben: "Wir wissen nicht, ob der Anstieg beim Methan durch höhere Methanemissionen oder durch weniger Methan-Abbau verursacht wird oder durch beides", fasst Nisbet das Dilemma zusammen. "Was auch immer die Ursache ist, es sieht so aus, als ob die Erwärmung die Erwärmung antreibt."

Das heißt, die steigenden globalen Temperaturen haben möglicherweise schon Prozesse in Gang gesetzt, die den Klimawandel weiter befeuern.
Damit ist wohl ein Scheitelpunkt erreicht?

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 05.06.2019 20:28:12

https://www.klimareporter.de/erdsystem/der-unheimliche-anstieg-der-methan-konzentration hat geschrieben: "Wir wissen nicht, ob der Anstieg beim Methan durch höhere Methanemissionen oder durch weniger Methan-Abbau verursacht wird oder durch beides", fasst Nisbet das Dilemma zusammen. "Was auch immer die Ursache ist, es sieht so aus, als ob die Erwärmung die Erwärmung antreibt."
Zur Klarstellung:
Mit "Abbau" sind hier natürliche Prozesse gemeint, die in der Atmosphäre befindliches Methan aus ihr entfernen, kein "Abbau" von Methan(hydrat) durch menschlichen "Bergbau" o.ä. aus gebundenen Lagerstätten.
Das hatte ich zunächst ohne den Kontext des Artikels missverstanden und mich darüber gewundert, weil mir die Kausalität widersinnig erschien.

inne hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
05.06.2019 20:09:21
Damit ist wohl ein Scheitelpunkt erreicht?
Das wäre möglich, würde ich so aus dem Artikel aber noch nicht schlussfolgern. Dazu ist er zu vage.
In wissenschaftlichen Publikationen wären das übrigens die ewähnten "Kipppunkte" ("tipping points").

cronoik
Beiträge: 2049
Registriert: 18.03.2012 21:13:42
Lizenz eigener Beiträge: GNU Free Documentation License

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von cronoik » 05.06.2019 21:22:50

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.06.2019 12:49:49
Wo siehst Du die grössten CO2-Einsparpotentiale?
Das ist eine schwierige und interessante Frage. Bei meiner Antwort lasse ich mal Prioritaeten, Haertefaelle und moegliche Alternativen ausser Acht, weil eine 'richtige' Ausarbeitung entsprechend Zeit benoetigen wuerde und ich mich selbst auch nicht fuer clever genug halte. Die Liste bezieht sich demnach auf Felder in denen, meiner Auffassung nach, etwas getan werden muss und bezieht sich auf cronoiks Fantasieland (Ihr muesst hier nicht wohnen, also lasst uns nur darueber diskutieren ob es etwas bringt und nicht darueber unter welchen Umstaenden sich dadurch jemand unterdrueckt fuehlt). Vollstaendig ist die Liste auch nicht und ich beziehe mich nicht nur auf CO2 sondern auf Treibhausgase allgemein.
  • Die Rinderhaltung muss deutlich reduziert (/verboten?) aufgrund des Methanausstosses der Tiere
  • Flugreisen muessen verboten werden (fuer den Warenverkehr halte ich Ausnahmen fuer denkbar. fuer den Tourismus nicht)
  • Autos sollten grundsaetzlich mit mindestens 2 Personen besetzt sein (dadurch verringert sich die Gesamtanzahl der benoetigten Fahrzeuge und somit der zugehoerigen Industrie). Noch besser waere ein vollstaendige Umstellung auf den OePNV.
  • Des Weiteren muss es einen irgendwie gearteten Technologietransfer zu den weniger entwickelten Laendern geben, da es sich dieser Planet nicht leisten kann dass diese alle unsere Entwicklungsstufen erneut durchlaufen und wir ihnen auch die Entwicklung nicht verwehren koennen.
  • Abschaffung jeglicher Kriegsgeraete. So schwer es manchen fallen wird, aber man wird sich einfach mal vertragen muessen.
  • Ein anderes Wertemodell fuer die Gesellschaft.
Hilf mit unser Wiki zu verbessern!

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 05.06.2019 22:18:06

Ich habe nur einen Punkt, der mir nicht gefällt.....
cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
05.06.2019 21:22:50
[*]Die Rinderhaltung muss deutlich reduziert (/verboten?) aufgrund des Methanausstosses der Tiere
... ich wills zwar nicht vollständig verbieten, aber ich würde den Satz trotzdem etwas rigoroser umformulieren:
Die geschäftsmäßige Tierhaltung mit dem wirtschaftlich motivierten Ziel 'billige Fleischproduktion' muss pauschal um 90% reduziert werden. Das umfasst Tiere im allgemeinen, also Rinder, Schweine, Geflügel, Fische und Meeressäugetiere und stellt bei der verbleibenden Tierhaltung das tierlich-subjektive Interesse an ein angst und -leidensfreies Leben in den Vordergrund. Das bedeutet, die derzeit profit-orientierte Definition von 'artgerechter Haltung' muss gleichzeitig beendet werden. Ich glaube, das beinhaltet bestimmt sogar eine noch weitere Verringerung des Methanausstosses.

jm2c

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 06.06.2019 10:05:24

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
05.06.2019 22:18:06
Die geschäftsmäßige Tierhaltung mit dem wirtschaftlich motivierten Ziel 'billige Fleischproduktion' muss pauschal um 90% reduziert werden.
[..]
Meeressäugetiere
Rein Interessehalber:
Wer hält denn welche Meeressäuger im geschäftsmäßigen Maßstab im Sinne von 'billige Fleischproduktion'?

cronoik
Beiträge: 2049
Registriert: 18.03.2012 21:13:42
Lizenz eigener Beiträge: GNU Free Documentation License

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von cronoik » 06.06.2019 11:06:11

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
06.06.2019 10:05:24
Rein Interessehalber:
Wer hält denn welche Meeressäuger im geschäftsmäßigen Maßstab im Sinne von 'billige Fleischproduktion'?
Marine Harvest (oder jetzt Mowi) haelt ein paar Lachse.
Hilf mit unser Wiki zu verbessern!

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 06.06.2019 11:22:48

cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
06.06.2019 11:06:11
Marine Harvest (oder jetzt Mowi) haelt ein paar Lachse.
Ich war in Biologie ein recht guter Schüler, und ich meine mich zu erinnern, dass Lachse keine Säuger sind. ;)

cronoik
Beiträge: 2049
Registriert: 18.03.2012 21:13:42
Lizenz eigener Beiträge: GNU Free Documentation License

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von cronoik » 06.06.2019 11:43:14

Das ist eine ganz neue Art die die da zuechten, damit der Lachs frischer beim Kunden ankommt.
Hast natuerlich recht. Ich hatte nur 'Meer' gelesen und war dann ganz euphorisch, dass ich hier auch mal eine Frage beantworten kann. Ich vermute aber, dass es eine Maeeressaeugerzucht zum Verzehr nicht gibt. Die Tiere sind anspruchsvoll und der Zugang zur Farm bei Ozeanhaltung ist fuer uns erschwert, fuer Fressfeinde allerdings nicht. Der bisherige Bedarf wurde wahrscheinlich aus den natuerlichen Quellen gedeckt.
Hilf mit unser Wiki zu verbessern!

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 06.06.2019 14:20:33

Ach du lieber Himmel.... 8O ... als wenn man das jetzt wirklich auf die Goldwaage legen muss.... das geht doch nur, wenn man meine Intention grundsätzlich in Frage stellen will, weil man den profit-orientierten Massenmord an Tieren für in Ordnung hält.

Natürlich werden Meeressäuger nicht im klassischen Sinne gehalten... aber davon völlig unberührt ist es dennoch industrieller Massenmord an Walen, Delphine, etc. der auf den Weltmeeren begangen wird. Ist es wirklich wichtig wo der Mord stattfindet? Mir nicht! Ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass der Schmerz der großen Wale bei ihrer Ermordung im Vergleich zu Rindern, Schweine, etc. nicht deshalb anders ist, nur weils im Meer keine Mauern gibt. Und was die See-Haltung angeht, muss man sich nur mal die großen Seefarmen in Norwegen (Lachs?) ansehen, in denen ganz nebenbei auch noch Krankheiten gezüchtet werden.

Mir geht's nicht nur um Haltungsbedingungen, sondern primär um den industriellen Massenmord an Tieren, egal wo der stattfindet. Man muss sich nur mal ins schreddern "hineindenken", um zu merken, wie pervers Menschen sein können. Hört der Massenmord auf, erledigt sich das Thema Haltung von alleine. Und wenn die ganze Tötungsindustrie wegfällt, entfällt auch die von dort verursachte Klimabelastung.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 06.06.2019 14:30:25

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
06.06.2019 14:20:33
Ach du lieber Himmel.... 8O ... als wenn man das jetzt wirklich auf die Goldwaage legen muss.... das geht doch nur, wenn man meine Intention grundsätzlich in Frage stellen will, weil man den profit-orientierten Massenmord an Tieren für in Ordnung hält.
Immer schön ruhg bleiben! ;)

Ich fragte ja ...
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
06.06.2019 10:05:24
Rein Interessehalber:
TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
06.06.2019 14:20:33
Natürlich werden Meeressäuger nicht im klassischen Sinne gehalten...
... weil das auch mein Wissensstand ist.
Aber mir hätte ja was entgangen sein können.

Benutzeravatar
novalix
Beiträge: 1909
Registriert: 05.10.2005 12:32:57
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz
Wohnort: elberfeld

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von novalix » 06.06.2019 15:14:35

cronoik hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
05.06.2019 21:22:50
Des Weiteren muss es einen irgendwie gearteten Technologietransfer zu den weniger entwickelten Laendern geben, da es sich dieser Planet nicht leisten kann dass diese alle unsere Entwicklungsstufen erneut durchlaufen und wir ihnen auch die Entwicklung nicht verwehren koennen.
Ich verstehe, was Du meinst, möchte aber trotzdem an dieser Stelle noch mal einhaken.
iggy and The Stooges - Search and Destroy hat geschrieben:Look out honey, 'cause i 'm using technology
Die Begriffe "Technologie" und "Entwicklung" (hier vor allem "Entwicklungsstufe") sind eng verknüpft mit der Vorstellung von "Fortschritt" im Sinne einer linearen Entwicklung hin zum Besseren, zum Guten und in letzter Konsequenz zur "Erlösung".
Das ist ein höchst ambivalenter Schlamassel, der mitunter eher als Teil des Problems beschrieben werden muss.

In den letzten Jahren haben wir - wieder einmal - eine Form der Fortschrittsgläubigkeit bewundern dürfen, die ohne jeden Zweifel mehr religiösen als aufklärerischen Charakter trägt.
Die amerikanische Sesame Street hat es auf den Punkt gebracht:
There 's an App for that!
Wir werden aber die Herausforderungen unseres Lebens nicht (alleine) mit Technologie lösen können, vor allen Dingen dann nicht, wenn die Verantwortung für deren Gebrauch so einfach wegdiffundiert wird.
@hikaru hat schon darauf hingewiesen, dass selbst technologisch vergleichweise unterbemittelte Kulturen enorme, nachhaltige Veränderungen bewirkt haben.
Hätten Griechen und Römer mehr zur Verfügung gehabt als Muskelkraft, Säge und Axt, säßen wir jetzt wohl nicht hier und befüllten die Cloud mit unseren Erkenntnissen. Der ganze Kontinent wäre platt gemacht worden.

Das soll jetzt kein Aufruf Zurück-zur-Natur sein, erst recht nicht im Sinne einer völkischen Blut-und-Boden Utopie, aber wir täten gut daran den Wissenstransfer weniger einseitig zu begreifen und auch mal hin zu schauen, was wir, die wir so weit "vorne" sind, von denen hinten dran[*] lernen können.

[*] Hinten dran sind ja auch unsere Vorfahren. Aber die Römer haben z.B. Bautechniken verwendet, die dem heutigen Gebrauch meilenweit überlegen waren. Hätten die damals ihre Aquädukte mit heutigen Techniken gebaut, wir wüssten rein gar nichts davon, weil nichts mehr davon übrig wäre. Btw, was heißt "Nachhaltigkeit" auf Latein?
Das Wem, Wieviel, Wann, Wozu und Wie zu bestimmen ist aber nicht jedermannns Sache und ist nicht leicht.
Darum ist das Richtige selten, lobenswert und schön.

54651651
Beiträge: 1
Registriert: 05.06.2019 14:32:31

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von 54651651 » 06.06.2019 15:22:51

Hi zusammen,

kennt jemand Artikel, Bücher, Dokumentation, welche schildern wie circa Völkerwanderungen aussehen können und welche Orte bewohnbar bleiben und welche nicht - und in welchem Zeitraum das ganze circa von statten gehen soll? Für mich ist das einer der Knackpunkte. Ich denke ein 40 Stunden Job macht wenig Sinn, wenn in 10 Jahren ein Kollaps bevorsteht oder das man für welche Dinge auch immer Geld auf die Seite legt. Sparen wäre hinfällig wenn das Klima dagegen spricht.

Ich weiß viele „was wäre wenn“ und keiner wird eine Glaskugel zuhause haben – aber wie gesagt, meine Vermutung ist, dass es dazu schon qualitiv hochwertige Informationen gibt, diese aber für den Laien schwer zu finden und zu identifizieren sind. Als Begründung sehe ich, dass der Staat nicht daran interessiert ist die Masse zu warnen/informieren, sondern das Thema in den Massenmedien rein zu wirtschaftlichen und machtbringenden Zwecken missbraucht

Liebe Grüße, freue mich über jede Antwort ;)

PS: Es muss jetzt keine Literatur Empfehlung sein - gerne auch eigene Meinungen dazu aber Quellenangaben wären für jeden Leser sicher hilfreich :)

Benutzeravatar
heisenberg
Beiträge: 3526
Registriert: 04.06.2015 01:17:27
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 12.06.2019 12:23:46

Rhein-Hunsrück-Kreis - Heimat der Energiewende-Vormacher

100% Erneuerbare Energien geht auch in Deutschland trotz Politik engagierten Bürgen und Entscheidern. Ein Erfahrungsbericht als Youtube-Film. Nachhaltig. Stärkung der regionalen Wirtschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort. Finanzieller Erfolg(Ortschaft Mörsdorf: Der Haushalt hat sich durch die Einnahmen aus der Verpachtung der Flächen an die Windkraftanlagenbetreiber verdreifacht). Eine Atmosphäre der Begeisterung und des Engagements. Unabhängigkeit von Abhängigkeit externer (fossiler) Energieträger.

https://www.youtube.com/watch?v=DPTsBEFrTo8

Aus der Beschreibung: Der Landkreis Rhein-Hunsrück-Kreis(100.000 Einwohner) ist deutschlandweit einer der ersten Null-Emissions-Landkreise“ und produziert allein 300 Prozent Strom aus Wind, Sonne und Biomasse, gemessen an seinem Gesamtverbrauch.
Kaiser Wilhelm II. hat geschrieben:Das Automobil ist eine vorübergehende Entscheidung. Ich glaube an das Pferd.
Wie entscheidet Ihr?
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 12.06.2019 13:48:16

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
12.06.2019 12:23:46
Rhein-Hunsrück-Kreis - Heimat der Energiewende-Vormacher

100% Erneuerbare Energien geht auch in Deutschland trotz Politik engagierten Bürgen und Entscheidern. Ein Erfahrungsbericht als Youtube-Film. Nachhaltig. Stärkung der regionalen Wirtschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort. Finanzieller Erfolg(Ortschaft Mörsdorf: Der Haushalt hat sich durch die Einnahmen aus der Verpachtung der Flächen an die Windkraftanlagenbetreiber verdreifacht). Eine Atmosphäre der Begeisterung und des Engagements. Unabhängigkeit von Abhängigkeit externer (fossiler) Energieträger.

https://www.youtube.com/watch?v=DPTsBEFrTo8
Was für ein elendes Werbegeblubber!
Die Grundlastfähigkeit erreicht das ach so grüne Konzept über einen 4MWh-Akkuspeicher ausgerechnet aus Lithium-Ionen-Akkus. Das entspricht fast einer halben Million 18650-Zellen. Die Umweltbilanz (inklusive Komplettaustausch in 5(?) Jahren) will ich gar nicht sehen.
Im Hunsrück gibt's doch massig stillgelegte Bergwerksstollen. Kann man die nicht stattdessen zu Pumpspeicherwerken umbauen?

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 12.06.2019 16:25:42

Gestern abend habe ich mir auf Arte diese 3 Reportagen angesehen, die alle durch die mehr oder weniger gleichen Protagonisten ineinander greifen. Rückwirkend bedauere ich das, weil das meine Illusion von einer besseren Welt und eine Hoffnung auf eine bessere Zukunft vollends begraben hat. Die Ideen einiger westlicher Menschen zum Pakistan-Problem der Inder hinterlassen blankes Entsetzen. Wenn das die Zukunft ist, ist das Klima-Problem wirklich nicht mehr das größte Problem.
20:15 Never Again – Amerikas Jugend gegen den Waffenwahn
21:10 Rassenkrieg in den USA? Die Ziele der Alt-Right
22:05 Undercover bei den Neuen Rechten - Mein Jahr in der Alt-Right

Huo
Beiträge: 614
Registriert: 26.11.2017 14:03:31
Wohnort: Freiburg

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von Huo » 13.06.2019 11:45:39

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
12.06.2019 16:25:42
Rückwirkend bedauere ich das, weil das meine Illusion von einer besseren Welt und eine Hoffnung auf eine bessere Zukunft vollends begraben hat. Die Ideen einiger westlicher Menschen zum Pakistan-Problem der Inder hinterlassen blankes Entsetzen. Wenn das die Zukunft ist, ist das Klima-Problem wirklich nicht mehr das größte Problem.
Friedenspolitik und Klimapolitik dürfen nicht anders als in einem engen Zusammenhang gesehen werden. Schon heute gibt es weltweit mehr Klima- als Kriegsflüchtlinge. Hier sind zwar Binnenwanderungen innerhalb von Staaten mitgezählt, doch muss damit gerechnet werden, dass viele Menschen in Zukunft gerade auch in Europa Schutz vor verheerenden Klimakatastrophen suchen werden.

Daneben birgt der Klimawandel insbesondere in Afrika und Asien ein hohes Konfliktpotential im Hinblick auf gewaltsame Auseinandersetzungen um verknappte Wasserressourcen. Umgekehrt wiederum dürfte in politisch einigermaßen stabilen Staaten die Chance größer sein, dass mit Problemen des Klimawandels effektiver umgegangen werden kann.

So gesehen engagieren sich Klimaaktivisten immer auch für den Weltfrieden. Nathaniel Rich schreibt in "Losing Earth":
Ohne ein stabiles Klima kann es keine zivilisierte Gesellschaft geben, und ohne zivilisierte Gesellschaft kein stabiles Klima. Wer für die Bewahrung des einen kämpft, kämpft unweigerlich auch für das andere. (Zitiert nach der deutschen Buchausgabe – Rich, Nathaniel: Losing Earth. Rowohlt Berlin, 2019. S. 226)
Es ist nur konsequent, wenn der dieser Tage erschienene aktuelle Global Peace Index 2019 (pdf) ein eigenes Kapitel über die Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Frieden enthält.

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 13.06.2019 12:08:20

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.06.2019 11:45:39
Friedenspolitik und Klimapolitik dürfen nicht anders als in einem engen Zusammenhang gesehen werden.
Wenn 100.000.000 (100 Milionen) Opfer nach einem Einsatz von Atom-Waffen als Mittel zur Problemlösung bei der Verfolgung einer Rassenideologie im Kreise der Protagonisten eine akzeptable Größe sind, mach ich mir über das Klima jedenfalls keine weiteren Gedanken mehr.... weil es keine Aktion ohne Reaktion gibt ... und weil eine solche Ideologie im Anschluß vor gar nichts halt macht. Wenn mit solchen brachialen Mitteln und kruden Theorien als Begründung Migration oder gar Klimaflüchtlinge vielleicht sogar direkt an der "Quelle" verhindert werden sollen, dann ist eine Steigerung nach den 100.000.000 Millionen Opfern nur noch eine weitere Zahl.

Diese Reportagen haben meinen Glauben an die Menschlichkeit im Menschen zu einem guten Teil zertrümmert.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 13.06.2019 13:28:07

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
12.06.2019 16:25:42
Rückwirkend bedauere ich das, weil das meine Illusion von einer besseren Welt und eine Hoffnung auf eine bessere Zukunft vollends begraben hat.
Du bedauerst, dass du deine Umwelt nun realistischer betrachtest? :?
Ich verstehe, dass der Verlust des diffusen kuscheligen Gefühls, das du bisher gehabt haben magst, schmerzt. Aber das stand ja wohl nie auf einem soliden Fundament, wie du nun weißt*. Ist es da nicht besser, die Realität (auch in ihrer Hässlichkeit) klar zu sehen, statt sie durch die rosarote Brille deines Wunschdenkens zu betrachten?
TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.06.2019 12:08:20
Diese Reportagen haben meinen Glauben an die Menschlichkeit im Menschen zu einem guten Teil zertrümmert.
Die Menschen sind nach deiner "Erkenntnis" nicht weniger menschlich als zuvor. Das geht prinzipbedingt nicht, denn dass Menschen menschlich sind ist eine Taulologie.
Was sich geändert hat ist deine Sichtweise auf das, was menschlich ist. Dazu gehören neben den schönen Dingen, die du bisher damit verbunden hast eben auch nicht so schöne Eigenschaften.

Bedaure nicht den Verlust der Illusion, sondern begrüße den Gewinn der Erkenntnis! Und dann nutze dein neues Wissen zu deinem Vorteil, indem du z.B. gezielt nach Menschen suchst, die in deinen Augen überwiegend positive Eigenschaften haben!
Dazu wirst du nicht weit schauen müssen, denn du wirst in deinem Umfeld auch jetzt schon hauptsächlich Menschen versammelt haben, die mehrheitlich positive Eigenschaften haben. Und weil der Prozess in beide Richtungen funktioniert, werden diese Menschen ein Interersse daran haben, dir gegenüber auch mit ihren positiven Eigenschaften aufzutreten und die Negativen hinten anzustellen.
Das Einzige was jetzt anders ist, ist dass du dir dieses Umstands bewusst bist, statt unterbewusst danach zu handeln.


*) zu wissen glaubst

Huo
Beiträge: 614
Registriert: 26.11.2017 14:03:31
Wohnort: Freiburg

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von Huo » 13.06.2019 15:42:19

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.06.2019 12:08:20
Diese Reportagen haben meinen Glauben an die Menschlichkeit im Menschen zu einem guten Teil zertrümmert.
Deine Besorgnis um den Weltfrieden verstehe und teile ich durchaus, weigere mich aber die hirnrissigen "Ideen einiger westlicher Menschen" (um Deinen Ausdruck zu gebrauchen) mehr oder weniger generalisierend auf den Zustand der gesamten Menschheit zu übertragen. Die Aktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung wurden in dieser Diskussion mehrfach als naiv bezeichnet. Gibt es aber nicht auch eine Art schwarzmalender Naivität der Pessimisten, die möglicherweise gefährlicher ist als die – zumindest erfrischende – Naivität der Schüler? Gefährlicher, weil Pessimismus leicht zum Nichtstun verleitet angesichts einer (vermeintlichen?) Vergeblichkeit jeglichen Engagements.

Schwarzmalerei ist ein zweischneidiges Schwert: Sie kann einerseits aufrütteln und zum Aktivwerden anstiften, andererseits in Resignation und Eskapismus münden. Nathaniel Riches Buch mit dem alarmistischen Titel hat, denke ich, doch wohl eher Ersteres im Sinn. Seine "Schwarzmalerei" ist in Wahrheit unverblümter Realismus. Übrigens haben Bücher mit alarmistischen Titeln derzeit anscheinend Konjunktur: Meine aktuelle Lektüre ist "Das Ende der Natur" von Susanne Dohrn, die das durch eine industrialisierte Landwirtschaft drohende und in weiten Teilen bereits erfolgte Artensterben drastisch, aber kenntnisreich und gut recherchiert vor Augen führt [*].
TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.06.2019 12:08:20
Wenn 100.000.000 (100 Milionen) Opfer nach einem Einsatz von Atom-Waffen als Mittel zur Problemlösung bei der Verfolgung einer Rassenideologie im Kreise der Protagonisten eine akzeptable Größe sind, mach ich mir über das Klima jedenfalls keine weiteren Gedanken mehr.... weil es keine Aktion ohne Reaktion gibt ... und weil eine solche Ideologie im Anschluß vor gar nichts halt macht.
Welche Bedrohung ist ernster – die des Weltfriedens oder die des Klimas? Meiner Meinung nach eine sinnlose und wenig zielführende Frage, alleine weil beide Problematiken heute letztlich untrennbar miteinander verbunden sind. Wer angesichts der sicher nicht unberechtigten Sorge vor einem Atomkrieg in Angststarre verfällt und das Thema Klimawandel als vergleichsweise unbedeutend abhakt, sollte sich konsequenterweise auch nicht mehr über "systemd pro & contra" oder "sudo vs polkit" oder die Vor- und Nachteile diverser Desktopumgebungen auslassen, als seien dies Fragen von weltbewegender Relevanz (diese Bemerkung ist, das sei sicherheitshalber betont, gegen niemanden persönlich gerichtet).

[*] Dohrn, Susanne: Das Ende der Natur. Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür. Erw. und aktual. TB-Ausg., Herder 2018

TomL

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von TomL » 13.06.2019 16:58:27

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.06.2019 15:42:19
...weigere mich aber die hirnrissigen "Ideen einiger westlicher Menschen" (um Deinen Ausdruck zu gebrauchen)
Dieser Ausdruck war nur der Annäherungsversuch an eine Umschreibung der Tatsache, dass sich weltweit eine kampfbereite Gesinnungs-Community organisiert, die weitaus mehr Sympathisanten aus dem Bürgermillieu hat, als einem klar denkendem Menschen lieb sein kann.... auch vor dem Hintergrund, dass mit der Kampfbereitschaft mittlerweile konkrete Ausbildung an Waffen einhergeht.
mehr oder weniger generalisierend auf den Zustand der gesamten Menschheit zu übertragen.
Tja, gegenüber der 'alt-reiht' hat sich anscheinend die 'alt-läft' positioniert, in kaum minderer Stärke.... in meiner Wahrnehmung mit einem gleichen Anteil an aggressiven kampfbereiten Genossen.... womit sich der Anteil gegenüberstehender Kontrahenten quasi verdoppelt. So wie hier in Deutschland die linken bei Demos auf die rechten gehetzt werden, positionieren sich die rechten weltweit gegen linke und Migranten. Wie groß wird der Anteil derer sein, die sich nicht irgendwann zur einen oder anderen Seite bekennen müssen, um nicht zwischen die beiden Mahlsteine zu geraten?
Die Aktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung wurden in dieser Diskussion mehrfach als naiv bezeichnet. Gibt es aber nicht auch eine Art schwarzmalender Naivität der Pessimisten, die möglicherweise gefährlicher ist als die – zumindest erfrischende – Naivität der Schüler? Gefährlicher, weil Pessimismus leicht zum Nichtstun verleitet angesichts einer (vermeintlichen?) Vergeblichkeit jeglichen Engagements.
Eine interessante Frage.... und wenn ich ehrlich bin, zähle ich mich heute aufgrund meines Alters und der in meiner Lebenszeit gesammelten Erfahrungen darüber, wie Menschen mit Menschen und Tieren umgehen wohl eher zu den fatalistisch eingestellten Pessimisten. Ich halte mich jdeoch nicht für naiv, sondern nur für nachhaltig durch das Leben geschult.
Schwarzmalerei ist ein zweischneidiges Schwert: Sie kann einerseits aufrütteln und zum Aktivwerden anstiften, andererseits in Resignation und Eskapismus münden.
Das mit dem Eskapismus passt wohl perfekt... ich bin alt, mir gehts gut, die verbleibende Zeit ist begrenzt, sich dahin zu flüchten bedeutet also ein imaginäres Luxusareal aufzusuchen, in dem man sich wohl fühlen kann... weil mich andererseits die Realität kontinuierlich nach unten zieht. Die Frage "Wir sind sooooo viele, die so wenige, wieso lassen wir das alles zu? Und nichts ändert sich... warum nicht?" Diese Hilflosigkeit belastet mich, die Machtlosigkeit zuzusehen, wie Planet, Mensch und Tier an allen Orten der Welt gefoltert wird.

Weil ich das Leben toll finde, Menschen aus anderen Kulturen, draußen zu sein, die Natur, verdränge ich das und verbringe meine Zeit damit, mich an den Banalitäten und nebensächlichen Erfolgen mit Debian und der Diskussion sudo vs. polkit zu erfreuen,oder an meiner Familie, meinem Hund, meinen Reisen. Die Realität alleine würde mich krank machen. Um den politischen Kampf jetzt noch aufzunehmen fehlt mir heute schlichtweg die Bereitschaft zur Konfrontation... wie heisst es doch... ?... das Alter stimmt einen milde... das trifft wohl auch auf mich zu. Ich bin nicht mehr bereit für nervenaufreibende Konflikte.

hikaru hat unrecht... ich bin sehr realistisch... aber mir persönlich geht es besser damit, wenn ich das verdränge und mich für die verbleibende kurze Zeit in meinem imaginären Heile-Welt-Refugium aufhalte. Und ich habe mit der Reportage zugelassen, dass die Frustration über den wahren Zustand wieder in den Vordergrund tritt.... das habe ich nachträglich bedauert.
Nathaniel Riches Buch mit dem alarmistischen Titel hat, denke ich, doch wohl eher Ersteres im Sinn. Seine "Schwarzmalerei" ist in Wahrheit unverblümter Realismus.

Wenn ich ein Schwarzmaler bin, dann nur hinsichtlich der fehlenden Fähigkeiten und des fehlenden Willens der wenigen mit Privilegien und Entscheidungsbefugnis und Vermögen ausgestatteten Menschen, die Welt wirklich zu verbessern.
Meiner Meinung nach eine sinnlose und wenig zielführende Frage, alleine weil beide Problematiken heute letztlich untrennbar miteinander verbunden sind.
Das sehe ich auch so... und ich mag mir halt deshalb keine Gedanken mehr darüber machen, wenn man auf jeden Fall "einen tod sterben muss", ob man mich lieber am Seil hochzieht und an der Mauer erschießt... weil beides zum gleichen Ergebnis führt :twisted:
Wer angesichts der sicher nicht unberechtigten Sorge vor einem Atomkrieg in Angststarre verfällt

Nein, so empfinde ich nicht... egal, ob der Strick oder die Kugel kommt... das Seil ist noch nicht geknüpft, die Kugel nicht gegossen... und beides -so rede ich mir das ein- passiert erst nach meiner Zeit. Tja... der Fluch des Alterns ist manchmal auch der Segen des Alterns.

Und nein, ich bin nicht depressiv, sondern eben nur fatalistisch gestimmt und mental gesteuert ein Realitätsverweigerer... und ich beschränke mich deshalb darauf, aus der kurzen mir verbleibenden Zeit die beste Zeit meines Lebens zu machen. Dem Vorwurf egoistisch zu sein, könnte ich nun natürlich nicht widersprechen.... allerdings ist daraus nicht (!) "nach mir die sintflut abzuleiten". Den Vorwurf verantwortungslos zu sein, würde ich deutlich zurückweisen.
Thema Klimawandel als vergleichsweise unbedeutend abhakt
Das ist sicherlich falsch interpretiert. Ich schätze beides als dramatisch hoch ein.... und im umgekehrten Verhältnis dramatisch tief meine persönlichen Möglichkeiten, daran was zu ändern.

Edit:
Ein paar Begriffe verfälscht... beim Suchen isses besser, hier nix zu finden.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von hikaru » 14.06.2019 00:28:05

TomL hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.06.2019 16:58:27
hikaru hat unrecht... ich bin sehr realistisch... aber mir persönlich geht es besser damit, wenn ich das verdränge und mich für die verbleibende kurze Zeit in meinem imaginären Heile-Welt-Refugium aufhalte.
Ich verstehe, dass das "Heile-Welt-Refugium" schöner ist. Aber wenn du dir bewusst bist, dass das nur auf Verdrängung basiert, klopft dann nicht dein Wissen um die Realität von innen an die Zellentür?
Ich habe das auch eine Weile mit dem Verdrängen probiert, aber das Klopfen wurde immer lauter und irgendwann konnte ich beim Lärm des ohrenbetäubenden Türhämmerns nicht mehr schlafen.

Antworten