Meillo hat geschrieben: 05.09.2019 15:38:09
Der urspruengliche Code ist weiterhin unter BSD-Lizenz nutzbar, auch wenn er Teil eines GPL-Codes ist.
In de Praxis stellt sich dan die Frage, ob der ursprüngliche Code auffindbar ist.
Meillo hat geschrieben: 05.09.2019 15:38:09
Nur wenn er dann (vom GPL-Projekt) veraendert wird wird es schwierig, ob die Aenderungen der GPL unterliegen und dadurch dieser Teil des urspruenglichen BSD-Codes auch, oder ob das GPL-Projekt die Aenderungen im BSD-Code unter die BSD-Lizenz stellt.
Genau das ist der Charakter der GPL: Sie dehnt sich auf das gesamte Projekt aus und ist dabei viral. Alo steht am Ende das gesamte Projekt unter der GPL.
Abweichende Bestimmungen sind möglich, z.B. indem man gezielt änderungen an BSDL-Code weiterhin als BSDL auszeichnet, aber es ist eben nicht das normale Verhalten der GPL und muss explizit erwähnt werden, wie du ja auch schon mit wanne herausgestellt hast:
wanne hat geschrieben: 05.09.2019 14:47:52
Und genau deswegen willst du den BSD-Header in einer Datei lassen – gerade wenn sie in ein GPL-Projekt (wie im aktuellen Beispiel) wandert.
Ja genau ... bloss wuerde ich es etwas anders formulieren: Wenn man eine Datei mit BSD-Code in ein GPL-Projekt einbringt, muss man darauf achten, dass die BSD-Datei als BSD-lizenziert markiert ist oder wird. Wenn's noch nicht der Fall ist, muss es halt die Person machen, die sie einbringt. Siehe Lizenzbedingungen, z.B. bei der MIT-Lizenz:
MIT-Lizenz hat geschrieben:
[...] subject to the following conditions:
The above copyright notice and this permission notice shall be included in all copies or substantial portions of the Software.
[...]
Meillo hat geschrieben: 05.09.2019 15:38:09
Aber ist die Trennung zwischen Copyleft und Virulenz ueberhaupt moeglich.
Ja, natürlich. Man muss nur die GPL-Denke überwinden, die beides in einem Paket verkauft.
Die CDDL unterscheidet in "Covered Software", auf welche sich die eigentliche Lizenz bezieht und in "Larger Works", was das z.B. dem Gesamtprojekt entsprechen würde. Dabei sagt die CDDL unter Punkt 3.6 ziemlich eindeutig, dass Larger Works als Ganze nicht der CDDL unterliegen müssen:
You may create a Larger Work by combining Covered Software with other code not governed by the terms of this License and distribute the Larger Work as a single product. In such a case, You must make sure the requirements of this License are fulfilled for the Covered Software.
Das geht z.B. mit der GPL nicht, denn hier würde das Kombinieren des Codes (sprich: Linken) nicht gehen.
Eine Copyleft-Lizenz ist die CDDL trotz fehlender Virulenz, denn in Punkt 3.1. steht:
Any Covered Software that You distribute or otherwise make available in Executable form must also be made available in Source Code form and that Source Code form must be distributed only under the terms of this License. You must include a copy of this License with every copy of the Source Code form of the Covered Software You distribute or otherwise make available. You must inform recipients of any such Covered Software in Executable form as to how they can obtain such Covered Software in Source Code form in a reasonable manner on or through a medium customarily used for software exchange.
Meillo hat geschrieben: 05.09.2019 15:38:09
Die GPL infiziert halt alle anderen Codedateien fuer das gleiche Projekt. Die CDDL infiziert aber doch auch allen Code in der gleichen Datei. Es ist eine aehnliche Art von Infektion, bloss eine Stufe tiefer. Wenn man (wie bei dwm damals) alle Codedateien zu einer zusammenfasst, dann wirkt die CDDL doch genau wie die GPL.
Jetzt koennte man sagen: gut, wir wollen keine Lizenzierung auf Projektebene und auch keine auf Dateiebene, sondern eine auf Codezeilenebene ... dann haben wir aber immer noch das Problem von Aenderungen in einer Zeile. Und Lizenzierung auf Commitebene, was das eigentlich richtige waere, fuehrt am Ende zu voelligem Kompatiblitaetschaos.
Irgendwo muss man halt die Grenze ziehen. Einzelne Dateien stellen für mich hier die Grenze zwischen sinnvoller Atomisierung und unsinniger Haarspaleterei dar.
Im Extremfall könnte ich das soweit treiben, dass ich in einer von dir erstellten und lizensierten Datei ein Vorzeichen im Rahmen eines Bugfixes ändere, und diesen Fix unter einer anderen Lizenz veröffentliche.
Eben deshalb ist ja das Konzept der Schöpfungshöhe eigentlich eine gute Idee. In einer einzelnen Codezeile lässt sich eben nur eine sehr begrenzte Menge geistiger Schaffenskraft unterbringen.* Das Problem mit der Schöpfungshöhe ist, dass es eine juristische Kategorie ist, die irgendwie auf die technische Ebene im Sinne konkrerten Codes heruntergebrochen werden muss.
Meillo hat geschrieben: 05.09.2019 15:38:09
All das ist letzlich nur Buerokratie, die verhindert, dass eigentliche Arbeit getan wird. All das bremst uns nur aus. So gesehen, finde ich die RMS-Vision schon ansprechend: Aller Code ist einfach GPL und wir haben all diese Probleme los.
Du bist zu sehr im 21. Jhd. verhaftet. Die GPL und RMSs Idee dazu stammt aber aus dem 20. Jhd.
In RMSs Vision bräuchte es die in Wahrheit viel zu komplizierte GPL gar nicht, weil es jeder für selbstverständlich hielte, Code Frei zur Verfügung zu stellen und alles Andere als asozial ansehen würde. Wie ich anderswo schon mal erwähnt hatte: Copyleft (und im nächsten Schritt auch Virulenz) ist die verjuristisierte Einsicht, dass manche Menschen Arschlöcher sind.
Meillo hat geschrieben: 06.09.2019 12:49:45
Ganz grundsaetzlich: Egal welche Lizenz man am liebsten hat, wir alle haben ein Interesse an freier Software. Das ist das hoehere Ziel. Solange alles innerhalb der freien Softwarewelt stattfindet, wird niemand ein Interesse haben, rechtliche Angriffe zu starten.
Das halte ich für blauäugig. Die Diskussion um die Aufnahme von zfs (CDDL) in den Linux-Kernel (GPLv2) hat mMn gezeigt, dass die Sache nicht so einfach ist. Lizenztexte sind ja keine Wünsche, sondern Forderungen. Und wenn jemand seinen Code unter CDDL stellt, welche klar sagt, dass der nicht relizensiert werden darf, dann darf man den Code eben nicht in ein GPL-Projekt einfügen, weil die GPL eben keine Lizenz-Fremdkörper duldet.
Dass einige Distributoren das nicht so eng sehen und trotzdem ZFS im Kernel ausliefern, ändert daran nichts.
Meillo hat geschrieben: 05.09.2019 15:38:09
Man sollte stets darum bemueht sein, Anerkennung zu zeigen (Namensnennung).
Mir fehlt eigentlich eine Standardlizenz, die explizit Namensnennung ausschließt. Ich würde manchmal gern Sachen anonym veröffentlichen. Das kann ich aber nicht, denn ich kann bestenfalls Namensnennung optional machen. Und wenn ich einen eigenen Passus hinzufüge, der Namensnennung ausschließt, habe ich sofort den Streisand-Effekt.
Der Text ist zwar menschlich verständlich, aber juristisch naiv.
Im Grunde bist du darin der Pazifist, der sich weigert die Waffe zu erheben, während dir ein anderer eine Pistole an den Kopf hält.
*) Es sei denn, man codet in Perl.