Corona-Tracing-App

Smalltalk
Benutzeravatar
prox
Beiträge: 371
Registriert: 08.07.2019 18:50:34
Lizenz eigener Beiträge: GNU General Public License

Corona-Tracing-App

Beitrag von prox » 20.04.2020 15:31:29

Moin ;-)

Das Thema hier hat eine große Bedeutung aus epidemiologischer wie aus datenschutzrechtlicher Sicht.

Bin grade hierdrüber gestolpert:
Heute, 12:51 Uhr

Chaos um die Coronavirus-App

Deshalb geht der digitale Covid-19-Kampf schleppend voran

Erst die Kommunikationspannen, nun folgt ein viel größeres Problem bei der Tracing-App: Prominente Entwickler sind im Streit ausgestiegen. Ein Überblick. Von Paul Dalg Lina Rusch Miriam Schröder Oliver Voß
https://www.tagesspiegel.de/wissen/chao ... 55338.html

Der CCC hat folgenden Text zum Thema eingestellt:
10 Prüfsteine für die Beurteilung von „Contact Tracing“-Apps
2020-04-06 15:19:28, linus
https://www.ccc.de/de/updates/2020/cont ... quirements

Ich würde diese Corona-Tracing-App schon einsetzen wollen. Wer ist dagegen? :mrgreen:

Benutzeravatar
paedubucher
Beiträge: 855
Registriert: 22.02.2009 16:19:02
Lizenz eigener Beiträge: GNU Free Documentation License
Wohnort: Schweiz
Kontaktdaten:

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von paedubucher » 20.04.2020 15:41:38

Ich versuche wann immer möglich ohne Smartphone aus dem Haus zu gehen. Von daher ergibt das bei mir weniger Sinn.

Irgendwie kommt mir diese Idee auch bekannt vor, und aufgrund dieser Bekanntheit erscheint mir eine solche App gerade nicht als gute Idee. Muss wohl irgend eines dieser komische Bücher gewesen sein, die ich immer lese, "1984" von Orwell, oder "Wir" von Zamjatin könnten es gewesen sein.

Aber das Bundesministerium für Volksgesundheit wird mich schon noch zum bargeldlosen Zahlen und zur Verwendung dieser App bringen, früher oder später. Freiheitsrechte und Privatsrechte sind uns ja immer extrem wichtig, ausser, wenn uns mal ein laues Lüftchen entgegenwindet. Terrorismus? Datenschutz ist Täterschutz! Seuche? Wer den Anweisungen nicht 100% Folge leistet, macht sich zum Täter!
Habe nun, ach! Java
Python und C-Sharp,
Und leider auch Visual Basic!
Durchaus programmiert mit heissem Bemühn.
Da steh' ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.

Benutzeravatar
MSfree
Beiträge: 10721
Registriert: 25.09.2007 19:59:30

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von MSfree » 20.04.2020 20:01:53

Ich finde, und gerade im Bezug auf diese Tracing-App, man kann Benjamin Franklin hier nicht oft genug zitieren:

Wer wesentliche Freiheit aufgeben kann, um eine geringfügige bloß jeweilige Sicherheit zu bewirken, verdient weder Freiheit, noch Sicherheit.

Und eines steht jetzt schon fest, die App wird in naher Zukunft auch für andere staatliche Überwachung mißbraucht werden. Wer diese App installiert, verdient wirklich weder Freiheit noch Sicherheit.

Da fällt mir doch glatt der Zauberlehrling ein, der den Besen zum Wasserholen schickt. Nur im Gegensatz zum Zauberlehrling, der letztlich vom Meister gerettet wird (In die Ecke, Besen, Besen), wird diese Erlösung bei der Corona-App leider nicht oder erst nach einem Jahrzehnt Klagen durch die Instanzen bis zum EuGH kommen.

Benutzeravatar
Emess
Beiträge: 3665
Registriert: 07.11.2006 15:02:26
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz
Wohnort: Im schönen Odenwald
Kontaktdaten:

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von Emess » 20.04.2020 20:25:41

Die meisten, die ich kenne haben nie ein Handy dabei. Und wenn meist Modelle aus den frühen 2000er.
Ich kenn nur alte Leute. Und ich gehör dazu. 8O
Debian Testing (bleibt es auch)
Debian Bullseye KDE Plasma 5x Kernel 5.10.0-12-amd64
Notebook HP ZBook 17 G2

http://www.emess62.de

eggy
Beiträge: 3331
Registriert: 10.05.2008 11:23:50

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von eggy » 20.04.2020 21:01:42

Selbst wenn man mal das Thema Datenschutz ausklammert und sich nur die technische Seite der Lösungen anschaut, bleibt immer noch das Problem der false-positive-rate. Wie geht man damit um, dass die App nicht unterscheiden können wird, zwischen dem topfiten Motoradfahrer mit geschlossenem Visier und dem Rentner aus der Risikogruppe ohne Mundschutz, nicht unterscheiden können wird, ob man Kontakt zum infizierten Postboten nur durch die geschlossene Wohnungstür hatte, nicht wissen wird, ob man mit Maske, Augenschutz und Handschuhen dem pflegebedürftigen Nachbarn geholfen hat? Warnen wir dann vorsorglich alle möglichen Kontakte, dass sie sich umgehend testen lassen müssen? Oder schicken wir sie einfach nur vorsichtshalber in Selbst- oder Zwangsquarantäne, halt ohne Test, weil wir gar nicht genug Kapazitäten hätten, alle Verdachtsfälle zu testen? Zwingen wir unsere Rentner und "Risikogruppen" sich die App zu installieren? Das wären ja eigentlich die, bei denen das besonders wichtig wäre, möglichst frühzeitig über einen möglichen bevorstehenden Ausbruch der Krankheit informiert zu werden. Vielleicht reicht ja auch, wenn's der Enkel (ach der soll ja grad nicht, ok die Tochter dann eben) der Oma aufs Renterphone installiert. Aber wie geht dann die Oma damit um, wenn sie grad alleine ist, wenn das Telefon ihr plötzlich sagt, dass sie vermutlich infiziert wurde - ein Todesurteil bei dem schwachen Herzen? Naja, also vielleicht lieber nicht der Oma installieren, aber der Tante, die ist noch fit genug. Egal wenn da ne Meldung kommt, auch wenn sie sich im Nachhinein als übervorsichtig erwiesen hat. Wieviele falsche Warnungen braucht es, bis die Leute bei der "Achtung: Sie hatten Kontakt"-Meldung nur noch gelangweilt mit den Schultern zucken?

Nen paar weitere nette Beispiele was da auch von technischer Seite so noch alles schiefgehen könnte:
https://www.lightbluetouchpaper.org/202 ... eal-world/
(wem der Name des Autors nichts sagt, https://www.cl.cam.ac.uk/~rja14/book.html )

Und vermutlich wird's am Ende nen vielleicht sogar zahlenmässig gefährlichen "hab ja nun die App, Maske und Händewaschen brauch ich nicht mehr"-Seiteneffekt haben.
Mich erinnert das Szenario irgendwie an Leute, die ihre Karre in den See gelenkt haben, weil das Navi es so angesagt hat. Nur hier halt "die App war grün, ich brauch keinen Abstand *hust-röchel-fieberschwitz*".

Technisch, wäre schön, wenn man sehen könnte, was mit den Daten wirklich passiert. Auch wenn einige angeregt haben, dass man das ganze "Opensource" machen müsste, ich denke, das bleibt Wunschdenken. Und selbst wenn der Code der App einsehbar (von frei will ich hier gar nicht mal reden) wäre, über den verantwortungsvollen Umgang mit den Daten im Backend sagt das noch gar nichts aus. Und sonst noch zum Thema Datenschutz, interessant wie häufig bei den ganzen Berichten die Begrifflichkeiten durcheinander gewürfelt werden: Anonymität/Pseudonymität? Völlig egal, den Unterschied rafft eh keiner.

Davon abgesehn, wirklich vertrauenserweckend wirkt das Ganze auf mich bisher nicht. Ich find ich ja schon die Gruppierungen in dem einem "Strategiepaper"(?) was da grad die Runde macht (https://github.com/pepp-pt/pepp-pt-docu ... ermany.pdf) höchst "lustig":
A2: Tech-savvy user (malicious user)
This adversary includes black/white hat hackers, academic researchers, etc.
academic researchers = malicious adversary? Na Danke.

An anderer Stelle (Artikel über einen der "Macher") hieß es ganz passend sinngemäß, wir machen irgendwann später dann mal sowas wie opensource, aber nur für die Leute die das professionell machen und ernsthaft mitarbeiten wollen. Ich hab das einfach mal als "schenkt uns kostenlose Arbeitskraft, aber pfuscht uns nicht ins Konzept - davon habt ihr Amateure ja eh keine Ahnung" interpretiert - sorry, falls ich das in den falschen Hals bekommen haben sollte, meine Erfahrung mit $openirgendwas aus rein kommerzieller Ecke sind da leider nicht so positiv.

Unterm Strich bleibt es dabei: es gibt keine technische Lösung für ein gesellschaftliches Problem.

willy4711

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von willy4711 » 20.04.2020 22:33:45

Die Pläne gehen leider schon viel weiter.
Es ist doch irre - die Qualitätsmedien fokussieren das ganze auf Bluetooth, um die Leute einzulullen.
Weil jeder weiß, dass Bluetooth nicht weit reicht, ist alles gut. :facepalm:
Dass das ganze aber total sinnlos ohne GSM/ 5G oder sonst was ist, wird total ausgeblendet.

Weiterer Vorteil: Getrackt wird ja sowieso schon ausgiebig. Bloß ist es z.Z. relativ schwer, personalisiert zu Tracken.
Den Datensammlern und sonstigen schlapphütigen Gestalten läuft wahrscheinlich schon das Wasser im Mund zusammen,
bei dem Gedanken, dass demnächst der brave corona indoktrinierte Bürger freiwillig unentwegt seinen Namen samt Standort
jedem der es wissen darf, mitteilt.
Leider keinen Verschwörungstheorie:
willy4711 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.04.2020 13:09:17
Hab das gefunden [2] :
Es sei weiterhin wichtig, dass die Gesundheitsämter die Kontakte von Corona- Infizierten nachverfolgen können. Das machen die Ämter derzeit per Hand. „Eine App wird das deutlich erleichtern“, so Spahn. Die geplante App basiert auf dem Projekt PEPP-PT. Vergangene Woche hatten auch Apple und Google angekündigt, ein auf Bluetooth-LE basierendes System zu entwickeln, das auf Dauer sogar in die Betriebssysteme der Smartphones integriert werden soll.
Irgendwie bin ich froh, das meine Lebenserwartung statistisch nicht mehr all zulange ist.
Die Folgen diese ganzen Scheisse werde ich zwar noch mitbekommen, aber vielleicht machen sie bei der Freiwilligkeit
bei alten dementen Tattergreisen noch einen Ausnahme. :mrgreen:
[2] https://www.inside-digital.de/news/coro ... m-probleme

katzenfan
Beiträge: 570
Registriert: 19.04.2008 22:59:51

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von katzenfan » 21.04.2020 07:21:31

Seitens der EU-Kommission hat es zu dieser Thematik eine aktuelle Info, falls es jemanden interessiert.

Mitteilung der Kommission Leitlinien zum Datenschutz bei Mobil-Apps zur Unterstützung der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie 2020/C 124 I/01
https://eur-lex.europa.eu/legal-content ... 0:124I:TOC

pferdefreund
Beiträge: 3791
Registriert: 26.02.2009 14:35:56

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von pferdefreund » 21.04.2020 07:30:16

Wer nicht will, muss die App ja nicht nutzen. Solange das freiwillig ist - die Leute verschenken massenweise ihre Daten bei Twitter, Whatsapp usw. Eins darf man bei alledem nicht vergessen - im Vergleich zu anderen Ländern sieht es betreffs Corona in Deutschland immer noch sehr gut aus, was die Infektions- und Sterblichkeitsrate angeht. Also nicht nur kritisieren - sondern sich auch mal freuen, dass Oma noch lebt, weil ein Beatmungsgerät vorhanden war - im Gegensatz zu einigen anderen Staaten auf der Welt. Hier darf man kritisieren - und das ist auch gut so - aber nicht immer nur meckern - auch mal das Positive sehen - und Hände waschen nicht vergessen.

miwie
Beiträge: 116
Registriert: 10.07.2002 08:59:23
Kontaktdaten:

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von miwie » 21.04.2020 09:30:06

pferdefreund hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 07:30:16
Wer nicht will, muss die App ja nicht nutzen.
Freiwillig? Fragt sich nur wie lange. Ich sehe sie schon, all die Mitbürger die mit Fingern auf diejenigen zeigen, die die App nicht installiert haben.

pferdefreund
Beiträge: 3791
Registriert: 26.02.2009 14:35:56

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von pferdefreund » 21.04.2020 10:18:02

Ich habe irgendwo mal gehört, dass man Telefone ausschalten kann. Aber die meisten laufen ja immer mit dem Ding eingeschaltet rum um bei Whatsapp oder ähnlichen Diensten ja nix zu verpassen. Und da werden ja keine Daten gesammelt. Nein - gar nicht. Schaut euch doch mal um, man fällt ja schon richtig auf, wenn man das Ding nicht in der Hand hat. Und das alles freiwillig !!!!

willy4711

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von willy4711 » 21.04.2020 11:11:00

@katzenfan Danke für den Link :THX:
Dort steht u.A.
Anwendungsbereich der Leitlinien
...
...
Gemäß der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation kann die Verwendung einer App, die die Vertraulichkeit der in Artikel 5 genannten Kommunikationsrechte berührt, nur durch ein Gesetz vorgeschrieben werden, das notwendig, angemessen und verhältnismäßig ist, um bestimmte spezifische Ziele zu schützen. Angesichts der hohen Eingriffsintensität eines solchen Ansatzes und der damit verbundenen Herausforderungen, auch im Hinblick auf die Einführung geeigneter Schutzklauseln, ist nach Auffassung der Kommission eine sorgfältige Analyse erforderlich, bevor diese Option herangezogen wird. Aus diesen Gründen empfiehlt die Kommission die Verwendung von Apps auf freiwilliger Basis.

Diese Leitlinien gelten nicht für Apps zur Durchsetzung von Quarantäneanforderungen (einschließlich solcher, die verbindlich vorgeschrieben sind).
Wenn ich das richtig verstehe, kann die Freiwilligkeit also "beliebig durch ein Gesetz" eingeschränkt werden.
Dann ist nix mehr mit Smartie abschalten. Das wäre dann zumindest eine Ordnungswidrigkeit.
Ich seh schon die "Risikogruppen"
und natürlich Infizierte mit solchen Dingern herumlaufen.

Wie schon in anderen Threads von anderen und von mir dargelegt, ist das Argument, dass es um die "Volksgesundheit" geht,
wenig stichhaltig.
Wollte man sich wirklich darum kümmern gäbe es dutzende andere Betätigungsfelder.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von hikaru » 21.04.2020 11:28:15

pferdefreund hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 07:30:16
Wer nicht will, muss die App ja nicht nutzen. Solange das freiwillig ist - die Leute verschenken massenweise ihre Daten bei Twitter, Whatsapp usw.
Immer das selbe elende Strohmannargument! :facepalm:
Weil Millionen andere Menschen einen Sch* auf Datenschutz geben, soll ich, dem das nicht egal ist und der daher kein Facebok etc. verwendet, doch bitteschön die Klappe halten, denn die Nutzung sei ja "freiwilig".
Dann wundere dich aber nicht, wenn du wie in China ohne Vorzeigen des grünen App-Status irgendwann nicht mehr in den Supermarkt oder ÖPNV kommst! Ist ja freiwilig! Musst ja keine Lebensmittel kaufen oder dich von A nach B bewegen!

Neben den technischen und datenschutzrechtlichen Probleme der Tracing-App wird es mittelfristig auch ein Akzeptanzproblem geben.
Folgendes Szenario:
Du hast die App und bekommst darüber die Meldung, dass du einem Infizierten begegnet bist. Daraufhin begibst du dich wie von dir erwartet für mehrere Wochen in Quarantäne (ist ja kein Problem, genug Klopapier sollte ja inzwischen jeder zu Hause haben).
Nach N Wochen trittst du wieder vor die Tür und machst dich natürlich auf den Weg zum Supermarkt um neues Klopapier zu kaufen. Am nächsten Morgen piepst wieder die App. Da muss wohl jemand im Supermarkt infiziert gewesen sein.
Begibst du dich nun erneut in Quarantäne? Entweder warst du bereits infiziert (deshalb ja die erste Quarantäne), hattest aber womöglich keine Symptome oder der erste Alarm war ein falscher Alarm. Ist der zweite Alarm nun echt? Wenn der erste echt war und du die Infektion nun hinter dir hast, solltest du für's erste immun sein. Wie viele Runden spielst du dieses Spiel mit? Bist du auch nach durchgestandener Infektion weiterhin verpflichtet die nun epidmiologisch sinnlosen Quarantäneregeln zu befolgen? Wie weist du nach, dass du es bereits hinter dir hast? Interessiert das überhaupt irgendwen (z.B. den Security-Typen mit dem gebrochenen Deutsch vor'm Supermarkt)?

Benutzeravatar
prox
Beiträge: 371
Registriert: 08.07.2019 18:50:34
Lizenz eigener Beiträge: GNU General Public License

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von prox » 21.04.2020 12:38:59

Hi hikaru,
hikaru hat geschrieben:Wie weist du nach, dass du es bereits hinter dir hast?
Du lässt einen Abstrich an Deinem Rachen machen, und ich wette, dass man Dir den Corona-Test in so einem Fall nicht verweigern würde.

Falls das Testergebnis positiv ist, könnte sich die Contract-Tracing-App das merken (fallls Corona-Test-Ergebnisse darin hinterlegt werden können, wo dann aber wieder die Frage aufkommt: Wird Dein Name als Infizierter/Immunisierter gegenüber einer zentralen oder dezentralen Koordinierungsinstanz anonym gehalten?), und Du zeigst dem Security-Typen das positive Testergebnis am Supermarkteingang, dann darfst Du den Supermarkt betreten. Falls es überhaupt dazu kommt.

Ist aber gut, dass Du Dir dieses Szenario ausgemalt hast.

@katzenfan: Danke für Deinen Link, hab's mal überflogen (was für eine Textbleiwüste ... )

Gruß
prox

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von hikaru » 21.04.2020 13:07:46

prox hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 12:38:59
Falls das Testergebnis positiv ist, könnte sich die Contract-Tracing-App das merken (fallls Corona-Test-Ergebnisse darin hinterlegt werden können, wo dann aber wieder die Frage aufkommt: Wie wird Dein Name als Infizierter/Immunisierter gegenüber einer zentralen oder dezentralen Koordinierungsinstanz anonym gehalten?), und Du zeigst dem Security-Typen das positive Testergebnis am Supermarkteingang, dann darfst Du den Supermarkt betreten. Falls es überhaupt dazu kommt.
Eben das kann sich eine "anonyme" (in Wahrheit pseudonyme*) App nicht merken, denn es gäbe keinen Kanal das Testergebnis deiner Person mit der App-Instanz auf dem Handy zu verknüpfen das du mit dir führst. Im Extremfall ist es gar nicht dein Handy, das du an diesem Tag mit dir führst und keiner kann das prüfen.

Unabhängig davon ist auch die Aussagekraft des App-Kontakts umso geringer, je länger die Kontaktkette wird und umso höher die Rate der bereits immunen Kontakte in dieser Kette ist.
Um zu meinem Szenario zurückzukommen:
Du warst nach der ersten Meldung tatsächlich infiziert, hast dich brav in Quarantäne begeben und die Infektion auskuriert. Nun gehst du wieder raus, begegnest erneut einem Infizierten und die App schlagt wieder an. Guter Staatsbürger wie du bist begibst du dich, wenn auch sinnlos, erneut in Quarantäne. Zwischen der vermeintlichen zweiten Infektion und der tatsächlichen Zweitquarantäne begegnest du aufgrund des unvermeidlichen Meldeverzugs der App einer Hand voll Leuten, die nun ihrerseits eine Meldung kriegen. Da du aber bereits immun warst, bestand für sie durch dich keine reale Infektionsgefahr. Trotzdem begeben die sch alle in Quarantäne und begegnen, bevor sie das tun, natürlich weiteren Menschen, die nun ihrerseits alle einen Meldung erhalten.
Das ist ein Schneeballsystem und es ermöglicht geschlossene Zyklen, falls du z.B. nach Ende deiner zweiten Quarantäne jemandem begegnest der sich über ein paar Zwischenstufen vermeintlich an einem deiner Kontakte infiziert hat, die dir begegnet sind, während du bereits immun warst.

Das wird anschaulich, wenn du dir das anhand eines sehr kleinen Dorfs vor Augen führst, wo wirklich jeder jeden kennt, wo es aber praktisch keinen Kontakt nach außen gibt:
Irgendwann hat jeder jeden infiziert und alle waren wechselseitig in Quarantäne. Jeder weiß genau wann wer infiziert war und dass alle nun wieder gesund und immun sind. Nur die App weiß es mangels Personenbezug nicht und spamt fleißig reihum bis in alle Ewigkeit alle Dorfbewohner weiter mit Alarmen zu. Das führt außerhalb des kleinen Dorfes zu kafkaesken Zuständen!

Langfristig kann das Modell der App nicht gleichzeitig epidemiologisch sinnvoll und datenschutzkonform sein.


*) Lass us hier bitte nicht in das irreführende Wischiwaschi der MSM verfallen!

Benutzeravatar
novalix
Beiträge: 1909
Registriert: 05.10.2005 12:32:57
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz
Wohnort: elberfeld

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von novalix » 21.04.2020 13:25:06

eggy hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
20.04.2020 21:01:42
Unterm Strich bleibt es dabei: es gibt keine technische Lösung für ein gesellschaftliches Problem.
Erstmal, danke für die Recherche und die Zusammenfassung des derzeitigen Stands.

Ich spiele mal den Anwalt des Teufels.
Aus Sicht des Seuchenforschers kann man schon verstehen, dass der Schwellkörper aktiviert ist, bei der Aussicht auf massenweise Echtzeitdaten. Damit ließen sich Infektionsketten definitiv in größerer Genauigkeit und in bislang ungekannter zeitlicher Nähe zum Ereignis beobachten. Daraus resultierend ließen sich notwendige Schutzmaßnahmen wesentlich zielgenauer auf das tatsächliche Infektionsgeschehen anwenden, anstatt diese vergleichsweise "blind" mit der großen Gießkanne auf alles, was da kräucht und fleucht, zu verteilen.
Insofern kann Technik selbstverständlich zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems beitragen.

Interessanterweise braucht man dafür tatsächlich gar keine personenbezogenen und noch nicht einmal absolut standortbezogene Daten.

Davon ausgehend sind technische Erfordernisse zu beachten. Die Messmethoden müssen so genau wie möglich implementiert werden. Dabei ist eine hundertprozentige Exaktheit, wie immer, so wie so nicht zu erwarten. Man muss allerdings sehr genau wissen, wo die Fallstricke liegen und somit die Ergebnisse mit Graden der Bestimmtheiten ermitteln. Das ist immer auch ein Anpassungsprozess, gelingt in der wissenschaftlichen Forschung aber häufig hinreichend.

In dieser Situation zeigt sich jetzt, dass nun politische Implikationen auftauchen.[*]

Meiner bescheidenen Meinung nach gibt es für solch ein Vorhaben verschiedene konstitutive Voraussetzungen.
Softwareseitig *muss* die gesamte Toolchain quelloffen im Sinne freier Software sein.
Die ganze Veranstaltung ist ein anonymes Community-Projekt. Das heißt, die Daten die innerhalb dieses Projekts erzeugt werden, verlassen dieses unter keinen Umständen auf einem technisch automatisierten Weg.
Sämtliche "positiven Befunde", die so erzeugt werden, gelangen ausschließlich freiwillig in die offizielle Meldestruktur. Das bedeutet dann, dass mögliche Einschränkungen der persönlichen Entfaltung (Quarantäne etc.) unabhängig von dem funktionieren der "App" bzw. überhaupt dem Vorhandensein eines Smartphones statt finden.

Das ist alles durchaus denkbar umzusetzen und im Ansatz ja auch so vorgeschlagen. Aber eben nur im Ansatz.

Der letzte Pferdefuß wäre dann noch die Hardware auf der die ganze Veranstaltung stattfinden soll. Smartphones und Anonymität, echt jetzt?

[*] Das ist nach meine Auffassung an diesem Punkt der wissenschaftlichen Praxis tatsächlich immer der Fall, fällt aber meistens nicht so auf.
Das Wem, Wieviel, Wann, Wozu und Wie zu bestimmen ist aber nicht jedermannns Sache und ist nicht leicht.
Darum ist das Richtige selten, lobenswert und schön.

Benutzeravatar
KBDCALLS
Moderator
Beiträge: 22359
Registriert: 24.12.2003 21:26:55
Lizenz eigener Beiträge: MIT Lizenz
Wohnort: Dortmund
Kontaktdaten:

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von KBDCALLS » 21.04.2020 13:37:32

Die Diskussion um die APP soll doch das Versagen der Regierung meinentwegen auch der Landesregierungen kaschieren. Denn die haben sich seit 2012/2013 im Tiefschlaf befunden und waren mehr mit sich selbst beschäftigt.
Wenn ich schon Minister Altmeier sehen, dann möchte ich kotzen. Aber soviel kann man garnicht essen.

PS. Würde mal gerne wissen was in der Drucksache des Bundestage 17/12051vom 03.01.2013 genau drinnesteht.
Was haben Windows und ein Uboot gemeinsam?
Kaum macht man ein Fenster auf, gehen die Probleme los.

EDV ist die Abkürzung für: Ende der Vernunft

Bevor du einen Beitrag postest:
  • Kennst du unsere Verhaltensregeln
  • Lange Codezeilen/Logs gehören nach NoPaste, in Deinen Beitrag dann der passende Link dazu.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von hikaru » 21.04.2020 13:42:03

KBDCALLS hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 13:37:32
PS. Würde mal gerne wissen was in der Drucksache des Bundestage 17/12051vom 03.01.2013 genau drinnesteht.
https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712051.pdf

Benutzeravatar
prox
Beiträge: 371
Registriert: 08.07.2019 18:50:34
Lizenz eigener Beiträge: GNU General Public License

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von prox » 21.04.2020 13:44:13

hikaru hat geschrieben:Das wird anschaulich, wenn du dir das anhand eines sehr kleinen Dorfs vor Augen führst, wo wirklich jeder jeden kennt, wo es aber praktisch keinen Kontakt nach außen gibt:
Irgendwann hat jeder jeden infiziert und alle waren wechselseitig in Quarantäne. Jeder weiß genau wann wer infiziert war und dass alle nun wieder gesund und immun sind. Nur die App weiß es mangels Personenbezug nicht und spamt fleißig reihum bis in alle Ewigkeit alle Dorfbewohner weiter mit Alarmen zu. Das führt außerhalb des kleinen Dorfes zu kafkaesken Zuständen!
Danke, ich bin ja wissbegierig. Das Beispiel leuchtet ein.

Zu den Begriffen "Anonymisierung" und "Pseudonymisierung":
hikaru hat geschrieben:Lass us hier bitte nicht in das irreführende Wischiwaschi der MSM verfallen!
OK, Du hast Recht. Ich musste mich auf Wikipedia erst noch mal richtig einlesen in den Unterschied zwischen beiden Begriffen und gehe deswegen erstmal davon aus, dass die Contract-Tracing-App persönliche Identifikationsmerkmale eher nicht anonymisieren wird, sondern eher pseudonymisieren.

Aber wer oder was ist MSM?

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von hikaru » 21.04.2020 13:51:50

prox hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 13:44:13
Aber wer oder was ist MSM?
Entschuldige bitte!
"Mainstream-Medien" (Tagesschau, Bildzeitung, etc.)

Benutzeravatar
prox
Beiträge: 371
Registriert: 08.07.2019 18:50:34
Lizenz eigener Beiträge: GNU General Public License

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von prox » 21.04.2020 13:53:25

@hikaru: OK, thx.

KP97
Beiträge: 3424
Registriert: 01.02.2013 15:07:36

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von KP97 » 21.04.2020 15:20:41

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 13:51:50
prox hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 13:44:13
Aber wer oder was ist MSM?
Entschuldige bitte!
"Mainstream-Medien" (Tagesschau, Bildzeitung, etc.)
oh, oh, hikaru, wegen einer ähnlichen Bemerkung wurde ich gestern schon von luxuslurch angegangen. Hoffentlich sieht er das nicht...;-)

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von hikaru » 21.04.2020 16:22:04

KP97 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 15:20:41
oh, oh, hikaru, wegen einer ähnlichen Bemerkung wurde ich gestern schon von luxuslurch angegangen. Hoffentlich sieht er das nicht...;-)
Warum sollte mich jemand dafür "angehen", dass ich die Massenmedien dafür kritisiere, die Tracing-App fortwährend fälschlicherweise als "anonym" zu bezeichnen?

Das würe bedeuten, dass:
A: meine subjektive Wahrnehmung der Berichterstattung falsch ist. - Dann hätte ich gern eine mit Zahlen unterlegte Gegendarstellung um meine Wahrnehmung zu korrigieren.
B: mein Verständnis von "anonym" und "pseudonym" falsch ist. - Dann würde ich mich über eine Richtigstellung meines Irrtums freuen.
C: dieser jemand ein wie auch immer geartetes Interesse daran hat, die Falschdarstellung der Medien zu vertuschen. - Dann bin ich sicher der erste hier, der liebend gern über die Hintergründe dieses Interesses diskutieren würde.

Benutzeravatar
prox
Beiträge: 371
Registriert: 08.07.2019 18:50:34
Lizenz eigener Beiträge: GNU General Public License

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von prox » 21.04.2020 16:37:49

Selbst im Tagesspiegel-Artikel, den ich im Eingangspost verlinkt hatte, wird der String "pseudonym*" nicht verwendet, sondern stattdessen "anonym*".

"Mainstream"-Medien sind okay (den Unterschied zwischen "anonymisieren" und "pseudonymisieren" zu erklären, könnte allerdings den einen oder anderen Leser/Zuschauer/Zuhörer überfordern, deswegen unterlassen die "Mainstream"-Medien vielleicht diesen Unterschied zu erklären. In der Tagesschau kann man das aber nicht erklären, da reicht die Sendezeit nicht für. Übrigens, im Deutschlandfunk oder im Bayrischen Rundfunk habe ich vor ein paar Monaten zum ersten Mal den Begriff "pseudonymisieren" gehört).

"Alternative" Medien, die nicht seriös sind, sind nicht okay. Für mich ist die B*LD aber auch nicht okay.

Benutzeravatar
hikaru
Moderator
Beiträge: 13585
Registriert: 09.04.2008 12:48:59

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von hikaru » 21.04.2020 16:58:10

prox hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 16:37:49
den Unterschied zwischen "anonymisieren" und "pseudonymisieren" zu erklären, könnte allerdings den einen oder anderen Leser/Zuschauer/Zuhörer überfordern, deswegen unterlassen die "Mainstream"-Medien vielleicht diesen Unterschied zu erklären.
Für mich ist das keine zufriedenstellende Erklärung.
Wir haben in den letzten Wochen viele virologische, epideiologische und statistische Fachbegriffe um die Ohren gehauen bekommen die zum Jahreswechsel vermutlich die meisten noch nicht kannten. Falls Bedarf bestand, wurden die eben erklärt.
Warum kann man das bei der App nicht ebenfalls machen?

tobo
Beiträge: 1989
Registriert: 10.12.2008 10:51:41

Re: Corona-Tracing-App

Beitrag von tobo » 21.04.2020 17:41:07

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
21.04.2020 16:22:04
Das würe bedeuten, dass:
A: meine subjektive Wahrnehmung der Berichterstattung falsch ist.
Möglicherweise ist das so!? Erstens gibt es nicht "die" App. Jedes europäische Land hat mindestens eine App, die EU wirft Richtlinien rein und auch in Deutschland gibt es 2 verschiedene Ansatzpunkte. Und zweitens haben die sogenannten Qualitätsmedien sehr wohl über den pseudonymen Ansatz geschrieben und zwar schon vor einem 3/4 Monat:
https://www.tagesschau.de/regional/nord ... 33317.html
https://www.tagesschau.de/inland/app-rki-101.html

Antworten