Bundestagswahl am 22.09.

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regenbogen
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Beitrag von regenbogen » 26.09.2002 10:41:56

Die Gewaltenteilung lebt aber doch davon, dass alle drei Teile funktionieren. Wenn Wählen nicht mehr die Legislative und bei uns über einen Umweg (vielleicht nicht ganz so demokratisch) damit auch die Exekutive stellt, sind plötzlich zwei große Machtbereiche des Staates nicht mehr abgedeckt. Im demokratischen Notstand (wenn weniger als 40% des Stimmviehs wählen geht) wird der Ruf schnell laut, handlungsfähige, neue Konzepte zu entwickeln. Dafür gibt man dann auch 'kurzzeitig' demokratische Konzepte auf wie die Gewaltenteilung.
Wenn der GröFaZ '33 an die Macht kam, dann durch Hindenburg sein Spiel mit diesen demokratischen Grundsätzen. Der ging ja auch nur davon aus, dass sich Hitler schon selbst erledigen würde, aber die 'kurzzeitigen' Notstandsgesetze wurden von Hitler dann ja auch zur Beendigung der Demokratie benutzt.
Oder?

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pil
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Beitrag von pil » 26.09.2002 12:44:56

regenbogen hat geschrieben: Oder?
Ich gebe dir schon recht. Da gehörte aber eine ganz bestimmte Konstellation dazu, zu der mindestens gehörte:

1) Das Auseinanderbrechen der Großen Koalition März 1930 und das dadurch entstandene Machtvakuum

2) Ein geistig etwas umnachteter Reichspräsident

3) Schließlich die klaren Absichten des Gröfaz selbst

Kurzantwort: Die Geschichte wiederholt sich niemals im Verhältnis 1:1

regenbogen
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Beitrag von regenbogen » 26.09.2002 13:29:39

Die Geschichte wiederholt sich niemals im Verhältnis 1:1
Nee, das sag ich ja nicht, aber zumindest lässt du durch Nichtwählen mehr als nur ein Machtvakuum zurück.
Die Staatsgeschäfte gehen auch immer weiter, das ist ja klar. Es wird wohl schwerlichst totale Anarchie auftreten.
Aber wie will man denn sonst die Macht über das Volk in die Hände des Volkes legen?
Volksentscheide sind zwar okay, aber wenn man mit Russland neue Geschäftsbeziehungen eröffnen will, kann ja nicht das ganze Land anreisen.
Irgendwer muss ja das Land repräsentieren und regieren. Also muss das Volk entscheiden, oder?
Wenn du aber nicht wählst, transportierst du auch gar keine Meinung. Aus dem Nichtwählen kannst du dir ja genausogut einen Kuchen backen. Und damit soll der neue Repräsentant des Volkes gewählt werden?

xkuschelberndx
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Beitrag von xkuschelberndx » 27.09.2002 10:10:16

nochma zur abenteuerlichen these das hitler durch mangelnde wahlbeteiligung an die macht gekommen ist.
wenn deutschland damals nicht einverstanden gewesen wäre hätte sich ein breiterer widerstand breit gemacht, nicht auf dem wahlzettel sondern auf der strasse.

zum nichtwählen: ich betrachte es nicht als chance alle vier jahre zwischen dem kleineren und dem grösseren übel zu unterscheiden. eine ungültige stimme ist hier ein besseres statement als das kleinere übel zu wählen. ich kann trotzdem politisch aktiv sein und damit mehr erreichen als durch ein kreuzchen alle vier jahre.

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pil
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Beitrag von pil » 27.09.2002 20:15:08

Ein Machvakuum ergibt sich dann, wenn die Partei, die vielleicht von unter 40% der Wähler gewählt wurde, sagt: "Nein, das akzeptieren wir nicht. Wir betrachten uns als nicht gewählt."
Das aber wird sie - schon aus Machgründen - nicht tun.

Was aber passiert, wenn der Prozentsatz der Wähler noch weiter zurückgeht? Weil das nicht bekannt ist, ist Nicht-Wählen natürlich ein Spiel mit einem Unsicherheitsfaktor, den viele nicht akzeptieren können.

Aber, nochmal ein neuer Anlauf:
Ein Nicht-Wähler gehört nicht zur Partei der Nicht-Wähler, die sich vertraglich verpflichtet, niemals zu wählen.
Nicht-Wählen ist ein Protest gegen das, was als Wählbar angeboten wird.
Ein Protest, gegen die Instrumentalisierung der Wähler (Menschen) als Stimmvieh. Gegen die Kosten der Wahlwerbung, die mit Sicherheit sinnvoller einsetzbar sind.
Gegen das, was als Demokratie verkauft wird, in Wirklichkeit aber ein Kaufhaus ist.
Vielleicht auch gegen den Unsinn der Demokratie selbst. Unsinn deshalb, weil nicht begründbar ist, das die Mehrheit recht haben soll.

Natürlich will ich damit nicht sagen, dass Demokratie schlecht ist, und dass ich was viel besseres in der Hinterhand habe. Aber befriedigen kann einem sowas Demokratie nicht, erst recht nicht die parlamentarische Demokratie.
xkuschelberndx hat geschrieben:ich kann trotzdem politisch aktiv sein und damit mehr erreichen als durch ein kreuzchen alle vier jahre.
Auch das ist es, was ich meine.

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Kalmar
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Beitrag von Kalmar » 27.09.2002 20:30:31

ich würde das nicht so sehen.. also ich würd sagen: nicht-wählen ist kein zeichen dafür dass keine partei nicht wählbar ist.

Wenn du wählen gehst, dabei aber deinen Stimmzettel ungültig machst, das ist ein zeichen dafür dass keine Aprtei wählbar ist.

hmm der unterschied? du hast deine Stimme abgegeben, und zur Wahlbeteilgung beigetragen ;)
That seems to point up a significant difference between Europeans and Americans. A European says: "I can't understand this, what's wrong with me?" An American says: "I can't understand this, what's wrong with him?"

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Beitrag von Six » 02.10.2002 00:02:32

tylerD hat geschrieben:
pil hat geschrieben: Genauer gesagt: Er wurde *gewählt*
..weil die "normalen" menschen nicht mehr zur wahl gegangen sind. je geringer die beteiligung desto größer ist die chance für spinner und verhetzer in wichtige positionen zu gelangen. will aber deine einstellung nicht kritisieren, will nur meine meinung dazu sagen weil ich es wichtig finde das sowas nicht wieder passieren soll.
Im Jahre 1933 lag die Wahlbeteiligung im Deutschen Reich bei 88,74% der Wahlberechtigten. Die NSDAP hat davon 43,91% ergattert. Kaum eine geringe Beteiligung und kaum ein undeutliches Votum. Die beiden Reichstagswahlen 1932 lagen mit über 80%, bzw. 84% nicht deutlich darunter. In beiden Fällen konnte die NSDAP ihre Wahlerfolge ausbauen. Verabschiedet euch bitte vom Mythos des "unglücklichen Zufalls" und der Abwesenheit der "Anständigen". Nachzulesen in so ziemlich jedem Geschichtsbuch oder hier: http://www.gonschior.de/weimar/Deutschland/RT8.html

Ja, ich habe gewählt. Was, bleibt mein Geheimnis. Und geht mir weg mit der Moral. Elendes Verordnungsdenken.

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