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Snoopy
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Snoopy » 27.03.2019 12:33:51

Da bekomme ich Plack...

https://www.golem.de/news/urheberrechts ... 40284.html

Der letzte Absatz:
Wenn man noch nicht mal den richtigen Knopf drücken kann...dann sollte man einfach mal überlegen, ob man auf dem richtigen Posten sitzt...

Huo
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Huo » 27.03.2019 12:46:34

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 11:00:58
Jetzt kommt aber der große Unterschied zur bisherigen Praxis:
Wenn ein Nutzer gegen diese AGB-Klausel verstieß, habe ich das fragliche Material gelöscht und ggf. den Nutzer gesperrt, NACHDEM ich durch den Rechteinhaber über den Lizenzverstoß in Kenntnis gesetzt wurde.
In Art 13 [in der letzten Fassung der Richtlinie übrigens Art. 17, Anm. Huo] steht nun aber, dass ich "in Übereinstimmung mit hohen Industriestandards professioneller Sorgfalt beste Anstrengungen unternehmen muss, unlizensiertes Material gar nicht erst zur Verfügung zu stellen".
Während es Dir also Bauchschmerzen bereitet, dass die EU-Urheberrechtsreform kommerzielle Videoportale – zumindest "mittelgroße" – vor scheinbar unlösbare Anforderungen stellt, hat es Dich bislang offenbar kaum gestört, dass es nach der alten Praxis die Urheber waren, die ihre Rechte kaum wirksam wahrnehmen konnten. Oder willst Du etwa einem Musiker zumuten, dass er täglich und stundenlang im Netz nach illegal hochgeladenen Audio- und Videotracks seiner Songs fahndet? Vielleicht ist es einfach mal an der Zeit, dass der Spieß umgedreht wird und statt der Rechteinhaber jetzt YouTube und andere Internetriesen in die Pflicht genommen werden.

Mir ist es, ehrlich gesagt, allemal lieber, ein drittrangiges kommerzielles Videoportal muss schließen, als dass ein Künstler in seiner Existenz bedroht ist. YouTube hat als Videoportal fast eine Monopolstellung (mir fallen spontan sonst nur Vimeo und Dailymotion ein) und setzt ja, wie Du selbst betonst, bereits Uploadfilter ein. Und da Google bekanntlich auch die Führerschaft in der Entwicklung von KI anstrebt, halte ich es auch nicht für ausgeschlossen, dass YouTubes Filter die Erkennung von Parodie und Ironie in absehbarer Zukunft auch noch bewältigen werden.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 11:00:58
Es ist sicher auch unstrittig, das dort Verbesserungspotenzial bestand, aber die neue Regelung hilft nicht Urhebern, sondern Verwertern. Diese beiden Gruppen werden mMn in der Diskussion viel zu oft durcheinandergewürfelt.
So einseitig verstehe ich die Urheberrechtsreform nicht. Im Übrigen tragen die (von Kritikern gerne als "Content-Mafia" verschrienen) Verwerter wie etwa Verlage und Musik-Labels zu einer reichhaltigen Kulturlandschaft bei, und auch ihre Mitarbeiter verdienen, von ihrer Arbeit leben zu können.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von heisenberg » 27.03.2019 13:04:16

Den Kommentar hier finde ich eine praktikable Lösung:

Wasserzeichen in den Content eingearbeitet. Geht zumindest für Audio und Video. Auf die Art und Weise braucht mein keine Fuzzy-Mustererkennung über riesige Datenmengen.

Dafür kann man sich auch OSS-Tools vorstellen, die einem das im Klartext rauswerfen.

https://www.heise.de/forum/heise-online ... 4325/show/

Also nur für den Fall, dass es wirklich um's Urheberrecht geht...
... unterhält sich hier gelegentlich mangels wunschgemäßer Gesprächspartner mal mit sich selbst.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von uname » 27.03.2019 13:22:09

heisenberg hat geschrieben:Wasserzeichen in den Content eingearbeitet.
Man kann den Ansatz jedoch auch umgekehrt nutzen.

Man erstellt seinen rechtlich geschützten Inhalt (z. B. Bilder oder Videos), versieht ihn mit steganographischen Inhalten [1] (z. B. Urheberrechte) und wartet nur darauf, dass ein Dritter die Inhalte zu einer Plattform wie Youtube hochlädt, die finanziell mächtig genug ist Abmahngebühren in Millionenhöhe zu zahlen.

Schon vor Jahren gab es mal Kochseiten, wo der Anbieter nur darauf gewartet hat, dass Dritte die rechtlich geschützten Fotos der Speisen kopiert und auf eigenen Seiten verwendet haben. Also wenn man schon illegal etwas kopiert, dann bitte als Bildausschnitt (verändert die Prüfsumme) und die Daten natürlich immer umbenennen. Ob Steganographie rekonstruierbar ist, weiß ich nicht. Aber ich denke dann findet auch der Rechteinhaber auf der Internet-Müllhalde seinen kopierten Content nicht wieder ;-)

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Computerg ... anographie

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von rockyracoon » 27.03.2019 13:33:08

Ein guter Kommentar zu dem neuen Gestz findet sich hier: https://linuxnews.de/2019/03/urheberech ... t-was-nun/

P.S.: Was das "Kuscheln" betrifft, so bin ich hier keineswegs träumerisch. Nicht nur in Bezug auf das neue Gesetz bin ich sehr pessimistisch, sondern auch in Hinblick auf andere Entwicklungen. Ich freue mich einfach über jede der seltenen vernünftigen Statements. Das ist eher deprimierend. Ich will jetzt aber nicht weiter "Off-Topic" schreiben.

Was die Kritik an der CDU/CSU betrifft: Ich bin weiß Gott kein Parteifreund. Wenn die Gerüchte über einen "Deal" aber stimmen, muß man sorgsam überlegen, wie man die Sache bewertet. Angeblich mußte die BRD gegenüber Frankreich dem neuen Copyright-Gesetz zustimmen, wenn Frankreich dem Nord-Stream-Gas-Projekt zustimmen soll. Wenn diese Information keine Fake ist, dann frage ich den Leser: Wie hättest Du in diesem realpolitischem Dilemma entschieden?
Zuletzt geändert von rockyracoon am 27.03.2019 14:38:59, insgesamt 1-mal geändert.

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hikaru
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von hikaru » 27.03.2019 14:21:51

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 12:46:34
Während es Dir also Bauchschmerzen bereitet, dass die EU-Urheberrechtsreform kommerzielle Videoportale – zumindest "mittelgroße" – vor scheinbar unlösbare Anforderungen stellt, hat es Dich bislang offenbar kaum gestört, dass es nach der alten Praxis die Urheber waren, die ihre Rechte kaum wirksam wahrnehmen konnten.
Abgesehen davon, dass ich meine Befindlichkeit nicht als "Bauchschmerzen" bezeichnen würde, weil mir das zu SPD-nah ist, halte ich die Kausalität die du hier versuchst herzustellen für nicht gegeben.

"Mittelgroßes Videoportal" nahm ich als Beispiel, weil mir das als Kontrast zu Youtube zuerst einfiel, und ich hatte dabei durchaus Vimeo und Dailymotion im Kopf. Ich hätte alternativ auch kleines Diskussionsforum mit angeschlossener Bildergalerie (im Klartext: Debianforum) schreiben können, und hätte es vermutlich auch getan, wenn eggy mit seinem letzten Beitrag etwas schneller gewesen wäre.
Und ja, bei beiden finde ich es nicht in Ordnung, dass sie nun im vorauseilenden Gehorsam den Negativbeweis erbringen müssen, keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Negativbeweise sind Käse! Beweise doch bitte mal, dass es Russels Teekanne nicht gibt, sonst klage ich dich in Grund und Boden!

Was die Urheber und ihre Rechtewahrnehmung angeht, das können sie doch jetzt schon nicht tun. Aber nicht, weil sie von Heeren von Raubmordkopierern überrannt werden, sondern weil sie von Verwertungsgesellschaften geknebelt werden.
Ein Jugendfreund meiner Cousine war seinerzeit Gitarrist und "Manager" einer Punkband. In der lokalen Szene hatten sie damals ein durchaus respektables Ansehen. Da ihr Anfangsrepertoire wie bei vielen Hobbybands z.T. aus Covers bestand, blieb ihnen nichts anderes übrig, als einen Vertrag mit der GEMA zu unterzeichnen. Was sie sich da an's Bein gebunden hatten, merkten sie erst Jahre später, als sie längst keine Coverband mehr waren. Das führte letztendlich bis zur Auflösung der Band, denn durch ihre GEMA-Mitgliedschaft wuren sie in ihrer Auftrittsfreiheit so weit eingeschränkt, dass es ihnen keienn Spaß mehr machte.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 12:46:34
Oder willst Du etwa einem Musiker zumuten, dass er täglich und stundenlang im Netz nach illegal hochgeladenen Audio- und Videotracks seiner Songs fahndet? Vielleicht ist es einfach mal an der Zeit, dass der Spieß umgedreht wird und statt der Rechteinhaber jetzt YouTube und andere Internetriesen in die Pflicht genommen werden.
Youtube ist doch jetzt schon in der Pflicht. Genau deshalb haben sie ja jetzt schon Uploadfilter. Das System mag nicht perfekt sein, das ist in der Realität selten der Fall, aber ich finde, es ist im Grundsatz in Ordnung.
Was du hier forderst ist, dass feltel in Zukunft jedes Bild in der Galerie darauf überprüfen muss, ob es nicht ein Urheberrechtlich geschützes Werk zeigt. Das kann ein Foto von einem Usertreffen mit unglücklichem Hintergrund sein, ein Desktop-Wallpaper oder sogar sowas banales wie ein Screenshot in einem Problemlösungsthread, der ein Browserfenster mit geladener Gedichtwebsite zeigt.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 12:46:34
Mir ist es, ehrlich gesagt, allemal lieber, ein drittrangiges kommerzielles Videoportal muss schließen, als dass ein Künstler in seiner Existenz bedroht ist.
Ich könnte jetzt dagegenhalten, dass mich ein viertrangiger Künstler noch viel weniger interessiert, als ein drittrangiges Videoportal. Der springende Punkt ist, dass beide nach geltendem Recht prinzipiell eine Daseinsberechtigung haben. Weder das ausüben von Kunst noch das Betreiben eines Videoportals ist verboten. Für gewöhnlich berühren sich die Interessen beider gar nicht. Sie können sich aber in anderen Fällen gegenseitig sowohl unterstützen (indem z.B. der Künstler seine Arbeit auf dem Videoportal präsentiert) als auch schaden (unlizensiertes Video des Künstlers auf Portal).
Ich sehe keinen Grund, warum einer von beiden hier stärker belastet werden sollte als der andere. Deutschland und der überwiegende Teil der EU sind dem eigenen Anspruch nach Rechtsstaaten. In Rechtsstaaten gilt die Unschuldsvermutung. Diese fordert, dass davon auszugehen ist, dass ein Videoportalbetreiber nur rechtmäßig erworbene Videos zeigt. Das Gegenteil ist im Einzelfall zu beweisen.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 12:46:34
YouTube hat als Videoportal fast eine Monopolstellung
das "fast" kannst du in Zukunft streichen, denn dank teurer Uploadfilter werden sich keien Konkurrenten halten können. Du hast ja gerade selbst gesagt, das dir drittrangige Videoportale sowieso egal sind.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 12:46:34
Und da Google bekanntlich auch die Führerschaft in der Entwicklung von KI anstrebt, halte ich es auch nicht für ausgeschlossen, dass YouTubes Filter die Erkennung von Parodie und Ironie in absehbarer Zukunft auch noch bewältigen werden.
Alles was heute unter "KI" läuft ist eine einzige große Nebelbombe. Es gibt auf dem ganzen Planeten nicht eine einzige öffentlich bekannte Künstliche Intelligenz. Das scheitert schon daran, das bisher noch keiner den Begriff "Intelligenz" überhaupt sauber definieren konnte, was Voraussetzung wäre um ihn technisch implementieren zu können. Es gibt ein paar recht gut funktionierende Mustererkennungssysteme, aber die haben nichts mit Intelligenz nach menschlichen Verständnis zu tun. Ich behaupte, Mustererkennung allein reicht prinzipbedingt nicht aus, um emotional gefärbte Begriffe wie Parodie oder Ironie zu erkennen. Wie bereits erwähnt, das kriegen nicht mal wir Menschen untereinander hin, insbesondere nicht über Kulturkreise hinweg.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 12:46:34
Im Übrigen tragen die (von Kritikern gerne als "Content-Mafia" verschrienen) Verwerter wie etwa Verlage und Musik-Labels zu einer reichhaltigen Kulturlandschaft bei, und auch ihre Mitarbeiter verdienen, von ihrer Arbeit leben zu können.
Das war sicher mal die Idee dahinter, und es mag vielleicht in der Mehrheit auch noch zutreffen, aber meine eigene, wenn auch nicht persönliche Erfahrung sagt mir, das die Idee längst pervertiert ist (siehe Jugendfreund meiner Cousine!).

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von rockyracoon » 27.03.2019 16:08:49

1.) Ich wiederhole:
Was die Kritik an der CDU/CSU betrifft: Ich bin weiß Gott kein Parteifreund. Wenn die Gerüchte über einen "Deal" aber stimmen, muß man sorgsam überlegen, wie man die Sache bewertet. Angeblich mußte die BRD gegenüber Frankreich dem neuen Copyright-Gesetz zustimmen, wenn Frankreich dem Nord-Stream-Gas-Projekt zustimmen soll. Wenn diese Information keine Fake ist, dann frage ich den Leser: Wie hättest Du in diesem realpolitischem Dilemma entschieden?
Immerhin: https://www.deutschlandfunk.de/golanhoe ... _id=990995

2.) 8O :
https://www.tagesschau.de/ausland/absti ... t-101.html

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hikaru
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von hikaru » 27.03.2019 16:49:42

rockyracoon hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 16:08:49
Angeblich mußte die BRD gegenüber Frankreich dem neuen Copyright-Gesetz zustimmen, wenn Frankreich dem Nord-Stream-Gas-Projekt zustimmen soll. Wenn diese Information keine Fake ist, dann frage ich den Leser: Wie hättest Du in diesem realpolitischem Dilemma entschieden?
"Realpolitik" ist oft nur ein Euphemismus für Korruption - Korruption der eigenen Integrität.

Ich bin nicht vollständig informiert, aber soweit mir bekannt ist, hat Frankreich keine originären Interessen für oder gegen Nord Stream 2. Sollte das als Druckmittel für die Urheberrechtsreform genutzt worden sein, dann wäre die Pipeline also aus französischer Sicht lediglich Verhandlungsmasse gewesen, im Bewusstsein, dass die deutsche Regierung dafür ist und Opposition insbesondere aus Polen hat.
Das hat nichts mit freier Wahl zu tun und ist demnach undemokratisch. Solche Spiele treibt man nicht, sonst verspielt man seine Glaubwürdigkeit als fairer Partner. Und man lässt sich auch nicht auf sie ein, sonst steht man als erpressbar da.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von heisenberg » 27.03.2019 18:03:50

Was ich an dieser Diskussion hier gut finde, ist der Ansatz einige Beiträge weiter oben, sich hier mal konkret mit dem tatsächlichen Text zu beschäftigen. Laut sein und auf die Straße gehen war vor kurzem dran, als es um das verhindern ging. Aber ich finde, dass jetzt Beruhigung und die Konkretisierung hinsichtlich der tatsächlichen Folgen hilfreich ist. (Oder vielleicht nochmal irgendwann doch wieder laut werden...)
... unterhält sich hier gelegentlich mangels wunschgemäßer Gesprächspartner mal mit sich selbst.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Huo » 27.03.2019 21:54:12

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 14:21:51
Und ja, bei beiden finde ich es nicht in Ordnung, dass sie nun im vorauseilenden Gehorsam den Negativbeweis erbringen müssen, keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Negativbeweise sind Käse! Beweise doch bitte mal, dass es Russels Teekanne nicht gibt, sonst klage ich dich in Grund und Boden!
[...]
In Rechtsstaaten gilt die Unschuldsvermutung. Diese fordert, dass davon auszugehen ist, dass ein Videoportalbetreiber nur rechtmäßig erworbene Videos zeigt. Das Gegenteil ist im Einzelfall zu beweisen.
Es geht doch nicht darum, dass Videoportale im "vorauseilenden Gehorsam" etwas "beweisen" sollen. Auch gegen das Prinzip der Unschuldsvermutung verstößt die EU-Richtlinie m.E. nicht. Vielmehr setzt sie – wie viele andere Rechtsnormen auch – bestimmte Regeln, um präventiv unerwünschte Handlungen (in diesem Fall Uploads urheberechtlich geschützer Inhalte) nach Möglichkeit zu verhindern bzw. einzuschränken. Folgte man Deiner Logik, dürfte es auch keine Verkehrsregeln geben: Ein Autofahrer bräuchte sich dann an keinerlei Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Einbahnstraßen zu halten und würde erst belangt, wenn durch seine Fahrweise tatsächlich jemand zu Schaden käme. Dass die Einhaltung solcher Vorschriften sich nie lückenlos kontrollieren lässt, ist mir schon klar. Ich finde es aber zumutbar, dass Videoportale eine Verantwortung übernehmen für die Inhalte, die sie öffentlich verfügbar machen.

Ich bin kein Jurist und möchte deshalb auch darauf verzichten, allen Argumenten bis in ihre feinsten und spitzfindigsten Verästelungen nachzugehen. Nach meiner - und entgegen Deiner - Erfahrung macht sich die Kritik der Novellierungsgegner nur sehr selten Gedanken zu den Interessen der Urheber. Das wollte ich zumindest in diesem Thread ein klein wenig ändern, und ich würde sagen: Ziel halbwegs erreicht ... :wink:

Die praktisch unbegrenzt mögliche Vervielfältigung und Verbreitung von in digitaler Form vorliegenden Werken ist ohne Zweifel eine große Herausforderung für ein zeitgemäßes Urheberrecht. Vielleicht werden ja in Zukunft ganz andere, heute nur schwer vorstellbare Lösungen gefunden werden müssen – vielleicht eine "Kulturflatrate", zu der neben Profiteuren wie eben kommerziellen Videoportalen auch alle User ihr Scherflein beizutragen hätten?
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 14:21:51
Ich hätte alternativ auch kleines Diskussionsforum mit angeschlossener Bildergalerie (im Klartext: Debianforum) schreiben können, und hätte es vermutlich auch getan, wenn eggy mit seinem letzten Beitrag etwas schneller gewesen wäre.
[...]
Was du hier forderst ist, dass feltel in Zukunft jedes Bild in der Galerie darauf überprüfen muss, ob es nicht ein Urheberrechtlich geschützes Werk zeigt. Das kann ein Foto von einem Usertreffen mit unglücklichem Hintergrund sein, ein Desktop-Wallpaper oder sogar sowas banales wie ein Screenshot in einem Problemlösungsthread, der ein Browserfenster mit geladener Gedichtwebsite zeigt.
Ein nicht-kommerzielles Forum wie debianforum.de ist von der EU-Richtlinie doch gar nicht betroffen; ich dachte, das sei schon weiter oben in dieser Diskussion hinreichend geklärt worden. Leider kursieren im Netz vielerorts Falschmeldungen zur Urheberrechtsreform - ob aus Unkenntnis oder als bewusste Irreführung sei einmal dahingestellt. Ich verlinke auf die entsprechende Seite des Textes (S. 60), aus der hervorgeht, dass unter "Diensteanbieter" im Sinne der Richtlinie, vereinfacht gesagt, nur kommerzielle Upload-Portale zu verstehen sind – zu denen jedenfalls mit Sicherheit das Debianforum nicht gezählt werden kann.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von hikaru » 27.03.2019 23:11:16

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Es geht doch nicht darum, dass Videoportale im "vorauseilenden Gehorsam" etwas "beweisen" sollen.
Doch, sie sollen für jedes einzelne Video vor der Veröffentlichung die Urheberschaft beweisen. Genauer: sie sollen den Negativbeweis antreten, dass es weltweit keine Urheberrechts- und Verwertungsansprüche verletzt. Dass das Ergebnis dieser Prüfung nur auf Anfrage präsentiert werden muss ändert daran nichts.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Auch gegen das Prinzip der Unschuldsvermutung verstösst die EU-Richtlinie m.E. nicht. Vielmehr setzt sie – wie viele andere Rechtsnormen auch – bestimmte Regeln, um präventiv unerwünschte Handlungen (in diesem Fall Uploads urheberechtlich geschützer Inhalte) nach Möglichkeit zu verhindern bzw. einzuschränken.
Wenn ich Dienstanbieter bin und verdachtsunabhängig den Beweis für eine Nichtverletzung jeglicher Rechte Dritter für sämtliche Inhalte erbringen und vorhalten muss, dann sehe ich mich einem Generalverdacht auf gewohnheitsmäßige Rechtsverletzung ausgesetzt.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Folgte man Deiner Logik, dürfte es auch keine Verkehrsregeln geben: Ein Autofahrer bräuchte sich dann an keinerlei Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Einbahnstraßen zu halten und würde erst belangt, wenn durch seine Fahrweise tatsächlich jemand zu Schaden käme.
Dein Vergleich passt nicht. Natürlich gibt es Verkehrsregeln bezüglich Urheberrecht. Eine ganz Zentrale ist, dass ich keine Rechte Dritter verletzen darf. Das galt bisher auch schon.
Übertragen auf dein Starßenverkehrsbeispiel ist was jetzt passieren soll, dass jeder Autofahrer ständig einen Fahrtenschreiber mitlaufen lassen muss um beweisen zu können, dass er sich jederzeit StVO-konform verhalten hat. Kann er den Beweis für eine Fahrt nicht erbringen, wird ihm das als Verstoß ausgelegt, egal ob er tatsächlich einen begangen hat, ob er in einer Notsituation so handeln musste*, oder ob der Fahrtenschreiber defekt war. Genau das ist wieder der dämliche Negativbeweis.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Ich finde es aber zumutbar, dass Videoportale eine Verantwortung übernehmen für die Inhalte, die sie öffentlich verfügbar machen.
Da hast du natürlich recht. Aber genau das war bisher schon der Fall. Sie waren bereits in der Pflicht, urheberrechtsverletzendes Material zu löschen. Es ändert sich jetzt nur die Beweislastpflicht und das zieht einen hässlichen Rattenschwanz technischer und gesellschaftlicher Probleme hinter sich her, welche mMn nicht durch die erstrebenswerten Verbesserungen der Kreativen zu rechtfertigen sind.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Bestimmt ist die praktisch unbegrenzt mögliche Vervielfältigung und Verbreitung von in digitaler Form vorliegenden Werken eine große Herausforderung für das Urheberrecht.
Natürlich. Das ändert aber nichts daran, dass der Kollateralschaden der aktuelen Reform zu hoch ist.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Vielleicht werden ja in Zukunft ganz andere, heute nur schwer vorstellbare Lösungen gefunden werden müssen – vielleicht eine "Kulturflatrate", zu der alle User ihr Scherflein beizutragen hätten?
Daran glaube ich nicht, denn die Urheber vertreten sich großteils nicht selbst sondern werden durch eine Verwerterindustrie vertreten. Diese arbeitet streng gewinnorientiert und hat kein Interesse an einer gedeckelten Lösung, was eine "Kulturflatrate" zwangsläufig sein müsste.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Ein nichtkommerzielles Forum wie debianforum.de ist von der EU-Richtlinie doch gar nicht betroffen; ich dachte, dies sei schon weiter oben in diesem Thread hinreichend geklärt worden.
Woraus soll das hervorgehen? Aus deinem Link jedenfalls nicht. Es bliebe gerichtlich zu klären, ob feltels Spendensammlung unter Gewinnerzielungsabsicht steht und ob es Zweck der Galerie ist, urheberrechtlich geschütztes Material zu verbreiten.
Ich denke wir beide sind uns einig darin, dass Beides nicht zutrifft. Aber das gilt vermutlich auch für Wikipedia. Nur warum wird Wikipedia dann so explizit wie ohne Namensnennung nur irgend möglich extra im Text erwähnt, das Debianforum aber nicht? Als Abmahnkanzlei würde ich zumindst versuchen, feltel einen Vergleich abzupressen.

Unabhängig davon besteht das Problem von Vimeo und Dailymotion weiter - und übrigens auch das aller aktiven Youtubenutzer, deren Inhalte nun noch strenger gefiltert werden, aus welchem tatsächlichen Grund auch immer.


*) Beispiel aus der Praxis: Bei Rot auf Kreuzung einfahren um Platz für RTW zu machen

TomL

Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von TomL » 27.03.2019 23:27:20

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 23:11:16
Übertragen auf dein Starßenverkehrsbeispiel ist was jetzt passieren soll, dass jeder Autofahrer ständig einen Fahrtenschreiber mitlaufen lassen muss um beweisen zu können, dass er sich jederzeit StVO-konform verhalten hat. Kann er den Beweis für eine Fahrt nicht erbringen, wird ihm das als Verstoß ausgelegt, egal ob er tatsächlich einen begangen hat, ob er in einer Notsituation so handeln musste*, oder ob der Fahrtenschreiber defekt war. Genau das ist wieder der dämliche Negativbeweis.
Ich glaube, dass dieser Vergleich auch nicht so ganz passt. Wenn ich aber grundsätzlich mal beim Straßenverkehrsbeispiel bleiben darf, sieht es für mich jetzt so aus, dass nun der Autohersteller dafür sorgen muss, dass sich seine Kunden (die Autokäufer) StVO-Konform verhalten und das er in Haftung genommen wird, wenn sie das nicht tun. Und um aus der quasi unlösbaren Nummer raus zu kommen, kriegt jetzt jeder PKW nen Speedlimiter aufgezwungen, der via GPS orts- und situationsbezogen das Tempo drastisch reduziert, bis hin zur vorbeugenden Funktionsverweigerung. Wer ist der dumme ...?... natürlich der kontinuierlich positionsüberwachte und geradezu entmündigte Fahrer.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von hikaru » 28.03.2019 07:50:15

@TomL:
:THX:

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Snoopy » 28.03.2019 09:57:54

Hi,

nur mal so als Hinweis... ;)

Egal wie wir uns nun drehen und wenden, es ist bisher "nur eine EU-Richtlinie". Nicht mehr und nicht weniger.
Diese muss auch noch ein paar Hürden nehmen und muss auch erst mal in Recht umgemünzt werden.

Erst dann werden wir sehen, wie uns das tangiert.

Also bis auf weiteres erst einmal so weiter wie bisher, und dann schaumer mal :)
Wie wir nun es auch aktuell betrachten, letztendlich werden wir es erst später genauer wissen was der Gesetzgeber daraus machen wird (auch wenn es mir schon komisch wird, wenn ich daran denke, wer das ausarbeitet...).

Huo
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Huo » 28.03.2019 11:23:44

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 23:11:16
Übertragen auf dein Starßenverkehrsbeispiel ist was jetzt passieren soll, dass jeder Autofahrer ständig einen Fahrtenschreiber mitlaufen lassen muss um beweisen zu können, dass er sich jederzeit StVO-konform verhalten hat. Kann er den Beweis für eine Fahrt nicht erbringen, wird ihm das als Verstoß ausgelegt, egal ob er tatsächlich einen begangen hat, ob er in einer Notsituation so handeln musste*, oder ob der Fahrtenschreiber defekt war. Genau das ist wieder der dämliche Negativbeweis.
Zugegeben, mein Autofahrervergleich war schon sehr schief und traf nicht den Kern Deines Arguments. Wenigstens durfte ich damit einen kleinen Beitrag zur weiteren Steigerung eures Kuschelfaktors leisten :wink:. Nehmen wir also jetzt das Umweltrecht, das diverse Industrien im Sinne einer Umweltvorsorge dazu verpflichtet, präventive und behördlich kontrollierte technische Maßnahmen zur Verhinderung potentieller Schadstoffemissionen zu ergreifen. Auch solche Vorschriften ließen sich als Zwang zu "vorauseilendem Gehorsam" brandmarken, sie sind mir aber allemal lieber als ein bloßer Verweis eventuell Geschädigter auf die Möglichkeit individueller Klagen.

Unabhängig davon, ob vorstehender Vergleich passt oder doch wieder hinkt, finde ich "vorauseilenden Gehorsam" vertretbar, um den Urhebern als den "Davids" überhaupt eine realistische Chance zu geben, ihre Rechte gegenüber "Goliaths" wie YouTube zu wahren. Wenn, wie bereits öfters betont, YouTube (und übrigens auch Vimeo) entsprechende Upload-Filtertechnik bereits einsetzt, um so besser, dann werden bestehende Anstrengungen der Anbieter ja nur festgeschrieben, wo ist da das Problem? Auch die von der Richtlinie vorgesehenen Lizenzvereinbarungen zwischen Portalen und Rechteinhabern erscheinen mir prinzipiell nicht unrealistisch angesichts des 2016 abgeschlossenen Vertrags zwischen YouTube und Gema. Alternative Vorschläge der Novellierungskritiker zum effektiven Schutz der Urheber habe ich noch keine vernommen, höre sie mir aber gerne an.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 21:54:12
Ein nicht-kommerzielles Forum wie debianforum.de ist von der EU-Richtlinie doch gar nicht betroffen; ich dachte, das sei schon weiter oben in dieser Diskussion hinreichend geklärt worden.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 23:11:16
Woraus soll das hervorgehen? Aus deinem Link jedenfalls nicht.
Ich zitiere aus dem fraglichen Abschnitt:
Die vorliegende Richtlinie gilt für Dienste, deren wichtigster Zweck es ausschließlich oder unter anderem ist, eine große Menge von urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern und Nutzern das Hochladen und Weiterleiten dieser Inhalte zu ermöglichen, um daraus in direkter oder indirekter Weise Gewinne zu ziehen, indem die Inhalte mit dem Ziel, ein größeres Publikum anzuziehen, strukturiert und beworben werden, auch indem die Inhalte Kategorien zugeordnet werden und gezielte Werbung in die Inhalte eingefügt wird. Derartige Dienste sollten keine Dienste einschließen, deren wichtigster Zweck ein anderer ist als der, Nutzern das Hochladen und Weiterleiten einer großen Menge von urheberrechtlich geschützten Inhalten zu ermöglichen, um aus dieser Tätigkeit Gewinne zu ziehen.
Erstens ist der "wichtigste Zweck" des Debianforums ganz offensichtlich nicht das Hochladen großer Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte. Zweitens wäre es schlichtweg absurd bzw. Panikmache, Spenden als Profitausrichtung zu interpretieren. Aber klar, wer die Blattläuse auf seinen Balkongeranien bekämpft, muss auch Angst haben, wegen Verstoßes gegen das Tierschutzrecht verklagt zu werden.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 23:11:16
Als Abmahnkanzlei würde ich zumindst versuchen, feltel einen Vergleich abzupressen.
Würde ich im Falle einer konkreten Urheberechtsverletzung auch, allerdings auf der Grundlage des bereits bestehenden Urheberrechts. Mit der EU-Richtlinie hat das nichts zu tun; dem "vorauseilenden Gehorsam" in Form von Lizenzverträgen oder Uploadfiltern muss sich das Debianforum nicht unterwerfen.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von hikaru » 28.03.2019 12:16:55

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 11:23:44
Unabhängig davon, ob vorstehender Vergleich passt oder doch wieder hinkt, finde ich "vorauseilenden Gehorsam" vertretbar, um den Urhebern als den "Davids" überhaupt eine realistische Chance zu geben, ihre Rechte gegenüber "Goliaths" wie YouTube zu wahren.
Du hast hier den Punkt meiner Aussage nicht erfasst. Das Problem sind der zu erbringende Negativbeweis und die damit einhergehenden Begleiterscheinungen, nicht dass man sich im Voraus Gedanken über gesetzeskonformes Handeln machen muss.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 11:23:44
Wenn, wie bereits öfters betont, YouTube (und übrigens auch Vimeo) entsprechende Upload-Filtertechnik bereits einsetzt, um so besser, dann werden bestehende Anstrengungen der Anbieter ja nur festgeschrieben, wo ist da das Problem?
Wie bereits dargestellt ist das Problem die mit der Reform einhergehende Beweislastumkehr. Das sorgt einerseits wegen des nun zu erbringenden Negativbeweises für gesteigerte rechtliche Unsicherheit bei Plattformbetreibern sowie Nutzern, und andererseits zu einer technisch nötigen Verschärfung der Filter, die aber wiederum nie vollständig sein kann, dafür aber großen Potenzial für Missbrauch in Form von Zensur bietet.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 11:23:44
Auch die von der Richtlinie vorgesehenen Lizenzvereinbarungen zwischen Portalen und Rechteinhabern erscheinen mir prinzipiell nicht unrealistisch angesichts des 2016 abgeschlossenen Vertrags zwischen YouTube und Gema.
Youtube und Gema sind zwei Schwergewichte, die zumindest in Deutschland auf Augenhöhe agieren. Die Gema hatte aufgrund ihres Quasimonopols als Künstlervertreter die juristische, Youtube aufgrund der Nutzerzahlen die faktische "Lufthoheit". Nur deshalb hat das am Ende funktioniert. Und die Einigung hat trotzdem ewig gedauert. Bei ungleichen Partnern hätte der Stärkere einfach zum Schwächeren gesagt: "Friss oder stirb!"
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 11:23:44
Alternative Vorschläge der Novellierungskritiker zum effektiven Schutz der Urheber habe ich noch keine vernommen, höre sie mir aber gerne an.
Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, maße mir also auch nicht an, gute Vorschläge liefern zu können. Ich fände es aber schon einen Schritt in die richtige Richtung, wenn in der Diskussion wirklich mal die Urheber und nicht die Rechteverwerter in den Fokus gerückt würden.
Die vorliegende Richtlinie gilt für Dienste, deren wichtigster Zweck es ausschließlich oder unter anderem ist, eine große Menge von urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern
Definiere, was in diesem Kontext "urheberrechtlich geschütze Inhalte" sind!
Auch unsere Beiträge hier, jede Manpage und das Artwork von GUIs in Screenshots haben Urheber, welche einem gewissen Rechtsschutz unterliegen, soweit man Schöpfungshöhe annimmt.
um daraus in direkter oder indirekter Weise Gewinne zu ziehen, indem die Inhalte mit dem Ziel, ein größeres Publikum anzuziehen, strukturiert und beworben werden, auch indem die Inhalte Kategorien zugeordnet werden und gezielte Werbung in die Inhalte eingefügt wird.
feltels Spendenkonto ist, soweit ich es beurteilen kann, ständig im Plus. Er erzielt also offenbar mit dem Debianforum Gewinne. Als Gegenleistung bietet er einem größeren Publikum eine in Kategorien struktuierte Plattform in Form dieses Forums an. Dafür macht er Werbung z.B. in Form von Messeauftritten.
Die gezielete Werbung in Inhalten sehe ich hier zwar nicht, aber ich kenne sowas aus anderen Foren. Reicht das als Ausschlusskriterium aus? Falls ja, reicht es dann auch für Youtube, die Werbepopups in Videos abzuschalten? warum musste Wikipedia im Gesetz extra erwähnt werden? Die machen auch keine Werbung (außer für eigene Aktionen).

Da ist viel zu viel Gummi in dem Paragraphen um irgendwas auszuschließen. Snoopy hat Recht, wenn er sagt, dass man nun die nationalen Umsetzungen abwarten muss, aber der nun vorliegende Zwischenschritt ist eher Grund zur Skepsis als zur Freude. Und im Zweifelsfall müssen eben Details vor Gerichten geklärt werden.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 11:23:44
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.03.2019 23:11:16
Als Abmahnkanzlei würde ich zumindst versuchen, feltel einen Vergleich abzupressen.
Würde ich im Falle einer konkreten Urheberechtsverletzung auch, allerdings auf der Grundlage des bereits bestehenden Urheberrechts. Mit der EU-Richtlinie hat das nichts zu tun; dem "vorauseilenden Gehorsam" in Form von Lizenzverträgen oder Uploadfiltern muss sich das Debianforum nicht unterwerfen.
Nach altem Recht kriege ich als Abmahner so einen Fall nur mit feltels Hilfe: Irgendwer stellt hier eine Urheberrechstverletzung ein, feltel wird darüber informiert und handelt nicht. Dann kann ich klagen.
Nach neuem Recht mache ich mir den Fall einfach selbst: Ich melde mich hier als neuer User "Abmahnköder" an, begehe eine Urheberrechtsverletzung und setze als Abmahnanwalt feltel in Kenntnis. Nun muss er wie nach alter Rechtslage den Verstoß beseitigen und zusätzlich einen Filter implementieren, um eine Wiederholung zu verhindern. Dann melde ich mich als "Abmahnköder2" erneut an, begehe einen hinreichend ähnlichen Verstoß, der am Filter vorbei kommt und klage dann umgehend, denn feltels Uploadfilter hätte mich ja schon vom Upload abhalten müssen.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von MartinV » 28.03.2019 12:56:02

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 12:16:55
feltels Spendenkonto ist, soweit ich es beurteilen kann, ständig im Plus. Er erzielt also offenbar mit dem Debianforum Gewinne.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 11:23:44
Zweitens wäre es schlichtweg absurd bzw. Panikmache, Spenden als Profitausrichtung zu interpretieren.
Es gab bereits Gerichtsurteile, daß irgendwelche "Hasenzüchtervereinsseiten" kommerziell sind, weil sie 1&1-Werbung eingeblendet haben.
feltel erwirtschaftet Zinsen mit dem Spendenkonto.

Absurd? Ja. Aber auch ein absurdes Gerichtsurteil tut weh und kostet reales Geld.
Also nicht glauben, daß es die "kleinen" schon nicht treffen wird.
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von MSfree » 28.03.2019 13:24:46

MartinV hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 12:56:02
feltel erwirtschaftet Zinsen mit dem Spendenkonto.
Uih!
@feltel, kannst du mir mal deine Bank nennen. Ich wüßte gerne eine Bank, bei der man Guthabenzinsen bekommt. :mrgreen: :mrgreen:

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von MartinV » 28.03.2019 13:34:41

MSfree hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 13:24:46
Uih! @feltel, kannst du mir mal deine Bank nennen. Ich wüßte gerne eine Bank, bei der man Guthabenzinsen bekommt. :mrgreen: :mrgreen:
Wir können die Absurdität natürlich weiter treiben. Doch beachte, wie lange es dfde schon gibt. In der Zeit gab es auch schon Zinseinnahmen.

Der Punkt ist: Die Größenordnung kann minimal sein, und trotzdem zu Verurteilungen führen. Darauf beruht auch das Geschäft der Abmahnanwälte. Also bitte nicht lächerlich machen, nur weil etwas klein ist.
Die Vernunft kann einem schon leidtun. Sie verliert eigentlich immer.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Huo » 28.03.2019 21:02:52

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 12:16:55
Du hast hier den Punkt meiner Aussage nicht erfasst. Das Problem sind der zu erbringende Negativbeweis und die damit einhergehenden Begleiterscheinungen, nicht dass man sich im Voraus Gedanken über gesetzeskonformes Handeln machen muss.
Tatsächlich verstehe ich Deinen Punkt immer weniger und weiß dabei nicht, ob ich an meiner begrenzten kognitiven Kompetenz verzweifeln soll oder ob - entschuldige meine kleine Bosheit - Du vielleicht nicht alle Russellschen Tassen im Schrank hast :wink: . Wenn ein Portal unerlaubte Uploads ausfiltern muss und ein Unternehmen Schadstoffe – welchen logischen Unterschied macht das in unserem Zusammenhang? Vermutlich wird die Umwelttechnik behördlich sogar strenger kontrolliert als das bei YouTubes Filtern jemals der Fall sein wird.

Okay, dein Stichwort lautet "Negativbeweis". Kannst Du mir verraten, welchem konkreten Passus der Richtlinie Du entnimmst, dass einschlägige Portale künftig vor jeder einzelnen Veröffentlichung eines Uploads die Urheberschaft "beweisen" müssen? Und wem beweisen? Ein Filter filtert, Lizenzverträge werden abgeschlossen, aber wenn es Deinem Sprachgebrauch entspricht, dies alles als als "(Negativ-)Beweis" zu bezeichnen, warum wäre andererseits mit der Pflicht, nur erlaubte Stoffe in die Umwelt zu pusten, kein Beweis verbunden?

Artikel 17 (= der ursprüngliche Artikel 13) Abs. 5 der Richtlinie will übrigens die Verhältnismäßigkeit des von den Anbietern zu erwartenden Aufwandes sicherstellen. Ob diese ihren Verpflichtungen nachkommen, soll u.a. gemessen werden an "Art, Publikum und Umfang der Dienste" sowie an den finanziellen Kapazitäten und den entstehenden Kosten. Auch deshalb sehe ich keine Gefahr, dass das Debianforum (wenn Du Dich schon, anders als ich, darauf versteifen willst, dass es von der Richtlinie betroffen ist) in der selben Liga wie ein Internetgigant spielen muss und an unerfüllbaren Anforderungen zerbrechen wird.

Und hiermit möchte ich mich aus dieser Diskussion verabschieden, denn der Punkt, der mir am meisten am Herzen liegt, nämlich eine angemessene Vergütung der Kulturschaffenden (und, ja, auch der Verlage und Verwerter), ist in unserer Diskussion fast völlig in den Hintergrund geraten gegenüber der Perspektive der Internetanbieter (und den damit verbundenen logischen und juristischen Spitzfindigkeiten). Zuletzt möchte ich gerne einem echten Urheber das Wort geben, nämlich dem Element-of-Crime-Frontman und Romanautor Sven Regener. Sein gewaltiger, weder YouTube noch die Piraten verschonender Wutausbruch, den er sich in Radio Bayern 2 geleistet hat, ist auch nach sieben Jahren noch ein Hörgenuss. Dem Moderator hat's jedenfalls fast die Sprache verschlagen. Und ich finde, Regener hat recht!

TomL

Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von TomL » 28.03.2019 22:07:13

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 21:02:52
Wenn ein Portal unerlaubte Uploads ausfiltern muss und ein Unternehmen Schadstoffe....
... dann wäre das nur insofern vergleichbar, wenn a.) entweder das Portal selber schutzwürdige Werke hochladen und zum download anbieten würde oder wenn b.) eine Heerschar werksfremder Menschen auf dem Werksgelände Schadstoffe thermisch entsorgen würde.

Aber in der Realität trifft beides nicht zu, das Portal erzeugt nicht selber 'Schadstoffe', im Unternehmen gibts keine Heerschar Schadstoffe erzeugender Fremde. Für Unternehmen gilt derzeit das Verursacherprinzip, beim Downloadfilter wird genau das unter Inkaufnahme von digitalen Kollateralschäden (Abbau der Möglichkeiten Wissen ungehindert und ungefiltert zu verbreiten (ich bewerte das als weiteren Abbau von Demokratie in der EU)) ausgehebelt. Am Ende bestehen bei diesem Vergleich überhaupt keine vergleichbaren Aspekte und am allerwenigsten eine Grundlage für eine daraus abgeleitete Begründung.

Und ja, ich bin ohne jede Frage unbedingt für eine gerechte Bezahlung der Kunstschaffenden und ich bin nicht damit einverstanden, dass alle anderen verdienen und die Künstler leer ausgehen.

letzter3
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von letzter3 » 28.03.2019 22:36:00

offtopic: Ich bedanke mich für diese sachlich geführte Diskussion!

Huo
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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von Huo » 28.03.2019 22:45:58

@ TomL
Okay, danke für die instruktive Erklärung! Jetzt wird mir hikarus Punkt tatsächlich klarer.

Andererseits möchte ich zu bedenken geben, dass das Geschäftsmodell von YouTube und vergleichbaren Diensten ganz wesentlich auf User-generated Content beruht. Das bedeutet, dass die Nutzer, indem sie emsig Unmassen an Material hochladen, praktisch kostenlos für die Portale arbeiten. So funktioniert der digitale Kapitalismus! YouTube spart sich also die Bezahlung eigener Mitarbeiter, lässt Heerscharen von "Fremden" (um Deinen Ausdruck zu verwenden) für sich arbeiten und erzielt auf diese Weise Milliarden-Gewinne. Ich sehe nicht ein, dass ein klassisches Industrieunternehmen dafür gerade stehen muss, wenn seine Arbeiter und Angestellten Mist bauen, ein Unternehmen wie YouTube dagegen die Verantwortung für illegale Uploads bequem auf seine User abwälzen will, denen es doch gleichzeitig seinen Profit verdankt.

TomL

Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von TomL » 28.03.2019 23:16:03

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 22:45:58
So funktioniert der digitale Kapitalismus!
Ich bin zuwenig schlau, um dafür eine Lösung parat zu haben. Aber ich weiss, dass genau da die Lösung liegen muss, und zwar nur da. Der Veranstalter der Party muss bezahlen und nicht die Gäste, also Youtube oder ähnliche Portale, und zwar in voller Höhe, eben weil da das große Geld (gerade auch mit Werbung) verdient wird. Aber die zahlen ja hier noch nicht mal Steuern... :facepalm: ... oder siedeln sich in Steueroasen an :facepalm: Aber dann die Content-User mit Filtern zu behindern und dabei in Kauf zu nehmen, dass als kausaler Randeffekt auch uneindeutiges Material vor der Veröffentlichung dem Filter zum Opfer fällt... das geht gar nicht... das ist die weitere Fortsetzung des Abbaus von Demokratie und demokratischen Grundrechten in der EU.... angefangen mit der Vorratsdatenspeicherung, Quellen-TKÜ, erweitertes UKUSA-Abkommen, aktuell Whatsapp-Entschlüsselung, digitale Kinder-Überwachung, der Dämonisierung von Verschlüsselungstechniken (Tor-Netzwerk) ... was alles zusammengenommen einer Entmündigung der Verfügungshoheit auf die eigenen Daten und einer Entmündigung des Rechts auf digitale Privatsphäre entspricht oder darauf hinausläuft. Man muss das im Gesamtkontext sehen, dann erkennt man eine deutliche Richtung. Alles vorangetrieben von einer einzigen Organisation, die christlich und bürgerlich vorneweg trägt, aber in Wahrheit das genaue Gegenteil verkörpert.

Ich sehe es, wie z.B. bei Rock am Ring... wer als Veranstalter die Gäste einlädt, muss gleichzeitig auch die entsprechende Entsorgungs-Infrastruktur bezahlen. Dafür hat er das Recht, Eintritt zu nehmen, die Differenz von Einnahmen zu Kosten ist dann sein Gewinn. Wenn die Portale auf Eintritt verzichten und ihre Gewinne anders (durch Werbung) erzielen, ist das ok... aber die müssen als Veranstalter trotzdem für die 'Entsorgung' bezahlen... hier in diesem besonderen Fall und i.ü.S. (!) die Künstler... stattdessen kassieren die aber den Gewinn ungemindert. Da muss doch wirklich jedem gesunden Menschenverstand einleuchten, dass an diesem System was mega-faul ist. Umfassend in EU besteuern und gut ist... Einahmenbeteiligung an die Künster (durch GEMA oder was auch immer) und gut ist. Dafür braucht es keinen Filter, sondern nur simple Rechnungen an google und Co. Das dumme ist nur, mit einfachen Rechnungen an google & Co. hat man kein Mittel 'gegen' die Bürger etabliert, mit dieser Richtlinie aber sehr wohl.

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Re: das Forum nimmt am #321EUOfflineDay teil

Beitrag von hikaru » 29.03.2019 11:15:41

Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 21:02:52
Wenn ein Portal unerlaubte Uploads ausfiltern muss und ein Unternehmen Schadstoffe – welchen logischen Unterschied macht das in unserem Zusammenhang? Vermutlich wird die Umwelttechnik behördlich sogar strenger kontrolliert als das bei YouTubes Filtern jemals der Fall sein wird.
Um mich TomL anzuschließen:
Der Unterschied ist das Verursacherprinzip. Eine Fabrik erzeugt die Schadstoffe selbst, Youtube und Co. mit "user created content" sind nur "Marktplätze".
Stell dir vor, der Flohmarktorganisator müsste für jeden Schnuller und jeden Kaugummi den die Standbetreiber auf seinem Markt nachweisen können, dass er nicht geklaut wurde. Das ist menschlich unleistbar. Der Unterschied in der Digitalwirtschaft ist, dass solche Sachen dort prinzipiell automatisierbar sind, aber die Automatismen sind dumm, wenn auch fleißig. Und sie werden auf absehbare Zeit nicht intelligent werden, nur noch fleißiger.

Ich war als Student mal an einem IT-Projekt zum Thema Mustererkennung beteiligt. Ich will nicht behaupten, dass das was wir da vor über 15 Jahren zusammengecodet haben im entferntesten mit heutigen Technologien der Profis zu tun hatte, aber in Ansätzen ging es in Richtung Spur- und Abstandsassistent. Die Software war im Rahmen der uns damals zur Verfügung stehenden Rechenleistung recht fleißig, aber sie war gleichzeitig unglaublich dumm.
Nur als Beispiel: Eines unserer größten Probleme war damals, das Heck vorausfahrender weißer Kombis von schraffierten Sperrflächen zu unterscheiden.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 21:02:52
Okay, dein Stichwort lautet "Negativbeweis". Kannst Du mir verraten, welchem konkreten Passus der Richtlinie Du entnimmst, dass einschlägige Portale künftig vor jeder einzelnen Veröffentlichung eines Uploads die Urheberschaft "beweisen" müssen?
Aus deinem Link:
Kapitel 2 Art 17 S. 123 hat geschrieben:(4) Wird die Erlaubnis nicht erteilt, so ist der Diensteanbieter für das Teilen von
Online-Inhalten für nicht erlaubte Handlungen der öffentlichen Wiedergabe,
einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung, urheberrechtlich geschützter Werke
oder sonstiger Schutzgegenstände verantwortlich, es sei denn, der Anbieter dieser Dienste
erbringt den Nachweis, dass er

[..]

b) nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt alle
Anstrengungen unternommen hat, um sicherzustellen, dass bestimmte Werke und sonstige
Schutzgegenstände, zu denen die Rechteinhaber den Anbietern dieser Dienste einschlägige
und notwendige Informationen bereitgestellt haben, nicht verfügbar sind; und in jedem
Fall
c) nach Erhalt eines hinreichend begründeten Hinweises von den Rechteinhabern
unverzüglich gehandelt hat, um den Zugang zu den entsprechenden Werken oder sonstigen
Schutzgegenständen zu sperren bzw. die entsprechenden Werke oder sonstigen
Schutzgegenstände von seinen Internetseiten zu entfernen , und alle Anstrengungen
unternommen hat, um gemäß Buchstabe b das künftige Hochladen dieser Werke oder
sonstigen Schutzgegenstände zu verhindern.
Die Erlaubnis aus dem ersten Absatz bezieht sich hier darauf, dass der Dienstanbieter vor Veröffentlichung hochgeladenen Materials sicherstellen muss, dass es keine Rechte Dritter verletzt. Dabei gibt es im Wesentlichen zwei Wege:
A: Der Uploader besitzt alle nötigen Rechte und gewährt sie dem Dienstanbieter im Zuge des Uploads. Dieser Fall greift, wenn es um "user created content" geht, also z.B. deine selbstgedrehten Urlaubsvideos, wo du der Urheber bist.
B: Der Uploader besitzt die nötigen Rechte nicht. Er ist nicht der Urheber und hat nicht die entsprechenden Verwertungsrechte um dem Dienstanbieter das Material zur Verfügung zu stellen. Der Dienstanbieter hat diese Rechte aber über einen anderen Weg, z.B. einen gesonderten Lizenzvertrag mit dem Urheber/Verwerter, erhalten.

Zwischen A und B muss der Dienstanbieter unterscheiden. Um Auszuschließen, dass B zutrifft muss er entweder vom Uploader einen Nachweis erhalten, dass dieser die entsprechenden Rechte besitzt (Positivbeweis), oder ausschließen können, dass irgendjemand anders Rechte an dem Material besitzt (Negativbeweis). Dazu braucht er eine VOLLSTÄNDIGE Liste ALLER Rechte an ALLEN möglichen Werken.
Bei der Unterscheidung zwischen A und B kommt erschwerend hinzu, dass ein Teilwerk vom Typ B in einem Werk vom Typ A enthalten sein kann (siehe mein früheres Beispiel zum abgefilmten Musikvideo).
Ich denke, wir sind uns einig darüber, dass die gerade dargestellte Aufgabe technisch anspruchsvoll und fehlerträchtig ist.

Bis hier her ist noch nichts neu, genau diese Bedingungen galten im Prinzip schon bisher. Der Unterschied ist, was nach dieser Kategorisierung der Uploads passiert:
Bisher hat der Dienstanbieter das Material kategorisiert und nach erfolgreicher Prüfung veröffentlicht. Hat er bei der Kategorisierung einen Fehler gemacht, so war das nicht schlimm. Wird er von Dritten auf einen Fehler aufmerksam gemacht, so muss er diesen korrigieren und der Verstoß gilt als geheilt. Das steht im Prinzip in Punkt c) des Zitats, wenn man den Verweis auf Punkt b) ignoriert.

Jetzt kommt aber Punkt b). Der ist neu und gefährlich. "hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt" heißt nichts anderes als Uploadfilter, denn sie sind bereits bei einigen Dientanbietern in Betrieb und sind trotz ihrer Mängel das beste, weil einzig praktikable Mittel. Sie setzen also den hohen Standard.
"sicherzustellen, dass bestimmte Werke und sonstige Schutzgegenstände, zu denen die Rechteinhaber den Anbietern dieser Dienste einschlägige und notwendige Informationen bereitgestellt haben, nicht verfügbar sind" beschreibt einen Zustand, kein Ziel. Wenn der Rechteinhaber den Dienstanbieter von bestimmten Rechten auf bestimmte Werke in Kenntnis gesetzt hat, hat Letzterer von da an sicherzustellen, dass das genannte Werk nie wieder unrechtmäßig zugänglich gemacht wird. Die initiale Inkenntnissetzung geschah nach der bereits etablierten Praxis der Meldung rechtsverletzenden Materials, welches der Dienstanbieter daraufhin natürlich gelöscht hat.

Das Problem bei der Umsetzung ist, dass Werke im juristischen Sinn etwas völlig anderes sind als Dateien im technischen Sinn. Ob ich eine Datei schon mal gesehen habe ist einfach zu prüfen:
Ich bilde eine Prüfsumme und speichere diese zusammen mit der Information ab, ob ich die Datei veröffentlichen darf oder nicht. Jede neue Datei die ich bekomme prüfe ich gegen alle bekannten Prüfsummen. Wenn ich einen Treffer habe, richte ich mich nach der dazu abgespeicherten Information. Habe ich keinen Treffer, muss ich klären, was ich mit der Datei mache.
Auf Werke angewandt funktioniert dieser Mechanismus nicht. Das selbe Werk kann in verschiedenen Dateien (Prüfsummen) vorkommen. Aus technischer Sicht ist jedes Werk immer neu. Ich brauche also einen schlaueren Mechanismus als einfache Prüfsummen. Hier kommt Mustererkennung in's Spiel. Ich mache Ähnlichkeitsvergleiche auf Bilder und Tonsequenzen und erkläre ab einer gewissen Übereinstimmungsrate zwei präsentierte Dateien zum selben Werk. Eben dieser Mechanismus ist fehleranfällig und so wird dann der weiße Kombi manchmal zur schraffierten Sperrfläche.
Das weiß jeder mit dem entsprechenden technischen Hintergrund und kann das Wissen über diese Fehleranfälligkiet auch missbrauchen, indem er z.B. gezielt in den Algorithmus eingreift, diesen Eingriff verschleiert und das falsche Ergebnis als technisches Versagen verkauft, obwohl es in Wahrheit interessengesteuert war. Genau hier setzen z.B. die Zensurbedenken der Kritiker an.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 21:02:52
Und wem beweisen?
In erster Linie sich selbst, um Rechtssicherheit zu haben - letztendlich aber natürlich einem Gericht.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 21:02:52
Artikel 17 (= der ursprüngliche Artikel 13) Abs. 5 der Richtlinie will übrigens die Verhältnismäßigkeit des von den Anbietern zu erwartenden Aufwandes sicherstellen. Ob diese ihren Verpflichtungen nachkommen, soll u.a. gemessen werden an "Art, Publikum und Umfang der Dienste" sowie an den finanziellen Kapazitäten und den entstehenden Kosten. Auch deshalb sehe ich keine Gefahr, dass das Debianforum (wenn Du Dich schon, anders als ich, darauf versteifen willst, dass es von der Richtlinie betroffen ist) in der selben Liga wie ein Internetgigant spielen muss und an unerfüllbaren Anforderungen zerbrechen wird.
das ist halt alles Gummi und ich habe weder technisch noch politisch das Vertrauen, dass unsere Politiker das bei der nationalen Umsetzung interessenneutral festzurren. Genau deshalb sehe ich das Debianforum in Gefahr.
Huo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
28.03.2019 21:02:52
Und hiermit möchte ich mich aus dieser Diskussion verabschieden, denn der Punkt, der mir am meisten am Herzen liegt, nämlich eine angemessene Vergütung der Kulturschaffenden (und, ja, auch der Verlage und Verwerter), ist in unserer Diskussion fast völlig in den Hintergrund geraten gegenüber der Perspektive der Internetanbieter (und den damit verbundenen logischen und juristischen Spitzfindigkeiten).
Ich finde es schade und ehrlich gesagt auch etwa unfair, wenn du dich nun zurückziehst. das würde nämlich bedeuten, dass ich mir die ganze Mühe hier umsonst gemacht hätte.
Zum Thema der Vergütung der Kulturschaffenden haben wir deshalb nicht diskutiert, weil ich da keine Kompetenzen habe. Das Thema interessiert mich durchaus, nur kann ich dazu eben nichts beitragen (wenn man mal vom Punkbandbeispiel des Freundes meiner Cousine absieht).
Was ich aus meiner eher technischen Sicht wahrneheme ist, dass den Künstlern oft das Verständnis für das technisch Machbare fehlt. Das soll kein Vorwurf sein, aber ich finde es vermessen, aus dieser Position heraus juristiche Forderungen zu stellen die technische Umsetzungen brauchen. Verwerter haben oft das technische Verständnis, sind mir in ihren Interessen aber zu einseitig und so sehen dann auch die Ergebnisse aus. Was der Diskussion mMn fehlt ist eine weithin anerkannte technisch bewanderte Künstlervertretung ohne kommerzielle Interessen, quasi sowas wie eine "Künstler-FSF".

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