tegula hat geschrieben:TuxPeter hat geschrieben:Aber wenn ich z.B. "Potenzial" oder "Potenziometer" lesen, tut mir das irgendwo zwischen Aug' und Hirn weh.
Die angeglichene ("eingedeutschte") Schreibung vermeidet IMHO eine falsche Aussprache und erleichtert das (Vor-)Lesen. Ich finde es eher schade, dass sie bei vielen Fremdwörtern weiterhin nicht erlaubt ist.
TuxPeter hat geschrieben:Oder "aufwändig". Noch schlimmer ist natürlich, dass man überall "Wiederstand" findet, selbst wenn nur das Elektronikbauteil gemeint ist.
"Wiederstand" ist auch nach der neuen Rechtschreibung falsch [1].
[1]
http://www.duden.de/rechtschreibung/Widerstand
Die Patridioten der Identitäre hier im Lande schreiben "Wiederstand" sogar auf Transparente. Fordern gleichzeitig von Migranten, dass sie korrektes Deutsch können müssen...
Darauf angesprochen, dass "Wiederstand" etwas GANZ anderes als "Widerstand" ist, den sie eigentlich meinen, gab es zur Antwort: "Wir schreiben Wiederstand mit langem ie, das soll es noch betonen, dass wir dagegenhalten wollen"...
Wenn in den sozialen Medien die Vertreter der reinen Rassenlehre Anpassung der Zuwandernden in schlechtestem Deutsch fordern, ist das durchaus dem Komischen zuzurechnen, wenns nicht so todtraurig wäre... Aber was will man von "postfaktischen" Menschen mit "altanatifen Fackten" auch anderes erwarten... Die haben nämlich durch Zuwanderer wirklich etwas zu verlieren... Wenn jemand ohne Netzwerk, ohne Sprachkenntnisse, ohne (anerkannte) Ausbildung in der Lage ist, mir meinen Job wegzunehmen, dann ist wohl in MEINEM Leben einiges falsch gelaufen... Dann muss ich mich auf meine schlechten Sprachkenntnisse verlassen, mich öffentlich zum Trottel machen, wenn ich in grundfalscher Grammatik und Orthographie gegen "die da" schimpfe... Und "die da" sind die Zuwanderer, die Gebildeten (eine positiv abgeschlossene Grundschule und sich 30% vom gelernten auch gemerkt zu haben, die Grundrechnungsarten beherrschen und gerade Sätze formulieren können macht einen offenbar schon zu einem Gelehrten...)
Wirklich schade ist, dass es trotz allgemeiner Schulpflicht seit Maria Theresia immer noch so viele Analphabeten gibt (Dunkelziffern sprechen von 25-30% funktionelle und echte Analphabeten in der Gesamtbevölkerung).
Ich stell mir leider oft in der Ubahn vor, wer da so neben mir sitzt... 1, 2 3-> ein Rechtswähler, 1, 2, 3-> ein Analphabet, 1,2,3-> ein Rechtswähler, 1,2,3 -> ein Analphabet... und dann komm ich drauf, dass es eine erschreckende statistische Überschneidungsmenge gibt...
Wo ist bloß eine traumhafte einsame Insel, wenn man sie dringend benötigt???
Übrigens... zu den Anglizismen... Wenn ich meinen Heimatdialekt hernehme... da wird mir die nahe Verwandtschaft des Englischen mit dem Deutschen oft sehr bewusst...
Da gibt es viele Ausdrücke, die so gesprochen werden, wie man sie im Englischen schreibt.
Als Paradebeispiel: Bier hat bei mir zuhause keinen Schaum, sondern einen "Foam". Und das wird tatsächlich "F-O-A-M" ausgesprochen.
"I learn Englisch" wird auch Buchstabe für Buchstabe so ausgesprochen...
Wenn in Bayern etwas schief geht, dann ist es "g'faild"... (das "l" wird etwas verschluckt) das ist mir erst unlängst bei systemd aufgefallen... da sind die Services, welche sich nicht korrekt beendet haben mit "systemctl --failed"
Bisher dachte ich "g'failed" von "gefault" kommt. Was zwar irgendwie Sinn ergibt. Aber die Übereinstimmung mit dem englischen Begriff "failed" ist doch frappant. Und es passt gut in die Reihe der Dialektworte, die bei uns so ausgesprochen werden, wie man sie im Englischen spricht - sogar mit gleicher Bedeutung.
Das ist mir schon lange bewusst gewesen, deshalb hab ich mich auch nie wirklich gegen Anglizismen gewendet. Es sind quasi eh nur alte Verwandte.
Lustig finde ich aber Germanismen im Kroatischen. Die offenbar aus der Zeit der Donaumonarchie bzw. der Hochblüte jugoslawischer Gastarbeiter in Österreich stammen.
Luftinspektor = Ein Mensch der nicht gerne Arbeitet
Schminckeriza = Eine aufgetakelte Tussi
Hausmasta = Jemand der gerne tratscht
Der Lebensraum, das Hinterland im Englischen wurde schon erwähnt... Wieviele französische Lehnworte im Deutschen angekommen sind, die als solche gar nicht mehr erkennbar sind...
Fazit: Sprache verändert sich IMMER. Und eine "korrekte" Sprache zu verlangen ist so sinnvoll, wie schönes Wetter zu verlangen... und eine Überlegenheit aufgrund einer "korrekten" Sprache abzuleiten ist überhaupt mit das Dümmste, was Patrioten sich haben einfallen lassen.
lg scientific