ReplayGain - welches Tool, welche Einstellungen?

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rola621
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ReplayGain - welches Tool, welche Einstellungen?

Beitrag von rola621 » 03.11.2022 14:24:45

Hallo ihr Lieben!

Meine geliebte flac- und mp3-Sammlung besteht aus vielen Ordnern und Unterordnern, aber nicht nach Künstler oder Album sortiert, sondern nach Stil/Genre. Das führt dazu, dass die einzelnen Ordner und Unterordner dieser verschiedenen Genres die unterschiedlichsten Songs enthalten, von verschiedenen Alben, verschiedenen Künstlern, etc. Seit einigen Jahren benutze ich ReplayGain, um meine gesamte Sammlung mit ReplayGain-Tags zu versehen. Dazu habe ich die gesamte Sammlung einmal mit dem "Ex Falso"-Werkzeug ausgewählt und mit der rechten Maustaste "Replaygain-Lautstärkeanpassung" gewählt. Danach hat es ein paar Stunden gedauert, bis alles fertig war.

Als dann nach einem Jahr z.B. 100 neue Songs zur Sammlung hinzukamen, war ich mir unsicher, ob die Sammlung nicht als "Album" gilt, und löschte daher zunächst alle ReplayGain-Tags wieder, fügte dann die neuen Songs zur Sammlung hinzu und unterzog am Ende dann die gesamte, aktualisierte Sammlung erneut der ReplayGain-Prozedur, was wieder recht zeitaufwendig war.

So weit so gut. Nun stelle ich mir aber folgende Fragen:

1.
Ich kann in "Ex Falso" keine Einstellungen bezüglich ReplayGain vornehmen, aber soweit ich weiß, gibt es die Unterscheidung zwischen "per-track gain" und "album gain" oder so ähnlich.... --> wie kann ich bei einer vielfältigen Sammlung wie der meinen, die ich in einem Rutsch mit ReplayGain-Tags versorgen möchte, am besten vorgehen?

2. Welche Tools könnt Ihr dafür empfehlen? Wenn ich eine Sammlung habe, die bereits mit ReplayGain-Tags versehen ist, und ich füge neue Songs hinzu, wäre es toll, wenn ich dieses Tool dann nur noch einmal über die (um z.B. 50 Songs erweiterte) aktualisierte Sammlung laufen lassen müsste, und alle Tags sind konsistent, und wenn ich die Sammlung auf einem großen Soundsystem anhöre, kann ich sicher sein, dass die ReplayGain-Tags passen und ich alles in fast einheitlicher Lautstärke genießen kann, ohne böse Überraschungen und / oder Dynamik- und / oder Qualitätsverlust....
Hätte auch nix gegen ein Kommandozeilentool, wenn ich weiß, was eingestellt werden muss, um eine bestehendes Verzeichnis mit mp3s und flacs kompromisslos durchzuscannen und mit ReplayGain Tags zu versehen, evtl. mit Fokus auf "album gain" oder "track gain"..

Bezüglich dieser "Pro-Track-Verstärkung" und "Album-Verstärkung" bin ich mir auch noch nicht ganz sicher, ob ReplayGain die Verstärkungswerte immer in Relation zu den anderen Songs in der Sammlung setzt, oder ob sie völlig unabhängig voneinander für jeden Song einzeln gesetzt werden und nur einer großen Richtlinie (z.B. -0.89dB) folgen, die strikt immer angewendet wird.
(Denn dann könnte ich mir mein eingangs beschriebenes Vorgehen eigentlich sparen, und wenn ich neue Songs hinzubekomme, die bestehende Sammlung unberührt lassen und nur die neu hinzugekommenen Tracks mit ReplayGain Tags versehen, oder?)

Ich danke allen, die bis hierher gelesen haben und würde mich freuen, wenn jemand, der einen umfassenderen Überblick über das Thema hat, hier ein paar klärende Worte oder Tipps beitragen kann :-)
:hail:
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smutbert
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Re: ReplayGain - welches Tool, welche Einstellungen?

Beitrag von smutbert » 03.11.2022 15:23:27

Die Werte für einzelne Stücke (per track) hängen immer nur von dem jeweiligen Stück ab. Da geht es einfach darum, dass das Stück bei der Wiedergabe auf eine bestimmte empfundene Lautstärke gebracht werden kann.
So gut wie alle Wiedergabeprogamme lassen sich so einstellen, dass sie nur diese Replay-Gain-Werte verwenden. In dem Fall ist es natürlich egal, was in den per-album-Werten steht und daher auch wie oder in welchen Gruppen die Stücke gescannt wurden.


Bei der Anpassung pro Album geht es darum, dass man die Lautstärke der einzelnen Stücke eines Albums, also die Lautstärkeverhältnisse innerhalb des Albums nicht ändern will, sehr wohl aber das komplette Album auf eine bestimmte durchschnittliche Lautstärke bringen will.

was dein 1. angeht, bin ich selbst unsicher was quodlibet bzw. exfalso machen. Was du im Zweifelsfall machen kannst, wenn du keine wirren per-album-Werte erhalten willst, ist z.B. bei flac für jede Datei einzeln metaflac aufrufen, z.B. mit einem Skript, denn

Code: Alles auswählen

metaflac --add-replay-gain meine-flac-datei.flac
schreibt, mangels mehrerer Stücke, die es als ein Album wahrnehmen könnte, einfach dieselben Werte für per-track und per-album.

Code: Alles auswählen

$ man metaflac
[...]
       --add-replay-gain
              Calculates the title and album gains/peaks of the given FLAC files as  if  all  the
              files were part of one album, then stores them as FLAC tags.  The tags are the same
              as those used by vorbisgain.  Existing ReplayGain tags will be replaced.   If  only
              one FLAC file is given, the album and title gains will be the same.  Since this op‐
              eration requires two passes, it is always executed last, after all other operations
              have  been  completed  and written to disk.  All FLAC files specified must have the
              same resolution, sample rate, and number of channels.  The sample rate must be  one
              of  8,  11.025,  12, 16, 18.9, 22.05, 24, 28, 32, 37.8, 44.1, 48, 56, 64, 88.2, 96,
              112, 128, 144, 176.4, or 192kHz.
[...]
Zusätzlich gibt es auch noch unterschiedliche Möglichkeiten diese Lautstärke anzupassen bzw. zu ermöglichen,
  • als Tag, wie es meines Wissens bei flac üblich, aber bei mp3 auf jeden Fall auch möglich ist,
  • in Form eines Replay-Gain-Headers, wobei das glaube ich bei vielen Formaten eher unüblich ist,
  • als tatsächliche Lautstärkeanpassung in den Audiodaten, wobei das etwa bei mp3 in einer Form möglich ist, die sich hinterher auch wieder rückgängig machen lässt (bei dieser Variante, spielt das Wiedergabeprogramm bzw. dessen Konfiguration keine Rolle)
Problematisch ist es eventuell, wenn mehrere dieser Varianten in einer Datei vorhanden sind und die Anpassung eventuell mehrmals vorgenommen wird. Die Problematik kennt man eventuell von im Hochformat aufgenommenen Fotos:
In denen steht auch meistens in den Exif-Daten drin, dass sie z.B. um 90° gegen den Uhrzeigersinn verdreht sind und wird das Bild nun mit einer Bildbearbeitung geradegedreht, die Exif-Daten aber nicht angepasst, dann hängt die Darstellung vom Bildbetrachter ab. Einer der die Exif-Daten ignoriert, wird das Bild richtig darstellen, wohingegen einer der die Exif-Daten auswertet, das Bild möglicherweise auf den Kopf drehen wird. Zusätzlich bietet z.B. jpg auch noch mindestens eine dritte Methode die Verdrehung in die Metadaten zu schreiben.


Habe ich deinen Beitrag richtig verstanden, dass die Einteilung in Alben für deine Musiksammlung bedeutungslos ist?

rola621
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Re: ReplayGain - welches Tool, welche Einstellungen?

Beitrag von rola621 » 03.11.2022 16:05:42

Wow, danke vielmals für deinen Beitrag!
Also ich habe bisher immer nur ExFalso benutzt.
Hab mich aber eben mal etwas mehr mit QuodLibet beschäftigt, und festgestellt, dass das wirklich ein durchdachtes und absolut super strukturiertes Programm mit zahlreichen Plugins usw ist, gefällt mir wirklich extrem gut, und wird wohl zeitnah dazu führen dass ich den Umstieg vom Strawberryplayer auf QuodLibet wage :-)
So wie du es beschreibst und wenn ich es richtig verstehe, werde ich wohl weiterhin einfach mit Ex Falso weiter die Replaygain Tags berechnen lassen, aber eben nicht jedes Mal alle wieder löschen und dann für die gesamte Sammlung alle neu berechnen lassen, sondern die bestehende Sammlung einschl. Replaygain-tags lassen wie sie ist, und eben nur die neu dazugekommenen, mit ExFalso, mit Replaygain-Tags versehen.

Hier werden wie ich gerade sehe standardmäßig in jede Datei jeweils Metadaten zum track gain aber auch zum album gain geschrieben. Was aber kein Problem sein sollte, weil ich in QuodLibet beim Abspielen der Musik einfach folgende Auswahl treffen kann:
https://i.imgur.com/nxSPxO7.png
siehe auch: https://quodlibet.readthedocs.io/en/lat ... ygain.html

Ich glaube das sollte dann so passen und ich wieder beruhigt schlafen können :-)
War nur etwas verunsichert, wegen dem album- und track-gain.
Da aber ja, wie du richtig erkannt hast, albumgain für meine Musiksammlung komplett irrelevant ist, und man bei einem guten Player, der Replaygain erkennt, ohnehin zwischen Track- und Albumgain wählen kann, ist es doch wunderbar.
Dachte nur fälschlicherweise, dass das einmalig in den replaygain-metadaten festgelegt wird, ob jetzt album oder trackgain verwendet wird. Aber jetzt erkenne ich, dass beides separat vorhanden ist, und dann auf Ebene des lesenden Programms erst die tatsächliche Auswahl getroffen wird, ob jetzt album oder trackgain :-)

Dein Beitrag hat also erheblich zu meinem Verständnis beigetragen, danke vielmals!!!! :hail: :idea: :mrgreen:

Was jetzt allerdings noch interessant wäre, ist, ob der replaygain-Wert, der in die Metadaten der Datei geschrieben wird, von den anderen Dateien abhängt, die sich in der Umgebung befinden, oder ob das sich einfach ganz stringent immer an den -89dB orientiert und einfach immer die Differenz berechnet wird...
Aber, ich sehe gerade, ein Blick auf Wikipedia genügt ja, um auch das zu kapieren:

https://de.wikipedia.org/wiki/Replay_Gain
Der Einsatz erfolgt zweistufig: Zunächst werden einmalig die benötigten Lautheits-Informationen aus den Audiodaten ermittelt und als Meta-Informationen zusammen mit diesen gespeichert. Anschließend wird bei jeder Wiedergabe über diese Informationen die Lautstärke angepasst.

Zunächst werden die betreffenden Dateien komplett dekodiert und analysiert. Dabei wird (via Effektivwert) ein Wert berechnet, der der wahrgenommenen Durchschnittslautstärke nahekommen soll, sowie der tatsächliche Spitzenwert erfasst. Dieser wird als ein Korrekturwert, der die Differenz zwischen der erfassten wahrgenommenen Durchschnittslautstärke und einem einheitlichen Niveau von festgelegten 89 dB bringt, als zusätzliche Meta-Informationen in die Datei geschrieben – die restliche Datei bleibt unangetastet.

Erst beim Abspielen kann nun ein dekodierendes Programm, sofern es den Standard unterstützt, diese Werte auslesen und im Moment des Dekodierens zur Korrektur des eigentlichen Audiosignals verwenden.
In dem Sinne, sorry für die vielen unnötigen Fragen, die ich mir durch vorheriges Wikipedia bemühen wohl auch ersparen hätte können :-)
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