Huo hat geschrieben: 25.05.2024 20:09:33
Die EU erwägt mit ihrem Projekt Advanced Space Cloud for European Net Zero Emission and Data Sovereignty (kurz Ascend) ein Rechenzentrum in eine Umlaufbahn um die Erde zu schicken
Na, da bin ich ja mal gespannt, wie sie die Physik denn so überlisten wollen – ein „tolles“ Akronym reicht dafür jedenfalls nicht.
Um mal alleine auf den Punkt der Stromversorgung einzugehen:
Golemmann hat geschrieben:Solarpaneele, die dort einen höheren Wirkungsgrad haben als auf der Erde, sollen sie mit Energie versorgen. Die Module sollen eine Leistung im Bereich von mehreren hundert Megawatt liefern.
Ich wüsste nicht, warum der Wirkungsgrad im All höher sein sollte. Es kommt mehr nutzbares Licht an, weil keine Atmosphäre da ist, aber der Wirkungsgrad eines gegebenen Moduls ließe sich ausschließlich über die Temperatur um ein paar Prozent steigern – und dazu müssten die Dinger aktiv gekühlt werden. Gerade im All.
Um das zu illustrieren: auf der Erde sagt man, dass pro Quadratmeter bei direkter, senkrechter Sonneneinstrahlung am Äquator ca. 1kW reinkommen. Typische Siliziumsolarzellen haben einen Wirkungsgrad von um die 20%, wenn’s besonders gute (teure) sind, kommt’s knapp an die 30% ran. Viel mehr geht nicht, jedenfalls nicht mit Si-Zellen – das hat mit Physik zu tun. Sind dann im günstigsten Fall 700W, die abgeführt werden müssten – pro Quadratmeter. Fairerweise muss man sagen, dass ein Teil der nicht nutzbaren Energie direkt reflektiert wird, aber es bleibt trotzdem mehr als genug Wärme übrig. Ich weiß nicht, wieviel mehr Energie im All zur Verfügung steht, aber die Abwärme steigt im gleichen Maß, und Konvektion, über die der größte Teil der Wärme auf der Erde abgeleitet wird, steht im All nicht zur Verfügung. Klar … man könnte fette Heatpipes und Radiatoren mit der doppelten Fläche der eigentlichen Panels hinbauen – aber die Schwelle zur Utopie ist IMHO schon bei der Fläche der Solarzellen selbst längst überschritten worden: Es kann ja mal jemand ausrechnen, wieviele Quadratmeter Panels man für „mehrere hundert MW“ so bräuchte, und dann kann er’s gegen den Preis halten, der alleine schon beim Transport anfällt. Und die Dinger müssten regelmäßig ausgetauscht werden. Und dann kann er versuchen, einen Grund zu finden, warum Firmen, die heute aus Profitgründen Wasser verdampfen statt einen geschlossenen Kreislauf zu verwenden, auf die Idee kommen sollten, diese exorbitanten Kosten zu tragen.
Die EU will immer viel – und gerade Thales wird die „Prüfung“ der Machbarkeit sicher nicht umsonst machen. Ehrlich gesagt: wenn es sich tatsächlich so verhält, wie in dem verlinkten Artikel steht, finde ich das schon wieder ganz schön dreist, wie da Gelder abgezockt werden.
Edit, Nachtrag:
Huo hat geschrieben: 25.05.2024 20:09:33
Space is naturally cold, which would keep spacecraft structures and systems cool without additional energy or resources.
Winter ist auch „naturally cold“. In einer Thermoskanne besteht die Isolierung aus einem eher weniger hohen Vakuum, und doch bleibt ein heißer Kaffee erstaunlich lange heiß – die Energiemenge, die über die vergleichsweise große Oberfläche der Kanne abgegeben wird, ist quasi winzig.
Oder flüssiger Stickstoff – bei Atmosphärendruck mit -196°C auch „naturally cold“, und doch hält er sich in einem Dewar-Gefäß erstaunlich lange – dessen Isolierung basiert auch fast völlig auf einem eher schlechten Vakuum, verglichen mit dem fast absoluten Vakuum im All. Wenn man da mal kurz drüber meditiert, kommt man vielleicht auf das Problem mit dem zitierten Statement …
Edit: Absatz eingefügt, Wörter umgestellt, Nachtrag angehängt, […]