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von Kallisti » 28.09.2004 12:50:03
Um das Ganze einmal aus einem etwas anderen Blickwinkel zu betrachten...
Ein paar "Fakten":
Regelmäßig gibt es Neuigkeiten, dass die Musikindustrie (nachfolgend MI abgekürzt) Rekordgewinne einstreicht (das habe ich desöfteren zB bei heise gelesen).
Die MI investiert Millionen in schwachsinnige Kopierschutzverfahren, die niemals auch nur irgendwie erfolgreich sein können - eine analoge Kopie ist immer möglich... was ich abspielen kann, das kann ich auch aufnehmen. Und das muss nur eine Person machen, alle andern können es sich dann kopieren.
Ein Kopierschutz vergrault nur Kundschaft und ich bin überzeugt ohne solche Verfahren könnte die MI noch mehr CDs verkaufen. Dennoch werden Unmengen daran investiert - absolut unverständlich für mich und Verschwendung von Einnahmen.
Weiteres Argument: Preise.
Zu früheren Zeiten kostete ein Rohling für den Heimanwender noch 10-15 DM. Ein Album 30 DM und eine Maxi 8-10 DM.
6-7 Jahre später kostet der Rohling noch 15 Cent (30 Pf), das Material wird also für die Großabnehmer auch wesentlich billiger geworden sein.
Ein Album jedoch kostet im Schnitt 18 Euro (ca. 36 DM), eine Maxi gar 8 Euro (ca. 16 DM), das ist also fast eine Verdopplung des Preises bei geringeren Materialkosten!!
Zudem wird immer mehr an Beigaben eingespart, bei Musik weniger, aber bei Computerspielen ist das recht eindeutig. Kostete früher ein Spiel 60-80 DM und hatte eine richtig ordentliche und dicke Anleitung und war in einer tollen Box fürs Regal, so sind dies heute 50-60 Euro !! in einer schmalen DVD Box und ohne Anleiteung....
Das ist doch irrsinnig. Kunden gewinnt man eben durch diese Beigaben und Extras, die sich nicht einfach per Klick kopieren lassen und genau darauf wird nun verzichtet...
Kommen wir nun zum Konsumenten selbst.
Der Großteil der PC Anwender und Tauschbörsennutzer sind Schüler, Studenten und einfach Durchschnittsbürger.
Keine der Gruppen verfügt über ein wahnsinnig großes Budget, das es ihnen erlaubt jegliche Musik ihrer Wahl zu konsumieren.
Sicher gibt es einige wenige, die ihren gesamten vorherigen Konsum durch online Kopien ersetzen und nicht mehr einkaufen, aber bei weitem nicht die Mehrheit.
Die meisten haben ihr Budget, welches sie monatlich in Musik, Filme und Spiele investieren können und tun dies auch. Doch bei den steigenden Preisen ist es ja nur logisch, dass die Menge kleiner wird.
Tatsache ist aber, dass durch das Austauschen von Musik im Internet niemand direkt einen Schaden erleidet, außer vielleicht der Provider (Traffic).
Wenn ich kein Geld habe, dann könnte ich mir auch keine Tonträger kaufen, die MI hat also keinen Verlust.
Und jetzt kommt nicht mit dem "blabla das ist Diebstahl blablup Raubkopie" Gelaber. Bei einem Diebstahl oder Raub wird etwas geklaut, was danach nicht mehr beim Besitzer vorhanden ist -> er erleidet einen direkten Schaden.
Bei geistigem Diebstahl entsteht eine echte Konkurrenz, die erkennbar den Gewinn des Urhebers schmälert.
Doch hier ist das eben nicht so, denn die Leute haben ja nicht mehr Geld über, das sie investieren könnten.
Fast kein Schüler oder Student kann sich 30 gig Musik und 20 gig Hörspiele selbst kaufen, dennoch möchte ich die Möglichkeit haben dies zu konsumieren, wenn ich damit niemandem weh tue.
Wenn mir etwas wirklich gut gefällt, dann kaufe ich es mir weiterhin. Umso eher, wenn der Preis in Ordnung ist. Ich würde mir sicher nicht mehr CDs holen, wenn ich meine Musiksammlung am Rechner nicht hätte, nur das Hobby Musik mehr vernachlässigen.
Ich denke sogar, dass es genau anders herum ist.... Onlinemusiktausch FÖRDERT die Musikindustrie.
Beispiel:
Als das Ärzte Album "Geräusch" und auch als das Nightwish Album "Once" erschienen, haeb ich sie mir zunächst heruntergeladen. Daraufhin war ich völlig begeistert, bin zu Saturn gefahren und hab sie mir gekauft. Beim Ärzte Album haben mich der Aufkleber "wie immer ohne Kopierschutz" und das absolut geniale Design der CDs (komplett schwarz, auch unten, + Rillen oben, sehen 1:1 aus wie Schallplatten) fasziniert und mich dazu gebracht, dass ich mir auch weitere Ärzte Alben kaufen werde.
Das Nightwish Album ist von absolut genialer Musikquaität - die Produktion hat 400.000 Euro gekostet (das komplette Londoner Symphonieorchester, das zB auch im Herrn der Ringe die Songs eingespielt hat, kostet ordentlich Geld ^^). Und dieses Album rechtfertigt eben seinen Preis. Das ist kein Deutschland sucht den Superstar oder Popstars Kommerzmüll, sondern ordentliche Musik und die wird auch verkauft (Nightwish hatten mit dem Album ihren bisher größten Erfolg in Sachen Verkaufszahlen).
Als ich mir das Album dann holen wollte, habe ich zufällig bei Saturn 3 ältere Nightwish Alben, die ich seit Monaten auf der Platte habe, für je 7 Euro entdeckt und gleich auch mitgenommen.
Hätte ich nicht vor einiger Zeit durch Onlinetauschbörsen angefangen mich für Metal (angefangen bei eben dem Melodic Metal) zu interessieren, hätte ich nie diese CDs gekauft, sondern würde wohl immer noch den Punk(rock) hören, der schon ewig zu Hause in meiner CD Sammlung liegt und vielleicht ab und an was neues holen.
Doch das Internet bringt einen eben dazu auch neue Genres auszuprobieren. Ich bin dadurch von Punk zu Melodic und Power Metal zu Heavy / Gothic/ Black / Melodic Death metal gelangt - Musik, die ich sonst wohl nie hören würde.
Gerade für kleine Bands ist das Internet die perfekte Marketingplattform.
Wenn ich fasziniert von einer Band bin, dann will ich ihnen a) etwas zurückgeben und b) eine Sammlung all ihrer Werke haben.
Doch durch Werbung, Fernsehen und Radio bekommt man immer nur den selben Massenmüll zu hören.
Im Internet ist es einfach sich mal eben ein Album einer unbekannten Band zu ziehen und so seinen Horizont zu erweitern und vielleicht eine neue CD auf die Wunschliste zu schreiben.
Effektiv bedeutet also der Onlinemusiktausch Qualitätskontrolle und -sicherung.
Künstler, die wissen, dass ihre Fans sie lieben und die qualitativ hochwertige Musik produzieren, haben wenig Angst vor Kopien und Onlinetausch. Im Gegenteil, einige stellen ihre alten Alben sogar gratis ins Internet oder erlauben den Tausch explizit (Wohlstandskinder, 4promille etcetc), andere stellen ausgewählte Songs gratis online.
Auch Konzerte sind noch absolut gut besucht, trotz hoher Preise, denn da verdienen die Künstler noch wirklich etwas dran und das versuchen die Fans ihnen auch wiederzugeben. An CDs verdienen sie Bruchteile, ich glaube einer der Sportfreunde Stiller hat das mal schön gesagt. Er bekommt 0,0x Cent pro verkaufter CD, davon leben kann er nicht. Ein Konzert hingegen lohnt sich um einiges mehr.
Die MI macht wohl einen so großen Aufstand, weil sie Millionen in Werbung und Marketing investieren, damit ihre Pseudo-Künstler, die selbst nichts leisten und musikalische Nieten sind, ihre Platten verkaufen. Wer sich so etwas runterläd, würde jedoch später nichts darein investieren, sondern sein Geld für bessere Musik ausgeben.
Und die ist auch oft in den Händen kleinerer Plattenfirmen, die Gewinnen könnten also wegfließen von den Großen mit ihren gehypten Bands, zu unbekannteren Gruppen.
Ich denke davor hat die MI viel mehr Angst, denn wie können sie sonst weiterhin Rekordgewinne einfahren, wenn die Situation durch die bösen "Raubkopierer" sooooo schrecklich ist?
Das mal so fernab jeglicher rechtlicher Grundlagen, einfach praktisch und realitätsnah begutachtet.
Wenn die Gesetze nunmal dem Großteil der Bevölkerung widersprechen, sollte man vielleicht über eine Änderung der Gesetze nachdenken, anstatt abermals Millionen in die Vefolgung und Kriminalisierung "unschuldiger" Bürger zu investieren, denn das ist doch nur eine weitere Verschwendung von Geld und Arbeitskraft in unserem Staate.