Da ich auf meiner Fedora-Kiste seit gestern Fedora 23 Beta habe, und mal wieder "Mal schauen, wie lange ich es diesmal unter Wayland aushalte" gespielt habe, ein kleiner subjektiver Zwischenbericht.
Vorab: "Gnome unter Wayland" ist seit Fedora 20 integriert und beim GDM-Login auswählbar. "GDM unter Wayland" seit Fedora 21, seit Fedora 22 ist es standard. Wayland selber ist unter Fedora rollend, wie vieles anderes (z.B. der Kernel) auch. Überhaupt sind festgehaltene Versionen unter Fedora eher die Ausnahme als die Regel, zu den Ausnahmen gehört zum Beispiel Gnome und Xfce, wo lediglich innerhalb der Unterversion aktualisiert wird. Stattdessen werden Fedora-Versionen verwendet, um Änderungen am System vorzunehmen, z.B. Änderung des Init-Systems, Änderungen an der Verzeichnisstruktur (/bin als Link nach /usr/bin, dito bei /sbin, /lib und /lib64), Wechsel der Paketverwaltung von yum nach dnf, Wechsel von Firefox/GTK+2 nach Firefox/GTK+3 usw., und natürlich auch, um mal wieder den Bildschirmhintergrund zu wechseln, Installationsimages zu erzeugen und in die Presse zu kommen. Als Konsequenz kann der aktuelle Stand bzgl. Wayland in Fedora schon in ein paar Monaten wieder anders aussehen.
Vor ca. einem viertel Jahr habe ich "Gnome unter Wayland" keinen Tag ausgehalten. Der Mauscursor war nach dem Einloggen immer in der linken oberen Ecke, er sowieso hat manchmal gesponnen, Fenster von Anwendungen erschienen manchmal nicht dort, wo man es erwartet hat, das Trackpad war übersensibel und ließ sich nur bedingt durch Einstellungen bändigen, gelegentliche Abstürze der Gnome-Shell, kein Copy-Paste zwischen Gnome und dem Rest, die Position von Kontextmenüs war mitunter sehr kreativ, das Gnome-Terminal führte manchmal ein Eigenleben, nicht überall funktionierte das Scrollen via Mausrad usw. Und GDM funktionierte bei mir unter Wayland gar nicht, und das auf einem Thinkpad mit Intel-Graphik. Dementsprechend war auch die FAQ Nummer 1 nach dem Release von Fedora 22: Wie schalte ich Wayland beim GDM ab.
Und nun? Seit gestern früh arbeite ich mit "Gnome unter Wayland" und habe bisher folgende Probleme festgestellt: Der Mauszeiger spinnt immer noch manchmal (wackelt zum Beispiel solange ca. 1cm hoch und runter, bis man die Maus wieder bewegt, im Gnome-Terminal passiert das ständig, sehr nervig), und man hat manchmal ständig auf- und wegpoppende Hilfe-Popups, wenn der Mauszeiger gerade dort steht, wo eigentlich ein Popup kontinuierlich erscheinen sollte. Und das Mausrad funktioniert immer noch nicht überall, wo es unter X tut. Und Fenster brauchen länger, bis sie erscheinen, manchmal denke ich nach dem Starten, die Anwendung hängt, und dann kommt das Fenster doch noch. Das war es aber auch schon, und überhaupt fühlt sich vom ganzen Maus- und Trackpad-Verhalten "Gnome unter Wayland" nicht mehr so verschieden von "Gnome unter X" an wie noch vor einem viertel Jahr.
Unter diesem Hintergrund halte ich es für machbar, die letzten Makel innerhalb des nächsten halben Jahres zu beseitigen. Aber man sollte es auch nicht unterschätzen, die letzten kleinen Probleme brauchen immer am längsten, um behoben zu werden.
Und interessant wird es sowieso erst, wenn auch Anwendungen wie Firefox, LibreOffice usw. unter Wayland statt XWayland laufen.
Hier noch ein Link zum aktuellen Status einiger Wayland-Themen in Fedora Workstation/Gnome:
https://fedoraproject.org/wiki/Workstat ... station_23
Nachtrag: Gerade war ich am Lesen in Pidgin, da öffnete sich plötzlich von Geisterhand ein Firefox, ohne daß meine Hände an der Maus waren. Es wurde ein Link geöffnet, der in Pidgin zu sehen war, ca. 10cm(!) vom Mauszeiger entfernt. Ich denke, damit ist das Experiment "Gnome unter Wayland" erst einmal wieder beendet. Immerhin 1 1/2 Tage habe ich diesmal durchgehalten.