Lesetipp: "Losing Earth"

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DeletedUserReAsG

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von DeletedUserReAsG » 29.08.2022 22:52:55

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
29.08.2022 22:43:41
es scheint schon Menschen zu geben, die der Überzeugung sind, dass das geht
Ja … wenn man so die kleinen Details, wie dass die notwendigen geologischen Gegebenheiten ziemlich selten zu finden sind, dass man einen ziemlich hohen Verlust hat, dass man in geologische Sachen eingreift, deren Auswirkungen erst erheblich später abzuschätzen sein werden (Stichwort: Sinkholes), die enormen Kosten und weitere Kleinigkeiten nicht so ganz genau betrachtet, scheint das ’ne richtig tolle Idee zu sein. Oh, und natürlich muss man’s erstmal mit inertem Gas fluten (das es auch nicht direkt umsonst gibt), weil man sonst ’ne richtig große Knallgasbombe bastelt :mrgreen:

In meinen Augen war der bislang erfolgsversprechendste Ansatz mit Wasserstoff, ihn als Metallhydrid zu speichern. Hat halt wieder den Nachteil, dass dazu Materialien notwendig sind, die es auch nicht umsonst gibt. Dafür verbrauchen sie sich nicht, bzw. sind einfach recyceln. Ansonsten wäre zumindest zur Speicherung Methan noch ganz brauchbar – macht halt den eh schon unterirdischen Wirkungsgrad des Ganzen noch zwei Größenordnungen schlechter. Dafür lässt sich Methan dann in der Tat ganz gut speichern und transportieren – Erdgas besteht zum größten Teil daraus.

Nur die Vorstellung, man könne ja einfach Wasser zerlegen und den Wasserstoff in Gasflaschen oder sonstige Druckspeicher tun, wie man es von anderen Gasen ja auch kennt, ist leider nicht ganz so einfach umzusetzen, wie es auf dem ersten Blick aussieht.

Edit, noch ’n bisschen rumgeschaut, weil’s ja durchaus interessant ist: im verlinkten Artikel steht „Nach einer Bauzeit von rund einem Jahr soll im Frühjahr 2022 die erste Befüllung mit Wasserstoff erfolgen.“ – die letzte aufzufindende Meldung ist vom 26.8.22: „Aktuell laufen Vorbereitungsarbeiten für die Aussolung des unterirdischen Hohlraums.“ … scheint dann ja auch nicht ganz so einfach zu laufen, wie man es sich zunächst vorgestellt hat.
Details abseits der Selbstdarstellungen sind kaum zu finden, insbesondere technische Artikel scheint es nicht zu geben. Mein Eindruck davon: ist sowas, wie man es in der Softwarebranche häufig sieht – die Marketingleute polieren die Prospekte auf Höchstglanz und versprechen alles, was die Investoren hören wollen, während die Entwickler angesichts der vollkommen überzogenen und unrealistischen Erwartungen in katatonische Zustände verfallen …

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 01.09.2022 16:51:36

Gesllschaftlicher Zusammenbruch für Dummies. Endlich mal ein sinnvoller Beitrag von unserem ÖR!

FUNK(YT): Steht unsere Zivilisation vor dem Zusammenbruch?

"...Keine Sorge! Selbst wenn 99 % aller Menschen ausgerottet werden, haben wir als Spezies gute Chancen zu überleben - in Evolutionszeiträumen betrachtet natürlich. ... Es gibt da also durchaus Grund optimistisch zu sein!"

Ich mag Ironie!

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 01.09.2022 17:05:19

Bei dem Titelbild mit der Freiheitsstatue musste ich hieran denken.

Planet der Affen (1968) - Die zerstörte Freiheitsstatue
https://www.youtube.com/watch?v=7OVMgpdI890

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 01.09.2022 21:38:13

Mögliche Handlungsgrundsätze

Woran sich der ein oder andere hier stört scheint mir bezüglich der gedachten Vorgehensweise zu sein. Ich möchte da mal auf zwei mögliche Vorgehensweisen eingehen:
  1. Überlegtes und durchdachtes Handeln - Risikovermeidung durch Umsicht: Ausreichend Zeit nehmen. Optionen genau prüfen, ob da Probleme sind, über die man im Verlauf stolpern kann; d. h. die gravierend negative Auswirkungen haben. Sich dabei nur auf faktisch Erreichtes stützen und sich dabei nicht darauf verlassen, dass mögliche, wahrscheinliche Entwicklungen auch wirklich eintreffen.
    _
  2. risikobehaftetes Handeln mit Mut zur Lücke: Aufgrund der Notwendigkeit in einem zeitlich klar definierten Rahmen tatsächlich Veränderungen bewirken zu müssen, die Möglichkeiten zu nutzen die existieren - auch wenn sie nicht perfekt sind - und darauf vertrauen, dass günstige technische, aber derzeit noch nicht vollständig abgeschlossene Entwicklungsschritte erreicht werden. Sich auf das auftreten von Problemen und die Notwendigkeit diese zu lösen einstellen.
zu: Überlegtes und durchdachtes Handeln

Grundsätzlich ist a) auf jeden Fall der wünschenswertere Handlungsgrundsatz: Keinen Scheiß machen! Überlege Dir was Du tust! Wenn Du Handlungen planst, die negative Konsequenzen beinhalten, sei Dir darüber bewusst und entscheide dann u. U. bewusst, diese Konsequenzen aufgrund der getroffenen Prioritäten einzugehen. Gehe keine Risiken ein. Verlasse Dich nur auf das, was sicher ist.

zu: risikobehaftetes Handeln mit Mut zur Lücke

Mein befürworteter Ansatz ist in der aktuellen Situation eher der Zweite. Wenn ich als Startpunkt für die offensichtliche Handlungsnotwendigkeit mal die Veröffentlichung von Grenzen des Wachstums 1972 ansetze, dann haben wir jetzt 50 Jahre Zeit zum Handeln gehabt. 50 Jahre mit nur sehr geringem Engagement und sogar teilweise der notwendigen Wirkung entgegen gesetzten Handlungen erlebt. Damit meine ich jetzt die staatlichen Eingriffe die zum Einbruch des Ausbaus von Windkraft und PV geführt haben.

Wir hatten die Zeit. Jetzt haben wir sie aber nicht mehr. In der Klimaforschung werden Ergebnisse stets sehr zurückhaltend interpretiert, um ja nicht vorschnell als Alarmist verschrien und vom öffentlichen Dialog ausgeschlossen zu werden, was allerdings trotzdem immer wieder passierte. Als Folge werden alle Voraussagen, die so sehr tiefgestapelt veröffentlicht wurden, jetzt übererfüllt: Es tritt alles schneller und drastischer ein als erwartet. ist der Klimawandel jetzt in einer Dramatik angekommen, wo ich gerade noch gar nicht wirklich die Auswirkungen absehen kann.

Infolge dessen widerrum steigt der Nachteil des Nicht-Handelns mit der Zeit, die dabei vergeht. Vergeht ein weiteres Jahr ohne Nicht-Handeln, verschiebt sich alles in Richtung Katastrophe: Mehr Hitze, Mehr Dürre, Mehr Starkregen, Höheres Risiko des Zusammenbruchs, höherer Aufwand, höhere Kosten etc.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch starke Kräfte, die das Nicht-Handeln begrüßen. Kräfte die die Veränderung und somit den Klimaschutz komplett ablehnen. Die Tage habe ich bei Lanz(1) zwischen Michael Kretschmer und Volker Quaschning gehört, seitens des Ersteren gehört, dass man ja nicht schneller vorangehen könne, weil der Klimaschutz auch sozial verträglich gestaltet werden müsse. Ich dachte: Wie bitte? Die CDU übernimmt jetzt also schon Positionen der Linken? Wie glaubwürdig ist das denn jetzt? Ist das nicht einfach nur Verzögerungstaktik?

Auf der anderen Seite kann das "Wir haben keine Zeit! Wir müssen handeln!" natürlich auch genutzt werden, um Technologien zu pushen, die uns hier überhaupt nicht helfen. (z. B. Atomkraft. Auf kurze Sicht ist auch Kernfusion nicht hilfreich.).

Buch: Energierevolution Jetzt!

Insofern folge ich da Quaschnings Linie(Ich lese gerade das Buch: Energierevolution Jetzt!(2)).

Das Ziel ist die 100%-ige CO²-Neutralität.

Die Autor:innen schlagen in dem Buch für alle Bereiche des Energieverbrauchs Möglichkeiten vor und rechnen grob durch, was da ungefähr mengenmässig benötigt wird und was da an technischen Möglichkeiten existiert und mit hoher Sicherheit erwartet werden kann. Und dass sich keiner da irgendwelchen Illussionen hingibt: Das was da inhaltlich drin steckt, dass verlangt eine sehr starke Transformation von der derzeit weitestgehenden staatlichen Handlungsblockade und -unfähigkeit zum totalen Gegenteil.

Dabei wird natürlich mit Technologien geplant, die derzeit nicht voll ausentwickelt sind. Z. B. Wasserstoff oder intelligente Stromnetze.

Andere Technologien, wie die Batterietechnik - speziell der aktuelle Stand der Lithium-Ionen-Batterie wird natürlich als Mittel der Wahl vorausgesetzt. Das ist nicht unproblematisch. Lithium ist begrenzt und würde demnächst knapp und demensprechend teuer werden. Wir können uns unsere bisherige Wegwerfmentalität nicht mehr leisten.

Wir müssen deswegen zu annähernd 100% Recycling-Quote kommen, da sonst die Rohstoffe halt irgendwann alle sein werden. Auch hier gilt es ein Stück weit eine Mischung zwischen Vertrauen und Einschätzung bzgl. der Umsetzung von Neuentwicklungen zu haben. Hikaru erwähnte oben mit Zynismus, dass die neue Superbatterie ja jetzt schon regelmässig immer wieder angekündigt wird, aber bis jetzt noch nichts davon zu sehen sei. Nun hat ja wie bereits geschrieben, CATL, der größte Batteriehersteller der Welt Mitte letzten Jahres die tatsächliche Markteinführung von Natrium-Ionen Batterien für 2023 angekündigt(3). Erst als Mischzellen mit NaIon/LiIon - weil erstere noch eine schlechtere Energiedichte haben, welche aber durch weitere Entwicklung zügig gesteigert werden soll - und dann als ausschließliche Natrium-Ionen Batterien.

Auch problematisch sehe ich den ganzen Wasserverbrauch bei der Batterieproduktion und dem Batterierecycling. Ich bin da noch gespannt, was bei der Tesla-Giga-Factory in Brandenburg in der Hinsicht noch so kommt.

Nichts desto trotz: Das und weiteres sind Risiken und Probleme, die da sind, die uns vielleicht eiskalt erwischen werden und mit denen wird man umgehen müssen. Die Kosten und Nachteile des Nicht-Handelns wiegen da für mich sowohl bereits jetzt als auch mit jedem vergehenden Jahr noch viel stärker.

Zuletzt gibt es Technologien, die vorhanden und gut entwickelt sind. Als da beispielsweise wären Windkraftanlagen und Photovoltaik. Natürlich gibt es eine Abhängigkeit zwischen diesen vollentwickelten Technologien und den nicht-voll-entwickelten Technologien: PV und Windkraft brauchen Speicher. Da führt kein Weg dran vorbei.

Aber wenn wir jetzt das tun, was wir können, also massiv Windkraft und Photovoltaik ausbauen und gleichzeitig die notwendigen Technologien zu Ende entwickeln bzw. auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich auch das entwickeln kann, dann haben wir zu einem Zeitpunkt in der Zukunft dann beides geschafft.

Würden wir die andere Variante wählen und sagen: Ok. Wind und PV macht ohne Speicher keinen Sinn. Wir entwickeln jetzt erst Mal die Speicher. Die Speicher haben wir dann irgendwann und stellen dann fest, dass uns ca. 10.000 - 50.000 Windräder und anderes fehlen und dass wir dann halt noch 5-10 Jahre brauchen bis wir das nachholen. Wer weiss, ob wir die Zeit dann noch haben. Davon abgesehen: Die erneuerbaren Energien haben uns in Europa in diesem Jahr auch ohne Speicher so ziehmlich den Arsch gerettet(Stichwort: Frankreich).

(1) Mediathekviewweb Direktlink(MP4-low): Lanz 24.8. ab 48:20
(2) Volker und Cornelia Quaschning: Energierevolution Jetzt! Januar 2022
(3) PV-Magazine: Post-Lithium-Technologie: CATL bringt Natrium-Ionen-Batterien auf den Markt
Zuletzt geändert von heisenberg am 02.09.2022 02:35:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 02.09.2022 00:18:52

Ich gehe nochmal etwas zurück zum Thema Speicher. Ich lese wie gesagt aktuell das Buch "Energierevolution Jetzt!" und von da habe ich dann natürlich Argumente und detailiertere Einblicke und Gedanken auch in dieses Thema.
Hikaru hat geschrieben:Die Speicherung ist technisch nicht ganz einfach, weil H₂ nur in flüssiger Form eine brauchbare Energiedichte hat
Dass die Speicherung technisch nicht ganz einfach ist: Zustimmung. Aber die Speichervariante unterirdisch in Kavernen wäre dann - afaiu - ja nicht in flüssiger Form und trotzdem brauchbar.
Wasserstoffelektrolyse ist, wie du schon sagst, ineffizient.
Zustimmung. Das würde ich nutzen, aber nur wenn es nichts günstigeres/geeigneteres gibt.
Wegen der Prozesskosten einerseits, aber der Energiedichte andererseits eignet sich Power2GAS eher für größere mobile Anwendungen (KFZ aufwärts)
Also wenn für Autos eine effizientere Alternative bereit steht(Batterien), dann ist Power2GAS für mich da jetzt nicht die 1. Wahl. Laut Q(uaschning) ist das bei LKWs gerade so ein Kopf an Kopf rennen zwischen Batterien und Wasserstoff. Der Trend geht hin zu Batterien, weil sowohl die Batterien immer besser werden, als auch andere Konzepte das Batteriemodell unterstützen z. B. Autobahn-Strom-Leitungen, wie sie derzeit auf Teststrecken gebaut bzw. schon betrieben werden. D. h. LKWs mit Stromabnehmer wie Straßenbahnen, die während der Fahrt dann die Batterien laden und sobald sie von der Autobahn runter fahren, dann mit der Batterie weiter fahren. Das wäre LKW-Kurzstrecke. Weiteres Plus sehe ich da im Zusammenhang mit den Natrium-Ionen-Batterien: Die haben eine gesteigerte Schnellladefähigkeit. Davon würden Stromabnehmer LKWs besonders stark profitieren.

Für Schiffe gibt es ja auch schon ein kleines Containerschiff, dass elektrisch betrieben wird. (1) Auch eher was für die Schiffskurzstrecke. Bei Schiffen frage ich mich, ob das nicht vielleicht zum einen eine moderne Variante eines Segelschiffs geben könnte, oder aber wie weit man hier mit PV kommt. Da gibt's Ideen(2). Auch DHL experimentiert(3). Für eine Maersk Mc-Kinney Møller wird das natürlich niemals reichen.

Für LKW-Langstrecke, Großcontainerschiff/Schiff-Langstrecke und Flugzeuge braucht es dann aber definitiv eine hohe Energiedichte und mehr Energie insgesamt um lange Strecken ladevorgangsfrei überwinden zu können.
Wegen der Prozesskosten einerseits, aber der Energiedichte andererseits ... ist es für stationäre Anwendungen eher ungeeignet.
Hmmm. Da bin ich mir jetzt nicht so sicher. Die experimentelle Kavernenvariante könnte doch durchaus geeignet sein für ein Wasserstoff-Gaskraftwerk - also ein regeneratives Regelkraftwerk. Was spricht dagegen? Braucht es da unbedingt die flüssige hochenergetische Form?

(1) Norwegen: Erstes elektrisches autonom fahrendes Containerschiff
(2) Autonome Schiffe und Solarschiffe
(3) DHL plant autonome Solarschiffe
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 02.09.2022 08:04:25

Ich verstehe gar nicht, warum der Klimawandel immer auf den Transportsektor und Energiesektor eingegrenzt wird. Wer was ändern will, muss auch andere Bereiche betrachten. Als ob z. B. E-Autos oder Solar das Problem lösen könnten. Sie sind ein kleiner Bestandteil, ein sehr kleiner Bestandteil.

Wie wäre es mal mit dem Thema Bauindustrie. Lasst uns darüber mal sprechen.

Etwa 38% des Klimawandels wird durch die Bauindustrie ausgelöst. Und es wird fleißig weitergebaut. Wie glaubt ihr diesem Posten entgegenzuwirken? Bei uns auf dem Dorf wird alles zugebaut und in China ist es bestimmt nicht besser. Passivhäuser mögen energiesparend sein. Aber sie müssen erst mal gebaut werden.

Klimaproblem, in Beton gegossen
https://www.spiegel.de/wissenschaft/men ... 9091ee6ca4

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von DeletedUserReAsG » 02.09.2022 09:37:22

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 00:18:52
Die experimentelle Kavernenvariante könnte doch durchaus geeignet sein für ein Wasserstoff-Gaskraftwerk - also ein regeneratives Regelkraftwerk. Was spricht dagegen?
Die Energiedichte im Verhältnis zum Aufwand. Mit dem Inhalt der verlinkten Testanlage für 10Mio € kann ein 100MW-Generator ungefähr eine Stunde laufen, bis das Ding leer ist, wobei die Werte hier nur grob überschlagen sind, und die allgegenwärtigen Verluste komplett unberücksichtigt bleiben – aber um die Größenordnung darzustellen, sollte es reichen. Vorausgesetzt natürlich, die Testanlage wird tatsächlich überhaupt mal fertig – derzeit liegen sie ja erheblich hinter dem skizzierten Zeitplan …
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.09.2022 16:51:36
Ich mag Ironie!
Eigentlich ist das keine Ironie, sondern eine realistische Zukunftsabschätzung.

--
Edit: Präzisierungen
Edit2: Kommafehler und seine Folgen in der Rechnung behoben
Zuletzt geändert von DeletedUserReAsG am 02.09.2022 10:04:35, insgesamt 3-mal geändert.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von Huo » 02.09.2022 09:44:26

uname hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 08:04:25
Wie wäre es mal mit dem Thema Bauindustrie. Lasst uns darüber mal sprechen.

Etwa 38% des Klimawandels wird durch die Bauindustrie ausgelöst. Und es wird fleißig weitergebaut. Wie glaubt ihr diesem Posten entgegenzuwirken? Bei uns auf dem Dorf wird alles zugebaut und in China ist es bestimmt nicht besser. Passivhäuser mögen energiesparend sein. Aber sie müssen erst mal gebaut werden.
Es greift zu kurz, das Problem auf die Bauindustrie oder Bauweise als solche zu begrenzen. Es sind wir Menschen, die wir immer mehr Wohnfläche für uns beanspruchen, was letztlich zu einem höheren Baubedarf führt. Das hängt nicht nur mit gestiegenen persönlichen Ansprüchen zusammen, sondern auch mit diversen gesellschaftlichen Entwicklungen - etwa dem zunehmenden Anteil von Single-Haushalten oder dem Verbleib von älteren Menschen in (zu) großen Wohnungen nach dem Auszug der Kinder.

Die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf beträgt inzwischen laut Statistischem Bundesamt 47,7 m² [1]. Ich selbst liege mit 54 m² darüber.

Auch im Bereich Wohnen und Bauen ist also neben rein technischen Lösungen ein Wandel unseres Lebensstils gefragt.

[1] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesel ... stand.html

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 02.09.2022 10:24:16

Ich stimme dir zu. Nur leider hört man davon bzgl. Klimawandels gar nichts. Es geht immer nur um E-Autos, Solar, Windkraft, Heizen, ...

Die Einsparungen beim Bauen und Wohnen sehe ich nicht wirklich. Es wird (bezogen auf das Klima) weltweit viel zu viel gebaut.
Wobei ich kenne schon die ersten Personen, die aufgrund der steigenden Energiekosten auf der Suche nach kleineren Wohnungen sind.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 02.09.2022 18:51:43

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 09:37:22
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 00:18:52
Die experimentelle Kavernenvariante könnte doch durchaus geeignet sein für ein Wasserstoff-Gaskraftwerk - also ein regeneratives Regelkraftwerk. Was spricht dagegen?
Die Energiedichte im Verhältnis zum Aufwand. Mit dem Inhalt der verlinkten Testanlage für 10Mio € kann ein 100MW-Generator ungefähr eine Stunde laufen, bis das Ding leer ist, wobei die Werte hier nur grob überschlagen sind, und die allgegenwärtigen Verluste komplett unberücksichtigt bleiben – aber um die Größenordnung darzustellen, sollte es reichen. Vorausgesetzt natürlich, die Testanlage wird tatsächlich überhaupt mal fertig – derzeit liegen sie ja erheblich hinter dem skizzierten Zeitplan …
Ok. Ich nähere mich dem Verständnis der Energiedichte von Wasserstoff an. Ich habe das für mich selber mal versucht etwas durchzurechnen.

Wasserstoff hat eine Energiedichte von 120 MJ/kg (2). Bei einer Speicherung unter hohem Druck - 700 bar - ergibt das ein Gewicht von 40 kg/m³ (1). D. h. im experimentellen Kavernenspeicher (500m³) wären das 20t H². Die Energie für die Verdichtung von H² auf 700 bar - ich las etwas von 12% der im Wasserstoff enthaltenen Energie(4) - müssste zusätzlich durch Ökostrom bereitgestellt werden.

Im Vergleich dazu hat Kohle eine Energiedichte von ca. 30 MJ/kg (Braunkohle etwas weniger). Ein Kohlekraftwerk braucht ca. 1t um 1 MWh zu erzeugen(abgeleitetet vom Jahresverbrauch vom Kohlekraftwerk Neurath, 3). Wenn ich den gleichen Wirkungsgrad bei einem Wasserstoffgaskraftwerk voraussetze(Ich vermute aber Gaskraftwerke haben höhere Wirkungsgrade) brauche ich bei der unterschiedlichen Energiedichte nur 1/4 der Menge des Wasserstoffes, wie für das Kohlekraftwerk um die gleiche Menge an Strom zu erzeugen. D. h. also ich komme sogar noch auf etwas weniger als Du: Mit 20t Wasserstoff kann ich 80 MWh Energie erzeugen.

Die angedachte produktive Kavernengröße, von denen es mehrere geben soll liegt bei 500.000 m³. D. h. die damit erzeugte Energie würde für 80 GWh reichen. Das wäre z. B. 1 GW über einen Zeitraum von etwas mehr als 3 Tagen. Wenn ich sowohl weitere Verluste durch jetzt unberücksichtigte Faktoren, als auch Gewinne durch Effizienzsteigerungen mit in die Schätzung einbeziehe, dann würde ich sagen: Am Anfang wird's etwas weniger sein. Mittelfristig bleibts bei der Energiemenge. Langfristig gehe von einer deutlichen Steigerung der Kapazität durch technologischen Fortschritt aus.

Das ist jetzt nicht wirklich üppig, aber ich würde sagen, damit kann man was anfangen. Wenn ich mich da wieder auf Quaschnings Einschätzung des benötigten Speichermixes beziehe, nachdem für kurzfristige Energiespeicher verlustärmere Batteriespeichersysteme zum Einsatz kommen werden und Langzeitspeichersysteme(7-x Tage) nur für lange Phasen dauerhaft niedriger RE-Anlagenleistung aller Stromerzeugungsarten benötigt wird, würde ich sagen: Wenn die Kavernen mit den Zahlen umsetzbar sind, dann wird das funktionieren und das ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende - ist also auch die Einschätzung, die ich vorher ohne die Detailüberlegungen hatte.

Wenn es andere Möglichkeiten gibt, die noch besser sind: Super! Nehmen wir die!
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
01.09.2022 16:51:36
Ich mag Ironie!
Eigentlich ist das keine Ironie, sondern eine realistische Zukunftsabschätzung.
Wenn jemand dass aussterben von 99% der Menschheit - also ein unfassbares Leiden - als Grund für Optimismus bezeichnet, dann ist das für mich Ironie - unahbhängig davon ob das jetzt realistisch ist oder nicht.

---

Und ich wiederhole nochmal: Wir brauchen jetzt viel regenerative Anlagenleistung. D. h. jeder, der in seiner Umgebung, Eigenheim, Kommune, ... das unterstützen kann, durch Beteilligung an Windkraftprojekten, eigene Solaranlagen, Anlagen auf kommunalen Gebäuden, der leistet hier einen sehr wichtigen Beitrag.

---

(1) https://www.energie-lexikon.info/wasser ... icher.html
(2) https://www.chemie.de/lexikon/Energiedichte.html
(3) https://www.energie-lexikon.info/kohlekraftwerk.html
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffspeicherung
Zuletzt geändert von heisenberg am 02.09.2022 19:09:51, insgesamt 1-mal geändert.
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

DeletedUserReAsG

Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von DeletedUserReAsG » 02.09.2022 19:07:58

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 18:51:43
Wasserstoff hat eine Energiedichte von 120 MJ/kg (2). Bei einer Speicherung unter hohem Druck - 700 bar - ergibt das ein Gewicht von 40 kg/m³ (1). D. h. im experimentellen Kavernenspeicher (500m³) wären das 20t H². Die Energie für die Verdichtung von H² auf 700 bar - ich las etwas von 12% der im Wasserstoff enthaltenen Energie - müssste zusätzlich durch Ökostrom bereitgestellt werden.
Die Probleme damit sind: im verlinkten Artikel steht was von 6t H₂, die sie in den 500m³ unterbringen wollen. Das wären immer noch rund 150bar bei 20°C, und je nach Tiefe kann es da leider auch schon wärmer, und der notwendige Druck entsprechend höher sein – wie geschrieben: ich find’s sehr schade, dass man da kaum technische Details zu findet – mich würde z.B. sehr interessieren, wie ein sprödes Material wie Salz mit auch „nur“ 150bar klarkommen soll, ohne dass das Gas in Risse eindringt und die ganzen Strukturen zerbröseln, wie fortschreitende geologische Änderungen durch die Materialbelastung kompensiert werden sollen (wie geschrieben: Stichwort Sinkholes), und welche Gasverluste da eingerechnet sind (die erhöhen sich immerhin auch im Quadrat des Drucks).

Wie auch immer – die 6t stehen da, und 1kg Wasserstoff enthält rund 33kWh, was bei 6t knapp 200MWh macht. Beim üblichen Wirkungsgrad der genutzten Umwandlungstechnik (genannt werden 30-45%), entspricht das knapp der besagten Stunde Laufzeit eines 100MW-Generators, entsprechend 100MWh.

Die 700bar, von denen du schreibst, sind noch wieder eine ganz andere Sache: das sind Drucktanks aus ziemlich aufwändigen Verbundwerkstoffen, und die sind a) verhältnismäßig klein, b) sauteuer, gemessen an der speicherbaren Energie, c) energieaufwändig zu fertigen und haben d) eine stark begrenzte Lebensdauer. Dafür ist durch die Materialwahl wohl immerhin die Diffusion auf ein handhabbares Maß reduziert worden – auf der anderen Seite sind sie kaum recyclebar, wie die meisten Kompositwerkstoffe.

OT: wenn dein Tastaturlayout dir keine tiefgestellten Zahlen zur Verfügung stellt, schreib doch bitte H2, oder, wenn es hübsch werden soll, H[‍size=75]2[/size] (→ H2) oder so – aber H² steht für etwas ganz Anderes.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 18:51:43
Wenn jemand dass aussterben von 99% der Menschheit - also ein unfassbares Leiden - als Grund für Optimismus bezeichnet, dann ist das für mich Ironie - unahbhängig davon ob das jetzt realistisch ist oder nicht.
Warum sollte es zwangsläufig „unfassbares Leiden“ sein? „Aussterben“ bedeutet nicht automatisch, dass die Leute nun tot umfallen oder verhungern oder was auch immer. Nur, dass sich die Zahl der Menschen entsprechend reduziert.
Zuletzt geändert von DeletedUserReAsG am 02.09.2022 19:18:50, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 02.09.2022 19:16:46

Ja. Du magst recht haben. Aber bzgl. der Energie die man letztlich aus diesem Testspeicher rausholen kann, sind wir ja wieder auf dem gleichen Level. Insofern ändert das nichts. Dein Argument mit der Temperatur erscheint mir logisch. 1000m ist Tiefe eine Menge. Da sind das schon ein paar Grad. Das ist für mich keinen Grund für unangebrachten Pessimismus. Solange die Forschungsergebnisse hier nicht wirklich eine Aussichtlosigkeit zeigen, ist das für mich eine Option, von denen bestimmt gerade so einige weitere verfolgt werden.
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von DeletedUserReAsG » 02.09.2022 19:45:24

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 19:16:46
Aber bzgl. der Energie die man letztlich aus diesem Testspeicher rausholen kann, sind wir ja wieder auf dem gleichen Level.
Nicht wirklich – du schriebst von 40kg/m³, entsprechend rund 660MWh, während ich von den 6t, entsprechend rund 200MWh, ausging.

Ich halte die 500000m³ weiterhin für illusorisch, und entsprechende Investitionen für Verbrennung von Geld, das bei aussichtsreicherer Forschung weit besser angelegt wäre. Guck’ dir doch an, wie das gerade mit der Anlage für „nur“ 500m³ läuft. Sie wollten im Frühjahr befüllen, weil ja alles ganz einfach wäre – und haben im Herbst noch nicht einmal die Vorbereitungen für die Erstellung der Hohlräume abgeschlossen. Wäre mal interessant zu wissen, wie sich das finanziell so entwickelt hat – BER-Stil würde mich grad nicht wundern.
heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 18:51:43
Wir brauchen jetzt viel regenerative Anlagenleistung. D. h. jeder, der in seiner Umgebung, Eigenheim, Kommune, ... das unterstützen kann, durch Beteilligung an Windkraftprojekten, eigene Solaranlagen, Anlagen auf kommunalen Gebäuden, der leistet hier einen sehr wichtigen Beitrag.
Solange Leute gegängelt werden wenn sie sich ordentlich große Anlagen hinstellen wollen, und zwar soweit, dass es sich nicht mehr lohnt, solange Bürokratie den größten Teil der aufgewendeten Mittel fressen, und der Rest im Schlund einiger eh schon stinkreichen Kapitalisten landet, die sich dann anschließend auch nochmal durch Steuergelder „retten“ lassen, brauchen wir erstmal was ganz Anderes.
Ich werde meine Münzen sicher nicht in die von dir geforderten Anlagen investieren, nur damit durch meine Investition andere Leute noch viel weniger wissen, wohin mit ihrem Geld. Wenn ich für meinen eingespeisten Strom soviel bekomme, wie ich für entnommenen Strom bezahle (bzw. den Strom kostenneutral entnehmen kann, den ich auch eingespeist habe), gerne auch abzüglich der tatsächlichen Verluste, dann können wir drüber reden – dann werde ich mit Freude alles mit Panels zupflastern, was mir zur Verfügung steht. Vorher nicht.

BTW: Die ökologischen Probleme mit Windkraft und Solarenergie hast du aber auch vor Augen, wenn du forderst, dass jeder sich daran beteiligen solle? Die Dinger wachsen auch nicht auf Bäumen – im Gegenteil: die Herstellung ist höchst problematisch.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 03.09.2022 09:07:54

heisenberg hat geschrieben:D. h. jeder, der in seiner Umgebung, Eigenheim, Kommune, ... das unterstützen kann, durch Beteilligung an Windkraftprojekten, eigene Solaranlagen, Anlagen auf kommunalen Gebäuden, der leistet hier einen sehr wichtigen Beitrag.
Das ist richtig und gut. Aber viele dieser Gutmenschen für die Umwelt belügen sich und die Gesellschaft doch nur. Am Ende nutzen diese Menschen diese Projekte doch nur für ihren eigenen Vorteil, um das Geld dann wieder z. B. in Wohnmobile zu investieren, die erst mal in der Herstellung das Klima belasten (gilt für alle Konsumgüter) und eben nicht mit Strom fahren. Aber das Mittelmeer haben wir nun hier bereits an Nord- und Ostsee und solange das Auto mit Solarstrom fährt, kann man ja im Wohnmobil gerne weiter fossile Brennstoffe verbrennen, bestimmt umweltfreundlicher als der Flieger.

Auch hat sich z. B. der Plastikmüll in den letzten 20 Jahren verdoppelt !!!! Das Konzept ist vollständig gescheitert. Aber keiner will daran was ändern. Die Kosten werden den Produkten aufgeschlagen. Die gelben Tonnen sind groß genug und zudem kann man den Plastik auch im Laden lassen. Den Hausmüll - der im Übrigen wie Großteile des Plastikmülls - auch einfach nur verbrannt wird (wo ist der große Unterschied?) - kann man hingegen teuer bezahlen. Nur beim Hausmüll lohnt sich der Umweltschutz, da man dort Geld sparen kann.

Kunststoffabfälle in Deutschland (2019)
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourc ... 22033.html

Es ist so absurd: 90er-Jahre Grüner Punkt ...
https://www.youtube.com/watch?v=5FXrq-q13lE

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heisenberg
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 04.09.2022 00:29:47

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
02.09.2022 19:45:24
Die ökologischen Probleme mit Windkraft und Solarenergie hast du aber auch vor Augen, wenn du forderst, dass jeder sich daran beteiligen solle? Die Dinger wachsen auch nicht auf Bäumen – im Gegenteil: die Herstellung ist höchst problematisch.
Ja. Die Windkraft und Solarenergie haben auch Preisschilder dran mit ökologischen Auswirkungen.

Deine Aussage bedeutet, dass Du den Klimaschutz auf nahe 0 runterfahren würdest(weil Wind+Solar derzeit die einzigen kurzfristig realisierbaren Potentiale der Energieerzeugung in relevanten Größenordnungen sind) und erst einmal so weiter machen wie bisher, bis wir irgendwann in 5,10,20,... Jahren mal eine, nach Deiner Meinung halbwegs akzeptable Lösung gefunden haben? Also z. B. weiter jeden Tag in Deutschland knapp 400.000t Kohle verfeuern (abgeleitet aus 1 und 2), etc. ... . Ernsthaft?

Ich meine es ist ja mittlerweile jeden Tag weniger Phantasie erforderlich, sich vorzustellen, was bei 3°C mittlerer globaler Erwärmung passiert - worauf wir aktuell zusteuern - jetzt da wir sehen, was gerade bei 1,2°C so passiert. Also wir in D erlebten letztes Jahr dramatische Ereignisse im Ahrtal. In Pakistan sind gerade 20% des Landes Ahrtal - 30.000.000 Menschen haben Ihre Wohnung verloren. Wie würde es wohl in D aussehen, wenn wir diese 20% Überflutung hätten? München, Hamburg, Berlin oder Frankfurt mal eben so weggespült? Also mit blossem wegschauen kann man der an allen Ecken und Enden sich aufdrängenden Dringlichkeit nicht mehr entziehen.
uname hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
03.09.2022 09:07:54
Das ist richtig und gut. Aber viele dieser Gutmenschen für die Umwelt belügen sich und die Gesellschaft doch nur. ...
Ich empfinde diese Haltung als nicht hilfreich. "Die anderen machen doch nur Mist und deswegen ist es sinnlos, dass ich selbst etwas mache." Ja. Die Beobachtung mag hier und da zutreffen. Das ist vom Effekt her jedoch schlicht eine eine Form der Selbstblockade oder eine Ausrede, um vor sich selbst das nichts tun zu rechtfertigen. Ich denke dass es manchmal notwendig ist, loszulaufen, selbst wenn keine Hoffnung da ist. Die Alternative ist sich direkt zum sterben in die Ecke zu setzen.

Auch hatten/haben wir das doch auch auf Staatenebene. Der Anteil von CO2 von D ist so gering, da sollen doch auch erst einmal die anderen. Und so hat jedes Land seine eigene Ausrede. Ich finde das hilfreicher: Ich tue das, was ich als richtig empfinde. Natürlich wird überall auf dem Planeten von allen möglichen Leuten Mist gemacht. Aber das einzige Leben, was ich wirklich voll gestalten kann ist mein eigenes. Jedes Handeln hat eine entsprechende Auswirkung. Und wenn ich meinen Part erfüllt habe, dann helfe ich anderen.

Deutschland war in der Welt einst der erste Pionier der Solar- und Windenergie und die Auswirkung war gewaltig.

1) https://www.destatis.de/DE/Presse/Press ... 43312.html
2) https://www.energie-lexikon.info/kohlekraftwerk.html
Zuletzt geändert von heisenberg am 04.09.2022 02:31:32, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von tobo » 04.09.2022 01:23:52

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.09.2022 00:29:47
Deine Aussage bedeutet, dass Du den Klimaschutz auf nahe 0 runterfahren würdest(weil Wind+Solar derzeit die einzigen kurzfristig realisierbaren Potentiale der Energieerzeugung in relevanten Größenordnungen sind) und erst einmal so weiter machen wie bisher, bis wir irgendwann in 5,10,20,... Jahren mal eine, nach Deiner Meinung halbwegs akzeptable Lösung gefunden haben? Also z. B. weiter jeden Tag in Deutschland knapp 400.000t Kohle verfeuern (abgeleitet aus 1 und 2), etc. ... . Ernsthaft?
Es ist leichter mit Steinen zu werfen, als damit etwas zu bauen. Und wer im Heuhaufen mit Steinen wirft, fällt selbst hinein...

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 04.09.2022 07:11:46

Ihr redet ja immer noch nur von Energie.

Schaut mal nach Spanien, da ist eines der wichtigsten Feuchtgebiete Europas ausgetrocket. Aber eigentlich haben es die Menschen nicht anders verdient. Das Wass wird z. B. zum Anbau von Erdbeeren und für Touristen verschwendet. Die Beörden haben dort zwar laut Angaben viele Brunnen versiegelt. Aber die Strafen sind so gering, dass einfach neue Brunnen gebohrt werden.

Verfehlte Politik (ob nun bei Plastik oder bei der Wasserentnahme) ist wohl ein weit größerer Faktor als Solar. Am Ende geht es immer nur um Geld und Lobbyismus.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von DeletedUserReAsG » 04.09.2022 09:02:29

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
04.09.2022 00:29:47
Deine Aussage bedeutet, dass Du den Klimaschutz auf nahe 0 runterfahren würdest(weil Wind+Solar derzeit die einzigen kurzfristig realisierbaren Potentiale der Energieerzeugung in relevanten Größenordnungen sind) und erst einmal so weiter machen wie bisher, bis wir irgendwann in 5,10,20,... Jahren mal eine, nach Deiner Meinung halbwegs akzeptable Lösung gefunden haben?
An welcher Stelle soll ich das geschrieben haben? Meine Aussage lautete, dass die Herstellung (und am Ende der Lebensdauer die Verwertung) von Solar- und Windkraftgeneratoren ökologisch teils hochproblematisch ist.

Deine Aussagen bedeuten also, dass man blind in Stromerzeugung investieren sollte, und die anderen notwendigen Komponenten (Transport und Speicherung, aber auch Regelung und Verteilung) völlig außer Acht lassen solle – ernsthaft?
Wenn du forderst, dass sich jeder daran beteiligen solle, führt das am Ende dazu, dass die jetztige Situation nur noch verschärft wird: in Spitzenzeiten gibt es einen negativen Strompreis und die Windräder drehen sich aus dem Wind, während die Solarparks mangels Abnahme ihre Komponenten mit hohen Spannungen verschleißen und sich die Panels aufheizen, was ihre Degradation beschleunigt.

Von „weitermachen wie bisher“ habe ich nicht im Ansatz etwas geschrieben, sondern meine Aussage zielte darauf, dass man vielleicht nicht völlig unbedacht alles was geht in Stromerzeugung investieren sollte, nur weil das gerade so gut klingt: „Jeder kann was machen!“. Jeder macht die Umwelt ein wenig mehr kaputt, wenn man dem blind folgen würde – das ist der Punkt. Was nutzt eine um ein paar Prozent verlangsamte Klimaerwärmung, wenn dafür die Umwelt draufgeht?
Und nein – derzeit kann man den überschüssigen Strom eben nicht in etwa H₂ umwandeln und an einem der massenhaft vorhandenen Kavernenstandorte (ich las von 16, die in D überhaupt in Betracht kommen) zwischenlagern – und das geht auch auf absehbare Zeit nicht. Man kann den Strom derzeit auch sonst nicht sinnvoll lagern, und man kann ihn noch nicht einmal dahin transportieren, wo er vielleicht noch nutzbringend verbraucht werden könnte.

Meine Aussage, wenn man denn unbedingt eine aus dem von dir zitierten Text orakeln möchte, würde also lauten: bevor die Stromerzeuger weiter maßlos ausgebaut werden, wäre es sinnvoll, die Mittel und die Ressourcen erstmal dazu zu verwenden, das Ganze auch sinnvoll nutzbar zu machen: hochbelastbare Transportwege in hoher Dichte, forcierter Ausbau der derzeit vielversprechendsten Speichertechnologien an sinnvollen Punkten, massive Förderung der Forschung dahingehend.

Abgesehen davon argumentierst du, als wäre die derzeitige Entwicklung des Klimas zeitnah zu stoppen, wenn man nun nur aufhörte, fossile Energieträger umzusetzen – das ist naiv. Einige der wichtigsten Kipppunkte sind genommen, zudem ist das ganze System so enorm träge, dass ein paar Weitere auch noch gerissen würden, bevor sich die Auswirkungen des Stopps zeigen würden – die dann dank der besagten Kipppunkte wahrscheinlich auch nur noch marginale Verbesserung brächten, wenn überhaupt – aber keine Rückentwicklung. Diese Erde ist durch, die Menschheit wird in der jetzigen Form nicht weiterexistieren können.
Du hast es weiter oben als ironisch bezeichnet, wenn man optimistisch wäre, dass 1% der Menschheit überleben, und eine neue Gesellschaft bilden könne. Das ist es nicht. Die andere Möglichkeit wäre nämlich, dass die Menschheit ganz verschwindet. Was vielleicht aus Sicht des restlichen Ökosystems Erde vielleicht nicht ganz schlecht wäre …

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von novalix » 05.09.2022 12:02:07

Meine Aussage ist:
Debattenbeiträge in Internetforen sind argumentationslogisch teils hochproblematisch.
Das Wem, Wieviel, Wann, Wozu und Wie zu bestimmen ist aber nicht jedermannns Sache und ist nicht leicht.
Darum ist das Richtige selten, lobenswert und schön.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 05.09.2022 12:28:33

Anführen kann man vielleicht auch noch, dass viele Menschen gar nicht die Auswirkung einzelner Faktoren kennen oder diese vollkommen falsch einschätzen. Das gilt selbst für Wissenschaftler wie der Beitrag heute auf Golem zeigt.

Hier geht es mal nur um Müll im Pazifik, welcher für den Klimawandel wohl nicht so relevant ist. Man hat aber geglaubt, dass große Teile des 80.000 Tonnen Plastikmülls im Nordpazifikwirbel aus den Flüssen stammen würde. Nun hat man den ersten Müll analysiert. Der mit Abstand größte Anteil stammt von der Fischerei. Der ganze Müll aus Flüssen wird scheinbar meistens an die Küsten zurückgespült. Das ist sehr erfreulich, da der Müll hier zumindestens nicht unsichtbar ist.

Aber solange die Weltmeere nicht leer gefischt sind, wird sich das wohl nicht ändern. Die Fischindustrie hat gar kein Interesse nachhaltiger zu arbeiten und der Mensch will nur ein billiges Produkt. Natürlich kann man den Menschen das Gas abdrehen (jeder kann frieren), aber den Fisch (Omega 3) kann man nicht verbieten. Der ist überlebenswichtig.

The Ocean Cleanup: Viel Plastikmüll im Pazifik stammt aus der Fischerei
https://www.golem.de/news/the-ocean-cle ... 68079.html

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von Huo » 05.09.2022 14:24:57

uname hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
05.09.2022 12:28:33
Hier geht es mal nur um Müll im Pazifik, welcher für den Klimawandel wohl nicht so relevant ist.
Nach meinen Informationen trägt die Grundschleppnetzfischerei allerdings – wenn auch nicht mit Plastikrückständen – erheblich zum Klimawandel bei, indem sie den Ozeanboden regelrecht umpflügt. Das dabei freigesetzte CO2, jährlich rund 1,5 Gigatonnen, übertrifft angeblich sogar den Ausstoß des Luftverkehrs und entspricht in etwa dem Doppelten der Gesamtemissionen von Deutschland. [1] [2]
uname hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
05.09.2022 12:28:33
Natürlich kann man den Menschen das Gas abdrehen (jeder kann frieren), aber den Fisch (Omega 3) kann man nicht verbieten. Der ist überlebenswichtig.
Es gibt schon seit langem wissenschaftliche Ergebnisse, die zeigen, dass eine ausreichende Omega-3-Versorgung auch mit pflanzlicher Ernährung möglich ist. [3] [4]
Natürlich ist Fisch für viele Menschen, etwa in Asien, ein unerlässlicher Bestandteil gesunder Ernährung. Deshalb (bevor mir das jemand unterstellt) möchte auch ich keinesfalls die Seefischerei verbieten. Ich setze aber für mich selbst darauf, dass ich mit pflanzlichen Ölen meinen Omega-3-Bedarf gut decken kann.

[1] https://www.greenpeace.de/biodiversitae ... klimakrise
[2] https://schrotundkorn.de/essen/fische-klimakrise
[3] https://www.zentrum-der-gesundheit.de/n ... ohne-fisch
[4] https://academic.oup.com/ajcn/article/92/5/1040/4597496

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 26.10.2022 18:24:43

Die Stadt Chaozhou (China) möchte einen 40 GW Offshore-Windpark bauen und hat das in Ihrem 5-Jahres Plan drin. Es soll noch vor 2025 mit dem Bau begonnen werden:

IWR: Offshore-Windenergie in China und USA gewinnt an Fahrt

PV geht in China genauso ab:

PV-Magazine: China installiert 52,6 Gigawatt Photovoltaik-Leistung in ersten neun Monaten 2022
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von uname » 27.10.2022 07:52:27

Naja China möchte 32 Atomkraftwerke in den nächsten 8 bis 10 Jahren bauen (Quelle)
Nach Rekord-Hitzewelle: China will noch mehr Kohle fördern und verstromen (Quelle)

Und noch mal kurz zum Fisch. Vielleicht hatte ich das Video schon mal verlinkt:

Dokumenation Giftiger Fisch – Die große Gesundheitslüge, ORF-Weltjournal vom 26.11.2014
https://www.youtube.com/watch?v=8_Sl_wjiOyI

Der Mensch ist so ekelhaft.
Auszug: https://www.youtube.com/watch?v=8_Sl_wjiOyI&t=2150s (schaut nur 5 Minuten ab hier)
... lecker Fertiggerichte wie Schlemmerfilet aus Fischabfälle ... guten Appetit ...
Gut, dass man es aber scheinbar noch zu wertvoll für Tierfutter ist. Der Mensch verträgt es wohl sowieso besser. ;-)
Und nun könnt ihr kotzen gehen. Keine Ahnung wie viel Omega 3 in dem Fischfilet ist. Mir ist das ziemlich egal.

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von tobo » 27.10.2022 10:01:11

uname hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
27.10.2022 07:52:27
Auszug: https://www.youtube.com/watch?v=8_Sl_wjiOyI&t=2150s (schaut nur 5 Minuten ab hier)
... lecker Fertiggerichte wie Schlemmerfilet aus Fischabfälle ... guten Appetit ...
Vielleicht die 5 Minuten nochmal schauen und den Fehler erkennen?

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Re: Lesetipp: "Losing Earth"

Beitrag von heisenberg » 09.11.2022 21:38:06

heisenberg hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
25.08.2022 23:01:58
Insofern frage ich mich wirklich, ob die französische Regierung wirklich an Ihr eigenes AKW-Neubaumärchen glaubt, oder ob es bereits andere Pläne gibt. Im Vergleich zu Deutschland hat Frankreich ja wesentlich mehr Sonne, was es natürlich besonders für solare RE-Systeme prädestiniert. Also für alle, die noch genug Moneten haben: Jetzt investieren in Firmen, die Potential haben in Frankreich an der Energiewende mitzuwirken. Kann nicht mehr lange dauern, bis das losgeht. :-)
Jetzt geht's los:

https://electrek.co/2022/11/08/france-r ... ar-panels/
https://www.energiezukunft.eu/erneuerba ... hleunigen/
energiezukunft.eu hat geschrieben:...Das Tempo muss daher in zwei Jahren nahezu verdoppelt werden“, so die Ministerin. Die derzeit installierte Photovoltaik-Kapazität von 12 Gigawatt müsse bis 2028 verdreifacht ...
Im Vergleich zu den Chinesen, die in 9 Monaten von 2022 insgesamt 52 GW PV installiert haben, liest sich das doch eher beschaulich. Aber wenn, der Wille mal da ist, dann kommt da evtl. noch etwas voran. Und wenn dann der französische Atomplan wie erwartet nicht funktioniert - aus den genannten Gründen - dann kommt da vielleicht noch der Turbo dazu.
Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche.

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