heisenberg hat geschrieben: 23.09.2021 00:50:53
Dass es tatsächlich um Schnelligkeit geht, wäre für mich hinsichtlich des Zieles - auf nationaler oder globaler Ebene die Effizienz erhöhen und den Resourcenverbrauch reduzieren - erst mal nebensächlich. Da müssen die halt durch. Und wenn's letztlich jeden trifft, dann ist das keine Wettbewerbsverzerrung - wobei mir auch Wettbewerbsverzerrung reichlich egal wäre.
Wir diskutieren hier auf unterschiedlichen Ebenen. Ich bin gerade auf der betriebswirtschaftlichen Ebene unterwegs, du noch jenseits der Volkswirtschaftlichen oder gar unmittelbar Globalen, denn du denkst hier über Nachhaltigkeit jenseits eines Menschenlebens nach.
Diese beiden Ebenen passen im aktuellen Wirtschaftssytem nicht zusammen. Die rollende Lagerhaltung funktioniert betriebswirtschaftlich gerade deshalb, weil sie auf Kosten der Nachhaltigkeit läuft und diese Kosten vom einzelnen Unternehmer externalisiert werden können. Und das kann er nicht nur tun, das muss er sogar, denn sonst ist er nicht konkurrenzfähig und morgen nicht mehr auf dem Markt.
heisenberg hat geschrieben: 23.09.2021 00:50:53
Allerdings könnte der Schuß auch nach hinten losgehen, wenn die Firmen dann sagen: Ok; dann gehen wir halt dorthin wo viel Fläche günstig verfügbar ist, und dass ist dann halt nicht in Deutschland.
Es ist die Frage, ob es tatsächlich viel hilft, wenn man sagt: Die Lagerung auf der Straße endet sofort. Ich würde sagen, durch ein intelligentes Transportmanagement auf jeden Fall.
Das wird nur in dem Rahmen funktionieren, wie die Kunden bereit sind für geringere Kosten längere Lieferzeiten in Kauf zu nehmen. Und dieser Spielraum ist dünn, falls er überhaupt existiert.
heisenberg hat geschrieben: 23.09.2021 00:50:53
Ich komme gerade gedanklich wieder dahin, daß ich mir eigentlich gar nicht konkrete Lösungen überlegen will, von denen ich ohnehin wenig Ahnung habe.
Das ist persönlich verständlich. Aber irgendjemand muss sich darüber Gedanken machen, wenn es anders werden soll. Und "jemand anders" ist im Zweifelsfall immer "Keiner". Daher wäre es durchaus sinnvoll, wenn
du dir darüber Gedanken machst, falls
du es anders haben willst. Am Ende kommt man dann an den Punkt zu sagen: "Wenn dir die Politik nicht gefällt, mach sie selbst!" Und wer das dann tatsächlich macht, wird für gewöhnlich zwischen den Rädern des Systems zermahlen.
heisenberg hat geschrieben: 23.09.2021 00:50:53
Viel eher erscheint es mir wichtig, Menschen und Organisationen zu motivieren, alle Weiterentwicklungsmaßnahmen auf neue Ziele auszurichten. Nicht mehr Unternehmensprofit sondern Effizienz, Schonung und Regeneration der Umwelt, Resourcensparsamkeit, ...
Das geht aber nicht im Kapitalismus. Geld (in Form von Umsatz oder Gewinn) ist hier der einzige echte Motivator. Alles andere (Arbeitsbedingungen, Umweltschutz, etc.) ist nur Hobby, so lange es nicht zu sozialen Unruhen führt, die stark genug sind, die Geldflüsse zu beeinträchtigen.
All die Arbeitskämpfe des 19. und 20. Jahrhunderts waren letztendlich nur deshalb erfolgreich, weil die dabei angedrohten sozialen Unruhen letztendlich teurer gewesen wären, als die erstrittenen Sozialleistungen. Das breite Bewusstsein dafür scheint aber heute verloren gegangen zu sein, denn Gewerkschaften sind heute weitgehend vom System gezähmt oder auf einem globalen Markt weitgehend zahnlos.
Wenn du wirklich etwas ändern willst, musst du also entweder ein grundlegend anderes Wirtschaftssystem einführen, oder die Vernachlässigung der Nachhaltigkeit über soziale Unruhen so teuer machen, dass Nachaltigkeit billiger wäre. Im Grunde hat Fridays for Future Letzteres versucht, ist aber wie die Friedensbewegung/Grünen der 80er an der Schlüpfrigkeit des Systems gescheitert. Die Grünen wurden letztendlich vom System mit ein paar Anpassungen auf beiden Seiten absorbiert, ohne dass sich Wesentliches geändert hätte. Ich erwarte für FFF etwas Ähnliches.
heisenberg hat geschrieben: 23.09.2021 00:50:53
Wie setzt man da Anreize? Und vor allem, wie motiviert man Menschen, das aus sich selbst zu wollen, so daß man da nicht mit Gesetzen, Strafen und Verboten mit riesigem Aufwand hinterherlaufen muss?
Zunächst mus man verstehen, dass "die Menschen" in ihrer Gesamtheit im wesentlichen faul sind. Sie werden immer den Weg des geringsten Widerstands wählen. Man müsste also dafür sorgen, dass der nachhaltige Weg der einfachste ist. Im Kapitalismus geht das nur, wenn dieser weg der Billigste ist.
Nachaltigkeit bedeutet aber, dass keine Kosten externalisiert werden dürfen. Alle Umweltschäden und sozialen Probleme die mit der Produktion, Nutzung und Entsorgung eines Produkts oder einer Dienstleistung verbunden sind, müssten in dessen Preis abgebildet werden. Nun ist es aber für gewöhnlich recht einfach, gewisse Kosten offen oder verdeckt zu externalisieren.
Hier müsste Politik ansetzen, indem sie diese Externalisierung wirksam unterbindet. Sie müsste also zu einem gewissen Grad genau das Gegenteil von dem tun, was das Grundmodell des Wirtschaftssystems ist. Allerdings ist auch die Politik dem "Diktat der Faulheit" unterworfen, einerseits weil auch Politiker Menschen sind und daher den einfachsten Weg gehen, anderersiets weil auch die Wähler Menschen sind, die dazu tendieren, unbequeme Politik (also solche "Wider die Faulheit") zu bestrafen.