Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

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Meillo
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 07.03.2022 15:09:38

Nunja, letztlich ist es ein Abwaegen zwischen der Ergebnisverzerrung und des sozialen Drucks durch eine oeffentliche Wahl und der reduzierten Nachvollziehbarkeit einer geheimen (digitalen) Wahl. Beides hat Vorteile, beides hat Nachteile -- in der realen, unperfekten Welt. Bislang waren wohl die Vorteile der Nachvollziehbarkeit groesser als die Nachteile der Ergebnisverzerrung und des sozialen Drucks. Die Abstimmung nun soll ermitteln, ob sich dies (in der Wahrnehmung der DDs) veraendert hat.

Man muss in der Frage auf beide Aspekte schauen: Wie gross sind die Ergebnissverzerrung plus der soziale Druck auf der einen Seite und wie steht es um die Nachvollziehbarkeit der Wahl auf der anderen Seite.

Am Ende wird es aber sicherlich eine Frage des subjektiven Empfindens sein.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von michaa7 » 08.03.2022 01:19:29

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
...und wie steht es um die Nachvollziehbarkeit der Wahl auf der anderen Seite.
Also "Nachvollziehbarkeit" erscheint mir eine merkwürdige Anforderung. "Vertrauenswürdigkeit des Auszählprozesses" habe ich allerdings stillschweigend unterstellt, weil man sich sonst eine Wahl sparen könnte.
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
Am Ende wird es aber sicherlich eine Frage des subjektiven Empfindens sein.
OMG, hoffentlich nicht.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von DeletedUserReAsG » 08.03.2022 07:16:33

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
Wie gross sind die Ergebnissverzerrung plus der soziale Druck
Sorry, aber wenn sozialer Druck eine Rolle spielt, stimmt etwas grundlegend nicht.
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 01:19:29
"Vertrauenswürdigkeit des Auszählprozesses" habe ich allerdings stillschweigend unterstellt, weil man sich sonst eine Wahl sparen könnte.
Wenn es aber einen solchen sozialen Druck gibt, dann ist nichts mehr vertrauenswürdig. Offensichtlich hat dann ja jemand ein derart starkes Interesse an einem bestimmten Ausgang einer Wahl, dass er sogar andere Wähler unter diesen sozialen Druck setzen würde. Und dann ist demjenigen auch zuzutrauen, dass er sich öffnende Manipulationsmöglichkeiten nutzt.

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 07:34:17

michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 01:19:29
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
...und wie steht es um die Nachvollziehbarkeit der Wahl auf der anderen Seite.
Also "Nachvollziehbarkeit" erscheint mir eine merkwürdige Anforderung. "Vertrauenswürdigkeit des Auszählprozesses" habe ich allerdings stillschweigend unterstellt, weil man sich sonst eine Wahl sparen könnte.
Nunja, Nachvollziehbarkeit waere die beste Eigentschaft, nur liegt es bei einer geheimen Wahl wohl in der Natur der Sache, dass ihr Ergebnis nicht nachvollziehbar sein kann. Also muss man sich mit der naechstschlechteren Eigenschaft, der Vertrauenswuerdigkeit des Auszaehlprozesses, genuegen. Hier wird man bei einer geheimen Wahl also zwangslaeufig Abstriche machen muessen, die bislang bei Wahlen in Debian gegeben waren -- bisher war der gesamte Prozess transparent und fuer jeden (DD) nachvollziehbar.

Ich finde es interessant, dass du die Vertrauenswuerdigkeit des Auszaehlprozesses stillschweigend unterstellst. Ich denke ebenfalls, dass die Entscheidung klar ist, wenn sie nicht gegeben ist, aber aus meiner Sicht ist nicht klar, *dass* sie gegeben ist. Im Gegensatz zur Nachvollziehbarkeit, die eine objektive Eigenschaft ist, ist Vertrauen etwas Subjektives. Fuer manche ist es vertrauenswuerdig, wenn der Secretary das in gewohnt zuverlaessiger Weise durchfuehrt, fuer andere nicht. Fuer manche ist es vertrauenswuerdig, wenn man Freie Software einsetzt, fuer manche nur dann wenn sie den kompletten Code selber gelesen haben, fuer manche nur wenn das Programm auf eigener Hardware laeuft, manche vertrauen geheimen digitalen Wahlsystemen grundsaetzlich nicht.

Fuer mich steht die Frage der Vertrauenswuerdigkeit noch aus, weil ich bislang leider auch nicht weiss wie die geheime Wahl durchgefuehrt werden soll und ob darueber ueberhaupt schon diskutiert worden ist. (Weiss da jemand mehr?) Ob ich eine geheime Wahl vertrauenswuerdig finde, haengt damit zusammen wie sie umgesetzt wird. Ohne das zu wissen, koennte ich kaum dafuer stimmen.
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 01:19:29
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
Am Ende wird es aber sicherlich eine Frage des subjektiven Empfindens sein.
OMG, hoffentlich nicht.
Ist nicht jede Wahl eine subjektive Entscheidung? Das zeigen doch auch die Erfahrungen der letzten hundert Jahre (beginnend mit Edward Bernays). Am Ende waehlt man was sich besser oder stimmiger anfuehlt oder was einen subjektiv mehr ueberzeugt ... und begruendet das fuer das eigene Gewissen dann irgendwie auf objektive Weise.

Wenn jemand geheimen digitalen Wahlen misstraut, dann wird die Person fuer das bisherige System stimmen. Wenn jemand sich im bisherigen System einen Druck ausgesetzt fuehlt dann wird die Person fuer geheime Wahlen stimmen. -- Das scheint mir sehr durch das subjektive Empfinden bestimmt zu sein.

Siehst du das anders?
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 07:38:29

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 07:16:33
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
Wie gross sind die Ergebnissverzerrung plus der soziale Druck
Sorry, aber wenn sozialer Druck eine Rolle spielt, stimmt etwas grundlegend nicht.
Wo auf dieser Welt gibt es keinen sozialen Druck? Dann stimmt bei allem etwas grundsaetzlich nicht. ;-)

Ich denke, es ist keine Frage von ob oder nicht, sondern von wie viel.

Und falls der soziale Druck ausserhalb von Debian zu gross ist, was will man dann machen? (Wobei fuer uns immer noch nicht klar ist, was fuer ein Druck das Problem war und nun diese GR motiviert hat.)
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von DeletedUserReAsG » 08.03.2022 07:49:41

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 07:38:29
Wo auf dieser Welt gibt es keinen sozialen Druck? Dann stimmt bei allem etwas grundsaetzlich nicht.
a) stimmt tatsächlich etwas grundsätzlich nicht (aber das ist ein anderes Thema), und b) ging es mir hier um sozialen Druck, der geeignet wäre, jemanden, der bei einem freien Projekt mitmacht, in einer freien Wahl nicht frei seine Entscheidung treffen zu lassen.

Ich meine, es geht hier um ein Projekt von Freiwilligen. Wenn die aufgrund von Angst vor Repressionen nicht einmal in diesem Umfeld eine freie Entscheidung für eine der freien Wahlmöglichkeiten treffen können, dann ist da was wirklich schief.

Ich gebe zu, ich habe mir den CoC in letzter Zeit nicht mehr angschaut – aber das Letzte, was ich davon mitbekommen hatte, ging auch in die Richtung: „Du musst nun völlig freiwillig alle Anderen liebhaben!“ – und dass sowas Spannungen erzeugt, sollte eigentlich ja auch jedem klar sein, der frei zu denken vermag.

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 08:19:33

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 07:49:41
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 07:38:29
Wo auf dieser Welt gibt es keinen sozialen Druck? Dann stimmt bei allem etwas grundsaetzlich nicht.
a) stimmt tatsächlich etwas grundsätzlich nicht (aber das ist ein anderes Thema), und b) ging es mir hier um sozialen Druck, der geeignet wäre, jemanden, der bei einem freien Projekt mitmacht, in einer freien Wahl nicht frei seine Entscheidung treffen zu lassen.

Ich meine, es geht hier um ein Projekt von Freiwilligen. Wenn die aufgrund von Angst vor Repressionen nicht einmal in diesem Umfeld eine freie Entscheidung für eine der freien Wahlmöglichkeiten treffen können, dann ist da was wirklich schief.
Verstehe ich dich so richtig, dass du sagen willst, dass man in einem freiwilligen Projekt auch die Freiheit hat, nicht abzustimmen oder wieder zu gehen wenn einem die Stimmung nicht mehr passt, und dass darum einem entstehenden sozialen Druck einfach ausgewichen werden kann, wodurch er die Wahlentscheidung nicht zu sehr beeinflussen sollte? Oder was ist deine Aussage diesbezueglich?

(Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich berichten, dass ich mich z.B. in der Wikipedia schon auch manchmal einem Druck ausgesetzt fuehle, wenn es beispielsweise um feministische Aspekte in Artikeln geht. Dort scheue ich mich manchmal davor, so zu agieren wie ich agieren wuerde wenn es sich um technische Aspekte handeln wuerde. Dabei wisst ihr auch, dass ich meine Meinung durchaus auch gegen Mehrheiten vertreten kann. Die Anonymitaet wuerde das nicht besser machen. Mir geht es auch nur darum zu sagen, dass es diesen Druck gibt, er ist subjektiv und er hat Auswirkungen auf das Verhalten.)

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 07:49:41
Ich gebe zu, ich habe mir den CoC in letzter Zeit nicht mehr angschaut – aber das Letzte, was ich davon mitbekommen hatte, ging auch in die Richtung: „Du musst nun völlig freiwillig alle Anderen liebhaben!“ – und dass sowas Spannungen erzeugt, sollte eigentlich ja auch jedem klar sein, der frei zu denken vermag.
;-) Ich dachte, dass darin steht: Du sollst dich anderen Menschen gegenueber respektvoll verhalten (liebhaben musst du sie nicht). Wie auch immer: Meinst du, dass das etwas mit der Wahlfrage zu tun hat? Meinst du, dass der Code of Conduct das Problem erzeugt oder verstaerkt, dass Personen einen sozialen Druck verspueren, wo er doch eigentlich genau das Gegenteil bewirken soll?
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von DeletedUserReAsG » 08.03.2022 08:32:56

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 08:19:33
Oder was ist deine Aussage diesbezueglich?
[…]
Meinst du, dass der Code of Conduct das Problem erzeugt oder verstaerkt, dass Personen einen sozialen Druck verspueren, wo er doch eigentlich genau das Gegenteil bewirken soll?
Meine Aussage diesbezüglich ist: wenn jemand in einem freien Projekt nicht die Freiheit hat, offen und frei zu wählen, und stattdessen auf Krücken wie geheime Wahlen zurückgegriffen werden muss, damit sich Leute nicht Angriffen von anderen Leuten ausgesetzt sehen könnten, welche die Wahl gegen ihren eigenen Standpunkt als eklatanten Verstoß gegen besagten CoC ansehen, weil es schließlich ein Ausdruck von Respektlosigkeit gegenüber ihrer Person wäre, dann ist da was völlig falsch. Das geht in die Richtung der Schneeflöckchen, ja – und ich stelle mal die Behauptung in den Raum, dass die auch hier zumindest einen Teil des Problems stellen.

Ich räume an dieser Stelle ein, dass meine Informationen bezüglich der Situation in Debian da nicht auf dem aktuellen Stand sind, aber es ging zumindest in die Richtung, bevor ich für mich beschlossen habe, diese Kleinkriege nicht auch noch dort verfolgen zu wollen.

Wenn du nun sagst, dass sich das wieder zum Guten geändert hat, und wieder jeder frei seinen Standpunkt vertreten und in Wahlen auch entsprechend wählen könne, ohne dadurch Probleme gleich welcher Art zu befürchten zu müssen, dann frage ich: wozu dann geheime Wahlen?

--
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 08:42:32

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 08:32:56
[...] damit sich Leute nicht Angriffen von anderen Leuten ausgesetzt sehen könnten, welche die Wahl gegen ihren eigenen Standpunkt als eklatanten Verstoß gegen besagten CoC ansehen [...]
Ist das ernsthaft oder ironisch gemeint?
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von DeletedUserReAsG » 08.03.2022 08:56:11

Etwas dazwischen.

Ich habe gesehen, wie jemand nach einer Wahl an Leute herangetreten ist, die gegen das von ihm gewünschte Ergebnis gestimmt haben, und diesen implizit den Vorwurf gemacht hat, dass sie gegen ihn gestimmt hätten und ihn nicht respektieren würden. War nicht das Debianprojekt – aber das Schema ist heutzutage nicht mehr unüblich. Was auch häufig zu beobachten ist: dass Menschen aufgrund ihrer Wahl quasi ausgeschlossen oder gemieden werden. Das wäre dann der besagte soziale Druck, und eine Krücke dagegen wäre eben eine geheime Wahl. Aber sie löst das zugrundeliegende Problem nicht – das wird früher oder später dann an anderer Stelle zutage treten und Schaden anrichten.

Die Frage bleibt ja: wenn sowas hier kein Problem ist – woher dann der Wunsch nach geheimen Wahlen?

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von michaa7 » 08.03.2022 10:37:53

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 01:19:29
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
...und wie steht es um die Nachvollziehbarkeit der Wahl auf der anderen Seite.
Also "Nachvollziehbarkeit" erscheint mir eine merkwürdige Anforderung. "Vertrauenswürdigkeit des Auszählprozesses" habe ich allerdings stillschweigend unterstellt, weil man sich sonst eine Wahl sparen könnte.
...
Ich finde es interessant, dass du die Vertrauenswuerdigkeit des Auszaehlprozesses stillschweigend unterstellst. Ich denke ebenfalls, dass die Entscheidung klar ist, wenn sie nicht gegeben ist, aber aus meiner Sicht ist nicht klar, *dass* sie gegeben ist.
...
Hier sind wir uns offenbar einig (auch wenn ich einräumen muss dass mein Engagement nicht so weit reicht mich darüber aktiv zu informieren. Ich hoffe andere tun das mit der Folge dass entsprechende Info durch den Flurfunk der Foren zu den normalsterblichen Usern wie mir durchdringt).
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 01:19:29
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
Am Ende wird es aber sicherlich eine Frage des subjektiven Empfindens sein.
OMG, hoffentlich nicht.
Ist nicht jede Wahl eine subjektive Entscheidung?
Eine "subjektive Entscheidung" ist es zwingend, die Wahl ist ja deren Ausführung. Aber bitte nicht auf Basis des "subjektiven Empfindens", das ist etwas vollkommen anderes.
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
...
Wenn jemand geheimen digitalen Wahlen misstraut, dann wird die Person fuer das bisherige System stimmen. Wenn jemand sich im bisherigen System einen Druck ausgesetzt fuehlt dann wird die Person fuer geheime Wahlen stimmen. -- Das scheint mir sehr durch das subjektive Empfinden bestimmt zu sein.

Siehst du das anders?
Und hier werde ich mir nun selbst widersprechen.

Weil es eben nicht um geheime Wahlen geht (ala Bundestagswahl mit Wahlkabinen oder Briefwahl) sondern um geheime *digitale* Wahlen. Soweit es um unser politisches System geht bin ich entschiedener Gegner von digitalen Wahlen. Da will ich hier nicht weiter darauf eingehen als zu sagen, dass genau die Nachvollziehbarkeit, sprich Überprüfbarkeit durch Laien hier nicht mehr gegeben ist.
Das heißt aber, dass das eigentliche Problem (in meinem Augen und für mich) nicht die Geheimheit der Wahl ist, sondern deren Digitalität. Denn letztere ist es welche die Überprüfbarkeit (und ich plädiere hier sehr dafür den Begriff "Nachvollziehbarkeit" durch den deutlicheren Begriff der "Überprüfbarkeit" zu ersetzen) allein in die Hände von Fachleuten verschiebt ... und vermutlich selbst dann schwierig zu realisieren sein wird.

In soweit bekräftige ich hier was ich zum "subjektiven Empfinden" als Wahlgrundlage gesagt habe. Nur weil niemand frei davon ist heißt das nicht dass man das als letztinstanzliche Begründung gutheißen sollte. Im Gegenteil, als Begründung ist dies unbrauchbar, weil es unser Handeln in vorrationale Zeit zurückwirft.

Bekräftige was ich zur Sinnhaftigkeit von geheimen ("analogen") Wahlen gesagt habe.

Und bekenne dass ich selber mir nicht von Anfang an klar gemacht habe (obwohl es ja klar war), dass es eben nicht um eine geheime Wahl mit Stimmzetteln geht, sondern um eine geheime digitale Abstimmung. Und auch wenn Debian nicht der Bundestag ist, so sind doch Wahlen in Online Communites Orte wo neue Wahlmechanismen erprobt und eingeübt werden.

Und hier bin ich am Abwägen zwischen Praktikabilität, Überprüfbarkeit und Persönlichkeitsschutz. Und somit am Anfang der Diskussion angelangt.
gruß

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 13:04:00

@michaa7: Danke fuer deine Antwort.
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 10:37:53
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 01:19:29
OMG, hoffentlich nicht.
Ist nicht jede Wahl eine subjektive Entscheidung?
Eine "subjektive Entscheidung" ist es zwingend, die Wahl ist ja deren Ausführung. Aber bitte nicht auf Basis des "subjektiven Empfindens", das ist etwas vollkommen anderes.
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
07.03.2022 15:09:38
...
Wenn jemand geheimen digitalen Wahlen misstraut, dann wird die Person fuer das bisherige System stimmen. Wenn jemand sich im bisherigen System einen Druck ausgesetzt fuehlt dann wird die Person fuer geheime Wahlen stimmen. -- Das scheint mir sehr durch das subjektive Empfinden bestimmt zu sein.

Siehst du das anders?
Und hier werde ich mir nun selbst widersprechen.

Weil es eben nicht um geheime Wahlen geht (ala Bundestagswahl mit Wahlkabinen oder Briefwahl) sondern um geheime *digitale* Wahlen. Soweit es um unser politisches System geht bin ich entschiedener Gegner von digitalen Wahlen. Da will ich hier nicht weiter darauf eingehen als zu sagen, dass genau die Nachvollziehbarkeit, sprich Überprüfbarkeit durch Laien hier nicht mehr gegeben ist.
Das heißt aber, dass das eigentliche Problem (in meinem Augen und für mich) nicht die Geheimheit der Wahl ist, sondern deren Digitalität. Denn letztere ist es welche die Überprüfbarkeit (und ich plädiere hier sehr dafür den Begriff "Nachvollziehbarkeit" durch den deutlicheren Begriff der "Überprüfbarkeit" zu ersetzen) allein in die Hände von Fachleuten verschiebt ... und vermutlich selbst dann schwierig zu realisieren sein wird.

In soweit bekräftige ich hier was ich zum "subjektiven Empfinden" als Wahlgrundlage gesagt habe. Nur weil niemand frei davon ist heißt das nicht dass man das als letztinstanzliche Begründung gutheißen sollte. Im Gegenteil, als Begründung ist dies unbrauchbar, weil es unser Handeln in vorrationale Zeit zurückwirft.
Ich frage mich, ob du mit deinen Aussagen und Meinungen nicht gerade meine Aussage zum subjektiven Empfinden bestaetigst. Du hast ja eine deutliche Abneigung zu digitalen Wahlen (die ich durchaus verstehen kann). Du sagst, dass physische Wahlen besser ueberpruefbarer waeren. An der Stelle frage ich mich nun, ob das auch objektiv so ist oder ob das nicht eben ein subjektives Empfinden ist.

Inwieweit kannst du denn physische Wahlen ueberpruefen? Man kann nicht neben allen Wahlurnen sitzen und ich weiss auch nicht, ob man beim Auszaehlen einer Wahlurne zuschauen kann. So gesehen vertraust du als Normalbuerger hier doch vollstaendig darauf, dass die Personen, die die Wahl durchfuehren, vertrauenswuerdig sind. Die Sabotagemoeglichkeiten werden halt dadurch reduziert, dass viele Personen beteiligt sind, die man schlecht alle manipulieren kann.

Eine digitale Wahl hat die Nachteile, dass die Daten zentraler sind und Digitales insgesamt einfacher manipuliert werden kann. Dafuer koennte man dort allen Waehlern Einsichtmoeglichkeiten in die Daten und den Code bereitstellen, die es bei der physischen Wahl so nicht gibt. Insofern koennte im Digitalen die Ueberpruefbarkeit viel besser (oder ueberhaupt erst vorhanden) sein.

Das meine ich mit dem subjektiven Empfinden. Auch wenn wir uns das objektivisch und argumentativ irgendwie hindrehen, vermutlich entscheiden wir hauptsaechlich aus einem Empfinden heraus.


Natuerlich ist sowas auch eine Entscheidung zwischen einem zwar nicht optimalen aber doch bekannten System, bei dem man weiss wo die Nachteile liegen und wie gross sie schlimmstenfalls sind. Waehrend bei einem neuen System dies noch offen ist. Letztlich haengt es von der Umsetzung ab, ob es eine Option ist oder nicht.

Aber sagen wir mal, wir haetten ein geheimes digitales Wahlsystem, bei dem anhand des Verfahrens/Codes bewiesen werden kann, dass:
- jede Stimmabgabe in der Simmenmenge auftaucht, so dass jede waehlende Person schauen kann ob die eigene Stimme dabei ist
- jede Kopplung von Stimmabgabe und Stimminhalt entfernt ist
- die Stimmenmenge von allen einsehbar ist
- der Code frei ist und vom Umfang so klein, dass er auch realistisch ueberprueft werden kann
- jede Person die Auswertung auf der eigenen Hardware wiederholen kann
- und wenn dann die Waehler_innen hinterher anhand eines Secret-Keys oder so aus der Stimmenmenge ihren eigenen Stimminhalt ausgeben lassen koennten
- und zudem mathematisch beweisbar waere, dass die Stimmenmenge nicht mehr Information enthalten kann, als nur die Stimmen selbst
... dann haette man doch ein System, das vertrauenswuerdig und ueberpruefbar waere ... und zwar deutlich mehr und direkter als unsere bisherigen physischen Wahlverfahren.

Ich halte es nicht fuer unmoeglich, dass man ein System mit diesen Kriterien entwickeln koennte ... oder dass es das schon gibt.

Aber solange unklar ist, wie genau geheim digital gewaehlt werden soll, ist die Entscheidung fuer das Bisherige oder ein undefiniertes Neues eigentlich nicht zu treffen. Es kann dann nur als Stimmungsabfrage, nicht aber als Entscheidung angesehen werden.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von michaa7 » 08.03.2022 13:41:30

Ich bin sehr dafür geheime "analoge" Wahlen ( unsere üblichen politischen Wahlen mit Stimmzettel) und geheime digitale Wahlen in der Betrachtung zu trennen.

Für unsere analogen Wahlen gibt es eine Vielzahl von Kontrollschritten. Die
Wahlausschüsse, die das überall regeln sind quer durch die Parteien besetzt. Wenn es da zu Auffälligkeiten kommt melden sich schon Leute, schon aus egoistischem Parteiinteresse. An einer Auszählung habe ich selbst mal teilgenommen, Stimmzettel werden nach der Auszählung gesammelt und für ein recht lange Zeit aufbewahrt. Überall gilt das Mehraugenprinzip. Prinzipiell kann jeder Laie einen Stimmzettel nachträglich ansehen und die darauf abgegebene Stimme erkennen.

Schon allein die Überprüfbarkeit einer einzigen digital abgegebenen Stimme ist für einen Laien so gut wie unmöglich. Was man auf irgendeinem Bildschirm gerade zu sehen bekommt mag weiß-Gott-woher kommen.

Das Stück Papier ist einzigartig (auch wenn es gefälscht werden kann), die paar Pixel auf dem Bildschirm sind prinzipbedingt nicht einzigartig und ihre Zuordnung zu einem einzigen berechtigten Ursprung ist *bestenfalls* von Fachleuten zu bewerten.

Eine aufgebrochen Urne, unbeaufsichtigte Wahlzettel etc. kann jeder aufmerksame Beobachter erkennen.

Aber das führt die Diskussion nicht weiter hier immer wieder analoge Wahlen ins spiel zu bringen weil das im Fall von debian gar nicht zu Auswahl steht (wenn ich das richtig verstehe). Online ist die Abstimmung doch wohl immer.

Nur kann man im Fall einer offenen digitalen Wahl jeder Laie ganz einfach sehen wer was abgestimmt hat und 1 und 1 zusammenzählen. Im Fall von einer geheimen digitalen Wahl können das bestenfalls Fachleute.

Im Fall von Debian wäre interessant wie dies im Kreise der DDs diskutiert wird.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 13:54:40

michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 13:41:30
Ich bin sehr dafür geheime "analoge" Wahlen ( unsere üblichen politischen Wahlen mit Stimmzettel) und geheime digitale Wahlen in der Betrachtung zu trennen.
Ich wollte unsere ueblichen politischen Wahlen nicht diskutieren, nur deren Verfahren als Vergleichswert einbringen. Der andere Vergleichswert sind die derzeitigen oeffentlichen digitalen Wahlen von Debian.
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 13:41:30
Aber das führt die Diskussion nicht weiter hier immer wieder analoge Wahlen ins spiel zu bringen weil das im Fall von debian gar nicht zu Auswahl steht (wenn ich das richtig verstehe). Online ist die Abstimmung doch wohl immer.
Ja, die Wahlen bei Debian sind immer rein digital

michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 13:41:30
Nur kann man im Fall einer offenen digitalen Wahl jeder Laie ganz einfach sehen wer was abgestimmt hat und 1 und 1 zusammenzählen. Im Fall von einer geheimen digitalen Wahl können das bestenfalls Fachleute.
Auch wenn nicht alle DDs programmieren koennen, so ist die Quote der Fachleute bei Debian (ganz im Gegensatz zu anderen Wahlen) schaetzungsweise bei ueber der Haelfte.
michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 13:41:30
Im Fall von Debian wäre interessant wie dies im Kreise der DDs diskutiert wird.
Ich habe nun mal nachgeschaut (da sonst auch niemand hier die Hintergruende verfolgt zu haben scheint, und alle darauf warten, dass irgendjemand das mal zusammenfasst). Auf debian-vote@ gibt es massig Mails, im aktuellen und auch schon in den Vormonaten. Hier als Einstieg: https://lists.debian.org/debian-vote/2022/03/

Mal sehen, ob ich dazu komme, mir da mal was durchzulesen.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von michaa7 » 08.03.2022 14:25:52

Danke für den Link.

Ich glaube hier gibt es eine Übersicht (nicht Zusammenfassung) der im Raum stehenden Vorschläge.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 08.03.2022 16:29:04

michaa7 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
08.03.2022 14:25:52
Ich glaube hier gibt es eine Übersicht (nicht Zusammenfassung) der im Raum stehenden Vorschläge.
Die findest du auch schon im ersten Post von mir. ... bist wohl erst spaeter in den Thread eingestiegen. :-D


Wenn nicht schon geschehen, dann sollten wohl bald Zusammenfassungsbeitraege auf diversen Free-Software-Newsseiten auftauchen. Falls jemand was sieht (auch Blogposts dazu), dann bitte hier verlinken.
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von fischig » 09.03.2022 14:39:05

hikaru hat geschrieben:
michaa7 hat geschrieben:Im Grunde spricht allein die Tatsache, dass eine geheime Wahl erwogen wird, geradezu notwendigerweise dafür, dass die Wahl dann tatsächlich geheim durchgeführt wird.
... wenn man sich damit zufriedengibt, Symptome zu behandeln, statt Ursachen zu beseitigen.
Unter praktischen Gesichtspunkten stellt sich dann aber die Frage: Kriegt man die Ursachenbeseitigung praktisch nutzbar geregelt. Was die Indivuden sich selber dünken zu sein, ist nicht unbedingt das, was sie für andere sind. Mal schauen, welche „Mehrheit“ sich jetzt im Besitz der volonté générale wähnt. :wink:

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 13.03.2022 08:16:27

Nun hat die Abstimmphase begonnen.


Zwar habe ich bislang keine Zeit gefunden mich durch debian-vote@ zu wuehlen, aber ich habe mir die Wahloptionen nochmal genauer angeschaut. Zuvor hatte ich das nicht so klar wahrgenommen: Es geht wohl nur um die Oeffentlichmachung der Stimmen, nicht um die Nachvollziehbarkeit fuer DDs selbst:
https://www.debian.org/vote/2022/vote_001#texta hat geschrieben: Votes are taken by the Project Secretary. Votes, tallies, and
results are not revealed during the voting period; after the
vote the Project Secretary lists all the votes {+cast in sufficient
detail that anyone may verify the outcome of the election from the votes cast.
The+}
{+ identity of a developer casting a particular vote is not made+}
{+ public, but developers will be given an option to confirm their vote
is included in the votes+} cast.
Das bestaetigt, dass der soziale Druck von ausserhalb der Debian-Entwickler-Community als das Problem gesehen wird, nicht ein Druck innerhalb.


Was ich problematisch an der Option A finde, ist dass sie nicht orthogonal ist. Sie befuerwortet eine geheime Wahl und nebenbei hat sie noch eine Abkehr vom Email-Voting huckepack ... die auch noch mit der beeinflussenden Formulierung ``an easier web-based voting system'' verkauft wird. Das ist eine Art von Politik, die mich stoert. (Hier kommt sie vom vorigen DPL Sam Hartman.)

Es waere ehrlicher wenn man die zwei separaten Fragen -- Sollen individuelle Stimmen fuer die Welt ausserhalb Debians zugaenglich gemacht werden? Und: Mit welchem technologischen Verfahren soll die Stimmabgabe erfolgen? -- auch separat abstimmen wuerde. Dass bei dieser Wahl die Dinge so verwurstelt sind, stoert mich.

Wie so oft ist mir weniger wichtig, fuer was sich das Projekt letztlich entscheidet (auch wenn ich eine eigene Meinung dazu habe), als dass es mich stoert wie schlecht ich das Wie der Entscheidungsfindungsprozesses finde. Hier zeigen sich auch in einem Projekt wie Debian Aspekte von Politik, die wir aus anderen Bereichen der Welt gewohnt sind, die aber eher darauf abzielen, die eigenen Ziele umgesetzt zu bekommen als die ehrliche Meinung der Community zu erfahren.

In gewisser Weise bin ich froh, dass ich kein DD bin, weil ich echt nicht wuesste was ich abstimmen sollte. Ich habe Meinungen, aber die Wahloptionen sind inhaltlich so verwurstelt, dass ich meine Meinung darin nicht recht ausdruecken koennte. Folglich muesste ich wohl die Option D (d.h. further discussion) oben hin waehlen, um auszusagen, dass ich diese Abstimmung in der Weise schlecht finde. An Stelle zwei wuerde ich dann Option C (d.h. alles soll so bleiben wie es ist) nehmen, weil sich dadurch erstmal nichts aendert. Die Optionen A und B koennte ich dann gleichwertig an Stelle drei haben. (Aber natuerlich haette ich als DD zuvor schon meine Kritik auf debian-vote@ aeussern sollen. ... das haette ich natuerlich auch als normaler User tun koennen und sollen, wenn ich mir diese Gedanken hier schon frueher gemacht haette, und nicht erst jetzt. Das haette halt auch die Zeit erfordert, die bisherige Diskussion mitzuverfolgen. :roll: )
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von hikaru » 13.03.2022 10:41:42

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 08:16:27
Ich habe Meinungen, aber die Wahloptionen sind inhaltlich so verwurstelt, dass ich meine Meinung darin nicht recht ausdruecken koennte. Folglich muesste ich wohl die Option D (d.h. further discussion) oben hin waehlen, um auszusagen, dass ich diese Abstimmung in der Weise schlecht finde.
Womit du aber auch die Wahl mit den schlechten Optionn als solche legitimierst, weil du letztendlich doch eine Option findest, der du zustimmst. Der Haken an D ist, dass er in deinem Fall in Wahrheit aussagt, dass bessere Optionen für die Wahl gebraucht werden. Es ist also eigentlich eine Abwahl dieser Wahl auf Metaebene, die aber als normale Wahloption innerhalb dieser Wahl verkauft wird und somit wahrscheinlich mangels Mehrheit untergehen wird.

Das ist unter'm Strich nur marginal besser als die Metawahloptionen die wir in staatspolitischen Wahlen haben:
1. nicht wählen: wird als politisches Desinteresse ausgelegt
2. ungültig wählen: wird als Dummheit ausgelegt, ein Kreuz zu setzen
3. Protestwahl: wird angesichts der dann gewählten Partei als Extremismus interpretiert

Soweit ich glaube zu wissen, bietet Debian aber noch ein weiteres Mittel für eine Metawahl über die Wahl: Ein rc-Bugreport gegen die GR, in dem begründet wird, warum diese Wahl mit diesen Optionen schlecht ist.
Das sollte sowas wie ein "weiches Veto" sein, das zumindest durch Herabstufung des Bugs zunächst getrennt bearbeitet werden müsste.

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von fischig » 13.03.2022 14:14:08

Eure Überlegungen erinnern mich an interessante mitternächtliche Geschäftsordnungsdebatten studentischer Vollversammlungen in den späten 60ern in Westdeutschland. :wink:

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von curt123 » 13.03.2022 15:24:50

niemand hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
06.03.2022 15:51:46
Geheime Wahlen sind einfacher manipulierbar.
Falls es Dinge wie einzelne "gekaufte" Stimmen gäbe, wäre bei öffentlichen Daten die Kontrolle durch den "Käufer" vmtl. einfacher. Allerdings gibt es wohl auch genug Tricks oder Möglichkeiten, geheime Wahlen oder Wahlverhalten ggf. doch irgendwie zu dokumentieren.

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von DeletedUserReAsG » 13.03.2022 18:02:04

curt123 hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 15:24:50
Falls es Dinge wie einzelne "gekaufte" Stimmen gäbe […]
Ich dachte da eher an sowas, wie bei der letzten Wahl in D: als bei der Auszählung eine Partei in manchen Wahlkreisen Null Stimmen hatte, obwohl dort Leute laut eigenen Angaben für diese Partei gestimmt haben.

Wahlkreise mit Statistiken gibt’s bei Debian ja eher nicht, und dass eine Wahlmöglichkeit keine Stimme bekommt, ist auch eher unwahrscheinlich, so dass sowas da nicht mal auf diese Weise auffallen könnte.

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 13.03.2022 20:13:33

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 10:41:42
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 08:16:27
Ich habe Meinungen, aber die Wahloptionen sind inhaltlich so verwurstelt, dass ich meine Meinung darin nicht recht ausdruecken koennte. Folglich muesste ich wohl die Option D (d.h. further discussion) oben hin waehlen, um auszusagen, dass ich diese Abstimmung in der Weise schlecht finde.
Womit du aber auch die Wahl mit den schlechten Optionn als solche legitimierst, weil du letztendlich doch eine Option findest, der du zustimmst. Der Haken an D ist, dass er in deinem Fall in Wahrheit aussagt, dass bessere Optionen für die Wahl gebraucht werden.
Da hast du ganz recht und darum gibt es diese Option, die normalerweise ``None of the above'' heisst, in jeder Wahl.

Nun, ich kann meine Meinung unter diese Optionen schon ausdruecken, aber die Optionen bieten nicht die Moeglichkeit, die Meinung der DDs zwischen Veroeffentlichung der Stimmen und Wahl per Email zu trennen. Wenn es jemandem besonders wichtig ist, dass weiterhin per Email gewaehlt wird, wird die Person eher abgeneigt sein, die Option A zu waehlen, auch wenn sie fuer die die Aenderungen bzgl. der Nichtveroeffentlichung der Stimmen ist. Das finde ich schade. Dort fehlt die Orthogonalitaet. Stattdessen ist es ein Paket, das man waehlen kann.
hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 10:41:42
Es ist also eigentlich eine Abwahl dieser Wahl auf Metaebene, die aber als normale Wahloption innerhalb dieser Wahl verkauft wird und somit wahrscheinlich mangels Mehrheit untergehen wird.
Da scheinst du das Wahlsystem bei Debian noch nicht ganz verstanden zu haben. Ich muesste meine Aussage bezueglich der normalen Optionen A-C nicht opfern zugunsten der Meta-Option D (wie das in unserem politischen Wahlsystem ist), sondern ich kann D als meine praeferierte Option waehlen und zugleich sagen, dass mir C lieber ist als A und B. Falls D dann nicht gewinnt, ist es wie wenn ich C gewaehlt haette. Das ist nicht nur marginal besser als die Ausdrucksmoeglichkeiten unseres politischen Wahlsystems in Deutschland, sondern es ist substanziell besser!

Siehe:
https://www.debian.org/vote/
https://de.wikipedia.org/wiki/Condorcet-Methode
https://de.wikipedia.org/wiki/Schulze-Methode
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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von hikaru » 13.03.2022 20:40:35

Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 20:13:33
ich kann D als meine praeferierte Option waehlen und zugleich sagen, dass mir C lieber ist als A und B. Falls D dann nicht gewinnt, ist es wie wenn ich C gewaehlt haette.
Falls etwas anderes als D für dich überhaupt wählbar ist, dann hättest du D in Wahrheit nicht gebraucht, denn offenbar kannst du dich doch irgendwie mit den anderen Optionen arrangieren.
Ich sehe also in diesem speziellen Fall, wo Meta-Abwahl die präferierte Option ist, keinen Vorteil in der Mehrfachwahl.

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Re: Debian stimmt ueber geheime Wahlen ab

Beitrag von Meillo » 13.03.2022 21:05:15

hikaru hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 20:40:35
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
13.03.2022 20:13:33
ich kann D als meine praeferierte Option waehlen und zugleich sagen, dass mir C lieber ist als A und B. Falls D dann nicht gewinnt, ist es wie wenn ich C gewaehlt haette.
Falls etwas anderes als D für dich überhaupt wählbar ist, dann hättest du D in Wahrheit nicht gebraucht, denn offenbar kannst du dich doch irgendwie mit den anderen Optionen arrangieren.
Ich sehe also in diesem speziellen Fall, wo Meta-Abwahl die präferierte Option ist, keinen Vorteil in der Mehrfachwahl.
Ich waehle indem ich die Optionen gemaess meiner Praeferenz anordne.

Um konkret zu werden, ich koennte beispielsweise so waehlen:

Code: Alles auswählen

A: 3
B: 3
C: 2
D: 1
D.h.: Am liebsten waere es mir wenn nochmal diskutiert wird (D) bzw. andere Optionen vorgegeben werden. Falls es dazu nicht kommt waere mir C lieber als A und B. Falls es C nicht wird, ist es mir egal ob es A oder B wird.

Eine alternative Wahl waere:

Code: Alles auswählen

A: 2
B: 2
C: 2
D: 1
D.h.: D ist mir am liebsten. Falls es das nicht wird sind mir alle drei anderen Optionen gleichwertig.

In beiden Faellen ist meine Stimme fuer D gleich viel Wert. Wenn ich keiner anderen Option den gleichen Rang wie D gebe, ist es fuer den Wert von D egal wie ich die anderen Optionen ordne. D verliert dadurch nichts.

Wenn aber nach dem Auszaehlen aller Stimmen ausser meiner eigenen A und C beide die Optionen B und D dominieren, aber gegenseitig ausgeglichen sind, dann macht es einen Unterschied ob ich den ersten oder den zweiten Stimmzettel abgebe. Darum ist es nicht egal wie ich die anderen Optionen ordne auch wenn mir D am liebsten waere.


Fuer mich persoenlich bietet dieses Wahlsystem Moeglichkeiten meine Meinung auszudruecken, indem ich zu allen Optionen etwas sagen kann und nicht nur eine einzige auswaehlen muss. Insbesondere kann ich eine unwahrscheinliche Option an die erste Stelle nehmen, ohne dadurch meine Aussage zu meine Praeferenz einer anderen Option ueber eine nochmal andere opfern zu muessen. Wenn ich bei der Bundestagswahl dagegen ungueltig waehle, dann gebe ich damit alle Moeglichkeit auf einen Einfluss auf die Regierungsbildung auf. Falls ich aber Einfluss auf die Regierungsbildung nehmen moechte, dann gebe ich damit die Moeglichkeit auf, meinen ggf. vorhandenen Politikfrust zum Ausdruck zu bringen. Eine Condorcet-Methode erlaubt mir beides zu tun. (Dieses Prinzip schliesst auch alle Faelle mit ein, bei denen die Meta-Option keine Rolle spielt. So koennte ich z.B. die Tierschutzpartei besser finden als alle anderen und zugleich ausdruecken, dass mir die CDU lieber ist als die SPD.)

Es scheint wie wenn fuer dich diese zusaetzlichen Ausdrucksmoeglichkeiten der eigenen Praeferenzen nicht noetig sind. Kein Problem. Du kannst dann einfach genau einer Option den Rang 1 geben und alle anderen unangekreuzt lassen. (D.h. so waehlen wie du es von den meisten Wahlen gewohnt bist.) Damit hast du keinen Nachteil.


Aber mal ehrlich, geht es dir nicht so, dass du einem Freund, der dir ein Eis von der Eisdiele mitbringen sollst, sagst: Am liebsten ist mir Pistazie, aber wenn sie das nicht haben, dann haette ich gerne Erdbeer, wenn es das auch nicht gibt, dann nimm Vanille oder Schoko, und wenn's das auch nicht gibt, dann lieber keines als Nusseis. Das genau ist wie das Wahlsystem bei Debian funktioniert. ;-)
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