Lizenzauswahl für Tutorial-Repo

Vom einfachen Programm zum fertigen Debian-Paket, Fragen rund um Programmiersprachen, Scripting und Lizenzierung.
Antworten
buhtz
Beiträge: 1106
Registriert: 04.12.2015 17:54:49
Kontaktdaten:

Lizenzauswahl für Tutorial-Repo

Beitrag von buhtz » 16.03.2024 13:53:09

Ich habe da ein Repository das weniger ein Programm, sondern mehr ein Tutorial mit minimalen Beispielprogrammen ist. Thema ist die Paketierung von Python Projekten. tech-demo-python-packaging ist aber auch noch nicht fertig und wird gerade überarbeitet, weil ich schon wieder ein paar neue Dinge dazugelernt habe.

Auf Anfrage eines Nutzenden, mache ich mir jetzt Gedanken, unter welche Lizenz(en) ich das stelle. Dazu habe ich mich bei GNU, BSD und OSI etwas belesen und würde gerne eure Meinung und Erfahrung zu dem Thema und meiner potentiellen Auswahl hören. Nebenbei bin ich auch noch auf REUSE und SPDX als Spezifikation entdeckt.

Wie gesagt, ist dass Projekt etwas speziell, weil es kein klassisches Programm ist. Es ist viel Tutorial-artiger Text in Form der README.md. Dazu gibt es in Unterordnern einzelne minimale Pythonprojekte die als Beispiel dienen sollen.
Die "Schöpfungshöhe" des Python Codes würde ich als sehr niedrig bis irrelevant einstufen. Der Code kann als Template, Ausgangspunkt oder auch einfach Inspiration für echte Projekte genutzt werden. Eine gewisse "Schöpfungshöhe" (Hirnschmalz und Arbeit) sehe ich jedoch in der README.md. Ist aber auch keine Raketenwissenschaft! :D :wink:

Ich sehe also die zwei Komponenten: Beispielcode und Tutorialtext.

Bin nicht sicher, was ich genau erreichen möchten, aber bisher fallen mir dazu diese Punkte ein:
  1. Der Text kann weiterverwendet werden, auch kommerziell, sofern ich als Urheber weiter genannt werde.
  2. Der Text darf verändert werden, aber sollte unter der selben (freien) Lizenz veröffentlicht werden.
  3. Da der Code relativ banal ist, hätte ich kein Problem damit, wenn dieser auch in closed source Anwendungen weiterverwendet und abgeändert wird. Nennung als Urheber fände ich dennoch nett, aber würde selbst darauf nicht pochen wollen.
Für den Code sehe ich bisher CC-BY 4.0 oder CC0 1.0 als Option.

Für die README.md sehe ich GNU FDL oder CC-BY-SA 4.0 als Möglichkeit.
Debian 11 & 12; Desktop-PC, Headless-NAS, Raspberry Pi 4
Teil des Upstream Betreuer Teams von Back In Time (Debianbackintime)

Benutzeravatar
Meillo
Moderator
Beiträge: 8818
Registriert: 21.06.2005 14:55:06
Wohnort: Balmora
Kontaktdaten:

Re: Lizenzauswahl für Tutorial-Repo

Beitrag von Meillo » 16.03.2024 14:20:37

Ich wuerde es moeglichst einfach halten und moeglichst verbreitete Lizenzen waehlen. Eine Aufteilung von Code und Doku wuerde ich nicht vornehmen, ausser beides waere so gross und unabhaengig, dass es in zwei separaten Repos gepflegt wird. (Dann lieber eine Doppellizenzierung fuer beides.)

Wenn es hauptsaechliche Code ist, dann wuerde ich alles unter die MIT/Expat-Lizenz bzw. die GPL stellen, abhaengig davon, ob dir dein Gedanke 2 wichtig ist.

Wenn es hauptsaehlich Text ist, dann wuerde ich alles unter die CC-BY bzw. CC-BY-SA stellen, wiederum abhaengig von Gedanke 2.

D.h. die jeweils erstgenannte Lizenz wenn es fuer dich in Ordnung ist, wenn die Inhalte in unfreier Weise weitergenutzt werden; die jeweils zweitgenannte Lizenz wenn es dir wichtig ist, dass aufbauende Werke weiterhin frei sein muessen.

Aus meiner Sicht schadet zu viel Lizenzzerfaserung der Free-Software-Welt. Ich wuerde die Nutzung der Inhalte als wichtigstes Ziel sehen und darum sollten die Lizenzbarrieren so gering wie moeglich sein. (Genau genommen habe ich den Eindruck, dass sie eh niemand mehr um Lizenzen schert und die Frage nach der Lizenzwahl immer beliebiger wird.)

Copyleft-/Share-Alike-Lizenzen machen aus meiner (heutigen) Sicht nur dann wirklich Sinn, wenn das, was man erzeugt, einen grossen Wert hat, so dass die Industrie es nutzen moechte, und man bereit ist, Verletzungen dann auch gerichtlich einzuklagen. Da dies bei dem meisten Zeug, was wir so machen, nicht der Fall ist, halte ich es fuer praktisch mehr hinderlich als nuetzend. (Noch nicht mal die Openstreetmap ist gegen Google und Apple vorgegangen, sondern hat die sehr wahrscheinlichen Lizenzverletzungen hingenommen.)


Die GNU FDL wuerde ich unbedingt vermeiden. Die ist sehr kompliziert und erzeugt viele Inkompatibilitaeten. Ich finde die nur fuer grosse, monolithische Buecher vertretbar und selbst dort nicht die beste Wahl.
Use ed once in a while!

buhtz
Beiträge: 1106
Registriert: 04.12.2015 17:54:49
Kontaktdaten:

Re: Lizenzauswahl für Tutorial-Repo

Beitrag von buhtz » 16.03.2024 16:48:59

Danke für deine Gedanken dazu.
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 14:20:37
Aus meiner Sicht schadet zu viel Lizenzzerfaserung der Free-Software-Welt. Ich wuerde die Nutzung der Inhalte als wichtigstes Ziel sehen und darum sollten die Lizenzbarrieren so gering wie moeglich sein.
Aber das genau ist doch der Punkt von Freien Lizenzen, dass sie die Freiheit zur Weiternutzung garantieren.

In meinem konkreten Fall war es wirklich so, dass ein Nutzer den Code nutzen wollte, aber dies eben nicht tun konnte, weil die Lizenzsituation nicht geklärt war. Hier hat also das Fehlen einer Lizenz zur Nicht-Nutzung geführt.

Wie von mir vorgeschlagen kann man ja auch eine CC0 Lizenz nehmen, um das Produkt Public Domain zu machen.
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 14:20:37
Copyleft-/Share-Alike-Lizenzen machen aus meiner (heutigen) Sicht nur dann wirklich Sinn, wenn das, was man erzeugt, einen grossen Wert hat
IMHO geht es auch um die Vorbildfunktion.
Debian 11 & 12; Desktop-PC, Headless-NAS, Raspberry Pi 4
Teil des Upstream Betreuer Teams von Back In Time (Debianbackintime)

Benutzeravatar
Meillo
Moderator
Beiträge: 8818
Registriert: 21.06.2005 14:55:06
Wohnort: Balmora
Kontaktdaten:

Re: Lizenzauswahl für Tutorial-Repo

Beitrag von Meillo » 16.03.2024 17:01:58

buhtz hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 16:48:59
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 14:20:37
Aus meiner Sicht schadet zu viel Lizenzzerfaserung der Free-Software-Welt. Ich wuerde die Nutzung der Inhalte als wichtigstes Ziel sehen und darum sollten die Lizenzbarrieren so gering wie moeglich sein.
Aber das genau ist doch der Punkt von Freien Lizenzen, dass sie die Freiheit zur Weiternutzung garantieren.

In meinem konkreten Fall war es wirklich so, dass ein Nutzer den Code nutzen wollte, aber dies eben nicht tun konnte, weil die Lizenzsituation nicht geklärt war. Hier hat also das Fehlen einer Lizenz zur Nicht-Nutzung geführt.
Ja, das verstehe ich und darum ist es sinnvoll, eine Lizenz zu vergeben. Mit der Lizenzzerfaserung meine ich die Anzahl von Lizenzen und die Komplexitaet, die daraus entsteht, besonders wenn nicht die ueblichsten Lizenzen verwendet werden.

buhtz hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 16:48:59
Wie von mir vorgeschlagen kann man ja auch eine CC0 Lizenz nehmen, um das Produkt Public Domain zu machen.
Public Domain gibt es z.B. im deutschen Recht nicht. D.h. im Deutschland gilt die Fallback-Lizenz von CC0. In den USA dagegen ist das gleiche Werk in dem Fall gemeinfrei.

Ich selbst nutze die CC0, um all meine Werke per default so weit als moeglich uneingeschraenkt nutzbar zu machen (insofern ich fuer ein spezielles Werk keine andere Lizenz vergebe). D.h. ich bin nicht unbedingt gegen CC0, aber ich wuerde sie eher nicht fuer Code verwenden ... und wenn dir Namensnennung wichtig ist (was ich in meinem Fall nicht erzwingen will), dann ist CC0 ungeeignet.

buhtz hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 16:48:59
Meillo hat geschrieben: ↑ zum Beitrag ↑
16.03.2024 14:20:37
Copyleft-/Share-Alike-Lizenzen machen aus meiner (heutigen) Sicht nur dann wirklich Sinn, wenn das, was man erzeugt, einen grossen Wert hat
IMHO geht es auch um die Vorbildfunktion.
Meinem Eindruck nach ist das ein Kampf der vorigen Generation und die Welt hat sich inzwischen eine Stufe weiterbewegt ... aber vielleicht ist das auch nur meine Wahrnehmung und meine eigene Story. Verstaendlich finde ich diesen Aspekt schon und wenn wir das wichtig ist, kannst du ja jeweils die Copyleft-/Share-Alike-Variante verwenden, also CC-BY-SA und GPL.

Ich will vor allem dazu motivieren, keine exotischen Lizenzen zu verwenden. Ob es letztlich MIT/Expat, BSD-3 oder GPL ist, macht gar keinen so grossen Unterschied ... abgesehen natuerlich von dem Copyleft-Aspekt, den man entweder explizit wuenscht (mit allen Konsequenzen) oder explizit weglaesst (mit allen Konsequenzen).
Use ed once in a while!

Antworten